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BGH, Beschluss vom 8. April 2005 - 2 StR 111/05


Entscheidungstext  
 
BGH, Beschl. v. 8.4.2005 - 2 StR 111/05
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
2 StR 111/05
vom
8.04.2005
in der Strafsache
gegen
wegen erpresserischen Menschenraubs u.a.
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Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts
und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 8.04.2005 gemäß
§ 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts
Limburg an der Lahn vom 11. November 2004 mit den
zugehörigen Feststellungen aufgehoben
a) soweit der Angeklagte wegen erpresserischen Menschenraubs
in Tateinheit mit versuchter schwerer räuberischer Erpressung
und mit gefährlicher Körperverletzung in zwei Fällen
(Fälle II. 3. und II. 5.) verurteilt worden ist,
b) im Gesamtstrafenausspruch,
c) soweit eine Maßregelanordnung nach § 64 StGB unterblieben
ist.
2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung
und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels,
an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
3. Die weitergehende Revision wird verworfen.
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Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen erpresserischen Menschenraubs
in Tateinheit mit versuchter schwerer räuberischer Erpressung und
mit gefährlicher Körperverletzung in zwei Fällen (Fälle II. 3. und II. 5. - Einzelstrafen
vier Jahre und sechs Monate und vier Jahre) sowie wegen weiterer
Straftaten zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren und einer Maßregel
nach § 69 a StGB verurteilt. Die dagegen gerichtete Revision des Angeklagten
wendet sich insbesondere gegen die Verurteilung im Fall II. 5., die Strafzumessung
im Fall II. 3. und die Nichtanordnung der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt.
Das Rechtsmittel hat mit der Sachrüge in dem aus dem Beschlußtenor
ersichtlichen Umfang Erfolg; im übrigen ist es unbegründet im Sinne von § 349
Abs. 2 StPO.
1. Die Wertung des Geschehens in den Fällen II. 3. und II. 5. der Urteilsgründe
jeweils als erpresserischer Menschenraub begegnet
durchgreifenden Bedenken:
Nach den Feststellungen hatte der Angeklagte den Zeugen K. in seine
Gewalt gebracht, ihn mißhandelt, mit einer Pistole bedroht, von der er vorgab,
daß sie geladen war, und aufgefordert, die Kosten des Verteidigers für einen
inhaftierten Bekannten des Angeklagten sowie Drogenschulden zu zahlen, die
er auf 500 Euro festsetzte. Auch sollte er Kleidungsstücke, ein Radio- und
Fernsehgerät für diesen besorgen und eine diesen entlastende Aussage abgeben.
Für den Fall, daß der Zeuge den Forderungen nicht nachkommen werde,
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drohte er ihm die Vergewaltigung der Lebensgefährtin des Zeugen durch mehrere
Männer an (Fall II. 3.). Danach ließ der Angeklagte den Zeugen frei.
In vergleichbarer Weise war der Angeklagte noch am selben Tag gegen
den Zeugen W. vorgegangen, den er aufforderte, einen Geldbetrag an drei
Personen als Strafgeld für die Weigerung des Zeugen zu zahlen, für diese Personen
Marihuana zu veräußern. Unter dem Eindruck der Drohungen und Mißhandlungen
versprach der Zeuge, die Forderung durch einen Teil seines Lohnes
zu begleichen. Auch diesen Zeugen ließ der Angeklagte erst nach mehreren
Stunden gehen (Fall II. 5.). Der Angeklagte wurde einige Tage später festgenommen.
Zu Zahlungen der Zeugen oder den sonstigen von dem Angeklagten
geforderten Leistungen kam es nicht.
Danach hatte der Angeklagte sich zwar der Zeugen jeweils bemächtigt.
Auch hat der Angeklagte während der Bemächtigungslage die Zeugen unter
Todesdrohungen und mit Schlägen mit der insoweit als Schlagwerkzeug eingesetzten
Pistole aufgefordert, Zahlungen bzw. geldwerte Leistungen zu erbringen.
Jedoch sollten diese erst später, zu einem Zeitpunkt erfolgen, zu dem die
Zeugen aus der Gewalt des Angeklagten entlassen waren. Die Erfüllung der
Forderungen des Angeklagten setzte die Beendigung der Bemächtigungslage
voraus, da die Zeugen sich das Geld und die genannten Gegen- stände erst
beschaffen mußten. Unter diesen Umständen fehlt es - wie der Generalbundesanwalt
zutreffend ausgeführt hat - an dem zwischen der Bemächtigungslage
und der beabsichtigten Erpressung erforderlichen funktionalen und zeitlichen
Zusammenhang und subjektiv auch an der erforderlichen Absicht des
"Ausnutzens" im Sinne von § 239 a StGB (BGH StV 1997, 302 f.). Denn der
Zweck der gesetzlichen Regelung besteht gerade darin, das Sichbemächtigen
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des Opfers deshalb besonders unter Strafe zu stellen, weil der Täter seine
Drohung während der Dauer der Zwangslage jederzeit realisieren kann (BGHR
StGB § 239 a Abs. 1 Sichbemächtigen 5).
2. Die Verurteilung wegen erpresserischen Menschenraubs kann danach
keinen Bestand haben. Dies führt zur Aufhebung der Schuldsprüche in
den Fällen II. 3. und II. 5. auch hinsichtlich der jeweils tateinheitlich verwirklichten
Delikte der versuchten schweren räuberischen Erpressung und der gefährlichen
Körperverletzung. Soweit der Generalbundesanwalt einen weiteren
Rechtsfehler darin sieht, daß das Landgericht die Frage des Rücktritts von der
versuchten schweren räuberischen Erpressung nicht erörtert hat, teilt der Senat
diese Bedenken nicht. Angesichts der massiven Mißhandlungen und Drohungen
während der ersichtlich mehrere Stunden dauernden Bemächtigungslage
erscheint es nicht nahe liegend, daß der Angeklagte nicht von einer für
die angestrebten Zahlungen und sonstigen Leistungen ausreichenden Einschüchterung
der Zeugen ausgegangen ist.
Die Aufhebung der Schuldsprüche in den Fällen II. 3. und II. 5. führt zur
Aufhebung der insoweit verhängten Einzelstrafen und der Gesamtstrafe. Hingegen
können die rechtsfehlerfrei festgesetzten weiteren Einzelstrafen (Fälle II.
1., 2., 4. und 6.) und die Anordnung der Sperrfrist gemäß § 69 a StGB bestehen
bleiben. Der Senat schließt aus, daß sie durch die genannten Rechtsfehler
beeinflußt worden sind.
3. Soweit das Landgericht davon abgesehen hat, eine Unterbringung
nach § 64 StGB anzuordnen, hält der Senat zwar die vom Generalbundesanwalt
erhobenen Bedenken angesichts der eingehenden Begründung des sach-
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verständig beratenen Landgerichts nicht für durchgreifend. Er hebt das Urteil
jedoch auch insoweit auf, um dem neuen Tatrichter eine umfassende Prüfung
der Rechtsfolgenentscheidung in dieser Hinsicht zu ermöglichen, zumal der
Angeklagte die Nichtanordnung der Unterbringung in der Revision gerügt und
damit möglicherweise eine Änderung seiner Einstellung zu einer Therapie zum
Ausdruck gebracht hat.
Rissing-van Saan Detter Otten
Rothfuß Roggenbuck



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