BGH,
Beschl. v. 9.3.2006 - 4 StR 472/05
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
4 StR 472/05
vom 9.3.2006
in der Strafsache
gegen
wegen gefährlicher Körperverletzung
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Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des
Generalbundesanwalts und nach Anhörung der
Beschwerdeführerin am 9.03.2006 gemäß
§ 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision der Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts
Halle vom 26. April 2005 mit den Feststellungen aufgehoben, soweit die
Unterbringung der Angeklagten in einer Entziehungsanstalt angeordnet
worden ist. 2. Die weiter gehende Revision wird verworfen. 3. Im Umfang
der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung,
auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine - allgemeine -
Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. Gründe:
Das Landgericht hat die Angeklagte wegen gefährlicher
Körperverletzung unter Einbeziehung der Strafen aus drei
rechtskräftigen Strafbefehlen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe
von drei Jahren und zwei Wochen verurteilt und ihre Unterbringung in
einer Entziehungsanstalt angeordnet. Die Revision der Angeklagten gegen
dieses Urteil, mit der sie die Verletzung formellen und materiellen
Rechts rügt, hat nur im Hinblick auf die
Maßregelanordnung Erfolg; im Übrigen ist sie
unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO. 1 Der
Generalbundesanwalt hat in seiner Antragsschrift u.a.
ausgeführt: 2
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"Auf durchgreifende Bedenken stößt jedoch die
Maßregelanordnung. Es ist zu besorgen, dass die Strafkammer
die rechtlichen Voraussetzungen der Unterbringung in einer
Entziehungsanstalt nach § 64 Abs. 1 StGB, insbesondere die
Notwendigkeit eines symptomatischen Zusammenhangs zwischen dem Hang der
Angeklagten zum Drogenmissbrauch und ihrer Tat, verkannt hat (UA S. 9,
23). Für beide Alternativen des § 64 Abs. 1 StGB
gilt, dass zwischen dem Hang des Täters zum Drogenmissbrauch
und seiner Tat ein symptomatischer Zusammenhang bestehen muss. Hat der
Täter den Hang, Rauschmittel im Übermaß zu
sich zu nehmen, so kommt die Anordnung einer Maßregel nach
§ 64 Abs. 1 StGB nur in Betracht, wenn es sich um eine
rechtswidrige Tat handelt, die er im Rausch begangen hat oder die auf
seinen Hang zurückgeht. Dabei ist die erste Alternative nur
ein Unterfall der zweiten, so dass diese den Oberbegriff darstellt. In
beiden Fällen muss zwischen der Tat und dem Hang ein
ursächlicher Zusammenhang bestehen. Dieser Zusammenhang liegt
vor, wenn die Tat in dem Hang ihre Wurzel findet. Die konkrete Tat muss
also Symptomwert für den Hang des Täters zum
Missbrauch von Rauschmitteln haben, indem sich in ihr seine
hangbedingte Gefährlichkeit äußert (BGHR
StGB § 64 Abs. 1 Hang 2 m.w.N.). Vorliegend fehlt es an dem
symptomatischen Zusammenhang zwischen dem Hang der Angeklagten zum
Drogenmissbrauch und der von ihr begangenen Tat. Sie hat die Tat
insbesondere nicht begangen, um sich Drogen zu verschaffen. Dies folgt
auch nicht aus der von der Strafkammer zur Begründung der
Maßregelanordnung herangezogenen besonderen Gestaltung der
Beziehung der Angeklagten zu dem Zeugen A. , welcher ihr Liebhaber und
Dealer zugleich sei, so dass sich ein besonderes
Abhängigkeitsverhältnis ergebe (UA S. 23 f.). Denn
die Angeklagte handelte zwar mit Blick auf die von ihr durch die Zeugin
als gefährdet angesehene Beziehung zum Zeugen A. , also aus
Eifersucht. Dass dabei der Wunsch maßgeblich war, die
Beziehung zu dem Zeugen A. aufrecht zu erhalten, um ihn als
"Rauschgiftquelle" zu erhalten, lässt sich den Feststellungen
jedoch nicht entnehmen. Selbst wenn dies aber das tragende Tatmotiv der
Angeklagten gewesen
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sein sollte, so käme der so intendierten Eifersuchtstat
gleichwohl kein Symptomwert im Sinne einer Hangtat zu, weil der Anlass
für die Eifersucht der Angeklagten außerhalb ihres
Suchtverhaltens, nämlich in der "notorischen Untreue" des
Zeugen A. lag. Danach ist die Angeklagte nur insoweit als
"gefährlich" anzusehen, als ihre Beziehung mit dem Zeugen A.
fortbesteht und dieser sein bisheriges promiskes Verhalten fortsetzt.
Dieser "Gefahrenzusammenhang" ist einer Drogenentziehungstherapie nicht
zugänglich. Auch ergeben die Feststellungen des Landgerichts
nicht, dass sich die Angeklagte bei Ausführung der
vorliegenden Tat etwa in einem Rausch befunden hätte. Sie
hatte zwar Drogen und geringe Mengen Alkohol zu sich genommen. Dass
diese jedoch Einfluss auf den Tatentschluss der Angeklagten hatten,
kann den Feststellungen nicht entnommen werden. Die
Maßregelanordnung ist deshalb aufzuheben. Es kann aber nicht
ausgeschlossen werden, dass noch Feststellungen getroffen werden
können, die eine Anordnung der Unterbringung in einer
Entziehungsanstalt rechtfertigen. Die Sache ist daher insoweit zu neuer
Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht
zurückzuverweisen." Dem stimmt der Senat zu. Er hebt auch die
der Anordnung der Unterbringung zu Grunde liegenden Feststellungen auf,
um dem neuen Tatrichter zur Frage der Anordnung der Maßregel
umfassende eigene Feststellungen zu ermöglichen. Nach dem
Wegfall des die Zuständigkeit des Schwurgerichts
begründenden Tatvorwurfs des versuchten Totschlags verweist
der Senat die Sache entsprechend § 354 Abs. 3 StPO an eine
allgemeine Strafkammer des 3
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Landgerichts zurück (vgl. BGH NJW 1994, 3304, 3305;
Meyer-Goßner StPO 48. Aufl. § 354 Rdn. 42).
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