BGH,
Beschl. v. 8.2.2008 - 5 StR 581/07
5 StR 581/07
(alt: 5 StR 334/05)
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
vom 8.2.2008
in der Strafsache
gegen
wegen Betrugs u. a.
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Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 8.2.2008
beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts
Berlin vom 1. August 2007 nach § 349 Abs. 4 StPO aufgehoben
a) im Tatkomplex 4 der Urteilsgründe mit den
zugehörigen Feststellungen,
b) im Ausspruch über die Gesamtstrafe.
2. Die weitergehende Revision des Angeklagten wird nach § 349
Abs. 2 StPO als unbegründet verworfen.
3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und
Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine
andere Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
G r ü n d e
Das Landgericht hatte im ersten Rechtsgang den Angeklagten wegen
Betrugs in vier Fällen, wegen Subventionsbetrugs, wegen
Steuerhinterziehung in 18 Fällen, wegen versuchter
Steuerhinterziehung und wegen vorsätzlicher Verletzung der
Buchführungspflicht zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier
Jahren verurteilt. Nachdem der Senat diese Entscheidung hinsichtlich
der Verurteilung wegen Betrugs in vier Fällen und im gesamten
Strafausspruch gemäß § 349 Abs. 4 StPO
unter Aufrechterhaltung im Übrigen aufgehoben hatte (BGH
wistra 2006, 228), hat das Landgericht im zweiten Rechts-
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gang den Angeklagten erneut wegen Betrugs (nunmehr in einem statt in
vier Fällen) verurteilt und gegen ihn eine
Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten
verhängt. Auf die Sachrüge des Angeklagten ist die
erneute Verurteilung wegen Betrugs aufzuheben, was die Aufhebung der
Gesamtstrafe nach sich zieht. Im Übrigen ist das Rechtsmittel
des Angeklagten unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2
StPO.
I.
Der Senat hat in seiner im ersten Rechtsgang erlassenen
Revisionsentscheidung den Schuldspruch mit Ausnahme der Verurteilung
wegen Betrugs bestätigt. Insoweit hat er das landgerichtliche
Urteil mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben, weil die
Annahme eines Vermögensschadens rechtsfehlerhaft
begründet war. Das Landgericht hatte bereits deswegen einen
Schaden in Höhe der jeweils ausgereichten
Fördermittel in Höhe von insgesamt rund 1,98 Mio. DM
angenommen, weil die I. B. B. (IBB) bei Kenntnis vom Scheincharakter
der vom Angeklagten eingereichten Baurechnungen die Auszahlung
hätte verweigern können und tatsächlich
verweigert hätte. Ein Vermögensschaden in dem hier
vorliegenden Fall der Subventionsgewährung hätte
jedoch die Feststellung vorausgesetzt, ob und in welchem Umfang der
Angeklagte die Geldmittel zweckwidrig verwendete. Der Senat hat daher
dem neuen Tatrichter aufgegeben, Feststellungen zum Subventionszweck zu
treffen. Sollte dieser im Denkmalschutz liegen, bedürfe es zur
Prüfung einer zweckwidrigen Verwendung eines Abgleichs der
Höhe der vom Angeklagten über zwei seiner Baufirmen
tatsächlich geleisteten Aufwendungen mit den
Scheinrechnungssummen. Im Falle der Unaufklärbarkeit des Werts
der tatsächlich durchgeführten Bauleistungen
könnte ein Mindestschaden in Höhe der vom gesondert
verfolgten S. für das Ausstellen der Scheinrechnungen
einbehaltenen Provision bestehen, wenn der Angeklagte nur mittels der
Scheinrechnungen die Fördergelder erhalten konnte.
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II.
Das Landgericht hat im zweiten Rechtsgang im Wesentlichen
Feststellungen getroffen, die mit denjenigen aus der früheren
Verurteilung übereinstimmen. Nach den weiteren Feststellungen
lag der der Subventionsvergabe zugrundeliegende Zweck im Denkmalschutz
durch Unterstützung des Eigentümers bei der
Wiederherstellung denkmalgeschützter Bausubstanz. Die
Überprüfungen des Baufortschritts durch die
Ingenieurin G. von der IBB ergaben keine Beanstandungen. Feststellungen
dazu, warum sich die L. GmbH an der Ausschreibung beteiligte und ob sie
im Zeitraum April bis Dezember 2001 dem Angeklagten Scheinrechnungen
allein im Hinblick auf die Subventionsvergabe ausstellte, hat das
Landgericht nicht zu treffen vermocht. Insbesondere hat es sich nicht
davon überzeugen können, dass die Bauleistungen der
vom Angeklagten eingesetzten Firmen bei Offenlegung des Sachverhalts
nicht förderungsfähig gewesen wären. Des
Weiteren enthält das angefochtene Urteil keine Feststellungen
zum Umfang der tatsächlichen Aufwendungen der beiden Firmen
des Angeklagten und demzufolge auch keinen Abgleich mit der
Höhe der Scheinrechnungssummen.
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Das Landgericht hat sich allerdings davon überzeugt, dass der
Angeklagte mit dem nunmehr zu einer mehrjährigen
Freiheitsstrafe rechtskräftig verurteilten S. auch
bezüglich der hier gegenständlichen Scheinrechnungen
eine sogenannte Provisionsabrede dem Grunde nach getroffen hatte,
wonach S. 10 % der Rechnungssummen (ohne Umsatzsteuer), mithin
Beträge in Höhe von 150.000 DM bis 350.000 DM,
für das Ausstellen der Rechnungen einbehalten durfte.
Tatsächlich vereinnahmte S. insoweit (neben der nicht
abgeführten Umsatzsteuer) von den vom Angeklagten zur
Aufrechterhaltung des Scheins eines regulären Zahlungsverkehrs
auf ein Konto der L. GmbH gezahlten Rechnungsbeträgen
wenigstens 10.000 DM für sich. Dies macht nach der Auffassung
des Landgerichts den Mindestbetrugsschaden aus, weil zumindest in
dieser Höhe die Fördermittel nicht in dem Baudenkmal
verarbeitet worden seien.
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Für diesen Betrug hat das Landgericht insbesondere unter
Berücksichtigung des nach der Abrede zu erwartenden wesentlich
höheren Provisionseinbehalts und unter Annahme einer
Bewertungseinheit infolge sukzessiver Tatausführung eine
Einzelfreiheitsstrafe von einem Jahr verhängt.
III.
Die Revision des Angeklagten führt wiederum zur Aufhebung des
Schuldspruchs in den nunmehr vom Landgericht zu einer Tat
zusammengefassten Betrugsfällen.
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1. Die vom Landgericht getroffenen Feststellungen vermögen
eine Verurteilung wegen Betrugs oder wegen Subventionsbetrugs nicht zu
rechtfertigen.
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a) Die Annahme eines Mindestbetrugsschadens in Höhe der von S.
einbehaltenen Gelder begegnet durchgreifenden Bedenken.
aa) Nach der Entscheidung des Senats im ersten Rechtsgang war im
Grundsatz die Höhe des Betrugsschadens nach der
Subventionsquote zu bestimmen, die auf den Differenzbetrag
entfällt, der sich aus der Summe der Scheinrechnungen
abzüglich der tatsächlichen Aufwendungen des
Angeklagten errechnet. Feststellungen zur Höhe der
über die beiden Firmen des Angeklagten erbrachten
Bauleistungen hat das Landgericht nicht getroffen. Damit ist nicht
belegt, dass der tatsächliche Aufwand geringer als die
Scheinrechnungssummen war und sich der Angeklagte mithin unberechtigt
Fördergelder für tatsächlich nicht
entstandene Aufwendungen erschleichen und diesen Teil der
Subventionsleistungen zweckwidrig verwenden wollte.
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bb) Der Senat hatte ferner die Möglichkeit angedeutet,
hilfsweise auf der Grundlage der von S. einbehaltenen
Provisionszahlungen den Mindestschaden zu bestimmen. Da die
Subventionen aber an den Angeklag-
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ten erst nach Durchführung und Abrechnung der
Baumaßnahmen ausgezahlt wurden, durfte das Landgericht nicht
ohne Weiteres die von S. einbehaltenen Gelder als Grundlage
für die Bestimmung des Mindestschadens heranziehen. Nur soweit
die Scheinrechnungen der Herbeiführung von unberechtigten
Subventionsleistungen gedient haben, konnte nämlich davon
ausgegangen werden, dass insoweit das Entgelt für S. in den
Scheinrechnungen enthalten war. Erst dann wäre dieser
Sachverhalt den Schmiergeldfällen bei Auftragsvergabe
hinreichend ähnlich, bei denen der bestechende Auftragnehmer
seine Schmiergeldzahlungen in den Angebotspreis eingerechnet hat (vgl.
dazu BGHSt 47, 295, 298 f.; 49, 317, 332 f.).
(1) So wäre die Zahlung einer „Provision“
an S. für den Angeklagten dann wirtschaftlich vorteilhaft
gewesen, wenn er nur über das Einreichen von Scheinrechnungen
die Subventionsbeträge, die zudem das für S.
vorgesehene Entgelt hätten übersteigen
müssen, hätte erlangen können. Diese Annahme
hätte also die Feststellung vorausgesetzt, dass die
über die eigenen Firmen erbrachten Bauleistungen - etwa vor
dem Hintergrund der Förderung der mittelständischen
Bauwirtschaft oder einer von der IBB eingeforderten klaren
Rechnungslage als Schutzmaßnahme vor einer undurchsichtigen
Überteuerung der Baumaßnahmen (vgl. UA S. 6) -
bereits dem Grunde nach und nach materiellem Recht nicht
förderungsfähig gewesen wären. In diesem
Falle wäre sogar die gesamte ausgezahlte Subvention
Betrugsschaden. Dabei hätte es den Angeklagten nicht
beschwert, dass nur ein deutlich geringerer Schaden - als sogenannter
Mindestschaden - angenommen worden wäre. Derartige
Feststellungen hat das Landgericht jedoch gerade nicht - auch nicht mit
Blick auf die von ihm wiedergegebene Aussage des Zeugen S. (UA S. 28) -
getroffen.
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(2) Wenn die eigenen Bauleistungen des Angeklagten
förderungsfähig gewesen wären,
hätte dieser Rechnungen seiner beiden Firmen an sich bei der
IBB einreichen können. Dann wäre die
Provisionszahlung an S. für den Angeklagten nur lukrativ
gewesen, wenn er sich Fördergelder über
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den tatsächlich entstandenen Aufwand hinaus erschleichen
wollte. Zugleich hätten die unberechtigten
Subventionsbeträge so hoch sein müssen, dass beim
Angeklagten nach Abzug des Entgelts für S. ein Betrugsgewinn
verblieben wäre (andernfalls hätte der Angeklagte von
seinen eigenen Firmen ausgestellte - überhöhte -
Rechnungen einreichen können). In diesem Fall wäre
die mit S. verabredete Provision zur Höhe der unberechtigt
erlangten Subvention in Beziehung zu setzen. Dabei ergäbe sich
die unberechtigte Subvention aus der Subventionsquote, die auf die
Differenz der Scheinrechnungssummen und des tatsächlichen
Aufwands entfiele. Nur wenn die Provision für S. unter diesem
Subventionsteil läge, wäre das Einreichen von
Scheinrechnungen für den Angeklagten sinnvoll gewesen. Dabei
gilt, dass der fingierte Aufwand umso höher hätte
sein müssen, je geringer die Subventionsquote gewesen
wäre.
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Auch einen derartigen zwischen dem Angeklagten und S. verabredeten
Tatplan hat das Landgericht nicht festgestellt. Sofern es in der
Beweiswürdigung maßgeblich auf die Bekundungen des
Zeugen S. abstellt, wonach dieser „seine Zahlungen aus den
Geldmitteln erhalten“ habe, „die von der IBB auf
das seinem Zugriff unterliegende Konto der L. GmbH erfolgt
seien“ (UA S. 31), widerspricht dies den
UrteilsFeststellungen. Danach zahlte die IBB die Subventionen an den
Angeklagten aus, wobei offen bleibt, in welchem Umfang die
Fördergelder die Scheinrechnungen betrafen. Demnach handelt es
sich bei der Aussage des S. , er „habe die Provisionen vom
Angeklagten aus den Geldern der IBB“ erhalten (UA S. 28), um
eine bloße Vermutung dieses Zeugen, die die Annahme eines
Tatplans zur Förderungserschleichung nicht zu tragen vermag.
(3) Das Landgericht hat hingegen bereits deswegen einen Betrugsschaden
angenommen, weil es von einem Provisionseinbehalt in Höhe von
10.000 DM ausgegangen ist. Nach den Feststellungen des Landgerichts
bilden die 10.000 DM jedoch nicht das vereinbarte Entgelt, das nach dem
Tatplan Grundlage für einen Mindestschaden sein
könnte. Vielmehr behielt
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S. diesen Betrag ein, ohne dass festgestellt worden ist, auf welche
Rechnung sich der Einbehalt bezog und wann er vorgenommen wurde (UA S.
9). Es bleibt deshalb offen, ob dieser Betrag aus den gezahlten
Subventi-onen oder aus den allgemein dem Angeklagten zur
Verfügung stehenden Geldquellen gezahlt wurde. Abgesehen
davon, dass dann dieser Betrag nicht in vollem Umfang, sondern nur in
Höhe der - vom Landgericht nicht festgestellten -
Subventionsquote den Mindestschaden des Subventionsgebers darstellen
würde, hat das Landgericht die Möglichkeit nicht in
den Blick genommen, dass die Scheinrechnungen zunächst einem
anderen Zweck gedient haben könnten, etwa dem der
Steuerhinterziehung, welches mit Blick auf Fall 45 der Anklage nahe
liegt. Mithin ist nicht tragfähig begründet, dass die
von S. vereinnahmten 10.000 DM aus den von der IBB gewährten
Fördergeldern geleistet wurden und nicht aus dem
Vermögen des Angeklagten - etwa aus seiner rechtswidrigen
Steuerersparnis - resultierten.
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b) Die Feststellungen tragen auch nicht die Verurteilung wegen
Subventionsbetrugs, der der Strafbestimmung des Betrugs vorgeht. Nach
den nunmehr unter besonderer Berücksichtigung der Vorgaben des
Senats getroffenen Feststellungen sollten die Zuwendungen gerade nicht
der Förderung der Wirtschaft (§ 264 Abs. 7 Satz 1 Nr.
1b StGB) dienen. Dies war auch kein Nebenzweck.
2. Der Senat schließt aus, dass der Rechtsfehler im
Tatkomplex 4 die im zweiten Rechtsgang deutlich reduzierten
Einzelstrafen in den übrigen Fällen beeinflusst haben
kann.
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IV.
Nach alledem bedarf die Sache im Tatkomplex 4 der
Urteilsgründe neuer Aufklärung und Bewertung, sofern
der neue Tatrichter nicht mit Blick
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auf die übrigen nunmehr rechtskräftigen 21
Einzelstrafen und den bisherigen Zeitablauf von der
Möglichkeit des § 154 Abs. 2 StPO Gebrauch macht.
Gerhardt Raum Brause
Schaal Jäger |