BGH,
Beschl. v. 6.11.2003 - 1 StR 406/03
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
1 StR 406/03
vom
6.11.2003
in der Strafsache
gegen
wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in
nicht geringer
Menge u.a.
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Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 6.11.2003 beschlossen:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts
Landshut vom 16. Juni 2003 wird als unbegründet verworfen, da
die Nachprüfung des Urteils auf Grund der
Revisionsrechtfertigung
keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben
hat (§ 349 Abs. 2 StPO).
Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu
tragen.
Ergänzend bemerkt der Senat:
1. Die Strafkammer hat ohne Rechtsfehler eine erheblich verminderte
Schuldfähigkeit des Angeklagten zu den Tatzeiten verneint. Der
Angeklagte,
der mit Haschisch im Kilogrammbereich Handel trieb (zweimal 5 kg,
einmal 10
kg), hat zwar wegen seines langjährigen Konsums von Kokain
insoweit ein Abhängigkeitssyndrom
entwickelt. Gleichwohl liegt eine erheblich verminderte
Steuerungsfähigkeit bei der hier gegebenen Konstellation -
Handeltreiben mit
großen Mengen eines anderen Rauschgiftes - eher fern. Die
Strafkammer hat
deshalb zutreffend darauf abgestellt, daß der Angeklagte
immer wieder Jobs
fand und zuletzt als Essensausfahrer tätig war. Er hatte eine
Freundin kennen
gelernt, zu dieser eine Beziehung aufgebaut und derentwegen auch seinen
Kokainkonsum gedrosselt. Schwere oder gar schwerste
Persönlichkeitsveränderungen
oder starke Entzugserscheinungen lagen ebensowenig vor wie eine
bestimmende Furcht vor solchen. Unter diesen Umständen hat das
Landgericht
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zu Recht die Frage einer etwaigen Erheblichkeit verminderten
Steuerungsvermögens
verneint und ist insoweit von der Bewertung des
Sachverständigen
abgewichen.
Letzteres ist ebenfalls rechtens: Der Senat hat wiederholt
hervorgehoben,
daß es sich bei der Frage, ob eine Verminderung der
Steuerungsfähigkeit
"erheblich" im Sinne des § 21 StGB ist, um eine Rechtsfrage
handelt. Diese hat
der Tatrichter ohne Bindung an Äußerungen von
Sachverständigen zu beantworten.
Dabei fließen normative Erwägungen mit ein. Die
rechtliche Erheblichkeit
der Verminderung des Hemmungsvermögens hängt
überdies von den Anforderungen
ab, die die Rechtsordnung an das Verhalten des einzelnen zu
stellen hat. Dies zu bewerten und zu entscheiden ist Sache des
Richters. Allein
zur Beurteilung der Vorfrage nach den medizinisch-psychiatrischen
Anknüpfungstatsachen
bedarf er sachverständiger Hilfe, sofern er hierzu nicht
aufgrund
eigener Sachkunde befinden kann (BGHSt 43, 66, 77; BGH StV 1999,
309, 310; BGH, Urt. v. 10.09.2003 - 1 StR 147/03).
2. Von Rechts wegen ist schließlich nichts dagegen zu
erinnern, daß die
Strafkammer davon abgesehen hat, die Unterbringung des Angeklagten in
einer
Entziehungsanstalt anzuordnen (§ 64 StGB). Voraussetzung
für eine solche
Unterbringung ist unter anderem ein Hang, berauschende Mittel im
Übermaß
zu sich zu nehmen. Von einem Hang ist auszugehen, wenn eine
eingewurzelte,
auf psychische Disposition zurückgehende oder durch
Übung erworbene
intensive Neigung besteht, immer wieder Rauschmittel zu konsumieren,
wobei diese Neigung noch nicht den Grad physischer
Abhängigkeit erreicht
haben muß (vgl. nur BGHR StGB § 64 Abs. 1 Hang 5;
Körner BtMG 5. Aufl. §
35 Rdn. 297; Hanack in LK 11. Aufl. § 64 Rdn. 40, jeweils
m.w.N.). "Im Übermaß"
bedeutet, daß der Täter berauschende Mittel in einem
solchen Umfang
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zu sich nimmt, daß seine Gesundheit, Arbeits- und
Leistungsfähigkeit dadurch
erheblich beeinträchtigt wird (BGH NStZ-RR 2003, 106;
Körner aaO.; Hanack
aaO. Rdn. 44 m.w.N. in Fußn. 12). Solches ist den
Urteilsgründen hier nicht zu
entnehmen. Zudem ist auch die Verneinung des symptomatischen
Zusammenhanges
zwischen dem Hang des Angeklagten, Kokain zu sich zu nehmen und
den abgeurteilten Fällen des Handeltreibens mit Haschisch in
nicht geringen
Mengen rechtsfehlerfrei (vgl. dazu nur BGH NStZ 2003, 86).
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