BGH,
Beschl. v. 7.11.2002 - 4 StR 247/02
4 StR 247/02
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
vom
7. November 2002
in der Strafsache gegen
wegen Bestechlichkeit u. a.
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofes hat nach Anhörung
des Generalbundesanwalts und des Beschwerdeführers am 7.
November 2002 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO
beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts
Bielefeld vom 7. Februar 2002, soweit es ihn betrifft, im Ausspruch
über den Wertersatzverfall in Höhe von 50.000 DM mit
den Feststellungen aufgehoben.
2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und
Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine
andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
3. Die weiter gehende Revision wird verworfen.
Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Bestechlichkeit in vier
Fällen sowie wegen Urkundenfälschung in Tateinheit
mit versuchter Strafvereitelung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier
Jahren verurteilt. Ferner hat es den Verfall des in der Wohnung des
Angeklagten beschlagnahmten Geldbetrags von 5.000 DM sowie den
Wertersatzverfall eines weiteren Geldbetrages in Höhe von
50.000 DM angeordnet. Gegen dieses Urteil wendet sich der Angeklagte
mit seiner Revision, mit der er die Verletzung formellen und
materiellen Rechts rügt. Das Rechtsmittel hat nur zum
Ausspruch über den Wertersatzverfall Erfolg; im
übrigen ist es zum Schuld- und zum Rechtsfolgenausspruch
unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
1. Ergänzend zur Antragsschrift des Generalbundesanwalts vom
22. August 2002 bemerkt der Senat, daß die Rüge der
Verletzung des § 136 a Abs. 1 und 3 StPO (RB vom 3. Mai 2002)
schon deshalb keinen Erfolg haben kann, weil das
Rügevorbringen nicht den Anforderungen des § 344 Abs.
2 Satz 2 StPO an den für die Zulässigkeit der
Verfahrensbeschwerde vorausgesetzten Tatsachenvortrag enthält.
Dieser muß so vollständig sein, daß er dem
Revisionsgericht die Prüfung ermöglicht, ob der
behauptete Verfahrensverstoß - den Nachweis unterstellt -
vorliegt oder nicht. Deshalb ist, wenn ein Verwertungsverbot
gegenüber der Aussage einer Vernehmungsperson geltend gemacht
wird, regelmäßig der vollständige Inhalt
der Vernehmungsniederschrift(en) mitzuteilen (vgl. BGHR StPO §
344 Abs. 2 Satz 2 Verwertungsverbot 2, 4, 5). Darauf kam es hier schon
deshalb an, weil sich erst aus den Niederschriften über die
Vernehmung des Mitangeklagten Hassan D.-A. der Inhalt und Umfang von
Zusagen sowie der Zusammenhang, in dem Zusagen gemacht sind,
erschließt, die Gegenstand der von der Revision behaupteten
Täuschung sein konnten (vgl. Vernehmungsprotokoll vom 18.
Januar 2001 S. 8, Bd. I Bl. 39 d.A. 6 Js 5/01). Im übrigen
hätte die Rüge, ihre Zulässigkeit
unterstellt, auch in der Sache keinen Erfolg. Denn auch unter
Berücksichtigung des Revisionsvorbringens deckt die
Begründung, mit der das Landgericht ein Verwertungsverbot
verneint hat (UA 44 f.), keinen Rechtsfehler auf.
2. Der Ausspruch über den Wertersatzverfall in Höhe
von 50.000 DM kann nicht bestehen bleiben. Der Angeklagte hat nach den
Feststellungen insgesamt 55.000 DM an Bestechungsgeldern "erlangt".
Davon konnten 5.000 DM bei ihm in der Wohnung sichergestellt werden,
die das Landgericht deshalb zu Recht nach § 73 Abs. 1 StGB
für verfallen erklärt hat. Hinsichtlich des weiteren
Betrages von 50.000 DM führt das Landgericht zur
Begründung seiner Entscheidung lediglich aus, dieser Betrag
sei "nicht mehr vorhanden" und es "mußte
gemäß § 73 a Satz 1 StGB der Verfall eines
entsprechenden Wertes angeordnet werden" (UA 56). War der Wert des
Erlangten im Vermögen des Angeklagten aber nicht mehr
vorhanden (vgl. dazu zuletzt Senatsurteil vom 10. Oktober 2002 - 4 StR
233/02 - , zur Veröffentlichung in BGHSt bestimmt; ferner
BGHSt 38, 23; BGH wistra 2000, 298), hätte das Landgericht
prüfen müssen, ob von der Anordnung des
(Wertersatz)Verfalls gemäß § 73 c Abs. 1
Satz 2 ganz oder teilweise abgesehen werden kann. Daß das
Landgericht dies bedacht und das ihm eingeräumte Ermessen
pflichtgemäß ausgeübt hat, kann dem Urteil
nicht entnommen werden. Die familiären und wirtschaftlichen
Verhältnisse des Angeklagten, zumal nach seiner Suspendierung
vom Dienst, schließen eine Ermessensentscheidung zu seinen
Gunsten nicht von vornherein aus. Schon deshalb hätte es einer
ausdrücklichen Erörterung dieser Frage in den
Urteilsgründen bedurft. Dies wird der neue Tatrichter
nachzuholen haben, sofern er nicht ausnahmsweise von der
Möglichkeit der §§ 430, 442 StPO Gebrauch
macht und die Anordnung des Wertersatzverfalls von der Verfolgung
ausnimmt.
Tepperwien Maatz Athing Ernemann Sost-Scheible
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