BGH,
Beschl. v. 9.1.2008 - 2 StR 610/07
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
2 StR 610/07
vom
9.1.2008
in der Strafsache
gegen
wegen unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht
geringer
Menge u. a.
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Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des
Generalbundesanwalts und nach Anhörung des
Beschwerdeführers am 9.1.2008 gemäß
§ 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts
Frankfurt am Main
a) im Schuldspruch dahin geändert, dass der Angeklagte der
unerlaubten Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer
Menge in Tateinheit mit Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit
Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge schuldig ist
b) mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben, soweit eine
Entscheidung zur Unterbringung des Angeklagten in einer
Entziehungsanstalt unterblieben ist.
2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und
Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine
andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
3. Die weitergehende Revision wird verworfen.
Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Einfuhr von in Tateinheit mit
Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu
einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt und
die Einziehung
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des sichergestellten Rauschgiftes (1.459 g Amphetaminsulfat und 4.707,4
g Marihuana) angeordnet. Hiergegen richtet sich die Revision des
Angeklagten, mit der er die Verletzung formellen und materiellen
Rechtes rügt. Sein Rechtsmittel hat mit der Sachrüge
in dem aus der Beschlussformel ersichtlichen Umfang Erfolg (§
349 Abs. 4 StPO); im Übrigen ist es unbegründet im
Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.
1. Nach den Feststellungen des Landgerichts führte der
Angeklagte am 23. März 2007 das sichergestellte Rauschgift aus
den Niederlanden nach Deutschland ein. Er wurde in Frankfurt
festgenommen. Das zum Verkauf bestimmte Rauschgift wollte er einem
unbekannten Auftraggeber übergeben. Er wäre
dafür in Geld oder Betäubungsmitteln zum Eigenkonsum
im Gesamtwert von 2.000 € entlohnt worden.
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Zur Begründung täterschaftlichen Handeltreibens mit
Betäubungsmitteln führt der Tatrichter aus: "Obwohl
der Angeklagte hier nur als Kurier tätig war, kann sein
Tatbeitrag im Hinblick auf den Tatbestand des Handeltreibens nicht als
reine Beihilfehandlung qualifiziert werden. Denn er versprach sich
für seine selbständige Kuriertätigkeit, die
auf den Umsatz von Haschisch und Amphetamin gerichtet war, eine
Entlohnung" (UA S. 7).
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Zutreffend weist der Generalbundesanwalt darauf hin, dass die
tateinheitliche Verurteilung des Angeklagten wegen
täterschaftlichen Handeltreibens mit
Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge rechtlicher
Überprüfung nicht standhält. Die
Tätigkeit eines Kuriers, die sich in dem Transport des
Rauschgifts erschöpft, ist als Beihilfe zum unerlaubten
Handeltreiben mit Betäubungsmitteln zu werten (vgl. BGHSt 51,
219).
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Dass der Angeklagte einen Kurierlohn erhalten sollte, reicht allein
nicht aus, um täterschaftliches Handeltreiben zu
begründen. Ohne Eigennutz des
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Angeklagten wäre eine Prüfung, ob die
Transporttätigkeit als mittäterschaftliches
Handeltreiben zu bewerten ist, von vornherein entbehrlich gewesen.
Der Senat schließt aus, dass im Fall einer erneuten
Hauptverhandlung weitergehende Feststellungen getroffen werden
könnten und hat den Schuldspruch entsprechend
geändert. § 265 StPO steht der
Schuldspruchänderung nicht entgegen, weil sich der Angeklagte
nicht anders als geschehen hätte verteidigen können.
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Der Strafausspruch kann auch nach Änderung des Schuldspruchs
bestehen bleiben. Der Senat schließt aus, dass die Strafe auf
der rechtsfehlerhaften Annahme täterschaftlichen
Handeltreibens beruht. Das Landgericht hat die Strafe dem Strafrahmen
des § 30 Abs. 1 Nr. 4 BtMG entnommen und das tateinheitliche
Delikt nicht strafschärfend gewürdigt.
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2. Das Urteil kann keinen Bestand haben, soweit eine Entscheidung zur
Frage der Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt
(§ 64 StGB) unterblieben ist.
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Die Feststellungen zu dem Drogenkonsum des Angeklagten, der eine
erneute Therapie machen möchte, um endgültig von den
Drogen loszukommen, drängte zu der Prüfung, ob die
Voraussetzungen einer Unterbringung in einer Entziehungsanstalt gegeben
sind. Der Angeklagte arbeitete als Drogenkurier, um seinen eigenen
Drogenkonsum zu finanzieren, und führte auch bei der
abgeurteilten Tat zusätzlich Drogen zum Eigenkonsum ein. Das
Landgericht bezeichnet den Angeklagten, der im letzten halben Jahr
durchgängig Zugangsmöglichkeit zu Haschisch und
Amphetamin hatte, als drogenabhängig (UA S. 4).
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Es liegt danach nahe, dass die abgeurteilte Tat auf einen Hang des
Angeklagten zurückgeht, berauschende Mittel im
Übermaß zu sich zu nehmen.
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Die vom Landgericht unterlassene Prüfung erweist sich auch
nicht deshalb als entbehrlich, weil nach § 64 Satz 1 StGB in
der Fassung des Gesetzes zur Sicherung der Unterbringung in einem
psychiatrischen Krankenhaus und in einer Entziehungsanstalt vom 16.
Juli 2007 (BGBl. I 1327) die Maßregel nicht mehr zwingend
angeordnet werden muss. Denn das Gericht "soll" die Unterbringung
anordnen, wenn die Voraussetzungen des § 64 StGB vorliegen.
Lediglich in besonderen Ausnahmefällen darf es von der
Unterbringungsanordnung absehen (vgl. BGH, Beschl. vom 13. November
2007 - 3 StR 452/07). Der neue Tatrichter wird gegebenenfalls auch
§ 67 Abs. 2 StGB nF zu beachten haben.
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Dass nur der Angeklagte Revision eingelegt hat, hindert die Nachholung
der Unterbringungsanordnung nicht (BGHSt 37, 5). Der
Beschwerdeführer hat die Nichtanwendung des § 64 StGB
durch das Tatgericht nicht von seinem Rechtsmittelangriff ausgenommen.
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Der Senat schließt aus, dass das Landgericht bei Anordnung
der Unterbringung eine geringere Strafe verhängt
hätte.
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