BGH,
Beschl. v. 8.1.2008 - 5 StR 582/07
5 StR 582/07
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
vom
8.1.2008
in der Strafsache
gegen
wegen Steuerhinterziehung
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Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 8.1.2008
beschlossen:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Essen
vom 10. August 2007 wird nach § 349 Abs. 2 StPO mit der
Maßgabe als unbegründet verworfen, dass
a) der Angeklagte wegen Steuerhinterziehung in 15 Fällen
verurteilt ist,
b) die Urteilsformel dahin ergänzt wird, dass die in den
Niederlanden erlittene Auslieferungshaft im Verhältnis 1:1 auf
die erkannte Strafe angerechnet wird.
Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu
tragen.
G r ü n d e
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen
‚gemeinschaftlicher’ Steuerhinterziehung in zehn
Fällen und Steuerhinterziehung in fünf weiteren
Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und neun
Monaten verurteilt. Die auf die Sachrüge gestützte
und auf den Strafausspruch beschränkte Revision des
Angeklagten ist unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2
StPO. Sie führt lediglich zu einer Klarstellung des
Schuldspruchs und zur Nachholung der Bestimmung des
Anrechnungsmaßstabs für die gegen den Angeklagten in
den Niederlanden vollzogene Auslieferungshaft.
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1. Nach den rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen des
Landgerichts hinterzog der in vollem Umfang geständige
Angeklagte als faktischer
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Inhaber der Firma R. (Metallhandelsgewerbe) und faktischer
Geschäftsführer der A. S. für die
Besteuerungszeiträume vom Beginn des Jahres 2005 bis
einschließlich Juni 2006 Umsatzsteuern in Höhe von
mehr als 2,1 Mio. Euro. Beide Firmen hatten als
Geschäftsgegenstand den Handel mit Alt- oder Schrottmetallen.
Für die Firma R. gab der Angeklagte für die
Voranmeldungszeiträume erstes Quartal 2005 bis Februar 2006
keine Umsatzsteuervoranmeldungen ab und verkürzte dadurch
gemeinsam mit dem Mitangeklagten R. in zehn Fällen
Umsatzsteuern in Höhe von insgesamt 820.000 Euro. Abziehbare
Vorsteuerbeträge standen nach den Feststellungen in diesem
Zeitraum der Firma R. nicht zu. Zugunsten der A. S. verkürzte
der Angeklagte in weiteren fünf Fällen Umsatzsteuern
in Höhe von mehr als 1,28 Mio. Euro, indem er in den
Umsatzsteuervoranmeldungen für die Monate Februar bis April
2006 tatsächlich nicht entstandene Vorsteuern aus zum Zwecke
der Steuerhinterziehung erstellten Scheingutschriften (vgl. §
14 Abs. 2 Satz 2 UStG) geltend machte und für die Monate Mai
und Juni 2006 Umsatzsteuervoranmeldungen nicht mehr abgab.
2. Entgegen der Auffassung der Revision enthalten die
Ausführungen des Landgerichts zur Strafzumessung keinen
Erörterungsmangel.
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a) Allerdings weist der Beschwerdeführer zutreffend darauf
hin, dass es wegen des Kompensationsverbots des § 370 Abs. 4
Satz 3 AO zwar keine tatbestandlichen Auswirkungen hat, wenn der
Täter einer Steuerhinterziehung tatsächlich
entstandene Vorsteuern nicht geltend gemacht hat, dass aber ein nicht
geltend gemachter Vorsteuerabzug zu einer Minderung der nach §
46 Abs. 2 Satz 2 StGB im Rahmen der Strafzumessung zu beachtenden
verschuldeten Auswirkungen der Tat führen kann (st. Rspr.;
vgl. nur BGHSt 47, 343, 351; BGH NStZ 2004, 579, 580).
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b) Solche Vorsteuerbeträge hat das Landgericht indes nicht
festgestellt. Es hat im Gegenteil für die Firma R.
ausdrücklich klargestellt,
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dass Vorsteuern nicht entstanden sind. Dieses Ergebnis wird auch von
der Beweiswürdigung getragen. Das Landgericht konnte sich
insoweit nicht nur auf die Auswertung der im Rahmen von
Durchsuchungsmaßnahmen sichergestellten und die Firma R.
betreffenden Rechnungen stützen. Grundlage seiner
Überzeugungsbildung war darüber hinaus das
vollumfängliche Geständnis des Angeklagten, der auch
die Bedeutung eventueller Vorsteuern für die sich ergebende
Zahllast kannte. Er wurde bereits im Jahr 2002 wegen ähnlicher
Steuerhinterziehungen, ebenfalls betreffend den Handel mit aus anderen
Staaten der Europäischen Union bezogenen Alt- und
Schrottmetallen, zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren
verurteilt.
Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers liegt kein Fall
vor, bei dem der Angeklagte „zwingend“
Eingangsrechnungen mit Vorsteuerausweis erhalten haben musste. Soweit
die Revision vorträgt, es sei „nicht denkbar, dass
der Angeklagte die von ihm weitergehandelten großen Schrott-
und Metallmengen seinerseits umsatzsteuerfrei gekauft haben
könnte“, übersieht sie die sich hier
angesichts der Vorverurteilung des Angeklagten geradezu
aufdrängende Möglichkeit, dass der Angeklagte - wie
bei den Vortaten, an die er bei seinem Tatentschluss anknüpfte
- die Metalle auf legalem Wege aus anderen Staaten der
Europäischen Union bezogen hat. Zum Vorsteuerabzug
berechtigende Umsatzsteuern wären in diesem Fall nur dann
entstanden, wenn der Angeklagte die innergemeinschaftlichen Erwerbe und
die hierauf entfallenden Umsatzsteuern (§ 1 Abs. 1 Nr. 5,
§ 1a UStG) angemeldet hätte (§ 15 Abs. 1
Satz 1 Nr. 3 UStG). So verhielt es sich indes nicht. Vielmehr hat der
Angeklagte für die Firma R. keine Umsatzsteuervoranmeldungen
abgegeben. Ohnehin wäre mit derartigen
Vorsteuerabzugsbeträgen das Ziel des Angeklagten nicht zu
erreichen gewesen, durch Inlandsgeschäfte vereinnahmte
Umsatzsteuern gegenüber dem Fiskus zu verheimlichen und
für sich zu behalten.
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Angesichts dieser Umstände bedurfte es insbesondere im
Hinblick auf das Geständnis des Angeklagten keiner
ausdrücklichen Erörterung der hier
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bloß theoretischen Möglichkeit - die vom Angeklagten
bei seiner geständigen Einlassung ersichtlich auch nicht
geltend gemacht worden ist -, der Angeklagte könnte die
weiterverkauften Metalle im Inland gegen Rechnung mit
Umsatzsteuerausweis (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG) erworben haben.
Eine solche Vorgehensweise wäre im Übrigen mit seinem
„Entschluss, erneut Steuern - insbesondere Umsatzsteuern - in
möglichst hohem Umfang zu hinterziehen“ (UA S. 18),
auch nur schwer in Einklang zu bringen.
Nichts anderes gilt für die Steuerverkürzungen im
Rahmen der Tätigkeit des Angeklagten für die A. S.
Das Landgericht hat auf der Grundlage der bei den
Durchsuchungsmaßnahmen aufgefundenen Rechnungen die
Höhe der tatsächlich entstandenen Vorsteuern
festgestellt. Das „Zwischenschalten“ der
Scheinfirma des Zeugen B. und das Ausstellen von Scheingutschriften
wären entbehrlich gewesen, wenn der Angeklagte den
Metallschrott von inländischen Unternehmern bezogen
hätte. Der Angeklagte verfügte bezeichnenderweise
über keine Eingangsrechnungen mit Umsatzsteuerausweis (vgl.
§ 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 2 UStG). Eine
Aufklärungsrüge hat der Beschwerdeführer
nicht erhoben.
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3. Allerdings bedarf die Urteilsformel der Ergänzung. Das
Landgericht hat entgegen § 51 Abs. 4 Satz 2 StGB keine
Bestimmung über den Maßstab getroffen, nach dem die
in den Niederlanden vollstreckte Auslieferungshaft auf die erkannte
Gesamtfreiheitsstrafe anzurechnen ist. Dies holt der Senat nach.
Zugleich lässt er die entbehrliche Kennzeichnung einzelner
Taten als
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gemeinschaftlich begangen (vgl. BGH wistra 2007, 149 m.w.N.) und die
damit zusammenhängende Unterscheidung der Fälle im
Urteilstenor entfallen.
Gerhardt Raum Brause
Schaal Jäger |