BGH,
Beschl. v. 7.12.2006 - 4 StR 505/06
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
4 StR 505/06
vom
7.12.2006
in der Strafsache
gegen
wegen schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern u.a.
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Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des
Generalbundesanwalts und nach Anhörung des
Beschwerdeführers am 7.12.2006 gemäß
§ 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts
Detmold vom 14. Juni 2006
a) im Schuldspruch dahin geändert, dass der Angeklagte des
schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern in 14 Fällen sowie
des sexuellen Missbrauchs von Kindern in 16 Fällen, davon in
sechs Fällen in Tateinheit mit sexuellem Missbrauch von
Schutzbefohlenen schuldig ist,
b) aufgehoben, soweit den Nebenklägerinnen Lucia-Maria J. und
Melissa V. Schmerzensgeld zuerkannt wurde; von einer Entscheidung
über die Adhäsionsanträge der
Nebenklägerinnen wird abgesehen.
2. Die weiter gehende Revision wird verworfen.
3. Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels
und die den Nebenklägerinnen im Revisionsverfahren
entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen. Die durch das
Adhäsionsverfahren entstandenen gerichtlichen Auslagen werden
der Staatskasse auferlegt. Die sonstigen durch dieses Verfahren
entstandenen Auslagen trägt jeder Beteiligte selbst.
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Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen schweren sexuellen
Missbrauchs von Kindern in 14 Fällen in Tateinheit mit
sexuellem Missbrauch von Schutzbefohlenen und wegen sexuellen
Missbrauchs von Kindern in 16 Fällen in Tateinheit mit
sexuellem Missbrauch von Schutzbefohlenen unter Einbeziehung einer
Strafe aus einem früheren Urteil zu einer
Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren und neun Monaten verurteilt.
Außerdem hat es den Nebenklägerinnen Lucia-Maria J.
und Melissa V. im Adhäsionsverfahren Schmerzensgeld in
Höhe von 8.000 Euro bzw. 3.000 Euro zugesprochen. Die gegen
dieses Urteil gerichtete Revision des Angeklagten hat Erfolg, soweit er
in den Fällen II. 1 bis 24 wegen tateinheitlich begangenen
sexuellen Missbrauchs von Schutzbefohlenen sowie im
Adhäsionsverfahren zur Zahlung von Schmerzensgeld an die
beiden Nebenklägerinnen verurteilt worden ist.
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Der Generalbundesanwalt hat in seiner Antragsschrift insoweit Folgendes
ausgeführt:
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"Hinsichtlich der Fälle II. 1 bis 24 der
Urteilsgründe muss der Schuldspruch wegen des tateinheitlich
mit dem schweren sexuellen Missbrauch von Kindern (Fälle 11
bis 24) bzw. dem sexuellen Missbrauch eines Kindes (Fälle 1
bis 10) begangenen sexuellen Missbrauchs von Schutzbefohlenen
entfallen, weil insoweit von Verfolgungsverjährung auszugehen
ist (BGHSt 46, 85, 86). § 174 Abs. 1 StGB droht im
höchsten Maß eine Freiheitsstrafe von fünf
Jahren an, die Verjährungsfrist beträgt demnach
gemäß § 78 Abs. 3 Nr. 4 StGB ebenfalls
fünf Jahre. Die Taten in den Fällen II. 1 bis 11
fanden im Jahre 1998 statt. Aufgrund der getroffenen Feststellungen ist
es möglich, dass auch die Taten in den Fällen II. 12
bis 24 vor dem 1. April 1999 begangen wurden. Die Taten waren demnach
zum Zeitpunkt der Anzeigenerstattung am 25. April 2005 (Bd. I Bl. 4
d.A.) verjährt. Die § 174 StGB in die Ruhensrege-
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lung des § 78 b Abs. 1 Nr. 1 StGB einbeziehende
Gesetzesänderung ist erst am 1. April 2004 in Kraft getreten,
also zu einem Zeitpunkt, zu dem nach altem Recht schon
Verjährung eingetreten war. Da es sich um tateinheitlich
angeklagte und ausgeurteilte Delikte handelt, ist der Schuldspruch zu
berichtigen. Einer Aufhebung der Einzelstrafaussprüche bedarf
es gleichwohl nicht. Die verhängte Strafe ist im Sinne des
§ 354 Abs. 1 a Satz 1 StPO unter Berücksichtigung der
zutreffenden Strafzumessungserwägungen des Landgerichts
angemessen.
Das Urteil kann keinen Bestand haben, soweit der Angeklagte zur Zahlung
von Schmerzensgeld an die Nebenklägerinnen Melissa V. und
Lucia-Maria J. verurteilt wurde. Die außerhalb der
Hauptverhandlung angebrachten Adhäsionsanträge dieser
Nebenklägerinnen wurden ausweislich der Verfahrensakten
entgegen § 404 Abs. 1 Satz 3 StPO nicht förmlich
zugestellt. Demzufolge fehlt es an einem wirksamen
Adhäsionsantrag, was von Amts wegen zu prüfen ist
(BGH NStZ-RR 2006, 380 m.w.N.). Durch die nochmalige Antragstellung in
der Hauptverhandlung ist keine Heilung eingetreten, weil die
Anträge erst nach dem Schlussvortrag der Staatsanwaltschaft
und damit verspätet angebracht wurden (vgl. Bd. III Bl. 626).
Eine Zurückverweisung der Sache zur neuen Verhandlung allein
über den Entschädigungsanspruch kommt nicht in
Betracht (BGH StraFo 2004, 386)."
Dem schließt sich der Senat an.
Im Übrigen weist das Urteil keinen den Angeklagten
beschwerenden Rechtsfehler auf.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 473 Abs. 1 Satz 1,
§ 472 Abs. 1, § 472 a Abs. 2 StPO.
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Tepperwien Maatz Kuckein
Solin-Stojanović Sost-Scheible |