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BGH, Beschluss vom 9. Juli 2004 - 2 StR 213/04


Entscheidungstext  
 
BGH, Beschl. v. 9.7.2004 - 2 StR 213/04
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
2 StR 213/04
vom
9. Juli 2004
in der Strafsache
gegen
wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht
geringer Menge u.a.
- 2 -
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts
und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 9. Juli 2004 gemäß
§ 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts
Limburg an der Lahn vom 2. Dezember 2003 im Maßregelausspruch
mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung
und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels,
an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
2. Die weitergehende Revision wird verworfen.
Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln
in elf Fällen und wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in
41 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und sechs Monaten
verurteilt. Es hat weiter die Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt
angeordnet und bestimmt, daß zwei Jahre der gegen ihn verhängten
Gesamtfreiheitsstrafe vorweg zu vollziehen sind.
Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision des Angeklagten, mit der er
die Verletzung formellen und materiellen Rechtes rügt. Sein Rechtsmittel hat
mit der Sachrüge in dem aus der Beschlußformel ersichtlichen Umfang Erfolg
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(§ 349 Abs. 4 StPO); im übrigen ist es unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2
StPO.
Das landgerichtliche Urteil hat rechtlich keinen Bestand, soweit dort die
Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt angeordnet worden
ist.
Der Generalbundesanwalt hat hierzu in seiner Antragsschrift vom 9. Juni
2004 ausgeführt:
"Die Anordnung der Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt
erweist sich als rechtsfehlerhaft. Die Annahme des Landgerichts,
der Angeklagte habe einen Hang zum Konsum von Betäubungsmitteln
im Übermaß (UA Bl. 14), findet in den tatsächlichen Feststellungen des Urteils
keine Grundlage. Hang im Sinne von § 64 StGB verlangt eine chronische, auf
körperlicher Sucht beruhende Abhängigkeit oder zumindest eine eingewurzelte,
auf psychischer Disposition beruhende oder durch Übung erworbene intensive
Neigung, immer wieder Alkohol oder andere Rauschmittel im Übermaß zu
sich zu nehmen (st. Rspr.; vgl. BGHR StGB § 64 Abs. 1 Hang 1, 4 und 5; BGH,
Beschlüsse vom 15. Oktober 1996 - 1 StR 591/96, vom 14. Februar 1997 - 2
StR 583/96 und vom 10. September 1997 - 2 StR 416/97). Dies läßt sich den
Urteilsgründen nicht hinreichend sicher entnehmen. Die Kammer ist davon ausgegangen,
daß der Angeklagte seinen Konsum von Heroin nach der Trennung
von seiner Familie Mitte des Jahres 2002 nach zuvoriger massiver Einschränkung
gesteigert und wieder 'annähernd regelmäßig, aber nicht täglich' Heroin
zu sich genommen habe (UA Bl. 5). Darauf gestützt hat das Landgericht in diesem
fortgesetzten Konsum 'keine zum Tatzeitpunkt verfestigte Abhängigkeit
von Heroin' gesehen und die Annahme verminderter Schuldfähigkeit (§ 21
StGB) ausgeschlossen (UA Bl. 12).
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Damit scheidet jedenfalls die Annahme einer chronischen, auf körperlicher
Sucht beruhenden Abhängigkeit aus; aber auch eine 'eingewurzelte, intensive
Neigung, immer wieder Betäubungsmittel im Übermaß zu sich zu nehmen',
kommt danach nicht in Betracht (vgl. auch BGH NStZ 1992, 489). Dies
würde neben dem Nachweis dauerhaften übermäßigen Betäubungsmittelkonsums
zumindest voraussetzen, daß der Angeklagte aufgrund seiner Abhängigkeit
sozial gefährdet oder gefährlich erscheint (BGH, Beschluß vom 10. September
1997 - 2 StR 416/97). Dies aber belegen die Urteilsgründe nicht. Die
Kammer legt lediglich dar, daß die Loslösung von der Familie und die Aufgabe
der legalen Berufstätigkeit die Gefahr der Begehung neuer Straftaten begründe
(UA Bl. 14). Davon, daß ein übermäßiger Konsum von Heroin für die Begehung
von Straftaten ursächlich gewesen sei oder in Zukunft ursächlich werde, ist
dabei gerade nicht die Rede. Es ist so auch an keiner Stelle des Urteils festgestellt,
daß der Angeklagte die Straftaten begangen habe, gerade um den
Rauschgiftgenuß zu ermöglichen. Nach den Urteilsgründen liegt es vielmehr
nahe, daß der Angeklagte vor allem zur Bestreitung seines Lebensunterhaltes,
nicht aber um damit seinen Rauschmittelbedarf zu befriedigen, straffällig geworden
ist (was im übrigen auch den erforderlichen symptomatischen Zusammenhang
zwischen den Taten und einem möglichen Hang im Sinne von § 64
StGB entfallen ließe, vgl. BGH NStZ-RR 1997, 67).
Fehlt es bereits an einem Hang zum Konsum von Betäubungsmitteln im
Übermaß, kommt es auf die Frage, ob bei dem Angeklagten nach den von der
Kammer mitgeteilten Feststellungen des Sachverständigen bei dem nicht hinreichend
zur Therapie bereiten Angeklagten eine hinreichend konkrete Erfolgsaussicht
zur Durchführung einer solchen Therapie vorhanden ist (vgl. UA
Bl. 14), nicht mehr an.
- 5 -
Die - rechtlich ebenfalls nicht unbedenkliche - Bestimmung über die Vollstreckungsreihenfolge
wird mit der Aufhebung der Anordnung nach § 64 StGB
gegenstandslos."
Dem kann sich der Senat nicht verschließen. Die Teilaufhebung läßt den
Strafausspruch unberührt.
Bode Detter Otten
Rothfuß Ri'inBGH Roggenbuck
ist durch Urlaub an der
Unterschrift gehindert.
Bode



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