BGH,
Beschl. v. 7.5.2008 - 5 StR 634/07
5 StR 634/07
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
vom
7.5.2008
in der Strafsache
gegen
1.
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3.
4.
wegen bandenmäßigen Handeltreibens mit
Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge u. a.
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Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 7.5.2008
beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten L. gegen das Urteil des
Landgerichts Hamburg vom 23. Februar 2007 wird das Verfahren
gemäß dem Antrag der Bundesanwaltschaft nach
§ 154 Abs. 2 StPO eingestellt, soweit dieser Angeklagte in den
Fällen 12 und 13 verurteilt worden ist. Die insoweit
entstandenen Kosten und notwendigen Auslagen fallen der Staatskasse zur
Last.
Das genannte Urteil wird dementsprechend im Schuldspruch dahingehend
abgeändert, dass der Angeklagte L. wegen
bandenmäßigen unerlaubten Handeltreibens mit
Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in elf
Fällen verurteilt ist.
Das genannte Urteil wird gemäß § 349 Abs. 4
StPO im Rechtsfolgenausspruch gegen den Angeklagten L. dahingehend
abgeändert, dass dieser Angeklagte zu einer
Gesamtfreiheitsstrafe von elf Jahren verurteilt ist und die
Verfallsanordnung auf 11.000 € - ohne gesamtschuldnerische
Haftung - herabgesetzt wird.
Die weitergehende Revision des Angeklagten L. wird nach § 349
Abs. 2 StPO als unbegründet verworfen. Der Angeklagte hat die
verbleibenden Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.
2. Die Revisionen der Angeklagten S. , B. und Bo. gegen das genannte
Urteil werden gemäß
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§ 349 Abs. 2 StPO als unbegründet verworfen, das
Rechtsmittel des Angeklagten Bo. mit der Maßgabe (§
349 Abs. 4 StPO), dass die Verfallsanordnung gegen diesen Angeklagten
auf 13.000 € - ohne gesamtschuldnerische Haftung -
herabgesetzt wird. Die Angeklagten S. , B. und Bo. haben die Kosten
ihrer Rechtsmittel zu tragen.
G r ü n d e
Das Landgericht hat die Angeklagten als Mitglieder einer Bande von
Betäubungsmittelhändlern verurteilt, die Angeklagten
L. , Bo. und S. jeweils wegen 13 Fällen des unerlaubten
Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge
zu Gesamtfreiheitsstrafen von zwölf, elf und vier Jahren sowie
den Angeklagten B. wegen Beihilfe zum bandenmäßigen
unerlaubten Handeltreiben in nicht geringer Menge in fünf
Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren. Gegen
den Angeklagten L. hat das Landgericht ferner die Maßregel
der Sicherungsverwahrung verhängt und gegen alle Angeklagte -
bis auf B. - Wertersatzverfall angeordnet. Die Revisionen der
Angeklagten S. und B. sind unbegründet im Sinne von §
349 Abs. 2 StPO. Die Rechtsmittel der beiden übrigen
Angeklagten erzielen die aus der Beschlussformel ersichtlichen
Teilerfolge.
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1. Das Landgericht hat sich nach komplexer Beweisaufnahme
hauptsächlich aufgrund des Geständnisses des
Angeklagten S. und des polizeilichen Geständnisses des
Angeklagten B. davon überzeugt, dass die Angeklagten L. , Bo.
und S. vom 19. April bis 12. August 2004 als Bandenmitglieder
für sieben Fahrten zur Beschaffung von jeweils ca. 1 kg Kokain
nach Antwerpen und sechs solcher Fahrten nach Den Haag
mittäterschaftlich verantwortlich sind. In fünf
Fällen hat der Ange
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klagte B. als Bandenmitglied durch Dolmetscherdienste Hilfe geleistet.
2. Hinsichtlich des Angeklagten L. hat der Senat das Verfahren in den
Fällen 12 und 13 gemäß § 154 Abs.
2 StPO eingestellt und den Schuldspruch entsprechend geändert.
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Dafür war ausschlaggebend, dass in diesen Fällen der
zur Tatzeit im Urlaub in Italien befindliche Angeklagte nach den
Urteilsfeststellungen keine eigenen Aktivitäten bei der
Abwicklung dieser Rauschgiftgeschäfte entwickelt oder auch nur
eigenes Tatinteresse bekundet hat. Eine sukzessive
Mittäterschaft - etwa durch Zahlung des Entgelts an den
Angeklagten S. nach Urlaubsrückkehr - lässt sich auch
dem Zusammenhang der Urteilsgründe nicht mit hinreichender
Deutlichkeit entnehmen. Die danach festgestellte bloße weiter
bestehende Bandenmitgliedschaft dieses Angeklagten (UA S. 109) reicht
für eine mittäterschaftliche Verurteilung aber nicht
aus (vgl. BGHSt [GS] 46, 321, 338).
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Anders ist die Sach- und Rechtslage im Fall 14. Zwar war der Angeklagte
L. zum Zeitpunkt der in diesem Fall stattgefundenen Beschaffungsfahrt
ebenfalls noch in Urlaub. Die Fahrt erfolgte indes nach Antwerpen zu
der Bezugsquelle, die der Angeklagte L. nach den Feststellungen im Fall
1 unter Einsatz seiner besonderen Beziehungen zur
Rauschgiftverkäuferin Bö. geschaffen und
regelmäßig (Fälle 2, 3, 8 bis 10) genutzt
hat. Damit ist in diesem Fall die Annahme einer mittelbaren
Täterschaft kraft Organisationsherrschaft ausreichend belegt
(vgl. BGHSt 48, 331, 342 m.w.N.).
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Der Wegfall von zwei Einzelfreiheitsstrafen von je sieben Jahren
beeinflusst den Bestand der verhängten Maßregel
nicht, nötigt indes zur Herabsetzung der
Gesamtfreiheitsstrafe. Der Senat hat diese - dem Antrag des
Generalbundesanwalts folgend - entsprechend § 354 Abs. 1 StPO
auf elf
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Jahre festgesetzt (vgl. BGHR StPO § 354 Abs. 1 Strafausspruch
12; BGHR StPO § 356a Gehörsverstoß 1).
Der gesamtschuldnerisch mit dem Angeklagten Bo. angeordnete Verfall von
50.000 € kann nur in Höhe von 11.000 € - und
zwar als allein den Angeklagten L. treffend - aufrechterhalten bleiben.
Die Feststellungen belegen keine gemeinschaftliche
Verfügbarkeit über die Rauschgifterlöse und
lassen auch nichts Genaueres zur Frage über deren Verteilung
erkennen (vgl. BGH NStZ-RR 2007, 121; BGH, Beschluss vom 10.1.2008 - 5
StR 365/07 Rdn. 8). Indes schließt es der Senat aus, dass der
Angeklagte L. einen geringeren Vorteil als der in der Hierarchie der
Bande eher untergeordnete Angeklagte S. - je 1.000 € aus jeder
Tat (UA S. 131) - erzielt haben kann. Danach ist der angeordnete
Verfall aufzuheben, soweit er 11.000 € übersteigt
(§ 354 Abs. 1 StPO analog).
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3. Auf die Sachrüge des Angeklagten Bo. hebt der Senat aus den
gleichen, auch für diesen Angeklagten geltenden
Gründen die Verfallsanordnung auf, soweit sie 13.000
€ übersteigt; auch diese Anordnung kann sich nur noch
allein gegen den Angeklagten Bo. richten (§ 354 Abs. 1 StPO
analog).
Zu den Beweisantragsrügen, die Vernehmung von
Hotelangestellten aus Den Haag und Hengelo betreffend, bemerkt der
Senat ergänzend zur Antragsschrift des Generalbundesanwalts:
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Das Landgericht hat den mit der Gegenvorstellung des Rechtsanwalts E.
vom 13. November 2006 (Revisionsbegründung S. 78 ff.)
erläuterten Antrag des Rechtsanwalts Bl. vom 30. Oktober 2006
(Revisionsbegründung S. 68 ff.) zwar nicht förmlich
als Beweisantrag gemäß § 244 Abs. 6 StPO
verbeschieden. Dies begründet aber keinen durchgreifenden
Rechtsfehler. Der Senat entnimmt den ablehnenden Beschlüssen
des Landgerichts (Revisionsbegründung S. 75 f. und 82 f.), die
auf die Wahrnehmungssituation
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und die Erinnerungsfähigkeit der Hotelangestellten
für ein Wiedererkennen von Hotelgästen nach Ablauf
von zweieinhalb Jahren und weitere Umstände abstellen (vgl.
BGH NStZ 2000, 156, 157), eine die Voraussetzung des § 244
Abs. 5 Satz 2 StPO erfüllende antizipierende Wertung, dass das
erhoffte Beweisergebnis nicht werde erbracht werden können und
dass die Aufklärungspflicht die beantragte Beweiserhebung
nicht gebietet (vgl. BGHR StPO § 244 Abs. 5 Satz 2
Auslandszeuge 1). Im Blick darauf, dass das erhoffte Beweisergebnis
(vom Hotelpersonal nicht in Den Haag wahrgenommen worden zu sein) die
Einlassung des Angeklagten (nicht mit S. in Den Haag zum Kauf von
Kokain gewesen zu sein) lediglich wahrscheinlicher gemacht haben
könnte, ist eine Benachteiligung des Angeklagten durch ein auf
Grund der Behandlung des Antrags als Beweisermittlungsantrag
entstandenes Informationsdefizit nicht gegeben (vgl. BGHR StPO
§ 244 Abs. 3 Ablehnung 1). Der Senat schließt
deshalb aus, dass das Urteil auf einer letztlich nur unzutreffenden
rechtlichen Einordnung des Antrags beruhen kann (vgl. BGHR aaO; BGH,
Beschluss vom 29. März 2007 - 5 StR 116/07).
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Auch die weitere Beweisantragsrüge hinsichtlich eines
„instruierten Vertreters“ des Hotels W. in Hengelo
versagt. Insoweit handelt es sich nicht um einen Beweisantrag, weil
kein bestimmtes Beweismittel bezeichnet worden ist (vgl. BGH NStZ-RR
2002, 270). Der namentlich nicht benannte Zeuge hätte erst mit
Hilfe einer vom Gericht vorzunehmenden näheren Beschreibung
des Sachverhalts, zu dessen Aufklärung er hätte
herangezogen werden sollen, in einem an die Hotelleitung gerichteten
Ersuchen und durch deren Auswahlakt ermittelt werden müssen.
Dazu musste sich das Landgericht angesichts des Ergebnisses der
polizeilichen Ermittlungen unter keinen Umständen
gedrängt sehen.
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4. Die vom 25. April bis zum 5.5.2008 nachgereichten
Schriftsätze zu dem ergänzten Antrag des
Generalbundesanwalts haben vorgelegen.
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Schäfer Sander |