BGH,
Beschl. v. 6.11.2002 - 5 StR 361/02
5 StR 361/02
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
vom 6. November 2002
in der Strafsache gegen
wegen Betruges u.a.
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofes hat am 6. November 2002
beschlossen:
I. Auf die Revision des Angeklagten L wird das Urteil des Landgerichts
Frankfurt/Oder vom 15. März 2002, soweit es ihn betrifft,
gemäß § 349 Abs. 4 StPO
1. dahin abgeändert, daß der Angeklagte wegen
Betruges in 20 und versuchten Betruges in zwölf
Fällen verurteilt ist,
2. mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben
a) im gesamten Strafausspruch und
b) soweit der Angeklagte zur Zahlung von Schadenersatz an G verurteilt
wurde.
Es wird klargestellt, daß der Angeklagte an Lö zur
Zahlung von Schadensersatz in Höhe von 2.556,46 EUR verurteilt
wird.
II. Die weitergehende Revision wird nach § 349 Abs. 2 StPO
verworfen.
III. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und
Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an
eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten L wegen Betruges,
gewerbsmäßigen Betruges in 19 Fällen sowie
wegen versuchten Betruges in zwölf Fällen zu einer
Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt.
Seine hiergegen gerichtete Revision hat in dem aus dem
Beschlußtenor ersichtlichen Umfang Erfolg; im
übrigen ist das Rechtsmittel unbegründet im Sinne des
§ 349 Abs. 2 StPO.
1. Der Strafausspruch begegnet durchgreifenden rechtlichen Bedenken.
a) Das Landgericht hat eine Milderung wegen Versuchs nach § 23
Abs. 2, § 49 Abs. 1 StGB für sämtliche
Versuchsfälle mit dem Hinweis abgelehnt, daß es zu
einer Vollendung nur deshalb nicht gekommen sei, weil die Betrogenen
die Eigenkapitalanteile nicht gezahlt hätten. Diese
Begründung wird den Anforderungen der Rechtsprechung des
Bundesgerichtshofes an die Strafrahmenwahl nicht gerecht. Danach hat
der Tatrichter neben der Persönlichkeit des Täters
die Tatumstände im weitesten Sinne und dabei insbesondere die
versuchsbezogenen Gesichtspunkte, die Nähe zur Tatvollendung,
die Gefährlichkeit des Versuches und die eingesetzte
kriminelle Energie in einer Gesamtschau umfassend zu würdigen
(BGHR StGB § 23 Abs. 2 Strafrahmenverschiebung 12, 13). Die
hier vom Landgericht verwendete floskelhafte Wendung, aus der sich
lediglich ergibt, daß der Angeklagte zwar den Willen zur
Tatbestandsverwirklichung hatte, der Erfolg aber ausblieb,
genügt diesen Erfordernissen nicht.
b) Der Senat hebt den Strafausspruch insgesamt auf, weil dem neuen
Tatrichter die Möglichkeit einer eigenständigen
Strafzumessung eröffnet werden soll. Die vom Landgericht nur
dahingehend getroffene Unterscheidung, wonach bei einem
Vermögensschaden ab 20.000 DM neun Monate Freiheitsstrafe und
bei jedem geringeren Schaden acht Monate Freiheitsstrafe als
Einzelstrafen verhängt wurden, läßt die
nach dem Schuldmaßprinzip (§ 46 Abs. 1 Satz 1 StGB)
hier gebotene differenzierte Zumessung der Einzelstrafen nicht
erkennen: Es sind im Einzelfall wesentlich geringere Schadenssummen
(Fall 23) ebenso unberücksichtigt geblieben wie der Umstand,
daß die Gelder in einigen Fällen vom Angeklagten
ganz oder teilweise zurückgezahlt wurden. Zwar mag bei
Vermögensstraftaten, soweit es sich um gleichgelagerte
Begehungsformen handelt, eine Kategorisierung nach der
Schadenshöhe sich anbieten. Diese muß jedoch immer
am Maß des der konkreten Tat immanenten Schuldumfangs
orientiert sein.
c) Die Aufhebung des gesamten Strafausspruches ermöglicht dem
neuen Tatrichter zugleich, die für die Fälle 3, 5,
12, 18, 19 (wobei der Fall F anstatt als Nummer 17 fälschlich
als Nummer 19 bezeichnet wurde), 23 und 27 Einzelstrafen festzusetzen,
was das Landgericht bislang unterlassen hat. Insoweit steht das
Verschlechterungsverbot des § 358 Abs. 2 StPO nicht entgegen
(BGHR StPO § 358 Abs. 2 Satz 1 Einzelstrafe, fehlende 1, 2).
Allerdings darf die neue Gesamtstrafe die Höhe der bisher
verhängten nicht überschreiten.
2. Die im Adhäsionsverfahren erfolgte Verurteilung zugunsten
von G hat aus Rechtsgründen keinen Bestand. Aus der
Tatschilderung ergibt sich, daß G zum Zwecke der Erlangung
eines Geschäftsdarlehens für die G G sich in ihrer
Eigenschaft als Geschäftsführerin mit dem Angeklagten
in Verbindung gesetzt hat. Da die betrügerische Vereinbarung
zur Zahlung von Eigenkapital im Zusammenhang mit dem
Geschäftsbesorgungsauftrag unterzeichnet wurde, ist davon
auszugehen, daß die G , die Berechtigte aus der
Darlehensvermittlung sein sollte, auch das Eigenkapital geleistet hat.
Deshalb hätte ihr auch der Schadensersatzanspruch zugestanden.
Es bestehen weder Anhaltspunkte für eine Abtretung noch
dafür, daß G unmittelbar persönlich
geschädigt war.
Hinsichtlich des Adhäsionsausspruches zugunsten von
Lö weicht der Tenor in der ziffernmäßigen
Bestimmung des Zahlungsbetrages von seiner wörtlichen
Umschreibung ab. Der Senat hat deshalb klargestellt, daß an
Lö 2.556,46 EUR zu zahlen sind. Dies entspricht einem
DM-Betrag von 5.000 DM.
3. Der Schuldspruch ist neu zu fassen gewesen, weil das Merkmal der
Gewerbsmäßigkeit gemäß §
263 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 StGB lediglich ein Regelbeispiel für
den besonders schweren Fall darstellt. Regelbeispiele sind nach
§ 260 Abs. 4 Satz 1 StPO nicht in den Schuldspruch
aufzunehmen, weil sie keinen eigenständigen Tatbestand
bezeichnen (vgl. Kleinknecht/Meyer-Goßner, StPO 45. Aufl.
§ 260 Rdn. 25 m. w. N.).
4. Eine Erstreckung der Aufhebung gemäß §
357 StPO auf den Mitangeklagten B kam im vorliegenden Fall nicht in
Betracht. Es kann dabei dahinstehen, ob hinsichtlich seiner Person den
Darstellungsanforderungen an ein rechtskräftiges Urteil noch
genügt ist. Angesichts der sehr maßvollen
Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren, die zur Bewährung
ausgesetzt wurde, schließt der Senat aus, daß
insoweit eine noch mildere Strafe in Betracht kommen könnte.
In solchen Fällen hat aber eine Anwendung des § 357
StPO zu unterbleiben (BGHR StPO § 357 Erstreckung 3).
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