BGH,
Beschl. v. 7.5.2002 - 3 StR 48/02
3 StR 48/02
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
vom
7. Mai 2002
in der Strafsache gegen
1.
2.
wegen Diebstahls u.a.
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofes hat auf Antrag des
Generalbundesanwalts und nach Anhörung des
Beschwerdeführers am 7. Mai 2002 gemäß
§ 349 Abs. 2 StPO einstimmig beschlossen:
Die Revisionen der Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts
Oldenburg vom 27. September 2001 werden verworfen.
Jeder Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu
tragen.
Gründe:
Das Landgericht hat die Angeklagten wegen Diebstahls in fünf
Fällen und wegen Betrugs verurteilt und zwar den Angeklagten
D. zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren, den Angeklagten H.
zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten.
Hiergegen richten sich deren auf die allgemeine Sachrüge
gestützten Revisionen. Die Nachprüfung des Urteils
hat keinen Rechtsfehler zum Nachteil der Angeklagten ergeben.
Der näheren Erörterung bedarf lediglich die
Beanstandung, im Falle II 2 b der Urteilsgründe habe das
Landgericht zu Unrecht einen besonders schweren Fall des Betruges
angenommen, weil es den Angeklagten die Herbeiführung eines
Vermögensverlustes großen Ausmaßes zur
Last gelegt habe, obwohl die Tatbeute vollständig an den
Geschädigten zurückgelangt sei.
Entgegen der Auffassung der Revision setzt das Regelbeispiel des
§ 263 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 1. Alt. StGB nicht voraus,
daß der Geschädigte eine bleibende
Vermögenseinbuße erleidet (aA Joecks,
StGB-Studienkommentar 3. Aufl. § 263 Rdn. 127). Aus dem
Gesetzeswortlaut läßt sich dieses Erfordernis nicht
ableiten. Wie sich der Entstehungsgeschichte entnehmen
läßt, hielt der Gesetzgeber die Begriffe
"Vermögensverlust" und "Vermögensschaden"
für weitgehend austauschbar:
Der Regierungsentwurf zum 6. StrRG hatte die Regelwirkung eines
besonders schweren Falles daran geknüpft, daß der
Täter aus grobem Eigennutz für sich oder eine dritte
Person Vermögensvorteile großen Ausmaßes
erlangt (BTDrucks. 13/8587 S. 10). Während des
Gesetzgebungsverfahrens schlug der Bundesrat vor, auf das Erfordernis
einer objektiven Vermögensmehrung auf Seiten des
Täters oder eines Dritten zu verzichten und statt dessen - der
Tatbestandsstruktur des Betruges entsprechend - die darauf gerichtete
Absicht des Täters genügen zu lassen. In einem
zusätzlichen Regelbeispiel sollte auf die
Herbeiführung eines Vermögensverlustes
großen Ausmaßes beim Geschädigten
abgestellt werden, weil der objektive Tatbestand des Betruges bereits
mit Eintritt des Vermögensschadens erfüllt sei und
auch nach der bisherigen Rechtsprechung ein besonders großer
Schaden zur Annahme eines besonders schweren Falles führen
könne (BTDrucks. 13/8587 S. 64). Die Bundesregierung sah kein
Bedürfnis, das bloße Erstreben eines
Vermögensvorteils großen Ausmaßes zum
Regelbeispiel auszugestalten, machte sich aber die Auffassung des
Bundesrates zu eigen, daß hinsichtlich der objektiven
Tatfolgen nicht auf die Täter - sondern auf die Opferseite
abzustellen sei (BTDrucks. 13/8587 S. 85). Diesen Gedanken soll der
Begriff "Vermögensverlust", der die spiegelbildliche
Entsprechung des ursprünglich vorgesehenen Begriffs
"Vermögensvorteil" darstellt, zum Ausdruck bringen.
Ausreichend für die Verwirklichung des Regelbeispiels des
§ 263 Abs. 3 Nr. 2 1. Alt. StGB ist dementsprechend,
daß ein Vermögensschaden großen
Ausmaßes tatsächlich eingetreten ist. Von Dauer
muß er nicht sein (ebenso Tröndle/Fischer, StGB 50.
Aufl. § 263 Rdn. 49; Cramer in
Schönke/Schröder, StGB 26. Aufl. § 263 Rdn.
188 c), wie auch für die
Tatbestandsmäßigkeit eine nachträgliche
Wiedergutmachung den einmal eingetretenen Schaden nicht
rückwirkend entfallen läßt (BGH GA 1979,
143; BGHR StGB § 263 Abs. 1 Vermögensschaden 1).
Ob die Herbeiführung einer bloßen
Vermögensgefährdung - die sich als
strafbarkeitsbegründende
Vermögensbeschädigung im Sinne von § 263
Abs. 1 StGB darstellt, wenn der Eintritt des
Vermögensverlustes naheliegt (vgl. BGHSt 34, 394, 395) - das
Regelbeispiel des § 263 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 1. Alt. StGB
verwirklichen kann (so Tiedemann in LK 11. Aufl. § 263 Rdn.
298; aA Tröndle/ Fischer, StGB 50. Aufl. § 263 Rdn.
49) oder ob dem der Gesetzeswortlaut entgegensteht, weil nach
allgemeinem Sprachgebrauch der Begriff des Vermögensverlustes
enger ist als derjenige der Vermögensbeschädigung,
braucht hier nicht entschieden zu werden.
Tolksdorf Rissing-van Saan Miebach Pfister Becker
|