BGH,
Beschl. v. 8.5.2002 - 3 StR 8/02
3 StR 8/02
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
vom
8. Mai 2002
in der Strafsache gegen
wegen schweren Raubes u.a.
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofes hat nach Anhörung
des Beschwerdeführers und des Generalbundesanwalts - zu 3. auf
dessen Antrag - ein- stimmig am 8. Mai 2002 gemäß
§§ 44, 46, 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Der Antrag des Angeklagten B. vom 26. Februar 2002 auf
Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zur Begründung der
Revision wird auf seine Kosten verworfen.
2. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts
Düsseldorf vom 30. Juli 2001, soweit es ihn betrifft, im
Strafausspruch mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und
Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine
andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
3. Die weitergehende Revision wird verworfen.
Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten B. wegen gemeinschaftlichen
schweren Raubes in Tateinheit mit gefährlicher
Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von sechs Jahren und
sechs Monaten, den Mitangeklagten
C. zu einer Freiheitsstrafe von sieben Jahren verurteilt. Gegen dieses
Urteil wendet sich der Angeklagte mit seiner Revision, die nur Erfolg
hat, soweit sie sich gegen den Strafausspruch richtet.
1. Die von Rechtsanwältin L. mit Schreiben vom 26. November
2001 erhobenen Verfahrensrügen sind unzulässig, weil
sie nicht innerhalb der Revisionsbegründungsfrist angebracht
worden sind. Das Urteil ist am 12. September 2001 wirksam zugestellt
worden. Die Revisionsbegründungsfrist endete somit am 12.
Oktober 2001, einem Freitag. Fristgerecht begründete
Rechtsanwältin Lü. die Revision bereits mit
Schriftsatz vom 30. Juli 2001. Mit Schreiben, datiert vom 11. Oktober
2001, das am 13. Oktober 2001 beim Landgericht Düsseldorf
einging, hat die Verteidigerin Rechtsanwältin L.
die Verletzung materiellen Rechts gerügt. Mit weiterem
Schriftsatz vom 26. November 2001, eingegangen am 28. November 2001,
erfolgte eine umfassende Revisionsbegründung, die - soweit sie
Vorbringen zu Verfahrensrügen enthält -
unzulässig ist, da aufgrund der rechtzeitigen
Begründung von Rechtsanwältin Lü. zwar eine
Ergänzung der Sachrüge, nicht aber der
Verfahrensrüge möglich war.
Die mit Schriftsatz vom 26. Februar 2002 von Rechtsanwältin L.
beantragte Wiedereinsetzung in den vorigen Stand war zu versagen, da
der Angeklagte B. die Revisionsbegründungsfrist nicht
versäumt hat und eine Wiedereinsetzung zur Nachholung von
Verfahrensrügen nur in Ausnahmefällen in Betracht
kommt (BGH wistra 1993, 347; BGHR StPO § 44 Satz 1
Verfahrensrüge 3 m. w. N.), die hier nicht vorliegen.
2. Die Sachrüge führt zur Aufhebung des
Strafausspruchs, zum Schuldspruch ist sie unbegründet i. S. d.
§ 349 Abs. 2 StPO.
Nach den Feststellungen faßten die Angeklagten
übereinstimmend den Plan, dem Zeugen M. nach einer
durchzechten Nacht dessen Geld unter Einsatz von Gewalt wegzunehmen.
Nach einem ersten von den Angeklagten nacheinander unter anderem mit
Tritten und Schlägen geführten Angriff gelang es dem
Nebenkläger zu fliehen. Nachdem er den Angeklagten B.
abgeschüttelt hatte - der Zeuge hatte sich hinter einem
Weihnachtsbaum versteckt und der Angeklagte B. war an ihm
vorbeigelaufen - , setzte er seine Flucht in entgegengesetzter Richtung
fort. Dabei stieß er auf den Mitangeklagten C. , der ihm
einen mitgeführten Textilbeutel, in dem sich ein massiver,
nicht näher konkretisierter Gegenstand befand, wuchtig gegen
die Brust schleuderte. Hierdurch erlitt das Opfer einen Pneumothorax
rechts, verspürte äußerst starke Schmerzen
und ging zu Boden. Gemeinsam trat und schlug der Mitangeklagte mit dem
zwischenzeitlich wieder herbeigeeilten Angeklagten B. auf den
Geschädigten ein und nahm ihm dessen Geldbörse weg.
Der Nebenkläger wurde kurz danach in die Intensivstation eines
Krankenhauses eingeliefert, wo ihm unter Verzicht auf eine
Anästhesierung eine überaus schmerzhafte
Thoraxdränage gelegt werden mußte.
Zwar hat das Landgericht ausgeführt, daß beiden
Angeklagten klar war, daß der vom Mitangeklagten C.
verwendete Beutel wegen des massiven Gegenstandes für den
Fall, daß man ihn gegen den Oberkörper des Zeugen
schleudern würde, allgemein dazu geeignet war, bei dem
Angegriffenen zu lebensgefährlichen Verletzungen zu
führen. Diese Vorstellung hätten sie in ihren Willen,
dem Zeugen das Geld mit Gewalt abzunehmen, aufgenommen. Dies ist indes
für den Angeklagten B. nicht näher belegt. Dessen
hätte es aber bedurft, da sich der Angeklagte B. , als der
Mitangeklagte C. den Beutel gegen die Brust des Geschädigten
schleuderte, nicht in der Nähe des Tatortes aufhielt und der
gemeinsame Tatentschluß bezüglich des Einsatzes von
Gewalt (lebensnah) nur sehr allgemein gefaßt war.
Näherer Erörterung hätte auch bedurft, ob
der Angeklagte B. Kenntnis vom Inhalt des Beutels und erkannt hatte,
daß der Beutel bei entsprechender Verwendung
lebensgefährliche Verletzungen würde
herbeiführen können. Denn jeder Mittäter
haftet für das Handeln des anderen nur im Rahmen seines
Vorsatzes, ist also für den Erfolg nur insoweit
verantwortlich, als sein Willen reicht; ein Exzeß des anderen
fällt ihm nicht zur Last (vgl. Cramer/Heine in
Schönke/Schröder, StGB 26. Aufl. § 25 Rdn.
95 m. w. N.).
Dieser Rechtsfehler hat sich jedoch nur beim Strafausspruch zum
Nachteil des Angeklagten ausgewirkt. Denn das Landgericht hat bei
seiner Verurteilung zwar auch für den Angeklagten B. die
§§ 250 Abs. 2 Nr. 3 Buchst. a; 224 Abs. 1 Nr. 5 StGB
zugrunde gelegt, deren Verwirklichung aber insoweit zutreffend damit
begründet, daß der Angeklagte den
Geschädigten durch seine Fußtritte und Fausthiebe
körperlich schwer mißhandelt und
lebensgefährdend behandelt hat. Bei der Strafzumessung hat es
ihm aber den erlittenen Pneumothorax und dessen überaus
schmerzhafte Behandlung ausdrücklich strafschärfend
angelastet, die jedenfalls nach den bisherigen Feststellungen allein
durch die Verwendung des Beutels verursacht wurden.
Rissing-van Saan Miebach Pfister RiBGH von Lienen und RiBGH Becker sind
infolge Urlaubs an der Unterschrift gehindert.
Rissing-van Saan
|