BGH,
Beschl. v. 7.2.2006 - 3 StR 263/05
BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 3 StR 263/05 vom 7.2.2006 in der Strafsache
gegen 1. 2. 3. 4. 5. wegen Gründung einer terroristischen
Vereinigung u. a.
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Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat mit Zustimmung des
Generalbundesanwalts und nach Anhörung der
Beschwerdeführer am 7.02.2006 beschlossen: 1. Das Verfahren
gegen die Angeklagten Bu. , Be. , P. , W. und R. wird
gemäß § 47 Abs. 1 Nr. 1 JGG i. V. m.
§ 153 StPO eingestellt. 2. Die Kosten des Verfahrens und die
notwendigen Auslagen der Angeklagten trägt die Staatskasse.
Gründe: Das Brandenburgische Oberlandesgericht hat die
Angeklagten Bu. , Be. , P. , W. und R. am 7. März 2005 wegen
Gründens einer terroristischen Vereinigung zu Jugendstrafen
von je acht Monaten verurteilt und die Vollstreckung zur
Bewährung ausgesetzt. Hiergegen richten sich die auf die
Sachrüge gestützten Revisionen der Angeklagten. Der
Senat hat das Verfahren mit Zustimmung des Generalbundesanwalts nach
§ 47 Abs. 1 Nr. 1 JGG i. V. m. § 153 StPO
eingestellt. 1 1. Die rechtlichen Voraussetzungen der Anwendung des
§ 153 StGB sind gegeben, da das Vorliegen eines Verbrechens
des Gründens einer terroristischen Vereinigung verneint werden
muss und nur noch ein Vergehen des Unterstützens Gegenstand
des weiteren Verfahrens nach einer eventuellen
Zurückverweisung wäre (vgl. BGH NJW 2002, 2401,
2402). 2
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a) Der Verbrechenstatbestand des Gründens einer
terroristischen Vereinigung ist bei diesen Angeklagten, die sich zur
Begehung von Brandanschlägen nicht bereit erklärt und
solche später auch nicht ausgeführt hatten, nicht
erfüllt. Nach der Rechtsprechung ist dazu das Erbringen eines
wesentlichen Beitrags zur Gründung erforderlich (BGH, Urt. vom
19. Mai 1954 - 6 StR 88/54 - Leitsatz in NJW 1954, 1254 abgedruckt;
BGHSt 27, 325, 326). Einen solchen wesentlichen Beitrag hat der Senat
bei den Mitangeklagten H. , A. , S. , E. und B. angenommen, die sich
bei der Gründungsversammlung bereit erklärt hatten,
sich an Anschlägen zu beteiligen (vgl. dazu Beschluss des
Senats in dieser Sache vom 10.01.2006). Dagegen haben die Angeklagten
Bu. , Be. , P. , W. und R. es abgelehnt, selbst Brandstiftungen zu
begehen. Vor dem Hintergrund dieser für das Zustandekommen der
terroristischen Vereinigung kontraproduktiven Weigerung stellt auch die
- z. T. nur vorgetäuschte - Bereitschaft, später
Fahrerdienste zu leisten, keinen wesentlichen Beitrag für die
Gründung dar. Etwas anderes gilt auch nicht für die
einmalige Protokollführung des Angeklagten P. (der dies
übernahm, da er als einziger seine Schulsachen dabei hatte)
und die Übernahme des Amtes des Kassiers durch den Angeklagten
R. , der diese Tätigkeit nie ausgeübt hatte. 3 b)
Damit ist nur noch die Frage der Unterstützung nach §
129 a Abs. 5 StGB offen, die in der Protokollführung durch P.
, der Übernahme einer Funktion durch R. , der Zahlung der
festgelegten Beiträge von je 5 € durch Bu. und Be.
und der Erklärung der Fahrbereitschaft, insbesondere der
Fahrerdienste des Bu. gesehen werden kann. Ob dabei die bloße
Zusage späterer Hilfsdienste als Unterstützen
gewertet werden kann, ist rechtlich ungeklärt (vgl. BGHR StGB
§ 129 a Abs. 5 Unterstützen 1). 4
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Dabei stellt sich auch die Schriftführertätigkeit des
P. als Unterstützen einer (bereits bestehenden)
terroristischen Vereinigung und nicht als Beihilfe zu deren
Gründung dar. Denn nach den Feststellungen kam der Vorschlag
des Anführers H. zur schriftlichen Festhaltung erst im
weiteren Verlauf der Diskussion, so dass eine Einigkeit über
die Bildung und damit die Existenz einer Vereinigung bereits zu diesem
Zeitpunkt nahe liegt oder zumindest zu Gunsten des Angeklagten nicht
auszuschließen ist. Es kommt hinzu, dass die weiteren
Tätigkeiten wie Fertigstellen des Protokolls, Aufbewahrung,
Vernichtung u. a. ohnehin erst nachträglich erfolgt sind. 5 2.
Die Schuld dieser Angeklagten ist gering. Ihre ohnehin relativ
geringfügigen Tatbeiträge müssen vor dem
hier besonders stark ausgeprägten gruppendynamischen
Hintergrund und der dominierenden Stellung des Angeklagten H. , sowie
der den Angeklagten positiv anzurechnenden Haltung, der Erwartung des
Anführers wenigstens weitgehend zu widerstehen, bewertet
werden. Da zudem die nicht oder nur unerheblich vorbelasteten
Angeklagten nach den ausdrücklichen Feststellungen eine
positive Entwicklung gezeigt haben und weder die Schwere der Schuld
noch schädliche Neigungen festgestellt werden können,
kommt die Verhängung von Jugendstrafe nicht in Betracht. Die
Angeklagten sind bereits durch die Hauptverhandlung beeindruckt worden
(UA S. 173), deswegen erscheinen auch erzieherische Maßnahmen
im Sinne des 6
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§ 45 Abs. 3 JGG entbehrlich. Unter diesen Umständen
fordert das öffentliche Interesse die weitere Strafverfolgung
nicht. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 74, 109
Abs. 2 JGG. 7 Tolksdorf Winkler Pfister von Lienen Hubert |