BGH,
Beschl. v. 9.2.2010 - 3 StR 17/10
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
3 StR 17/10
vom
9. Februar 2010
in der Strafsache
gegen
1.
2.
3.
4.
wegen zu 1. - 3.: schwerer räuberischer Erpressung u. a.
zu 4.: Beihilfe zur schweren räuberischen Erpressung
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Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung der
Beschwerdeführer und des Generalbundesanwalts - zu 2. auf
dessen Antrag - am 9. Februar 2010 gemäß §
349 Abs. 2 und 4 StPO einstimmig beschlossen:
1. Auf die Revisionen der Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts
Verden vom 7. September 2009 aufgehoben, soweit die Angeklagten in den
Fällen II. 1. bis 6. und 8. der Urteilsgründe
verurteilt worden sind; jedoch bleiben in den Fällen II. 1.
bis 6. der Urteilsgründe die bisherigen Feststellungen
insgesamt und im Fall II. 8. der Urteilsgründe die bisherigen
Feststellungen zum objektiven Tatgeschehen aufrechterhalten.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und
Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine
andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
2. Die weitergehenden Revisionen werden verworfen.
Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten M. wegen schwerer
räuberischer Erpressung in fünf Fällen,
wegen versuchter schwerer räuberischer Erpressung und wegen
Verabredung einer schweren räuberischen Erpressung, den
Angeklagten F. wegen schwerer räuberischer Erpressung in vier
Fäl-
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len, wegen versuchter schwerer räuberischer Erpressung und
wegen Verabredung einer schweren räuberischen Erpressung sowie
den Angeklagten Me. wegen schwerer räuberischer Erpressung in
drei Fällen, wegen Beihilfe zur schweren räuberischen
Erpressung in zwei Fällen und wegen versuchter
Nötigung jeweils zu einer Gesamtfreiheitsstrafe verurteilt.
Die Angeklagte Me. hat es wegen Beihilfe zur schweren
räuberischen Erpressung zu einer Freiheitsstrafe verurteilt,
deren Vollstreckung es zur Bewährung ausgesetzt hat; eine
Digitalkamera und ein Mobiltelefon dieser Angeklagten hat es eingezogen.
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Weiter hat das Landgericht festgestellt, dass der Anordnung des
Verfalls von 365.050 € betreffend den Angeklagten M. , 345.050
€ betreffend den Angeklagten F. , 339.000 €
betreffend den Angeklagten Me. und 30.000 € betreffend die
Angeklagte Me. lediglich Ansprüche Verletzter entgegenstehen.
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Die auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts
gestützten Revisionen der Angeklagten haben den aus der
Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen sind sie
unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.
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1. Die Schuldsprüche wegen schwerer räuberischer
Erpressung, versuchter schwerer räuberischer Erpressung,
Beihilfe zur schweren räuberischen Erpressung und Verabredung
einer schweren räuberischen Erpressung halten rechtlicher
Überprüfung nicht stand. Die vom Landgericht jeweils
angenommene Qualifizierung der Taten wegen der Verwendung einer Waffe
oder eines gefährlichen Werkzeugs (§ 250 Abs. 2 Nr. 1
StGB) - die zu deren rechtlicher Te-
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norierung als "besonders schwer" hätte führen
müssen (BGHR StPO § 260 Abs. 4 Satz 1 Urteilsformel
4) - wird von den Feststellungen nicht getragen.
Zutreffend geht das Landgericht zwar davon aus, dass der Tatbestand des
§ 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB kein Durchladen der verwendeten
Schusswaffe erfordert, sondern deren Unterladung durch
Einfügen des bestückten Magazins genügt.
Bedroht der Täter bei einer Raubtat das Opfer mit einer -
geladenen oder unterladenen - Schreckschusswaffe, erfüllt er
den Qualifikationstatbestand indes nur dann, wenn nach deren Bauart der
Explosionsdruck beim Abfeuern der Kartuschenmunition nach vorne durch
den Lauf austritt (vgl. BGHSt 48, 197). Dies hat das Landgericht nicht
festgestellt; Feststellungen hierzu waren auch nicht entbehrlich, denn
der Austritt des Explosionsdrucks nach vorne kann nicht als
selbstverständlich vorausgesetzt werden. Der neue Tatrichter
wird deshalb zur Bauart der Waffen ergänzende Feststellungen
zu treffen haben.
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Die sonstigen bisherigen Feststellungen sind in den Fällen II.
1. bis 6. der Urteilsgründe insgesamt rechtsfehlerfrei und
können daher bestehen bleiben (§ 352 Abs. 2 StPO).
Gleiches gilt hinsichtlich der Feststellungen zum objektiven
Tatgeschehen im Fall II. 8. der Urteilsgründe. Jedoch hat sich
das Landgericht insoweit nicht mit den Einlassungen der Angeklagten M.
und F. auseinandergesetzt, sie hätten es für nicht
strafbar gehalten, am Telefon die Durchführung eines
Banküberfalls zu vereinbaren. Ob diese Angaben glaubhaft sind,
sich die beiden Angeklagten aufgrund dessen in einem Verbotsirrtum
befanden, dieser vermeidbar und gegebenenfalls von der
Möglichkeit der Strafmilderung nach § 17 Satz 2 StGB
Gebrauch zu machen war, hat das Landgericht nicht erörtert.
Daher hat der Senat in diesem Fall die Feststellungen zur subjektiven
Tatseite insgesamt aufgehoben.
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2. Mit der Aufhebung der Verurteilung in den genannten Fällen
kommen die insoweit für die jeweils beteiligten Angeklagten
festgesetzten Einzelstrafen sowie die unter deren Einbeziehung
gebildeten Gesamtfreiheitsstrafen in Wegfall. Gleiches gilt
für die Einziehungsanordnung sowie die Feststellung, dass die
Anordnung des Verfalls in je unterschiedlicher Höhe wegen
Ersatzansprüchen der Geschädigten ausgeschlossen ist.
Insoweit sieht der Senat für das weitere Verfahren Anlass zu
folgenden Hinweisen:
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a) Die Einziehung der Digitalkamera und des Mobiltelefons der
Angeklagten Me. ist schon für sich rechtsfehlerhaft. Die
Kamera stellte sie dem Angeklagten M. im Falle II. 8. der
Urteilsgründe zur Ausspähung möglicher
Tatobjekte zur Verfügung. Da die Angeklagte an der Verabredung
des Überfalls (§ 30 Abs. 2 StGB) nicht als
Täterin beteiligt war und Beihilfe hierzu nicht leisten konnte
(Fischer, StGB 57. Aufl. § 30 Rdn. 14), kommt lediglich eine
Dritteinziehung nach § 74 Abs. 2 Nr. 2 StGB in Betracht, deren
Voraussetzungen nicht festgestellt sind. Eine Verwendung des
Mobiltelefons der Angeklagten Me. wird nicht ersichtlich.
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b) Die Feststellung der Geldbeträge, hinsichtlich deren das
Landgericht nur wegen des Bestehens von Ansprüchen Verletzter
von der Anordnung des Wertersatzverfalls abgesehen hat (§ 111
i Abs. 2 Sätze 1 und 3 StPO), lässt besorgen, dass
sie sich nicht auf den Wert des von den Angeklagten jeweils im Sinne
des § 73 Abs. 1 Satz 1 StGB Erlangten beschränkt. Bei
mehreren Beteiligten an einer Tat ist entscheidend, was der einzelne
Beteiligte selbst tatsächlich erlangt hat. Zwar reicht es aus,
dass er die wirtschaftliche Mitverfügungsgewalt an dem
Vermögensgegenstand erlangt, jedoch kann ihm nach §
73 StGB nicht darüber hinaus auch das zugerechnet werden, was
ausschließlich von einem anderen Tatbeteiligten erlangt ist
(Fischer aaO § 73 Rdn. 16
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m. w. N.). Jedenfalls die Angeklagten Me. , denen die Angeklagten M.
und F. nur nachträglich ihre Anteile ausbezahlten, hatten
keine wirtschaftliche Mitverfügungsgewalt an der gesamten
jeweils erzielten Tatbeute; gleichwohl hat das Landgericht sie ihnen
zugerechnet.
Die Angeklagten sind hierdurch auch beschwert, denn der nach §
111 i Abs. 2 StPO festgestellte Betrag bestimmt den gegen sie
gerichteten, aufschiebend bedingten Zahlungsanspruch des Staates
(§ 111 i Abs. 5 Satz 1 StPO). Zu Recht hat das Landgericht
deshalb auch die Beute aus der Tat II. 1. der Urteilsgründe,
begangen vor Inkrafttreten der Neufassung von § 111 i StPO am
1. Januar 2007 (Gesetz vom 24. Oktober 2006; BGBI I 2350), nicht in
seine Berechnung einbezogen (vgl. BGH NJW 2008, 1093; wistra 2008, 193;
2009, 241; NStZ-RR 2009, 56, 113).
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Vermögensgegenstände, in die Verletzte die
Zwangsvollstreckung betreiben (können), müssen im
Urteil nicht bezeichnet werden (vgl. § 111 i Abs. 3 StPO).
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3. Rechtsfehlerfrei ist die Verurteilung des Angeklagten Me. im Fall
II. 7. der Urteilsgründe wegen versuchter Nötigung.
Auch die insoweit festgesetzte Einzelfreiheitsstrafe von sechs Monaten
kann bestehen bleiben; der Senat vermag auszuschließen, dass
die Höhe dieser Strafe durch die übrigen gegen diesen
Angeklagten verhängten Einzelstrafen beeinflusst ist.
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Becker von Lienen Sost-Scheible
Hubert Mayer |