BGH,
Beschl. v. 8.3.2000 - 3 StR 41/00
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
3 StR 41/00
vom
8. März 2000
in der Strafsache gegen
wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in
nicht geringer Menge u.a.
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des
Generalbundesanwalts und nach Anhörung des
Beschwerdeführers am 8. März 2000
gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO einstimmig
beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts
Duisburg vom 4. Oktober 1999 mit den zugehörigen
Feststellungen aufgehoben im Ausspruch über a) die im Fall II.
3. der Urteilsgründe verhängte Einzelstrafe sowie
b) die Gesamtstrafe.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und
Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine
andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
2. Die weitergehende Revision wird verworfen.
Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen unerlaubten Handeltreibens
mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge, wegen Beihilfe
zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht
geringer Menge in zwei Fällen und wegen Geldfälschung
zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt. Mit seiner
Revision rügt der Angeklagte die Verletzung formellen und
materiellen Rechts. Er hat mit seiner Verfahrensrüge in dem
aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Umfang Erfolg. Im
übrigen ist die Revision unbegründet im Sinne des
§ 349 Abs. 2 StPO.
1. Der Generalbundesanwalt hat in seiner Antragsschrift vom 31. Januar
2000 zur Verfahrensrüge folgendes ausgeführt:
"Die Verteidung beanstandet im Ergebnis mit Recht (vgl. BGH, Urteil vom
17. April 1980 - 4 StR 116/80 - sowie NStZ 1983, 20), dass die
Strafkammer im Fall II. 3. der Urteilsgründe ohne vorherigen
Hinweis zum Nachteil des Beschwerdeführers Sachverhalte
verwertet hat, hinsichtlich deren die Staatsanwaltschaft nach
§ 154 Abs. 1 StPO von der Verfolgung abgesehen hatte. Obwohl
die Staatsanwaltschaft nämlich mit ihrer Verfügung
vom 16. Juni 1999 auf diese Weise u.a. auch insoweit verfahren war, als
´der Beschuldigte ... durch ... die Überlassung der
Wohnung - sofern dieser Sachverhalt nicht Gegenstand der Anklage ist -
sowie seines Mobiltelefons an M. und S. den Tatbestand der Beihilfe des
Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge
verwirklicht haben könnte´ (Bd. V Bl. 1156 d.A.),
wird dem Angeklagten im Widerspruch hierzu auf UA S. 14/15 erschwerend
angelastet,
- dass er für den ´Handel´ der beiden
Genannten ´sein Handy ... zur Verfügung
gestellt´ habe und - dass es sich bei dem (angeklagten und
Gegenstand der Verurteilung gewordenen) Handel mit 500 g Heroin
´nicht um ein einmaliges Geschäft gehandelt hat, das
der Angeklagte gefördert hat, denn mit seinem Wissen und
seiner bewussten Duldung sind in seiner Wohnung laufend, wenn auch
kleinere Geschäfte angebahnt und abgewickelt worden´.
Die somit unzulässigerweise erfolgte, dem Angeklagten
nachteilige Berücksichtigung dieser Gesichtspunkte
nötigt im beantragten Umfang zur Aufhebung der angefochtenen
Entscheidung.
Dagegen ist der Schuldspruch von dem aufgezeigten
Verfahrensverstoß nicht betroffen. Denn angesichts der dem
Gericht durch § 264 StPO auferlegten umfassenden
Kognitionspflicht (vgl. Kleinknecht/Meyer-Goßner, StPO, 44.
Aufl. 1999, § 264 RN. 10) durfte die Strafkammer nicht
unbeachtet lassen, dass die beiden Haupttäter das von ihnen
gehandelte Heroin in der Wohnung des ihr Treiben
unterstützenden Beschwerdeführers nicht nur
aufbewahrt, sondern auch zum Verkauf angeboten hatten. Dem steht nicht
entgegen, dass Letzteres in der Anklageschrift nicht
ausdrücklich erwähnt ist, denn
selbstverständlich gehörten auch die
Vertriebsbemühungen von M. und S. zu dem Geschehen, das der
Angeklagte dadurch, dass er seine Wohnung hierfür bewusst zur
Verfügung gestellt hat, begünstigt und
ermöglicht hat. Anders als die Revision wohl zu meinen
scheint, ist der erwähnten Verfügung der
Staatsanwaltschaft keine - nur nach § 154 a Abs. 1 StPO
mögliche - Beschränkung der Strafverfolgung auf
einzelne Teile der angeklagten (einheitlichen) Tat zu entnehmen."
Dem schließt sich der Senat an.
2. Im übrigen hat die Nachprüfung des Urteils keinen
den Bestand des Urteils gefährdenden Rechtsfehler ergeben.
Ergänzend zur Antragsschrift des Generalbundesanwalts bemerkt
der Senat:
Entgegen der Meinung der Revision ist die Eigennützigkeit als
Bestandteil der Definition des unerlaubten Handeltreibens mit
Betäubungsmitteln kein die Strafbarkeit begründendes
besonderes persönliches Merkmal im Sinne des § 28
Abs. 1 StGB, so daß die Strafkammer im Fall II. 3. der
Urteilsgründe keine weitere Strafrahmenverschiebung
gemäß §§ 28 Abs. 1, 49 Abs. 1 StGB
vornehmen mußte. Das Merkmal der Eigennützigkeit ist
in den Tatbeständen der §§ 29 Abs. 1 Satz 1
Nr. 1, 29 a Abs. 1 Nr. 2, 30 Abs. 1 Nr. 1 und § 30 a Abs. 1, 2
BtMG nicht erwähnt. Die Eigennützigkeit ist lediglich
- neben weiteren objektiven Komponenten - Bestandteil des die Tat
beschreibenden Tatbestandsmerkmals des Handeltreibens. Sie ist somit
lediglich eine von der Rechtsprechung entwickelte Umschreibung
für eine Tätigkeit, die auf das Ankaufen und Ver
kaufen mit Gewinn oder zu einem sonstigen objektiv meßbaren
Vorteil gerichtet ist.
Kutzer Miebach Winkler Pfister von Lienen |