BGH,
Beschl. v. 7.2.2008 - 5 StR 625/07
5 StR 625/07
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
vom 7.2.2008
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen versuchter schwerer räuberischer Erpressung u. a.
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Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 7.2.2008
beschlossen:
Der Antrag des Angeklagten E. auf Wiedereinsetzung in den vorherigen
Stand zur Nachholung von Verfahrensrügen wird aus den
Gründen der Antragsschrift des Generalbundesanwalts
zurückgewiesen.
Auf die Revisionen der Angeklagten E. und S. wird das Urteil des
Landgerichts Leipzig vom 15. Juni 2007 nach § 349 Abs. 4 StPO
mit den Feststellungen aufgehoben, soweit es diese Angeklagten
betrifft; aufrecht erhalten bleiben die Feststellungen zum gesamten
äußeren Tatgeschehen sowie zur inneren Tatseite
hinsichtlich der gefährlichen Körperverletzung, der
Freiheitsberaubung und des Waffendelikts.
Die weitergehende Revision der Angeklagten wird nach § 349
Abs. 2 StPO als unbegründet verworfen.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und
Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an
eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
G r ü n d e
Das Landgericht hat den Angeklagten E. wegen versuchter
räuberischer Erpressung in Tateinheit mit
gefährlicher Körperverletzung unter Einbeziehung
anderer rechtskräftiger Geldstrafen zu einer - zur
Bewährung
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ausgesetzten - Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten
verurteilt. Den Angeklagten S. hat es wegen versuchter schwerer
räuberischer Erpressung in Tateinheit mit
gefährlicher Körperverletzung, Freiheitsberaubung und
vorsätzlichen unerlaubten Führens einer verbotenen
Waffe schuldig gesprochen; es hat gegen ihn eine Freiheitsstrafe von
zwei Jahren und sechs Monaten verhängt. Die Revisionen der
Angeklagten haben den aus dem Beschlusstenor ersichtlichen Erfolg; im
Übrigen sind sie unbegründet im Sinne des §
349 Abs. 2 StPO.
1. Die Annahme des Landgerichts, die Angeklagten hätten im
Sinne des § 253 StGB in der Absicht gehandelt, sich zu Unrecht
zu bereichern, begegnet durchgreifenden Bedenken.
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a) Nach den Feststellungen des Landgerichts war der
Geschädigte M. für das Bauunternehmen „m.
Bau“ als Handelsvertreter auf selbständiger Basis
tätig; auch die Angeklagten arbeiteten für dieses
Unternehmen. M. schloss für die „m. Bau“
mit der Zeugin Sc. einen Vertrag über die Renovierung von
deren Haus ab. Nachdem die Renovierung nach drei Monaten noch nicht
begonnen hatte, vermittelte M. nunmehr einen weiteren Bauvertrag mit
der Firma KLS. Hierfür leistete die Bauherrin einen
Kostenvorschuss in Höhe von 20.000 Euro in bar an den Zeugen
D. , einem Verantwortlichen der KLS, die am 21. September 2004 mit den
Arbeiten begann. Die Angeklagten, die hiervon erfahren hatten, wollten
nunmehr wegen des aus ihrer Sicht geplatzten Geschäfts mit der
Bauherrin den Geschädigten M. zur Zahlung von 20.000 Euro
veranlassen und schlugen deshalb auf ihn ein.
Das Landgericht ist davon ausgegangen, dass die Angeklagten versucht
hätten, sich zu Unrecht zu bereichern. Der „m.
Bau“ stünde kein Schadensersatz zu, weil kein
ersatzfähiger Schaden eingetreten sei, denn die
Baudurchführung sei für die „m.
Bau“ nicht unmöglich geworden.
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b) Diese Ausführungen halten rechtlicher
Überprüfung nicht stand. Eine Erpressung setzt
voraus, dass der Täter einen rechtswidrigen, das
heißt einen ihm nicht zustehenden Vermögensvorteil
erstrebt (BGHR StGB § 253 Abs. 1 Bereicherungsabsicht 7, 8).
Die Erwägungen des Landgerichts zum Bestehen eines
Schadensersatzanspruchs der „m. Bau“
gegenüber M. sind hier rechtsfehlerhaft.
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In Betracht kommt - was auch das Landgericht im Ansatz zutreffend
erkannt hat - eine Schadensersatzpflicht des M. gegenüber der
„m. Bau“, weil er mit der Fremdvermittlung seine
Pflichten aus dem Handelsvertretervertrag verletzt hat (§ 280
Abs. 1 Satz 1 BGB). Dies würde dann zu einem Schaden der
„m. Bau“ führen, wenn dieser nicht
ihrerseits werthaltige Ansprüche gegen die Bauherrin
verbleiben. Da nähere Feststellungen zum Zustandekommen des
Zweitvertrags fehlen, lässt sich nicht klären, ob die
„m. Bau“ Ansprüche gegen die Bauherrin
gehabt hätte. Dies gilt vor allem vor dem Hintergrund, dass
der Geschädigte M. als Handelsvertreter Vollmacht für
die „m. Bau“ hatte und deshalb Absprachen zwischen
M. und der Bauherrin oder der KLS gegen die „m.
Bau“ wirken könnten. Im Übrigen war der
Schaden aus der Verletzung des Handelsvertretervertrags entgegen der
Ansicht des Landgerichts bereits eingetreten. Durch die erfolgte
Vorschusszahlung und die schon begonnene Ausführung war es
für die von den Angeklagten repräsentierte Firma
„m. Bau“ praktisch aussichtslos, die
Renovierungsarbeiten durchführen zu können, zumal der
Bestellerin ein jederzeitiges Kündigungsrecht zustand
(§ 649 BGB).
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2. Das Bestehen eines eventuellen Schadensersatzanspruches gegen den
Geschädigten M. bedarf deshalb ebenso neuer tatrichterlicher
Klärung wie die Frage, welches Vorstellungsbild die
Angeklagten im Hinblick auf das Bestehen eines Schadensersatzanspruches
hatten. Eine Bereicherungsabsicht im Sinne des § 253 Abs. 1
StGB liegt nämlich nur dann vor, wenn sich der Vorsatz des
Täters auch auf die Rechtswidrigkeit des von ihm erstrebten
Vermögensvorteils erstreckt (BGHR StGB § 253 Abs. 1
Bereiche-
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rungsabsicht 6). Das Landgericht beschränkt sich insoweit
lediglich auf die nicht näher unterlegte Behauptung, dass die
Angeklagten das Nichtbestehen einer Forderung jedenfalls billigend in
Kauf genommen hätten.
3. Der Rechtsfehler in den Schuldsprüchen hinsichtlich der
räuberischen Erpressung führt zur Aufhebung des
Schuldspruchs insgesamt. Das Landgericht hat - von seinem
Rechtsstandpunkt aus zutreffend - die Verwirklichung
sämtlicher Straftatbestände bei beiden Angeklagten
jeweils als tateinheitlich gewürdigt. Deshalb mussten die
Schuldsprüche insgesamt aufgehoben werden. Bei Tateinheit
steht nämlich die Einheitlichkeit der Tat einer
Aufrechterhaltung des vom Rechtsfehler nicht betroffenen Teils entgegen
(BGH, Urteil vom 29. August 2007 - 5 StR 103/07, Rdn. 51).
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Der Senat kann jedoch sämtliche Feststellungen
aufrechterhalten, die mit dem Vorwurf der räuberischen
Erpressung nicht in unmittelbarem Zusammenhang stehen. Insoweit hat
sich der Rechtsfehler nicht ausgewirkt (§ 353 Abs. 2 StPO);
mithin bleiben die Feststellungen zum äußeren
Tatgeschehen wie auch zur inneren Tatseite hinsichtlich der
Körperverletzung, Freiheitsberaubung und des Waffendelikts
bestehen. Der neue Tatrichter könnte deshalb, sollte sich eine
räuberische Erpressung im Sinne der §§ 253,
255 StGB nicht nachweisen lassen oder das Verfahren insoweit nach
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§ 154a StPO beschränkt werden, ohne weitere
Feststellungen zu einem entsprechenden Schuldspruch kommen, wobei die
Strafvorschrift der versuchten räuberischen Erpressung jeweils
durch die der versuchten Nötigung ersetzt würde.
Gerhardt Raum Brause
Schaal Jäger |