BGH,
Beschl. v. 8.11.2001 - 3 StR 378/01
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
3 StR 378/01
vom
8. November 2001
in der Strafsache gegen
wegen Vergewaltigung u.a.
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofes hat nach Anhörung
des Beschwerdeführers und des Generalbundesanwalts - zu 2. auf
dessen Antrag - am 8. November 2001 gemäß §
349 Abs. 2 und 4 StPO einstimmig beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts
Lübeck vom 18. Juni 2001
a) in der Urteilsformel durch Einfügen des Wortes "wegen" vor
"gefährlicher Körperverletzung" ergänzt,
b) im Einzelstrafausspruch wegen gefährlicher
Körperverletzung in Tateinheit mit Beleidigung und im
Ausspruch über die Gesamtfreiheitsstrafe mit den
zugehörigen Feststellungen aufgehoben.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und
Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine
andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
2. Die weitergehende Revision wird verworfen.
Gründe:
Das Landgericht hat gegen den Angeklagten "wegen Vergewaltigung in
Tateinheit mit Körperverletzung und gefährlicher
Körperverletzung in Tateinheit mit Beleidigung" unter
Einbeziehung der Strafe einer gesamtstrafenfähigen
Vorverurteilung eine Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und zehn
Monaten verhängt.
Die auf die Sachrüge gestützte Revision des
Angeklagten führt im Schuldspruch zur Klarstellung des
Konkurrenzverhältnisses der Tatmehrheit zwischen den beiden
abgeurteilten Taten lediglich durch ergänzende
Einfügung des Wortes "wegen" in die Urteilsformel. Sollte das
Landgericht bei der Verurteilung wegen gefährlicher
Körperverletzung von der Annahme ausgegangen sein, die
Voraussetzungen einer lebensgefährdenden Behandlung i.S.d.
§ 224 Abs. 1 Nr. 5 StGB würden grundsätzlich
schon durch Faustschläge in das Gesicht und auf den Kopf des
Tatopfers erfüllt, wäre dies rechtlich nicht
unbedenklich. Die Annahme einer lebensgefährdenden Behandlung
wird im angefochtenen Urteil jedoch durch die festgestellten besonderen
Umstände der konkreten Tatausführung (vgl. Lilie in
LK StGB 11. Aufl. § 224 Rdn. 37 m.w.Nachw.) gerechtfertigt. Im
übrigen ist das Rechtsmittel zum Schuldspruch und zum
Einzelstrafausspruch von zwei Jahren und neun Monaten Freiheitsstrafe
wegen Vergewaltigung in Tateinheit mit Körperverletzung
unbegründet i.S.d. § 349 Abs. 2 StPO.
Die Zumessung der Einzelstrafe von einem Jahr Freiheitsstrafe wegen der
in Tateinheit mit Beleidigung begangenen gefährlichen
Körperverletzung und die Gesamtstrafenbildung sind hingegen
nicht frei von Rechtsfehlern.
So ist das Landgericht von einer unzutreffenden Obergrenze des nach
§§ 21, 49 Abs. 1 StGB gemilderten Strafrahmens des
§ 224 Abs. 1 StGB ausgegangen; diese beträgt nicht,
wie das Landgericht annimmt, zehn Jahre, sondern sieben Jahre und sechs
Monate. Zudem läßt die strafschärfende
Berücksichtigung der "durch die Tat der Zeugin
zugefügten Schmerzen und Verletzungen" einen Verstoß
gegen § 46 Abs. 3 StGB besorgen. Das Landgericht legt nicht
konkret dar, worin es das an sich denkbare gesteigerte Unrecht sieht,
das das Maß an Schmerzen und Verletzungen
übersteigt, das allgemein mit einer
Körperverletzungshandlung verbunden ist, die die
Voraussetzungen der Qualifikation des § 224 Abs. 1 Nr. 5 StGB
erfüllt. Die Einzelstrafe von einem Jahr Freiheitsstrafe und
infolgedessen auch die Gesamtstrafe haben schon deshalb keinen Bestand.
Bei der Bildung der Gesamtstrafe mit der einbezogenen Freiheitsstrafe
aus dem Urteil vom 20. Dezember 2000 des Amtsgerichtes
Berlin-Tiergarten hat das Landgericht überdies nicht bedacht,
daß die jenem Urteil zugrundeliegenden Taten, ebenso wie die
in der angefochtenen Entscheidung abgeurteilten Taten, vor dem Urteil
des Amtsgerichtes Berlin-Tiergarten vom 4. Oktober 2000 begangen worden
sind, mit dem gegen den Angeklagten unter Einbeziehung
früherer jugendrechtlicher Ahndungen eine Einheitsjugendstrafe
von zwei Jahren verhängt worden ist. Zwar kommt eine an sich
denkbare nachträgliche Gesamtstrafenbildung mit dieser
getrennt verhängten Jugendstrafe nicht, auch nicht analog
§ 32 JGG, in Betracht (BGHSt 36, 270); diese rechtlich nicht
mögliche Gesamtstrafenbildung erfordert aber in der Regel
einen Härteausgleich bei der Strafbemessung (BGH aaO S. 275;
Tröndle/Fischer, StGB 50. Aufl. § 55 Rdn. 4
m.w.Nachw.). Dies hätte das Landgericht im Urteil
erörtern müssen. Daran fehlt es.
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