BGH,
Beschl. v. 7.9.2006 - 2 StR 275/06
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
2 StR 275/06
vom
7.9.2006
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen Diebstahls
- 2 -
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des
Generalbundesanwalts und nach Anhörung der
Beschwerdeführer am 7.09.2006 gemäß
§ 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten M. wird das Urteil des Landgerichts
Fulda vom 21. Februar 2006 im Rechtsfolgenausspruch mit den
Feststellungen aufgehoben.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und
Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine
andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
3. Die weitergehende Revision des Angeklagten M. sowie die Revision des
Angeklagten H. gegen das vorbezeichnete Urteil werden mit der
Maßgabe als unbegründet verworfen, dass in der
Urteilsformel die Worte "gemeinschaftlichen" und "in besonders schwerem
Fall" entfallen.
4. Der Angeklagte H. hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.
Gründe:
1. Die Revision des Angeklagten M. ist unbegründet im Sinne
von § 349 Abs. 2 StPO, soweit sie sich gegen den Schuldspruch
richtet. Der Rechtsfolgenausspruch hält dagegen rechtlicher
Nachprüfung nicht stand.
1
- 3 -
Das Landgericht hat festgestellt, dass der Angeklagte seit Jahren
alkoholabhängig und hierdurch in seiner
Arbeitsfähigkeit erheblich beeinträchtigt ist. In
seiner Wohnung wurden - neben Diebesgut - ca. 70 leere Schnapsflaschen
gefunden; er trinkt nach den Feststellungen neben Schnaps
täglich 10 bis 12 Flaschen Bier und war bei "nahezu allen" der
38 Taten alkoholisiert. Eine Entziehungskur hat der 1963 geborene
Angeklagte bisher nicht versucht.
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Unter diesen Voraussetzungen musste es sich dem Landgericht
aufdrängen, die Voraussetzungen einer Unterbringung
gemäß § 64 StGB zu prüfen. Dass
das Landgericht dies nicht erkennbar getan hat, beruht
möglicherweise auf der Annahme, die Annahme eines Hangs im
Sinne von § 64 StGB setze die Feststellung zumindest einer
erheblichen Einschränkung der Schuldfähigkeit bei
Tatbegehung voraus. Dies wäre nicht zutreffend (vgl. BGH NJW
1990, 3282; BGH NStZ-RR 2003, 41; Tröndle/Fischer, StGB 53.
Aufl. § 64 Rdn. 11 m.w.N.).
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Durch die Nichtanordnung der Maßregel, die vom
Rechtsmittelangriff nicht ausgenommen ist, kann der Angeklagte
beschwert sein. Der Senat kann auch nicht ausschließen, dass
sich die Nichtanordnung auf den Strafausspruch ausgewirkt hat; der
Rechtsfolgenausspruch war daher insgesamt aufzuheben.
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Für die neue Hauptverhandlung weist der Senat darauf hin,
dass, wie der Generalbundesanwalt in seiner Zuschrift an den Senat
zutreffend dargelegt hat, die Argumente, mit welchen das Landgericht
eine erhebliche Verminderung der Steuerungsfähigkeit insgesamt
ausgeschlossen hat, rechtlich bedenklich erscheinen. Sollte der neue
Tatrichter auf der Grundlage neuer Feststellungen zum Trink- und
Leistungsverhalten des Angeklagten zur Annahme einer
(möglicherweise) erheblich eingeschränkten
Schuldfähigkeit bei einzelnen Taten gelangen, wird er zu
prüfen haben, ob nach den im Senatsurteil vom 15. Februar
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2006 - 2 StR 419/05 - (StV 2006, 465) dargelegten
Maßstäben eine Strafrahmenmilderung
gemäß § 21 i.V.m. § 49 Abs. 1 StGB
angezeigt ist.
Die Urteilsformel war entsprechend der Anregung des
Generalbundesanwalts zu berichtigen; weder die
mittäterschaftliche Begehung noch die Annahme des
Regelbeispiels besonders schwerer Fälle des Diebstahls finden
im Schuldspruch Ausdruck (vgl. Meyer-Goßner, StPO 49. Aufl.,
§ 260 Rdn. 24, 25 m.w.N.).
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2. Die Revision des Angeklagten H. ist unbegründet im Sinne
von § 349 Abs. 2 StPO. Zwar hat das Landgericht
rechtsfehlerhaft angenommen, der Vorverurteilung vom 21. Dezember 2004
komme, wenn von ihrer Einbeziehung gemäß §
53 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. § 55 Abs. 1 StGB abgesehen wird, keine
Zäsurwirkung zu. Das ist unzutreffend (vgl. BGHSt 32, 190,
194; 44, 179, 184; Tröndle/Fischer aaO § 55 Rdn. 9
m.w.N.); der Rechtsfehler beschwert den Angeklagten hier aber nicht.
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Rissing-van Saan RiBGH Dr. Otten ist Rothfuß
wegen Urlaubs an der
Unterschrift gehindert.
Rissing-van Saan
Fischer RiBGH Dr. Appl
ist wegen Urlaubs
an der Unterschrift
gehindert.
Rissing-van Saan |