BGH,
Beschl. v. 9.9.2008 - 3 StR 337/08
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
3 StR 337/08
vom
9.9.2008
in der Strafsache
gegen
wegen Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge u.
a.
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Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des
Beschwerdeführers und des Generalbundesanwalts - zu 2. auf
dessen Antrag - am 9.9.2008 gemäß § 349
Abs. 2 und 4 StPO einstimmig beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts
Duisburg vom 7. Mai 2008 mit den zugehörigen Feststellungen
aufgehoben, soweit eine Entscheidung zur Unterbringung des Angeklagten
in einer Entziehungsanstalt unterblieben ist.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und
Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine
andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
2. Die weitergehende Revision wird verworfen.
Gründe:
Das Landgericht hat gegen den Angeklagten wegen Einfuhr von
Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit
Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht
geringer Menge eine Freiheitsstrafe von drei Jahren und drei Monaten
verhängt. Mit seiner Revision rügt er die Verletzung
materiellen Rechts.
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Das Rechtsmittel ist im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO
unbegründet, soweit es sich gegen den Schuld- und
Strafausspruch richtet.
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Das Urteil kann jedoch keinen Bestand haben, soweit eine Entscheidung
zur Frage der Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt
unterblieben ist. Die Feststellungen zum Drogenkonsum des Angeklagten
drängten zu der Prüfung, ob die Voraussetzungen einer
Unterbringung nach § 64 StGB gegeben sind.
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Der zum Zeitpunkt der Tat und der Hauptverhandlung 21-jährige,
nicht vorbestrafte Angeklagte begann nach den Feststellungen im Alter
von 12/13 Jahren mit dem regelmäßigen,
annähernd täglichen Konsum von Marihuana. Ab dem 16.
Lebensjahr konsumierte er zudem Kokain, bei Gelegenheit auch Ecstasy.
Die Tat beging er im Auftrag seines marokkanischen Drogendealers; den
Kurierlohn benötigte er zur Sicherstellung seines eigenen
Drogenkonsums. All dies legt nahe, dass die abgeurteilte Tat auf einen
Hang des Angeklagten zurückgeht, berauschende Mittel im
Übermaß zu sich zu nehmen. Da der Angeklagte
mittlerweile selbst eine Drogentherapie anstrebt, dürfte auch
eine hinreichend konkrete Aussicht eines Behandlungserfolgs bestehen
(§ 64 Satz 2 StGB).
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Der Teilaufhebung des Urteils steht nicht entgegen, dass § 64
StGB durch das Gesetz zur Sicherung der Unterbringung in einem
psychiatrischen Krankenhaus und in einer Entziehungsanstalt vom 16.
Juli 2007 (BGBI I 1327) von einer Muss- in eine Sollvorschrift
umgestaltet worden ist. Dies macht die Prüfung des §
64 StGB durch den Tatrichter nicht entbehrlich. Dieser muss vielmehr
das Ermessen tatsächlich ausüben und die
Ermessensentscheidung für das Revisionsgericht
nachprüfbar machen (vgl. BGH NStZ-RR 2008, 73 f.).
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Dass nur der Angeklagte Revision eingelegt hat, hindert die Nachholung
der Unterbringungsanordnung nicht (BGHSt 37, 5). Der
Beschwerdeführer hat
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die Nichtanwendung des § 64 StGB durch das Tatgericht nicht
von seinem Rechtsmittelangriff ausgenommen.
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Der Senat kann ausschließen, dass das Landgericht bei
Anordnung der Unterbringung eine geringere Strafe verhängt
hätte.
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RiBGH Pfister befindet
sich in Urlaub und ist
daher gehindert zu
unterschreiben
Sost-Scheible Miebach Sost-Scheible
Hubert Schäfer |