BGH,
Beschl. v. 7.11.2000 - 4 StR 424/00
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
4 StR 424/00
vom
7. November 2000
in der Strafsache gegen
1.
2.
wegen Betruges
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des
Generalbundesanwalts und der Beschwerdeführer am 7. November
2000 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO
beschlossen:
I. Auf die Revisionen der Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts
Dortmund vom 20. März 2000, soweit es sie betrifft,
1. im Fall B II 41 der Urteilsgründe mit den Feststellungen
aufgehoben,
2. in den Schuldsprüchen im übrigen dahin
geändert, daß
a) der Angeklagte H. des Betruges in 21 Fällen, davon in einem
Fall in 17 tateinheitlich zusammentreffenden Fällen sowie in
einem weiteren Fall in 5 tateinheitlich zusammentreffenden
Fällen,
b) der Angeklagte S. des Betruges in 22 Fällen, davon in einem
Fall in 17 tateinheitlich zusammentreffenden Fällen sowie in
einem weiteren Fall in 5 tateinheitlich zusammentreffenden
Fällen
schuldig sind,
3. mit den Feststellungen aufgehoben
a) in den Einzelstrafaussprüchen in den Fällen B II 2
bis 4, 8 bis 10, 13 bis 15, 24, 26, 28, 29, 33, 34, 36 bis 40 und 42
der Urteilsgründe,
b) in den Aussprüchen über die Gesamtstrafen.
II. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und
Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine
andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
III. Die weiter gehenden Revisionen werden verworfen.
Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten H. wegen Betruges in 42
Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und drei
Monaten verurteilt. Gegen den Angeklagten S. hat es wegen Betruges in
43 Fällen eine Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und neun
Monaten verhängt. Die Angeklagten rügen mit ihren
Revisionen die Verletzung materiellen Rechts. Die Rechtsmittel haben
teilweise Erfolg; im übrigen sind sie unbegründet im
Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
I.
Nach den getroffenen Feststellungen veranlaßten die
Angeklagten aufgrund eines gemeinsam entwickelten Tatplanes eine Reihe
von Interessenten durch wahrheitswidrige Angaben, den vom Angeklagten
S. beherrschten Unternehmen finanzielle Mittel zur
Durchführung von Anlagegeschäften zu
überlassen. Sie spiegelten den Kunden vor, sie (die
Angeklagten) würden sich mit den zur Verfügung
gestellten Beträgen - für die Anleger lukrativ und
ohne Risiko - an der Finanzierung von Spielertransfers in der
Fußballbundesliga beteiligen. Derartige Geschäfte
unter Mitwirkung der Angeklagten fanden jedoch nicht statt; die
Angeklagten verwendeten die Gelder überwiegend für
eigene Zwecke. In einem weiteren Fall erlangte der Angeklagte S. einen
Privatkredit in Höhe von 200.000 DM, indem er
vortäuschte, er sei zur Rückzahlung dieses Betrages
bei Fälligkeit in der Lage.
II.
Die Sachbeschwerden der Angeklagten führen zur Aufhebung des
Urteils im Fall B II 41 sowie zur Änderung der
Schuldsprüche und zur teilweisen Aufhebung der
Strafaussprüche.
1. Die Feststellungen im Fall B II 41 tragen die Schuldsprüche
wegen Betruges nicht. Ihnen liegt zugrunde, daß Achim W.
über den gutgläubigen Karl-Heinz R. von dem
Anlagegeschäft erfahren und über diesen einen Betrag
von 25.000 DM angelegt hatte. Das Urteil enthält jedoch keine
Ausführungen zu der Frage, ob Täuschungshandlungen
der Angeklagten ursächlich für das geschilderte
Anlagegeschäft gewesen sind und Karl-Heinz R. mit Wissen und
Billigung der Angeklagten gehandelt hat oder ob der Vermittler den
Kunden aus eigenem Antrieb und ohne Kenntnis der Angeklagten geworben
hat.
2. Die Annahme von Tatmehrheit in den vom Landgericht rechtsfehlerfrei
als Betrug gewerteten Fällen B II 2, 3, 4, 8, 11, 13, 14, 15,
24, 26, 29, 36 bis 40 und 42 sowie in den Fällen B II 9, 10,
28, 33 und 34 hält - wie die Revisionen mit Recht beanstanden
- rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
a) In den Fällen B II 2, 3, 4, 8, 11, 13, 14, 15, 24, 26, 29,
36 bis 40 und 42 haben sich die Angeklagten nicht wegen 17
selbständiger Betrugstaten, sondern wegen eines in mittelbarer
Täterschaft begangenen Betruges in 17 tateinheitlich
zusammentreffenden Fällen schuldig gemacht. Ihr Tatbeitrag
bestand nach den Urteilsfeststellungen darin, die eigens zu diesem
Zweck angeworbenen gutgläubigen Mitarbeiter N. und O. zu
beauftragen, Kunden für das von den Angeklagten entwickelte
betrügerische Anlagemodell zu werben. In der Folgezeit
übten die Angeklagten Druck auf N. und O. aus, damit diese
mehr Anleger akquirierten. Die zur Verfügung gestellten Gelder
flossen zunächst direkt, später über eine
als "Puffer" dazwischen geschaltete und von N. und O. geführte
Firma, an den Angeklagten S. . Darüber hinaus waren die
Angeklagten an den einzelnen Anlagegeschäften nicht beteiligt.
N. und O. leiteten lediglich die angefallenen schriftlichen Unterlagen
an die Angeklagten weiter, die über die getätigten
Geschäfte informiert waren. Dieses Verhalten der Angeklagten
hat im Ergebnis zu 17 betrügerischen
Vertragsabschlüssen durch die als ihre gutgläubigen
Werkzeuge handelnden Vertreter geführt.
Die Vertragsabschlüsse stellen zwar für sich genommen
selbständige Handlungen dar, die sich die Angeklagten als
mittelbare Täter auch zurechnen lassen müssen.
Für die Frage des Vorliegens einer oder mehrerer Handlungen im
Sinne der §§ 52, 53 StGB kommt es aber auf den
eigenen Tatbeitrag der Angeklagten an (BGH NJW 1995, 2933, 2934), der
hier lediglich in einer Tathandlung bestand. Dadurch werden
für sie die an sich selbständigen
Vertragsabschlüsse zur Tateinheit verbunden (vgl. BGHR
§ 52 Abs. 1 Handlung, dieselbe 26, 29; BGH wistra 1996, 230).
b) Ebenso stehen die in den Fällen B II 9, 10, 28, 33 und 34
geschilderten Taten im Verhältnis der Tateinheit zueinander.
Hier hatten die Angeklagten im Rahmen eines Gesprächs im
Herbst 1995 Inge Si. als Mitarbeiterin gewonnen, die in den genannten
Fällen gutgläubig Interessenten zur Anlage ihres
Kapitals bei der Firma des Angeklagten S. veranlaßte. Nachdem
sie unter anderem ihre Familienangehörigen von der
Seriosität dieser Geschäfte überzeugt hatte,
investierten ihr Ehemann und ihr Sohn, der auch gemeinsam mit Inge Si.
Geld angelegt hatte, weitere Beträge bei der Firma des
Angeklagten S. . Den Feststellungen ist nicht zu entnehmen,
daß die Angeklagten vor den Vertragsabschlüssen
selbst Täuschungshandlungen vorgenommen haben.
c) Der Senat ändert die Schuldsprüche entsprechend.
§ 265 Abs. 1 StPO steht nicht entgegen, da
auszuschließen ist, daß sich die Angeklagten gegen
den Vorwurf, die genannten Verstöße tateinheitlich
begangen zu haben, anders als geschehen hätten verteidigen
können. Einer teilweisen Freisprechung bedarf es nicht, weil
lediglich die Konkurrenzen anders zu beurteilen sind (Engelhardt in KK
4. Aufl. § 260 Rdn. 21).
d) Die Änderung der Schuldsprüche führt zur
Aufhebung der hiervon betroffenen Einzelstrafen und der Gesamtstrafen.
Im Fall B II 11 hat das Landgericht allerdings trotz entsprechender
Feststellungen keine Einzelstrafen verhängt. Soweit im Rahmen
der Strafzumessung von der Fallnummer 11 die Rede ist, handelt es sich
um ein Schreibversehen. Das Landgericht meint hier ersichtlich die
unter B II 10 geschilderte zweite Tat zum Nachteil der Anlegerin Gr. .
3. Im übrigen hat die Überprüfung des
Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigungen keinen Rechtsfehler zum
Nachteil der Angeklagten ergeben.
Rechtlich fehlerhaft ist allerdings die Wertung des Landgerichts, in
den Fällen B II 1 und 7 der Urteilsgründe
hätten sich die Angeklagten nur jeweils eines Betruges
schuldig gemacht. Nach den Feststellungen veranlaßten die
Angeklagten durch wahrheitswidrige Angaben verschiedene Interessenten,
Gelder anzulegen, die vereinbarungsgemäß mit einer
entsprechenden Rendite zurückgezahlt wurden. In der Folgezeit
überredete der gutgläubige Vermittler O. die Kunden
zu neuen Anlagen, die nicht mehr zur Rückzahlung gelangten.
Das Landgericht verkennt, daß bereits in der ersten von den
Angeklagten herbeigeführten und mit einer schadensgleichen
Vermögensgefährdung verbundenen Geldanlage ein Betrug
liegt, dem ein weiterer mit einer neuerlichen
Täuschungshandlung einhergehender Betrug folgt. Dies beschwert
die Angeklagten jedoch nicht. Gleiches gilt im Fall B II 32: Hier hatte
die gutgläubige Mitarbeiterin Si. gemeinsam mit ihrem Sohn,
der aufgrund ihrer Schilderungen vorher schon Geld angelegt und wieder
zurückbezahlt erhalten hatte, eine Investition bei der Firma
des Angeklagten S. getätigt.
4. Die Verurteilung in den Fällen B II 1, 5 bis 7, 12, 16 bis
23, 25, 27, 30 bis 32, 35 und 43 weist keinen Rechtsfehler auf. Auch
die diese Fälle betreffenden Strafaussprüche
können bestehen bleiben, weil sie von den aufgezeigten
Rechtsfehlern nicht beeinflußt sind. Der neu entscheidende
Tatrichter wird jeweils zwei weitere Einzelstrafen und neue
Gesamtstrafen festzusetzen haben.
Meyer-Goßner Kuckein Athing
Solin-Stojanovic Ernemann |