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BGH, Beschluss vom 7. September 2005 - 2 StR 342/05


Entscheidungstext  
 
BGH, Beschl. v. 7.9.2005 - 2 StR 342/05
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
2 StR 342/05
vom
7.09.2005
in der Strafsache
gegen
wegen Betruges u. a.
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Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts
und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 7.09.2005
gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts
Aachen vom 19.01.2005
a) in den Fällen 1 und 2 der Urteilsgründe im Schuldspruch dahin
geändert, dass der Angeklagte insgesamt einer Urkundenfälschung
in Tateinheit mit Betrug schuldig ist,
b) im Fall 3 der Urteilsgründe und im gesamten Rechtsfolgenausspruch
mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben.
2. Die weitergehende Revision wird verworfen.
3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung
und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels,
an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Urkundenfälschung in Tateinheit
mit Betrug in zwei Fällen unter Einbeziehung der Einzelstrafen aus dem
Urteil des Amtsgerichts Aachen vom 14. Februar 2003 zu einer Gesamtfreiheitsstrafe
von drei Jahren und wegen Nötigung in Tateinheit mit Widerstand
gegen Vollstreckungsbeamte zu einer weiteren Freiheitsstrafe von einem Jahr
verurteilt. Es hat ihm die Fahrerlaubnis entzogen, den Führerschein eingezo-
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gen und die Verwaltungsbehörde angewiesen, dem Angeklagten vor Ablauf
von zwei Jahren keine neue Fahrerlaubnis zu erteilen. Dagegen richtet sich die
Revision des Angeklagten mit Verfahrensrügen und mit der Sachrüge. Das
Rechtsmittel hat in dem aus dem Beschlusstenor ersichtlichen Umfang Erfolg,
im Übrigen ist es unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO. Ergänzend
bemerkt der Senat zu den Ausführungen des Generalbundesanwalts zu den
Verfahrensrügen, dass die Rüge der Verletzung des § 244 Abs. 2 StPO unzulässig
ist (§ 344 Abs. 2 Satz 2 StPO), weil die Revision das Schreiben des
Oberstaatsanwalts E. nicht mitteilt.
1. Der Schuldspruch in den Fällen 1 und 2 der Urteilsgründe wegen Betruges
und Urkundenfälschung in zwei Fällen hat keinen Bestand. Der Generalbundesanwalt
hat hierzu zutreffend ausgeführt:
„Die Annahme des Tatrichters, die Fälle 1 und 2 der Anklage (UA S. 17
f.) stünden zueinander im Verhältnis der Tatmehrheit, begegnet durchgreifenden
rechtlichen Bedenken; nach den Feststellungen kommt insoweit vielmehr
Tateinheit in Betracht. Beide Überweisungsvordrucke wurden am 12. Dezember
2002 ausgefüllt und mit der Unterschrift ‚T. ’ versehen (UA S. 21);
beide Fälschungen wurden zeitgleich am 12. Dezember 2002 oder an einem
der nächsten Tage bei der Sparkasse D. eingereicht und dort - wiederum
zeitgleich - am 16. Dezember 2002 in der Weise bearbeitet, dass die Geldbeträge
über 260,00 € und 2.850,00 € dem Konto des Beschwerdeführers gutgeschrieben
wurden (UA S. 21). Fälscht ein Täter - wie hier - mehrere Urkunden
und macht von ihnen sodann in einem Akt Gebrauch, liegt Tateinheit vor (vgl.
Fischer/Tröndle 52. Aufl. § 267 StGB Rdnr. 44). Denn eine durch eine Fälschung
einer Urkunde bereits vollendete Straftat wird durch das Gebrauchmachen
der Fälschung erst beendet. ‚Dieselbe Handlung’ im Sinne von § 52 StGB
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liegt daher auch vor, wenn das gleichzeitige Gebrauchmachen von mehreren
gefälschten Urkunden zwei ursprünglich rechtlich selbstständige vollendete
Handlungen beendet und damit zugleich bei der Erfüllung eines anderen Tatbestandes
- hier des Betruges - mitwirkt (BGH VRS 21, 113, 118, 119; BGH,
Urteil vom 23. Juli 1965 - 4 StR 340/65 S. 5).“
Der Senat kann den Schuldspruch selbst entsprechend korrigieren.
§ 265 StPO steht dem nicht entgegen, weil sich der Angeklagte ersichtlich nicht
anders hätte verteidigen können.
2. Im Fall 3 der Urteilsgründe sind die Feststellungen widersprüchlich
und belegen deshalb eine Gewaltanwendung im Sinne der §§ 113, 240 StGB
durch den Angeklagten nicht.
Nach den Urteilsfeststellungen UA S. 24 fuhr der Angeklagte nicht auf
den Polizeibeamten zu, um ihn zum Ausweichen zu zwingen, sondern wich
vielmehr seinerseits kurz vor Erreichen des Standortes des Polizeibeamten mit
seinem Pkw nach rechts aus, um um ihn herumzufahren. Nach diesen Feststellungen
fehlte dem Angeklagten der Vorsatz, den Polizeibeamten mit Gewalt
zum Ausweichen und zur Unterlassung der beabsichtigten Verkehrskontrolle zu
nötigen, den das Landgericht UA S. 61 f. bei der rechtlichen Würdigung
zugrunde legt.
Dies führt in diesem Fall zur Aufhebung und Zurückverweisung. Der Senat
kann nicht ausschließen, dass ein neuer Tatrichter Feststellungen treffen
kann, die einen - eventuell bedingten - Nötigungsvorsatz des Angeklagten
belegen, zumal der Angeklagte, obwohl sowohl der Polizeibeamte N. als auch
der Angeklagte selbst jeweils nach rechts ausgewichen sind, mit einem Abstand
von nur 70 cm an dem Beamten vorbeifuhr.
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3. Die Änderung des Schuldspruchs in den Fällen 1 und 2 der Urteilsgründe
und die Aufhebung des Schuldspruchs im Fall 3 der Urteilsgründe führen
zur Aufhebung des gesamten Rechtsfolgenausspruchs. Der neue Tatrichter
wird Gelegenheit haben, Feststellungen zur Erledigung der Geldstrafe aus dem
Urteil des Amtsgerichts Düren vom 18. Februar 2003 zu treffen und die Strafe,
falls sie noch nicht vollstreckt sein sollte, hinsichtlich einer Gesamtstrafenbildung
zu berücksichtigen oder anderenfalls einen Härteausgleich zu gewähren.
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