BGH,
Beschl. v. 9.7.2002 - 3 StR 165/02
3 StR 165/02
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
vom
9. Juli 2002
in der Strafsache gegen
wegen versuchten Totschlags u. a.
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofes hat nach Anhörung
des Beschwerdeführers und des Generalbundesanwalts - zu 2. auf
dessen Antrag - am 9. Juli 2002 gemäß § 349
Abs. 2 und 4 StPO einstimmig beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts
Lübeck vom 15. Februar 2002 dahingehend abgeändert,
daß die Einziehung des Pkw Mercedes Benz (W 210) AMG E 50
entfällt.
2. Die weitergehende Revision wird verworfen.
3. Der Angeklagte hat die Kosten des Rechtsmittels und die den
Nebenklägern im Revisionsverfahren entstandenen notwendigen
Auslagen zu tragen. Jedoch wird die Gebühr um 1/8
ermäßigt und werden der Staatskasse 1/8 der dem
Angeklagten im Revisionsverfahren entstandenen notwendigen Auslagen
auferlegt.
Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen "tateinheitlich begangenen
versuchten Totschlags in Tateinheit mit gefährlicher
Körperverletzung in zwei Fällen" zu einer
Freiheitsstrafe von sechs Jahren verurteilt und einen Revolver Smith
& Wesson sowie einen Pkw Mercedes Benz eingezogen. Die auf die
Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten hat
allein hinsichtlich der Einziehung des Pkw Erfolg; im übrigen
ist sie unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
Der Angeklagte hatte am Abend des Tattages in seiner Wohnung den Anruf
seiner als Prostituierten tätigen Ehefrau erhalten, die ihm
mitteilte, sie fühle sich vom Nebenkläger beleidigt
und bedroht. Der Angeklagte fuhr daher - bewaffnet mit der Pistole
Smith & Wesson - mit dem Pkw Mercedes in die C.
straße in L. . Dort unterhielt er sich mit seiner Ehefrau und
sodann mit seinem Sohn und begab sich anschließend mit dem
Pkw auf den Heimweg. Während der Fahrt erhielt er einen
weiteren Anruf, in welchem ihm auf Veranlassung seiner Ehefrau
mitgeteilt wurde, daß es zwischen dem Sohn der Eheleute und
dem Nebenkläger zu einer Auseinandersetzung gekommen war. Der
Angeklagte wendete daraufhin das Fahrzeug, fuhr zurück,
stellte den Pkw am einen Ende der C. straße ab und ging durch
diese in Richtung Untertrave, wobei er die Pistole in der Hand hielt.
Von seinem ihm entgegenkommenden Sohn nahm er keine Notiz, sondern lief
geradewegs zu dem am anderen Ende der C. straße abgestellten
Pkw des Nebenklägers und schoß aus kurzer Entfernung
auf den im Fahrzeug sitzenden Nebenkläger sowie dessen sich
ebenfalls im Fahrzeug befindliche Ehefrau (die Nebenklägerin).
Nachdem er die Pistole leergeschossen hatte, lief er durch die C.
straße zu dem abgestellten Pkw Mercedes zurück und
"floh" mit diesem in Richtung S. , wo er von der Polizei festgenommen
wurde.
Das Landgericht hat den Pkw Mercedes eingezogen, weil ihn der
Angeklagte nach den Schüssen auf die Nebenkläger
bewußt zur Flucht benutzt habe. Dies hält
rechtlicher Prüfung nicht stand. Gemäß
§ 74 Abs. 1 StGB können als Tatwerkzeuge zwar nicht
nur solche Gegenstände eingezogen werden, die zur eigentlichen
Begehung der Tat Verwendung finden bzw. nach der Planung des
Täters hierzu bestimmt sind; der Einziehung unterliegt
vielmehr alles, was die Tat vom Stadium der Vorbereitung bis zur
Beendigung (vgl. BGH NJW 1952, 892 Ls.; BGH bei Dallinger MDR 1970,
559) überhaupt ermöglicht und zu ihrer
Durchführung dient oder hierzu erforderlich ist (BGHR StGB
§ 74 Abs. 1 Tatmittel 4). Jedoch reicht die nur gelegentliche
Benutzung eines Gegenstandes im Zusammenhang mit der Tat nicht aus
(Eser in Schönke/Schröder, StGB 26. Aufl. §
74 Rdn. 11). Erforderlich ist darüber hinaus, daß
sein Gebrauch gezielt die Verwirklichung des deliktischen Vorhabens
fördert bzw. nach der Planung des Täters
fördern soll. Dies war hier hinsichtlich des Pkw Mercedes
nicht der Fall.
Die getroffenen Feststellungen belegen nicht, daß der
Benutzung des Fahrzeuges nach der Vorstellung des Angeklagten
irgendeine Relevanz für sein Vorgehen gegen den
Nebenkläger zukam. Daß er mit dem Pkw zur C.
straße zurückfuhr, als er von der Auseinandersetzung
zwischen seinem Sohn und dem Nebenkläger erfahren hatte,
besagt hierzu für sich allein nichts; denn da der Angeklagte
den entsprechenden Anruf während der Heimfahrt erhielt, lag es
nahe, daß er gerade mit dem Pkw zu dem Ort des Geschehens
zurückfuhr. Es ist aber weder festgestellt, daß er
bereits während der Rückfahrt zur C. straße
den Entschluß gefaßt hatte, auf den
Nebenkläger zu schießen, noch daß er den
Pkw gerade deswegen nutzte, um nach einer "Abrechnung" mit dem
Nebenkläger ein geeignetes Mittel für eine schnelle
Flucht zur Hand zu haben. Es fehlt daher an der notwendigen inneren
Verknüpfung zwischen der Benutzung des Fahrzeugs und der
Tatbegehung. Entgegen der Ansicht des Landgerichts rechtfertigt allein
die Tatsache, daß der Angeklagte nach Abgabe der
Schüsse zu dem Pkw Mercedes zurückging und mit diesem
davonfuhr, die Einziehung schon deswegen nicht, weil zu diesem
Zeitpunkt die gegen die Nebenkläger begangenen Straftaten
bereits beendet waren.
Der Senat schließt aus, daß noch weitere
Feststellungen getroffen werden können, die die Einziehung des
Fahrzeugs ermöglichen würden. Er entscheidet daher in
der Sache selbst und ändert das angefochtene Urteil dahin ab,
daß die Einziehung des Pkw Mercedes entfällt.
Winkler Miebach Pfister von Lienen Becker
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