BGH,
Beschl. v. 7.11.2001 - 1 StR 455/01
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
1 StR 455/01
vom
7. November 2001
in der Strafsache gegen
1.
2.
wegen Urkundenfälschung u.a.
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofes hat am 7. November 2001
gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revisionen der Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts
Coburg vom 28. Mai 2001
a) in den Schuldsprüchen dahin geändert, daß
aa) der Angeklagte K. der Urkundenfälschung in Tateinheit mit
Beihilfe zum versuchten Betrug in drei Fällen sowie des
Verschaffens von falschen amtlichen Ausweisen und
bb) der Angeklagte D. der Urkundenfälschung in Tateinheit mit
Beihilfe zum versuchten Betrug in zwei Fällen sowie des
Verschaffens von falschen amtlichen Ausweisen
schuldig sind;
b) in den Strafaussprüchen aufgehoben.
2. Die weitergehenden Revisionen der Angeklagten werden als
unbegründet verworfen.
3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und
Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine
andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Gründe:
Das Landgericht hat die Angeklagten wegen Urkundenfälschung in
Tateinheit mit versuchtem Betrug - K. in drei Fällen, D. in
zwei Fällen - sowie wegen Verschaffens von amtlichen Ausweisen
zu Gesamtfreiheitsstrafen verurteilt und den Angeklagten D. im
übrigen freigesprochen. Die Angeklagten rügen mit
ihren Revisionen die Verletzung materiellen Rechts; der Angeklagte K.
beanstandet zudem das Verfahren. Beide Rechtsmittel führen auf
die Sachbeschwerde hin im ersten Tatkomplex zu einer Änderung
der Schuldsprüche und zur Aufhebung der
Strafaussprüche; im übrigen sind sie
unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
Nach den Feststellungen des Landgerichts fertigten die Angeklagten und
zwei weitere Mittäter im Tatkomplex I (Herstellen und
Verbreiten gefälschter Schecks) als Bande nach den Vorgaben
von Hintermännern total gefälschte Schecks
über höhere Beträge, die auf die Bayerische
Landesbank gezogen waren. Diese sollten nach Absprache über
das Bandenmitglied De. an die Hintermänner weitergegeben
werden, welche die Schecks einlösen wollten. Vom
Erlös hatten diese der Fälscherbande um die
Angeklagten einen Anteil von drei Prozent versprochen. Entsprechend
verfuhren die Angeklagten in den abgeurteilten Einzelfällen.
Die Versuche der Hintermänner, die Schecks
einzulösen, scheiterten indessen, weil die
Fälschungen noch rechtzeitig erkannt wurden.
Das Landgericht hat angenommen, die Angeklagten seien nicht nur
Mittäter der Urkundenfälschungen, sondern auch der
von den Hintermännern mittels der gefälschten Schecks
ausgeführten Täuschungs- und mithin Betrugsversuche.
Das beanstanden die Revisionen zu Recht.
Der Annahme von Mittäterschaft bei den Betrugsversuchen steht
zwar nicht entgegen, daß die Angeklagten keine eigenen
Täuschungshandlungen vorgenommen, sondern durch die Fertigung
und Weitergabe der gefälschten Schecks nur die Voraussetzungen
für das Handeln der Hintermänner geschaffen haben;
auch die Beteiligung an Vorbereitungshandlungen kann
Mittäterschaft begründen (BGHSt 40, 299, 301; BGH
NStZ 1999, 609). Es fehlt aber an den weiteren Voraussetzungen der
Mittäterschaft. Das Landgericht hat festgestellt,
daß die Angeklagten - durch De. vermittelt - die "Vorgaben"
für die Scheckfälschungen, namentlich "die
Scheckdaten" erhielten (UA S. 7). Die erstellten Fälschungen
wurden schließlich durch De. an die Hintermänner
gegeben. Die als Zeugen vernommenen Hintermänner (Kn. und N. )
haben glaubhaft bekundet, ein direkter Kontakt "zu den Leipzigern",
also der Gruppe um die Angeklagten, habe nicht bestanden (UA S. 16/17).
Diesen Ausführungen und dem Zusammenhang der weiteren
Urteilsgründe entnimmt der Senat, daß Planung und
Begehung der Betrugstaten, soweit es sich um den Tatort, die Tatzeit
und die zu Täuschenden handelte, der Mitwirkung der
Angeklagten entzogen waren. Sie hatten nicht das für die
Mittäterschaft kennzeichnende "enge Verhältnis" zu
den Betrugstaten (vgl. BGHSt 16, 12, 15). Eine gemeinschaftlich
begangene Tat erfolgt notwendig auf der Grundlage gemeinsamen Wollens.
Hier gab es lediglich eine generelle Absprache. Die Angeklagten
wußten, was mit den gefälschten Schecks geschehen
sollte. Eine nähere, mit ihnen abgestimmte Konkretisierung der
Betrugstaten ergeben die Urteilsgründe indessen nicht.
Vielmehr belegen sie in ihrer Gesamtheit, daß die Angeklagten
nach den Plänen ihrer Auftraggeber nicht deren "Partner" bei
den in Aussicht genommenen Betrügereien werden sollten. Sie
waren lediglich mit den Vorbereitungsakten der
Scheckfälschungen beauftragt, für die sie genaue
"Vorgaben" erhielten, während sich das weitere Geschehen
ersichtlich ihrem Einfluß entzog (vgl. zu dieser Gestaltung
BGH NJW 1985, 1035). Sie spielten also insoweit nur eine untergeordnete
Rolle. Das erhellt auch aus der vorgesehenen nur dreiprozentigen
Beteiligung am Erlös aus den Betrugstaten. Diese
begründete zwar ein eigenes Tatinteresse der Angeklagten, das
aber die gegenläufigen Kriterien in ihrem gegen die Annahme
von Mittäterschaft sprechenden Gewicht nicht aufzuwiegen
vermag.
Nach allem ist die Beteiligung der Angeklagten an den Betrugsversuchen
lediglich als Beihilfe zu würdigen; das ergibt sich ohne
weiteres aus den getroffenen Feststellungen. Da Beihilfe nicht den
Willen zu bestimmender Einflußnahme auf die Haupttat
erfordert, sind auch die Anforderungen an deren Konkretisierung
geringer als bei der Teilnahmeform der Anstiftung. Es genügt,
wenn der Gehilfe weiß, daß seine Handlung den
Haupttäter zu einer sonst noch nicht näher
konkretisierten Tat bestimmter Art instand setzen wird und er dies auch
will; er braucht die Person des Haupttäters nicht notwendig zu
kennen (vgl. BGH NJW 1996, 2517; Lackner/Kühl StGB 23. Aufl.
§ 27 Rdn. 7; Roxin in FS für Salger, S. 129, 136).
Der Senat ändert die Schuldsprüche selbst, weil er
ausschließt, daß sich die Angeklagten anders als
geschehen hätten verteidigen können. Ihre Revisionen
wenden sich ausdrücklich gegen die Annahme von
Mittäterschaft in den Fällen des versuchten Betruges.
Die Änderung der Schuldsprüche führt zur
Aufhebung der Strafaussprüche, wobei die getroffenen
Feststellungen bestehen bleiben können. Die Einzelstrafen, die
für die Taten des ersten Komplexes § 267 Abs. 3 StGB
entnommen sind, erscheinen zwar als durchaus angemessen. Gleichwohl
vermag der Senat aber nicht sicher auszuschließen,
daß die Änderung der Teilnahmeform hinsichtlich der
tateinheitlich versuchten Delikte im ersten Tatkomplex
Einfluß auf die Strafbemessung haben kann.
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