BGH,
Beschl. v. 8.11.2007 - 4 StR 522/07
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
4 StR 522/07
vom
8.11.2007
in der Strafsache
gegen
wegen Vergewaltigung u.a.
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Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des
Generalbundesanwalts und des Beschwerdeführers am 8.11.2007
gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts
Kaiserslautern vom 23. Mai 2007 im Strafausspruch aufgehoben.
2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und
Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine
andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
3. Die weiter gehende Revision wird verworfen.
Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Vergewaltigung in Tateinheit
mit vorsätzlicher Körperverletzung zu einer
Freiheitsstrafe von neun Jahren verurteilt und seine Unterbringung in
der Sicherungsverwahrung angeordnet. Gegen dieses Urteil wendet sich
der Angeklagte mit seiner Revision, mit der er die Verletzung formellen
und materiellen Rechts rügt. Das Rechtsmittel führt
zur Aufhebung des Strafausspruchs; im Übrigen hat die
Überprüfung des Urteils auf Grund der
Revisionsrechtfertigung keinen Rechtsfehler zum Nachteil des
Angeklagten ergeben.
1
Der Strafausspruch hält der rechtlichen Nachprüfung
nicht stand. Die Erwägung des Landgerichts, dass eine Strafe
zu verhängen sei, die das "arithmetische Mittel von
achteinhalb Jahren" maßvoll überschreite (UA 76),
ist - wie
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der Generalbundesanwalt in seiner Zuschrift an den Senat vom 10.10.2007
zutreffend ausgeführt hat - rechtlich bedenklich. Eine solche
"mathematisierende" Berechnungsweise wird dem Vorgang der
Strafzumessung grundsätzlich nicht gerecht (vgl. Senat,
Beschluss vom 23. Juni 1998 - 4 StR 245/98; Tröndle/Fischer
StGB 54. Aufl. § 46 Rdn. 115). Der Senat kann auch nicht
ausschließen, dass hierauf der Strafausspruch beruht.
Dem Antrag des Generalbundesanwalts, die Strafe
gemäß § 354 Abs. 1 a Satz 2 StPO auf
fünf Jahre sechs Monate Freiheitsstrafe herabzusetzen, vermag
der Senat nicht zu folgen. In Ansehung der Rechtsprechung des
Bundesverfassungsgerichts zu § 354 Abs. 1 a StPO
(Beschlüsse vom 14. Juni 2007 - 2 BvR 136, 1447/05 - NStZ
2007, 598 - und vom 14. August 2007 - 2 BvR 760/07 - StV 2007, 561)
hätte der Senat auch Bedenken, dass § 354 Abs. 1 a
Satz 2 StPO dem Revisionsgericht eine so weit reichende Befugnis zu
eigener Sachentscheidung einräumt, wie sie dem bezifferten
Antrag des Generalbundesanwalts zu Grunde liegt. Mit dieser Vorschrift
wollte der Gesetzgeber ebenso wie mit Satz 1 der Vorschrift die
Kompetenz des Revisionsgerichts bei Mängeln der
Rechtsfolgeentscheidung behutsam erweitern (BTDrucks. 15/3482 S. 22).
Eine eigene Sachentscheidung des Revisionsgerichts kommt dabei aber
regelmäßig dann nicht in Betracht, wenn ihm die
tatsächlichen Grundlagen für eine Strafzumessung
fehlen (BVerfG StV 2007, 561). Gleiches muss grundsätzlich
gelten, wenn dafür eine umfassende neue
Gesamtabwägung mit eigener Gewichtung aller
maßgeblichen Strafzumessungsgesichtspunkte erforderlich ist.
Das ist jedenfalls dann der Fall, wenn - wie hier - der Strafzumessung
im angefochtenen Urteil allgemein ein rechtsfehlerhafter
Maßstab zu Grunde liegt. In einem solchen Fall hat das
Revisionsgericht regelmäßig die gebotene
Gesamtabwägung dem Tatrichter zu überlassen (vgl.
BVerfG aaO).
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Der Senat verweist die Sache deshalb an den Tatrichter zurück,
der über den Strafausspruch neu zu befinden hat. Die
zugehörigen Feststellungen können bestehen bleiben,
da der aufgezeigte Rechtsfehler allein in der Anwendung eines falschen
Maßstabes für die Strafbemessung liegt.
Ergänzende Feststellungen, die zu den bisher getroffenen nicht
in Widerspruch stehen, bleiben möglich.
4
Der Senat ist durch den engeren Antrag des Generalbundesanwalts nicht
gehindert, durch Beschluss wie geschehen zu entscheiden (vgl.
Meyer-Goßner StPO 50. Aufl. § 354 Rdn. 29 m.N.).
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Tepperwien Maatz Kuckein
Solin-Stojanović Sost-Scheible |