BGH,
Beschl. v. 7.4.2004 - 2 StR 104/04
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
2 StR 104/04
vom
7.4.2004
in der Strafsache
gegen
wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in
nicht geringer
Menge u. a.
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Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des
Generalbundesanwalts
und des Beschwerdeführers am 7.04.2004
gemäß § 349 Abs. 2
und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts
Darmstadt vom 5. Dezember 2003 mit den Feststellungen
aufgehoben, soweit eine Entscheidung über die Anordnung
der Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt
unterblieben ist.
2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung
und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels,
an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
3. Die weitergehende Revision wird verworfen.
Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen unerlaubten Handeltreibens
mit Betäubungsmitteln in fünfzehn Fällen und
wegen unerlaubten Handeltreibens
mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in sieben
Fällen zu einer
Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und neun Monaten verurteilt, die
sichergestellten
Betäubungsmittel und ein Mobiltelefon eingezogen und einen
Geldbetrag in Höhe von 95 € für verfallen
erklärt.
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Mit seiner Revision rügt der Angeklagte die Verletzung
sachlichen
Rechts. Das Rechtsmittel hat in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang
Erfolg;
im übrigen ist es unbegründet im Sinne des §
349 Abs. 2 StPO.
Nach den Feststellungen konsumiert der Angeklagte seit sechs Jahren
Haschisch und seit vier Jahren nasal Heroin in
unregelmäßigen Abständen,
manchmal auch Kokain. Der Heroinkonsum steigerte sich im Laufe der Zeit
auf
bis zu zwei Gramm Heroinzubereitung pro Tag, es gab aber auch Zeiten, in
denen der Angeklagte kein Heroin konsumierte. Im Sommer 2002 fuhr der
Angeklagte
zweimal in den Kosovo, um dort zu entziehen, wurde nach der
Rückkehr
in die Bundesrepublik aber jeweils rückfällig. Bei
der Strafzumessung hat
das Landgericht dem Angeklagten zugute gehalten, daß er zur
Zeit der Tatbegehung
und auch in den Jahren davor Heroin sowie andere
Betäubungsmittel
konsumierte und abhängig war und die hier relevanten Taten
begangen hat,
um aus deren Erlös seine Sucht zu finanzieren. Ferner hat es
im Hinblick auf
eine mögliche spätere Zurückstellung der
Strafvollstreckung nach § 35 BtMG
festgestellt, daß der Angeklagte die Taten aufgrund seiner
Betäubungsmittelabhängigkeit
begangen hat.
Angesichts dieser Feststellungen hätte der Tatrichter mit der
Hilfe eines
Sachverständigen prüfen und entscheiden
müssen, ob der Angeklagte in einer
Entziehungsanstalt unterzubringen ist. Die Unterbringung nach
§ 64 StGB ist
zwingend anzuordnen, wenn die rechtlichen Voraussetzungen der
Maßregel
gegeben sind (st. Rspr. vgl. BGH bei Detter NStZ 2003, 133, 135; 2002,
415,
419). Hiervon darf nicht etwa allein deswegen abgesehen werden, weil
eine
Zurückstellung der Strafvollstreckung nach § 35 BtMG
ins Auge gefaßt ist (st.
Rspr. vgl. BGH NStZ-RR 2003, 12; StraFo 2003, 100; BGHR StGB §
64 Ablehnung
8). Daß bei dem Angeklagten keine hinreichend konkrete
Aussicht eines
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Behandlungserfolgs besteht (vgl. BVerfGE 91, 1 ff.), ist aus den
bisherigen
Feststellungen nicht ersichtlich. Daß nur der Angeklagte
Revision eingelegt
hat, hindert die Nachholung einer Unterbringungsanordnung nicht
(§ 358 Abs.
2 StPO; BGHSt 37, 5). Der Beschwerdeführer hat die
Maßregel nach § 64
StGB auch nicht von einem Rechtsmittelangriff ausgenommen (vgl. BGHSt
38,
362).
Der Senat kann ausschließen, daß das Landgericht
bei Anordnung der
Unterbringung eine niedrigere Strafe verhängt hätte.
Rissing-van Saan Detter Bode
Otten Roggenbuck |