BGH,
Urt. v. 1.8.2000 - 5 StR 624/99
Nachschlagewerk:
StGB § 27
AO 1977 § 370
Beihilfe zur Steuerhinterziehung durch Mitarbeiter von Geldinstituten
in Form des Kapitaltransfers ins Ausland.
BGH, Urt. v. 1. August 2000 - 5 StR 624/99
LG Wuppertal
BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
5 StR 624/99
URTEIL
vom 1. August 2000
in der Strafsache gegen
wegen Beihilfe zur Steuerhinterziehung
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 1.
August 2000, an der teilgenommen haben: Vorsitzende Richterin Harms,
Richter Basdorf, Richterin Dr. Gerhardt, Richter Dr. Raum, Richter Dr.
Brause als beisitzende Richter, Oberstaatsanwalt beim Bundesgerichtshof
als Vertreter der Bundesanwaltschaft, Rechtsanwalt F , Rechtsanwalt S ,
Professor W als Verteidiger, Justizangestellte als Urkundsbeamtin der
Geschäftsstelle, für Recht erkannt:
1. Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts
Wuppertal vom 19. Mai 1999 wird verworfen.
2. Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das genannte Urteil im
Rechtsfolgenausspruch dahin abgeändert, daß die
Verwarnung mit Strafvorbehalt entfällt; der Angeklagte wird zu
einer Gesamtgeldstrafe von 50 Tagessätzen zu je 150 DM
verurteilt. Die weitergehende Revision wird verworfen.
3. Der Angeklagte hat die Kosten beider Rechtsmittel zu tragen.
Hinsichtlich der Revision der Staatsanwaltschaft wird jedoch die
Gebühr auf ein Viertel ermäßigt; von den
durch dieses Rechtsmittel entstandenen gerichtlichen Auslagen und
notwendigen Auslagen des Angeklagten fallen der Staatskasse jeweils
drei Viertel zur Last.
- Von Rechts wegen -
Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten der Beihilfe zur
Steuerhinterziehung in fünf Fällen schuldig
gesprochen. Es hat ihn deswegen verwarnt und die Verurteilung zu einer
Gesamtgeldstrafe von 50 Tagessätzen zu je 150 DM vorbehalten.
Gegen das Urteil (abgedruckt in wistra 1999, 473) wenden sich sowohl
der Angeklagte als auch die Staatsanwaltschaft mit der
Sachrüge. Während das Rechtsmittel des Angeklagten
keinen Rechtsfehler zu seinem Nachteil aufzeigt, hat die Revision der
Staatsanwaltschaft in dem aus dem Urteilstenor ersichtlichen Umfang
Erfolg.
A.
Sachverhalt:
Der Tatrichter hat folgende Feststellungen getroffen: Der Angeklagte
- ein gelernter Bankkaufmann - war als Mitarbeiter der Sparkasse W in
deren Wertpapierabteilung beschäftigt und für die
Beratung bei Auslands-
anlagen zuständig. Nach den Feststellungen
unterstützte er Ende 1992/Anfang 1993 in fünf
Fällen Kunden der Sparkasse W auf deren Wunsch beim anonymen
Kapitaltransfer nach Luxemburg und in die Schweiz. Diese Kunden waren
im Herbst 1992 im zeitlichen Zusammenhang mit dem Erlaß des
Zinsabschlagsgesetzes, das ab 1. Januar 1993 eine Steuervorauszahlung
in Form eines Zinsabschlages auf Kapitalerträge vorsah, an den
Angeklagten herangetreten, weil sie ihr angelegtes Kapital ano-
nym ins Ausland transferieren wollten. Da sie ihre Zinserträge
wie in der Vergangenheit auch in der Zukunft nicht gegenüber
dem Finanzamt erklären wollten, war es ihnen wichtig, ihr
Vermögen möglichst so ins Ausland zu verbringen,
daß der Finanzverwaltung - auch bei
Fahndungsmaßnahmen - kein Rückschluß auf
die vorhandenen Anlagen und die daraus erzielten Zinserträge
ermöglicht wurde.
Der Angeklagte, der jeweils zunächst erfolglos versuchte, die
Kunden umzustimmen und sie dazu zu bewegen, ihre Gelder doch bei der
Sparkasse W zu belassen, kam diesem Ansinnen in allen Fällen
nach. Hierbei griff er - da die Sparkassen, anders als die
Großbanken, keine Tochtergesellschaften im Ausland hatten -
auf ein bereits vorhandenes Verschleierungssystem für anonyme
Kapitaltransfers der W- LB
- des Verbundpartners der nordrhein-westfälischen Sparkassen -
zurück und bewerkstelligte die Übertragung der
Kundengelder auf neu einzurichtende Konten bei der W- LB Schweiz und
der W- LB Luxemburg. Obwohl auch die Möglichkeit einer
direkten Überweisung von den Kundenkonten auf das Sammelkonto
der jeweiligen Auslandsbank oder direkt auf die neuen
ausländischen Konten der Kunden bestand, machte der Angeklagte
davon keinen Gebrauch, um die Anonymität der Kunden beim
Übertragungsvorgang zu gewährleisten. Entsprechend
dem bereits vorhandenen Verschleierungssystem splittete der Angeklagte
hierzu die Übertragung der Kundengelder in zwei
unabhängige Geschäftsvorfälle,
nämlich zwei Barzahlungen, auf. Unter seiner Anleitung hob der
Kunde jeweils zunächst den gewünschten Betrag von
seinem Konto bei der Sparkasse in bar ab, dann zahlte er ihn sofort
wieder per Zahlschein auf das Sammelkonto der Auslandsbank ein. Beide
Vorgänge wurden dementsprechend als Barzahlungen gebucht. Eine
zwischenzeitliche Aushändigung des Geldes an den Kunden
erfolgte nicht. Bei der Einzahlung auf das Sammelkonto der Auslandsbank
wurde der Geldtransfer weiter verschleiert. Obwohl auf dem
Einzahlungsbeleg jeweils ein Feld für den Namen des Einzahlers
vorhanden war, vermerkte der Angeklagte dort statt des Kundennamens
lediglich ein Codewort oder eine Referenz- oder Kontonummer der
Auslandsbank, die er vorher bei dieser erfragen mußte und die
der Auslandsbank die spätere Zuordnung des Betrages zu den
jeweiligen Kunden ermöglichen sollten. Sämtliche
Unterlagen einschließlich der
Kontoeröffnungsanträge, die der Angeklagte
vorrätig hielt, füllte er für seine Kunden
aus und legte sie ihnen zur Unterschrift vor. Die Beteiligten gingen
dabei davon aus, daß dieses Verschleierungssystem "sicher"
sei und auch die Steuerfahndung die Person des jeweiligen Einzahlers
nicht ermitteln könnte. Der Angeklagte war sich dabei
bewußt, daß durch die Anonymisierung des
Geldtransfers das Entdeckungsrisiko für die Verheimlichung von
Kapitalerträgen stark verringert werden sollte. Soweit die
Kunden dies nicht bereits ausdrücklich ausgesprochen hatten,
rechnete der Angeklagte jedenfalls aufgrund der mit den jeweiligen
Kunden geführten Beratungsgespräche damit,
daß sie ihre Zinserträge aus den Auslandsanlagen
nicht versteuern wollten und er deshalb bei dem "spurenlosen" Transfer
helfen sollte. Sofern Kunden steuerliche Fragen ansprachen, wies der
Angeklagte zwar auf die Steuerpflichtigkeit von Zinserträgen
hin, verstand dies allerdings nur als "formalen Fingerzeig". Insgesamt
unterstützte er Bankkunden, die ihre Kapitalerträge
nicht versteuern wollten, bei der anonymisierten Übertragung
einer Gesamtsumme von 2.336.422 DM ins Ausland, hinsichtlich derer die
Bankkunden in den Jahren 1993 bis 1995 insgesamt 116.404 DM an
Einkommensteuern hinterzogen.
B.
Rechtliche Würdigung:
I. Revision des Angeklagten:
Die Nachprüfung des Urteils aufgrund der
Revisionsrechtfertigung des Angeklagten hat keinen Rechtsfehler zu
seinem Nachteil ergeben. Rechtlich zutreffend hat das Landgericht das
Verhalten des Angeklagten als Beihilfe zur Steuerhinterziehung gewertet.
1. Strafbare Beihilfe ist die vorsätzliche Hilfeleistung zu
einer vorsätzlich begangenen Straftat eines anderen
(§ 27 Abs. 1 StGB). Als Hilfeleistung im Sinne des §
27 StGB ist dabei grundsätzlich jede Handlung anzusehen,
welche die Herbeiführung des Taterfolges des
Haupttäters objektiv fördert (BGHSt 42, 135, 136),
ohne daß sie für den Erfolg selbst
ursächlich sein muß (st. Rspr.; vgl. nur BGHSt 8,
390; weitere Nachweise bei Roxin in LK 11. Aufl. § 27 Rdn. 1).
Gehilfenvorsatz liegt vor, wenn der Gehilfe die Haupttat in ihren
wesentlichen Merkmalen kennt und in dem Bewußtsein handelt,
durch sein Verhalten das Vorhaben des Haupttäters zu
fördern (BGHR StGB § 27 Abs. 1 - Vorsatz 2);
Einzelheiten der Haupttat braucht er nicht zu kennen (BGHR aaO -
Vorsatz 7). Ob der Gehilfe den Erfolg der Haupttat wünscht
oder ihn lieber vermeiden würde, ist nicht entscheidend. Es
reicht, daß die Hilfe an sich geeignet ist, die fremde
Haupttat zu fördern oder zu erleichtern, und der
Hilfeleistende dies weiß. Unter dieser Voraussetzung ist der
Vorsatz selbst dann nicht in Frage gestellt, wenn der Gehilfe dem
Täter ausdrücklich erklärt, er
mißbillige die Haupttat (BGHR aaO - Vorsatz 5 m.w.N.).
2. Auf der Grundlage dieser Erwägungen stellt nicht jede
Mitwirkung eines Bankangestellten an einem Kapitaltransfer ins Ausland
zugunsten von Bankkunden, die ihre Kapitalerträge
gegenüber dem Finanzamt verheimlichen, eine strafbare
Beihilfehandlung dar. Die Kriterien für eine Abgrenzung
erlaubter Mitwirkung von strafbarer Beihilfe werden in Literatur und
Rechtsprechung kontrovers diskutiert (zum Meinungsstand vgl. auch die
Nachweise bei LG Bochum NJW 2000, 1430; Burhoff PStR 2000, 154, 155;
Joecks WM 1998 Sonderbeilage Nr. 1 S. 13 f.; Löwe-Krahl,
Steuerhinterziehung bei Bankgeschäften 2. Aufl. S. 18; Wohlers
NStZ 2000, 169 sowie die Monographien von Wohlleben, Beihilfe durch
äußerlich neutrale Handlungen, 1996, und Rogat, Die
Zurechnung bei der Beihilfe, 1997).
a) Einerseits wird - mit unterschiedlichen Begründungen - die
Ansicht vertreten, eine Mitwirkung von Bankangestellten beim (anonymen)
Kapitaltransfer erfülle generell nicht die Voraussetzungen
einer strafbaren Beihilfe: Eine strafbare Beihilfe sei bereits deshalb
nicht gegeben, weil ein Bezug zwischen dem Kapitaltransfer und der zu
einem späteren Zeitpunkt vom Bankkunden eingereichten
Steuererklärung nicht erkennbar sei; es obliege allein der
Entscheidung des Kunden, was er in die Steuererklärung
aufnehme (Kaligin WM 1996, 2267, 2268 ff.). Zudem fehle es hinsichtlich
der beabsichtigten Steuerhinterziehung bereits an dem für die
Annahme einer Beihilfe erforderlichen "Angewiesensein" der Bankkunden
auf die mitwirkende Hilfe irgendwelcher Banktätigkeiten. Der
Strafgrund betreffe ausschließlich deren eigenes
Verhältnis zu den zuständigen Finanzbehörden
(Harzer/Vogt StraFo 2000, 39, 44 f.).
b) Die Mehrheit der Veröffentlichungen zu dieser Frage
hält zwar Mitwirkungshandlungen von Bankangestellten beim
Kapitaltransfer nicht generell für straflos, benennt aber die
Strafbarkeit einschränkende wertende Kriterien, um die
ansonsten als zu weitgehend empfundene Beihilfestrafbarkeit zu
begrenzen. Zumeist wird hierbei die objektive Zurechnung von
Hilfeleistungen zur Tatbestandsverwirklichung des Haupttäters
ausgeschlossen.
aa) Teilweise wird vertreten, daß eine Beihilfestrafbarkeit
dann ausscheide, wenn es sich bei den Handlungen des Bankangestellten
um "neutrales" oder "berufstypisches" Verhalten handele (z. B.
Meyer-Arndt wis-
tra 1989, 281, 287; Philipowski, Steuerstrafrechtliche Probleme bei
Bankgeschäften, in: Kohlmann [Hrsg.], Strafverfolgung und
Strafverteidigung im Steuerstrafrecht, 1983, 131, 142) oder sich der
Handelnde noch im Rahmen seiner "professionellen Adäquanz"
bewege (Hassemer wistra 1995, 41, 43 ff., 81 ff.). "Professionelle
Adäquanz" beschreibe dabei normales, sozial akzeptiertes und
regelgeleitetes berufliches Handeln (Hassemer aaO S. 85). Danach soll
derjenige Bankangestellte bereits objektiv keinen Straftatbestand
erfüllen, der sich an die für seine
Tätigkeit geltenden Normen und Regeln halte, z. B. nicht gegen
den Grundsatz der Kontenwahrheit (§ 154 AO) verstoße
(vgl. auch Kniffka wistra 1987, 309, 310; Carl/Klos wistra 1990, 41,
46; Otto StV 1994, 409, 410). Der strafrechtlich relevante Bereich
werde erst dann erreicht, wenn die für Banken geltenden Regeln
verletzt würden, um rechtswidrige Ziele zu erreichen. Solange
sich für das Handeln des Bankangestellten nicht nur
deliktische, sondern neutrale Gründe finden ließen,
liege ein strafloses berufsübliches Verhalten des
Bankangestellten vor (Hassemer aaO S. 82; ähnlich Ransiek
wistra 1997, 41, 46 und Joecks aaO S. 14). Für einen
Geldtransfer ins Ausland gäbe es vernünftige legale
Gründe (vgl. Hassemer aaO S. 42).
bb) Eine andere Ansicht lehnt zwar das Abstellen auf "professionelle
Adäquanz" ab, weil es zu einer Privilegierung des
Berufstätigen führe, nimmt aber dennoch bei
"berufstypischen" Handlungen nur dann eine Strafbarkeit an, wenn der
Berufstätige seine Berufsausübung den deliktischen
Plänen des Kunden anpasse. Dies soll insbesondere dann der
Fall sein, wenn er seine beruflichen Handlungen im Hinblick auf die
Straftat des Bankkunden modifiziere, z. B. durch Bereitstellung einer
bankinternen Organisation, die ohne deliktischen Sinnbezug nicht mehr
erklärt werden könne (Löwe-Krahl wistra
1995, 201, 206). Auch soll dann kein sozialtypisches Verhalten mehr
vorliegen, wenn der Steuerumgehungswille des Kunden evident sei
(Carl/Klos wistra 1994, 211, 213).
cc) Zu einem ähnlichen Ergebnis kommt die Ansicht, die eine
Strafbarkeit von Bankangestellten nur bei Vorliegen einer "besonderen
Sachlage" annimmt. Diese könne darin liegen, daß ein
Bankangestellter ein bei seinem Arbeitgeber vorhandenes technisches
Abwicklungssystem für einen anonymen Kapitaltransfer zu
Gunsten von Kunden einsetze, das mit dem Ziel eingerichtet worden sei,
die Identität der Kunden zu verschleiern (LG Bochum NJW 2000,
1430).
dd) Davon abweichend stellt eine weitere Ansicht darauf ab, die
Handlung eines Bankangestellten könne nur dann
tatbestandsmäßig eine strafrechtlich relevante
Beihilfehandlung sein, wenn sie selbst die Durchsetzung des
Steueranspruchs gefährde oder erschwere. Der Bankangestellte
habe nämlich keine Garantenstellung für die
Einhaltung der steuerlichen Verpflichtungen des Kunden (Otto StV 1994,
409, 410; vgl. auch Kohlmann, Steuerstrafrecht 7. Aufl. § 370
Rdn. 17.8. S. 56/4).
c) Der Bundesgerichtshof hat zur Beihilfestrafbarkeit von
Bankangestellten beim Kapitaltransfer ins Ausland bisher noch nicht
Stellung genommen. Er hat jedoch im Rahmen einer Entscheidung zur
Beihilfe zum Betrug folgende allgemein für berufstypische
"neutrale" Handlungen geltenden Grundsätze aufgestellt (vgl.
BGHR StGB § 27 Abs. 1 - Hilfeleisten 20): Zielt das Handeln
des Haupttäters ausschließlich darauf ab, eine
strafbare Handlung zu begehen, und weiß dies der
Hilfeleistende, so ist sein Tatbeitrag als Beihilfehandlung zu werten
(vgl. BGHR StGB § 27 Abs. 1 - Hilfeleisten 3, 20). In diesem
Fall verliert sein Tun stets den "Alltagscharakter"; es ist als
"Solidarisierung" mit dem Täter zu deuten (Roxin in LK 11.
Aufl. § 27 Rdn. 19) und dann auch nicht mehr als
sozialadäquat anzusehen (vgl. Löwe-Krahl wistra 1995,
201, 203). Weiß der Hilfeleistende dagegen nicht, wie der von
ihm geleistete Beitrag vom Haupttäter verwendet wird,
hält er es lediglich für möglich,
daß sein Tun zur Begehung einer Straftat genutzt wird, so ist
sein Handeln regelmäßig noch nicht als strafbare
Beihilfehandlung zu beurteilen, es sei denn, das von ihm erkannte
Risiko strafbaren Verhaltens des von ihm Unterstützten war
derart hoch, daß er sich mit seiner Hilfeleistung "die
Förderung eines erkennbar tatgeneigten Täters
angelegen sein" ließ (BGHR StGB § 266 Abs. 1 -
Beihilfe 3; BGHR StGB § 27 Abs. 1 - Hilfeleisten 20; Roxin in
LK aaO). Diese Grundsätze sind auch auf den Straftatbestand
der Steuerhinterziehung und auf das berufliche Verhalten von
Bankangestellten anzuwenden.
Eine generelle Straflosigkeit von "neutralen", "berufstypischen" oder
"professionell adäquaten" Handlungen kommt dagegen nicht in
Betracht. Weder Alltagshandlungen noch berufstypische Handlungen sind
in jedem Fall neutral. Fast jede Handlung kann in einen strafbaren
Kontext gestellt werden (vgl. Roxin, Festschrift für Koichi
Miyazawa 1995 S. 501, 515). Die genannten Begriffe sind daher
für sich allein nicht geeignet, strafbare Beihilfe von
erlaubtem Handeln eindeutig abzugrenzen.
3. Auf der Grundlage der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs stellt
das Verhalten des Angeklagten strafbare Beihilfe zur
Steuerhinterziehung dar.
a) Seine Tätigkeit ging über eine "neutrale"
Tätigkeit eines Bankangestellten bei der Übertragung
von Vermögenswerten deutlich hinaus (vgl. zu der
Tätigkeit eines Notars BGHR StGB § 266 Abs. 1 -
Beihilfe 3 und der eines Rechtsanwalts BGHR StGB § 27 Abs. 1 -
Hilfeleisten 20). Der Angeklagte hat die Taten der Haupttäter
durch seine aktive Mitwirkung objektiv gefördert, indem er
durch die Anonymisierung des Geldtransfers das Entdeckungsrisiko
für die Nichtangabe der Erträge in deren
Steuererklärungen stark verringert hat. Sein Handeln kann
nicht losgelöst von dem der Bankkunden gesehen werden. Der
Grund des anonymen Kapitaltransfers ist vielmehr bei der
Würdigung des Tatbeitrags des Angeklagten
mitzuberücksichtigen.
Dabei kommt es darauf an, ob der Angeklagte bei Anonymisierung der
Kapitaltransfers wußte, daß die Bankkunden in der
Absicht handelten, die aus den zu übertragenden Anlagegeldern
noch zu erzielenden Erträge gegenüber dem Finanzamt
nicht anzugeben, oder ob er dies zumindest für
überaus wahrscheinlich hielt; unter beiden Voraussetzungen
ließ er sich "die Förderung dieser Taten angelegen
sein" (BGHR aaO). Soweit die Kunden dem Angeklagten nicht bereits
ausdrücklich ihre Absicht mitgeteilt hatten, künftig
Zinserträge aus der Auslandsanlage nicht angeben zu wollen,
rechnete der in steuerlichen Fragen kundige Angeklagte jedenfalls
damit, daß dies die Absicht der Kunden war und er deshalb bei
dem "spurenlosen" Transfer helfen sollte. Für den Angeklagten,
der sich zwar grundsätzlich auch andere - für ihn
allerdings fernliegende - Gründe für einen
verschleierten Transfer vorstellen konnte, war eine beabsichtigte
Steuerhinterziehung das nächstliegende Motiv. Auch wenn er in
einigen Fällen die wahren Ziele der Kunden nicht mit
Sicherheit kannte - und obgleich er keine persönlichen
Vorteile aus der Hilfeleistung zog -, ließ er sich dennoch
die Förderung tatgeneigter Bankkunden bei deren geplanten
Steuerhinterziehungen "angelegen sein"; er "solidarisierte" sich mit
den Tätern. Dies wird erst recht vor dem Hintergrund des
zeitlichen Zusammenhangs der Kapitaltransfers mit der
Einführung eines Zinsabschlages auf Kapitalerträge in
Deutschland deutlich, der die Möglichkeiten der Hinterziehung
von Steuern auf inländische Kapitalerträge erheblich
eingeschränkt hat. Der Angeklagte beschränkte sich
nicht darauf, die Geldbeträge der Bankkunden ins Ausland, d.
h. auf Sammelkonten ausländischer Banken zu transferieren. Er
förderte vielmehr das Hinterziehungsziel der Bankkunden
dadurch, daß er - unter Ausnutzung eines immer
gleichbleibenden Verschleierungssystems - die
Rückverfolgbarkeit des Kapitaltransfers zum Bankkunden
deutlich erschwerte. Dies erreichte er dadurch, daß er einen
an sich einheitlichen Übertragungsvorgang - der mit einer
einzigen Überweisung zu bewerkstelligen gewesen wäre
- ohne jeden sonstigen Anlaß allein deshalb in zwei getrennte
Bargeschäfte aufspaltete, um den eigentlichen
Übertragungsvorgang anonym vornehmen zu können.
Darüber hinaus richtete er als besondere Dienstleistung
für seine Kunden nicht nur Konten bei Auslandsbanken ein,
sondern trug zur Wahrung der Anonymität der Kunden auf den
Einzahlungsbelegen auch noch statt der vorgesehenen Angabe des
Kundennamens lediglich eine Kunden- oder Referenznummer der
Auslandsbank ein, die er zuvor erst bei der Auslandsbank erfragen
mußte. Er paßte damit sein berufliches Verhalten
unter Verwendung eines vorhandenen Verschleierungssystems dem von ihm
angenommenen deliktischen Ziel der Kunden an.
b) Ohne Bedeutung für die Verantwortlichkeit des Angeklagten
ist insoweit, ob die Haupttäter bereits zuvor fest zu einem
anonymisierten Transfer ins Ausland entschlossen waren und sich
für die verschleierte Kapitalübertragung bei
mangelnder Bereitschaft des Angeklagten einen anderen Bankmitarbeiter
oder eine andere Bank gesucht oder das Geld gar selbst ins Ausland
verbracht hätten. Dies würde nichts an der konkreten
objektiven Förderung der Haupttat durch den Angeklagten
ändern. Ohnehin stellt das Verhalten des Angeklagten nicht -
wie die Revision geltend gemacht hat - lediglich einen Fall der
psychischen Beihilfe dar, der bei fest entschlossenen
Haupttätern besonders sorgfältiger Prüfung
bedürfe. Keine Bedeutung für die Strafbarkeit des
Angeklagten hat es auch, daß der Angeklagte auf ein
vorgegebenes Verschleierungssystem zurückgreifen konnte, da es
ihm jederzeit freistand, ob er dem Ansinnen von Bankkunden auf
Unterstützung bei einem anonymisierten Kapitaltransfer
nachkommen wollte. Diese Tatsache hat allenfalls Bedeutung für
die Frage der Strafzumessung sowie einer möglichen
strafrechtlichen Verantwortlichkeit der Initiatoren des
Verschleierungssystems (vgl. BGHSt 40, 218, 237).
c) Die Tatsache, daß die Beihilfehandlungen des Angeklagten
erhebliche Zeit vor den jeweiligen Haupttaten - dem Verschweigen der
ins Ausland transferierten Geldbeträge und der daraus
erzielten Zinserträge gegenüber dem Finanzamt -
lagen, beseitigt die tatsächliche Förderung der
Haupttaten durch das Verhalten des Angeklagten nicht. Es ist
ausreichend, daß ein Gehilfe die Haupttat im
Vorbereitungsstadium fördert (vgl. BGH NJW 1985, 1035, 1036;
BGH, Urteil vom 21. Oktober 1999 - 4 StR 376/99 -;
Lackner/Kühl, StGB 23. Aufl. § 27 Rdn. 3;
Schönke/Schröder, StGB 25. Aufl. § 27 Rdn.
13), solange die Teilnahmehandlung mit dem Willen und dem
Bewußtsein geleistet wird, die Haupttat zu fördern
(vgl. BGHR StGB § 27 Abs. 1
- Vorsatz 9).
d) Der Strafbarkeit einer Beihilfehandlung steht auch nicht entgegen,
daß zum Zeitpunkt ihrer Begehung ein fälliger
Steueranspruch noch gar nicht bestand, sondern erst durch die
Auslandsanlage geschaffen wurde. Es ist ausreichend, daß der
Steueranspruch bei der Verwirklichung der Haupttat besteht.
4. Es begegnet keinen rechtlichen Bedenken, daß der
Tatrichter bei Bestimmung des Schuldumfangs der von dem Angeklagten
geleisteten Behilfehandlungen jeweils Hinterziehungen der Bankkunden
bis zum Jahr 1995 in den Schuldumfang einbezogen hat. Die zeitliche
Reichweite einer strafbaren Beihilfehandlung bestimmt sich nach dem
Vorstellungsbild des Gehilfen im Einzelfall. Nimmt der Bankangestellte
an, der Bankkunde werde - wie zumeist schon in der Vergangenheit -
über mehrere Jahre hinweg die Erträge aus den
transferierten Geldbeträgen nicht versteuern, dann erstreckt
sich die - von ihm einheitlich erbrachte - Hilfeleistung auch auf die
insoweit begangenen weiteren Steuerhinterziehungen (vgl.
Löwe-Krahl, Steuerhinterziehung bei Bankgeschäften,
2. Aufl. 2000, S. 68 f.).
II. Revision der Staatsanwaltschaft
Mit ihrem Rechtsmittel erstrebt die Staatsanwaltschaft die Feststellung
eines größeren Schuldumfangs; daneben greift sie den
Rechtsfolgenausspruch an.
1. Entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin begegnet das
Urteil keinen Bedenken, soweit das Landgericht bei der Feststellung des
Schuldumfangs lediglich diejenigen Zinserträge
berücksichtigt hat, die aus Geldbeträgen erzielt
wurden, bei deren anonymem Transfer ins Ausland der Angeklagte
mitgewirkt hat.
Hinsichtlich der Zinserträge, die von den betreffenden
Bankkunden aus anderen Auslandsanlagen als den vom Angeklagten
eingerichteten Konten erzielt wurden und die ebenfalls nicht versteuert
wurden, ist bereits zweifelhaft, ob das Verhalten des Angeklagten die
jeweiligen Steuerhinterziehungen überhaupt objektiv - und sei
es nur psychisch - gefördert hat. Jedenfalls sind die
Erwägungen, mit denen das Landgericht insoweit einen
Beihilfevorsatz des Angeklagten ausgeschlossen hat, aus
Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Die Urteilsfeststellungen
geben keinen Anhalt dafür, der Angeklagte könnte
gewußt haben, daß die von ihm
unterstützten Bankkunden ohne seine Mitwirkung weitere
Geldbeträge im Ausland angelegt hatten, deren Erträge
sie in Steuererklärungen nicht angeben wollten.
2. Rechtsfehlerfrei ist auch die Annahme jeweils einer einheitlichen
Beihilfe des Angeklagten, soweit die Zeugen St und Fl mit
Unterstützung des Angeklagten mehrere nicht in einem engen
zeitlichen Zusammenhang stehende und zum Teil auf mehrere Monate
verteilte anonymisierte Übertragungsvorgänge
vorgenommen haben, weil sich die Beihilfehandlungen jeweils auf
dieselben Haupttaten bezogen haben. Mehrere Beihilfehandlungen zu einer
Tat rechtfertigen nämlich grundsätzlich lediglich die
Annahme einer Beihilfe, da sich das Unrecht des Gehilfen nur aus dem
Unrecht der Rechtsgutsverletzung der Haupttat - hier der
Steuerhinterziehung nach § 370 AO im Hinblick auf die
einheitlich abzugebende Einkommensteuererklärung - ableiten
läßt (vgl. BGH NStZ 1999, 513, 514 m.w.N.).
3. Der Schuldspruch hält auch im übrigen rechtlicher
Nachprüfung stand.
Zwar hat das Landgericht keine Feststellungen zu einer jeweils
möglichen, gegebenenfalls mit der Beihilfe zur
Steuerhinterziehung in Tateinheit stehenden Begünstigung der
Bankkunden durch den Angeklagten gemäß §
257 Abs. 1 StGB getroffen. Die Handlungen des Angeklagten waren
nämlich jeweils zugleich objektiv geeignete Hilfeleistungen im
Sinne einer Begünstigung nach § 257 StGB, §
369 Abs. 1 Nr. 4 AO im Hinblick auf bereits begangene
Steuerhinterziehungen von Bankkunden.
Nach den vom Tatrichter getroffenen Feststellungen hatten die von dem
Angeklagten unterstützten Bankkunden bereits in der
Vergangenheit ihre Kapitalerträge dem Finanzamt verschwiegen
und wollten diese Praxis in der Zukunft fortsetzen. Der anonyme
Geldtransfer konnte daher auch der Sicherung der
Vermögensvorteile vergangener Steuerhinterziehungen vor
Entdeckung dienen. Soweit die von dem Angeklagten
unterstützten Bankkunden Geldbeträge transferierten,
die nicht aus von ihnen versteuertem Einkommen, sondern zumindest zum
Teil aus "Schwarzgeld" stammten, waren die von den Bankkunden zuvor
begangenen Steuerhinterziehungen taugliche Vortaten einer
Begünstigung durch den Angeklagten (vgl. BGHR AO §
369 Abs. 1 Nr. 4 - Begünstigung 1 = BGH wistra 1999, 103;
Hübner in Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO und FGO
§ 369 Rdn. 101). Zwar stellen Einnahmen aus "steuerunehrlichen
Geschäften" für sich betrachtet keine Vorteile aus
einer Steuerhinterziehung dar (BGH aaO). Die in den
übertragenen Geldbeträgen enthaltenen Vorteile von
bereits begangenen Steuerhinterziehungen liegen aber in der niedrigeren
Steuerfestsetzung, als sie bei wahrheitsgemäßen
Angaben erfolgt wäre, d. h. in der tatsächlichen
"Ersparnis" von Abgaben (vgl. BGH aaO; Kohlmann, Steuerstrafrecht 7.
Aufl. § 369 AO Rdn. 66; Philipowski in Kohlmann [Hrsg.],
Strafverfolgung und Strafverteidigung im Steuerstrafrecht, 1983, S.
131, 135). Die Unmittelbarkeit des Vorteils, der keine Steuererstattung
voraussetzt, ist gewahrt, wenn zum Zeitpunkt der
Begünstigungshandlung die erlangten Steuerersparnisse als
geldwerte Vorteile im Vermögen des Vortäters noch
vorhanden sind, ohne daß es auf die Sachidentität
ankommt (BGH aaO; BGHSt 36, 277, 281 f. zum Betrug; BGHR StGB 257 Abs.
1 - Tatvorteil, unmittelbarer 3 zur Untreue; vgl. auch Kohlmann aaO
§ 369 Rdn. 68 f.). Entscheidend für die Beurteilung
einer Hilfeleistung als Begünstigung ist hierbei, ob die
Verwirklichung eines Steueranspruchs unmöglich gemacht wird
oder noch weiter erschwert wird, als dies bereits durch die erfolgte
Hinterziehung geschehen ist (BGHR AO § 369 Abs. 1 Nr. 4 -
Begünstigung 1; vgl. auch BGH JR 1954, 349; Hübner in
Hübschmann/Hepp/Spitaler aaO; Philipowski aaO S. 136). Dies
war bei der vom Angeklagten unterstützten anonymisierten
Kapitalübertragung ins Ausland der Fall, weil durch die
Anonymisierung Herkunft und Verbleib des Gesamtbetrages weiter
verschleiert wurden und im Ausland eine Überprüfung
durch Steuerbehörden ohnehin ausgeschlossen ist.
Der Senat schließt jedoch aufgrund des vom Landgericht
festgestellten Sachverhalts aus, daß eine Verurteilung
tragende Feststellungen für einen
Begünstigungsvorsatz des Angeklagten getroffen werden
können. Insoweit reicht es nämlich nicht aus,
daß sich der Tatvorsatz darauf erstreckt, daß der
Haupttäter eine rechtswidrige Tat begangen hat. Vielmehr
muß die Absicht des Hilfeleistenden hinzukommen, dem
Vortäter die Vorteile der Tat zu sichern, ohne daß
dies allerdings der einzige Zweck des Tuns sein muß (vgl. nur
BGHSt 4, 107; Tröndle/Fischer, StGB 49. Aufl. § 257
Rdn. 9). Hier versuchte der über frühere
Steuerhinterziehungen seiner Kunden im einzelnen nicht informierte
Angeklagte jeweils zunächst, die Bankkunden dazu zu bewegen,
ihre Kapitalanlagen im Inland zu belassen. Vor diesem Hintergrund liegt
es eher fern, daß es dem Angeklagten bei dem jeweils dann
doch vorgenommenen Transfer gerade darauf ankam, hinsichtlich bereits
hinterzogener Steuern die Wiederherstellung eines
gesetzmäßigen Zustandes zu verhindern.
4. Der Rechtsfolgenausspruch hält dagegen rechtlicher
Nachprüfung teilweise nicht stand. Zwar ist die Strafzumessung
grundsätzlich Aufgabe des Tatrichters; sie unterliegt nur
einer begrenzten revisionsgerichtlichen Nachprüfung. Ein
Eingriff des Revisionsgerichts ist aber dann möglich, wenn die
Strafzumessungserwägungen in sich fehlerhaft sind oder wenn
sich die Strafe so weit nach oben oder unten von ihrer Bestimmung
löst, gerechter Schuldausgleich zu sein, daß sie
nicht mehr innerhalb des Spielraums liegt, der dem Tatrichter bei der
Strafzumessung eingeräumt ist (BGHSt 29, 319, 320). Zurecht
wendet sich die Staatsanwaltschaft angesichts der getroffenen
Feststellungen gegen eine Verwarnung mit Strafvorbehalt.
Darüber hinaus ist der Rechtsfolgenausspruch indes
rechtsfehlerfrei.
a) Bei der gegebenen Sachlage ist die unterbliebene Verhängung
von Freiheitsstrafen nicht zu beanstanden; dies läge
insbesondere bei gravierenderen Fällen durchaus nahe (vgl. z.
B. LG Bochum, Urteil vom 15. März 1999, teilweise abgedruckt
in NJW 2000, 1430). Angesichts der Besonderheiten des vorliegenden
Falles erscheinen auch die vom Landgericht gefundenen sehr milden
Einzelgeldstrafen sowie die Gesamtgeldstrafe gerade noch vertretbar.
Der geständige und nicht vorbestrafte Angeklagte hat
für seine Hilfeleistungen keinerlei persönliche
Vorteile erlangt; die hinterzogenen Steuern wurden zwischenzeitlich
nachgezahlt. Schließlich diente das Strafverfahren gegen den
Angeklagten von Anfang an auch der Herbeiführung einer
Grundsatzentscheidung über eine allgemein bedeutsame
Rechtsfrage durch den Bundesgerichtshof und war dabei - nicht zuletzt
aufgrund der besonderen öffentlichen Beachtung und der langen
Verfahrensdauer - für den Angeklagten mit erheblich
stärkeren Belastungen verbunden, als es bei Taten
vergleichbarer Schwere regelmäßig der Fall ist.
b) Hingegen liegen für eine Verwarnung mit Strafvorbehalt
weder die Voraussetzungen des § 59 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 StGB
noch diejenigen des § 59 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 StGB vor.
Entgegen der Auffassung des Landgerichts ist - auch unter
Berücksichtigung der Gesamtsituation des Angeklagten -
angesichts eines vom Angeklagten vorgenommenen Transfers von insgesamt
mehr als 2,3 Millio-
nen DM der Tatbeitrag des Angeklagten nicht als gering anzusehen. Zwar
hat der Angeklagte auf ein bereits vorhandenes Verschleierungssystem
zurückgreifen können. Nach den Urteilsfeststellungen
entwickelte er aber Eigeninitiative, die von seinen Vorgesetzten
gebilligt wurde. Die von dem Angeklagten vorgenommenen
Verschleierungshandlungen waren keine Einzelfälle. Sie
entsprachen einem System, das beim Geldtransfer über die
W- LB an deren Tochterunternehmen in Luxemburg und der Schweiz in einer
Vielzahl von Fällen anonymisierter Übertragung von
Anlagegeldern für Bankkunden angewendet wurde. Wie auch dem
Angeklagten aus intensiver Befassung mit dieser Frage bekannt war,
diente das System, das anläßlich der
Einführung der Zinsabschlagsteuer geschaffen wurde, der
Umgehung der gesetzgeberischen Maßnahmen, die das
Bundesverfassungsgericht zur Herstellung einer tatsächlichen
Besteuerungsgleichheit und zur Beseitigung des Vollzugsdefizits
gefordert hatte, welches zur Verfassungswidrigkeit der bisherigen
Besteuerung von Kapitalerträgen geführt hatte. Bei
dem Verhalten des Angeklagten, das nach den Urteilsfeststellungen nach
gewisser Zeit sogar in Routine überging, handelte es sich
daher nicht lediglich um ein "Kavaliersdelikt", sondern um ein
Vorgehen, das darauf abzielte, systematisch Bankkunden die Umgehung
steuerlicher Kontrollinstrumente zu erleichtern und damit das
gesetzgeberische Ziel - die Herstellung der Vollzugsgleichheit bei der
Kapitalertragsbesteuerung - zu vereiteln. Wird in derartigen
Fällen nicht zu einer Strafe verurteilt, so könnte in
der Bevölkerung der Eindruck entstehen, daß dem
durch § 370 AO geschützten Rechtsgut der Sicherung
des staatlichen Steueranspruchs, d. h. des rechtzeitigen und
vollständigen Steueraufkommens (vgl. BGHSt 36, 100, 102; 40,
109; 41, 1, 5; Kohlmann aaO § 370 AO Rdn. 9.6 m.w.N.), nur
geringe Bedeutung zukomme, was zu einer ernstlichen
Beeinträchtigung der Rechtstreue der Bevölkerung im
Bereich der Steuerehrlichkeit führen könnte.
5. Bei dieser Sachlage bedarf es einer Zurückverweisung der
Sache an das Landgericht zur erneuten Strafzumessung nicht; der Senat
erkennt vielmehr auf die bislang vorbehaltene Gesamtgeldstrafe durch
(§ 354 Abs. 1 StPO).
Harms Basdorf Gerhardt
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