BGH,
Urt. v. 10.4.2002 - 5 StR 485/01
5 StR 485/01
StGB §§ 130 Abs. 3, 5; 86 Abs. 3
Wer als Strafverteidiger in einem Verfahren wegen Volksverhetzung in
einem Beweisantrag den unter der Herrschaft des Nationalsozialismus an
den Juden begangenen Völkermord leugnet, macht sich damit
grundsätzlich seinerseits nach § 130 Abs. 3 StGB
strafbar. Eine derartige Erklärung ist
regelmäßig als verteidigungsfremdes Verhalten zu
bewerten, für das die Tatbestandsausschlußklausel
des § 86 Abs. 3 StGB (i.V.m. § 130 Abs. 5 StGB) nicht
gilt.
(Im Anschluß an BGHSt 46, 36)
BGH, Urt. v. 10. April 2002 - 5 StR 485/01 - LG Hamburg -
BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
vom 10. April 2002
in der Strafsache gegen
wegen Volksverhetzung u.a.
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofes hat in der Sitzung vom 10.
April 2002, an der teilgenommen haben: Vorsitzende Richterin Harms,
Richter Häger, Richter Basdorf, Richterin Dr. Gerhardt,
Richter Dr. Raum als beisitzende Richter, Oberstaatsanwalt beim
Bundesgerichtshof als Vertreter der Bundesanwaltschaft, Rechtsanwalt
als Verteidiger, Justizhauptsekretärin N , Justizangestellte R
als Urkundsbeamtinnen der Geschäftsstelle, für Recht
erkannt:
Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des
Landgerichts Hamburg vom 13. November 2000 mit den Feststellungen
aufgehoben.
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch
über die Kosten der Revision, an eine andere Strafkammer des
Landgerichts zurückverwiesen.
- Von Rechts wegen -
Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten vom Vorwurf der Volksverhetzung in
Tateinheit mit Beleidigung und mit Verunglimpfung des Andenkens
Verstorbener aus Rechtsgründen freigesprochen. Die vom
Generalbundesanwalt vertretene Revision der Staatsanwaltschaft hat mit
der Sachrüge Erfolg.
I.
Der Angeklagte, ein Rechtsanwalt, war als Strafverteidiger in der
Berufungsinstanz vor dem Landgericht Hamburg tätig. Sein
Mandant, für den er die Berufung führte, war vom
Amtsgericht wegen Volksverhetzung in Tateinheit mit Verleumdung und mit
Verunglimpfung des Andenkens Verstorbener zu sechs Monaten
Freiheitsstrafe verurteilt worden. Ihm wurde die
Veröffentlichung eines Artikels in einer rechtsradikalen
Druckschrift zur Last gelegt, in welchem die Massenvernichtung von
Juden unter der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft geleugnet
wurde.
1. In der öffentlichen Berufungshauptverhandlung stellte der
Angeklagte in seinem Schlußvortrag als Verteidiger drei
Hilfsbeweisanträge, deren Beweisbehauptungen dahin gingen, in
den Konzentrationslagern Auschwitz und Auschwitz-Birkenau seien keine
Menschen durch Giftgas getötet worden; die Lager seien keine
Vernichtungslager gewesen.
Zum Beweis beantragte der Angeklagte zunächst die Vernehmung
eines Sachverständigen, der bekunden sollte, daß
nach physikalisch-chemischen Erkenntnissen und
Rückschlüssen - zum einen das Fehlen von
Zyanid-Rückständen am Mauerwerk der als Gaskammern
anerkannten Lagergebäude betreffend, zum anderen die Wirkung
des Giftgases Zyklon B - eine Massenvernichtung von Juden in Auschwitz
nicht stattgefunden haben könne. Als Sachverständigen
benannte der Angeklagte den Chemiker G Ru ; dieser war, wie der
Angeklagte wußte, im Zusammenhang mit der Vorlage eines
entsprechenden Gutachtens rechtskräftig wegen Volksverhetzung
zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und zwei Monaten verurteilt
worden (Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 23. Juni 1995 - 17 KLs
83/94; rechtskräftig durch
Revisionsverwerfungsbeschluß des Bundesgerichtshofes vom 7.
März 1996 - 1 StR 18/96).
Ferner beantragte der Angeklagte die Inaugenscheinnahme alliierter
Luftaufnahmen und Urkundenverlesungen. Mit den Urkunden wollte er
insbesondere belegen, daß die genannten Konzentrationslager
nur "Arbeitslager" gewesen seien, in denen es nicht zur
planmäßigen Massenvernichtung von Menschen gekommen
sei.
2. Das Landgericht ist der Auffassung, der Angeklagte habe mit der
Stellung dieses Antrags den Tatbestand der Volksverhetzung in der
Variante des Leugnens der Massenvernichtung der Juden während
der NS-Herrschaft erfüllt. Da der Angeklagte den Antrag aber
zum Zwecke wirksamer Verteidigung seines Mandanten gestellt habe,
scheide eine Strafbarkeit wegen Volksverhetzung auch in der
abgeurteilten Tatbestandsvariante gemäß §
130 Abs. 5 i.V.m. § 86 Abs. 3 StGB aus; hinsichtlich einer
Strafbarkeit nach §§ 185, 189 StGB sei die Tat wegen
Wahrnehmung berechtigter Interessen gerechtfertigt (§ 193
StGB).
II.
Der Freispruch des Angeklagten hält sachlich-rechtlicher
Prüfung nicht stand.
1. Im Ausgangspunkt hat das Landgericht die Erfüllung der
angeklagten tateinheitlich verwirklichten Straftatbestände
allerdings zutreffend bejaht, insbesondere die des Vergehens der
Volksverhetzung in der speziellen Begehungsweise des § 130
Abs. 3 StGB.
a) Dieser mit dem Verbrechensbekämpfungsgesetz vom 28. Oktober
1994 (BGBl I 3186) eingeführte Tatbestand ist für
Fallgestaltungen der vorliegenden Art von zentraler Bedeutung (vgl. von
Bubnoff in LK 11. Aufl. § 130 Rdn. 46, 51;
König/Seitz NStZ 1995, 1, 3). Darin wird der (insbesondere) an
den Juden begangene Völkermord unter der
nationalsozialistischen Herrschaft, der historisch eindeutig belegt und
damit offenkundig ist (st. Rspr.; vgl. nur BVerfGE 90, 241, 249; BGHZ
75, 160; BGHSt 40, 97, 99; 46, 36, 46 f.; 46, 212, 216; BGHR StPO
§ 244 Abs. 3 Satz 2 Offenkundigkeit 1; BGHR StGB § 46
Abs. 1 Schuldausgleich 32), tatbestandlich vorausgesetzt. Vor dem
Hintergrund einer hiernach bestehenden besonderen historischen
Verantwortung Deutschlands sollen mit der Norm ausschließlich
bestimmte Negativäußerungen erfaßt werden
(vgl. dazu von Bubnoff aaO Rdn. 45). Das zur Störung des
öffentlichen Friedens geeignete öffentliche Billigen,
Leugnen oder Verharmlosen einer dieser Völkermordhandlungen
ist unter Strafe gestellt; dadurch soll rechtsextremistische
Propaganda, die zur Vergiftung des politischen Klimas geeignet ist,
verfolgt und verhindert werden (vgl. BGHSt 46, 36, 40; ferner BGHSt 46,
212, 218; von Bubnoff aaO Rdn. 43). Eine entsprechende
Friedensgefährdung haftet derartigen in die
Öffentlichkeit gebrachten Äußerungen
regelmäßig an. Sie tangieren nicht nur
Würde und Ansehen der Überlebenden sowie insbesondere
der Ermordeten und ihrer Angehörigen in einem für das
ganze Gemeinwesen unerträglichen Maße. Sie stellen
auch sonst eine Gefährdung für ein friedliches
Zusammenleben dar. Als Reaktion auf jenes nach Begehensweise,
Motivation und Ausmaß alle historischen Dimensionen
sprengende Verbrechensgeschehen aus der jüngeren deutschen
Geschichte erscheinen allein Einsicht und der unbedingte Wille
angemessen, jegliche Gefahr eines Wiederaufkeimens seiner Ursachen zu
bannen. Jede - zumal öffentliche - Kundgabe einer Einstellung,
die im diametralen Gegensatz hierzu steht, kann weithin nicht nur
berechtigte Empörung auslösen, sondern auch
verständliche Angst vor gefährlicher Ausbreitung
solcher Uneinsichtigkeit, die zudem eine nachhaltige
Beschädigung eines nur mühsam wiederherstellbaren
internationalen Ansehens zur Folge haben könnte.
b) Zwischen den einzelnen Handlungsvarianten der Strafnorm besteht ein
gewisses Gefälle (vgl. BGH NJW 2000, 2217, 2220, insoweit in
BGHSt 46, 36 nicht abgedruckt; dazu Stegbauer JR 2001, 37, 38). Dabei
fehlt es an einer klaren Trennschärfe zwischen den Varianten
des Billigens und des "qualitativen" Verharmlosens einerseits, des
(etwa nur partiellen) Leugnens und des "quantitativen" Verharmlosens
andererseits (dazu BGHSt 46, 36, 41 f.; Lenckner in
Schönke/Schröder, StGB 26. Aufl. § 130 Rdn.
19, 21).
Hier hat der Tatrichter rechtsfehlerfrei in der
Äußerung, mit der eine Massenvernichtung in den
für den Holocaust besonders kennzeichnenden
Konzentrationslagern Auschwitz und Auschwitz-Birkenau abgestritten
wurde (vgl. zu dem die Vorschrift des § 130 Abs. 3 StGB
schlagwortartig kennzeichnenden, indes problematischen Begriff
"Auschwitzlüge" Tröndle/Fischer, StGB 50. Aufl.
§ 130 Rdn. 20), die Handlungsmodalität des Leugnens
als erfüllt angesehen. Jedenfalls bei einer
Äußerung, die nicht - was tatbestandlich ausreichen
würde - nur eine begrenzte Völkermordhandlung,
sondern den gesamten Holocaust oder, wie hier, ein ihn kennzeichnendes
Teilgeschehen betrifft, kann es für den Vorsatz des
Angeklagten nicht auf die - vom Tatrichter berechtigterweise unvertieft
gelassene - Frage ankommen, ob ihm etwa abzunehmen wäre,
daß er die historisch unzweifelhafte Tatsache des
Vernichtungsgeschehens in Auschwitz in revisionistischer Verblendung
negiert. Der Gesetzgeber wollte mit der Strafnorm des § 130
Abs. 3 StGB gerade auch Unbelehrbaren begegnen (Stegbauer NStZ 2000,
281, 286 m. N.). Danach ist als vorsätzliches Leugnen im Sinne
dieses Tatbestandes das bewußte Abstreiten des
bekanntermaßen historisch anerkannten Holocaust ausreichend.
Eine "bewußte Lüge" wird nicht verlangt (so auch
Rudolphi in SK § 130 Rdn. 23; vgl. zur Vorsatzproblematik auch
Lenckner aaO Rdn. 20 m. w. N.). Deren Fehlen ist selbst für
die Strafzumessung ohne Bedeutung (vgl. BGHR StGB § 46 Abs. 1
Schuldausgleich 32).
Die tatbestandlichen Voraussetzungen öffentlicher
Äußerung in einer zur Störung des
öffentlichen Friedens genannten Weise hat der Tatrichter
angesichts der Antragstellung in einer öffentlichen
Hauptverhandlung wegen Volksverhetzung, die zudem tatsächlich
auch von Öffentlichkeit und Presse beobachtet wurde (UA S.
27), rechtsfehlerfrei als erfüllt angesehen. Eine
weitergehende Verbreitungsgefahr, wie sie in dem vom 1. Strafsenat
entschiedenen Fall der Volksverhetzung im Rahmen einer
Strafverteidigung festgestellt war (vgl. BGHSt 46, 36, 39, 42 f.), ist
insoweit nicht gefordert.
2. Sachlich-rechtlich zu beanstanden sind die Erwägungen, mit
denen das Landgericht dem Angeklagten einen
Tatbestandsausschluß nach § 130 Abs. 5, §
86 Abs. 3 StGB zugebilligt hat.
a) Allerdings gilt nach diesen Vorschriften eine
Äußerung, die sonst die Voraussetzungen des
§ 130 Abs. 3 StGB erfüllt, dann nicht als
tatbestandlich, wenn sie der Strafverteidigung dient; diese steht den
in § 86 Abs. 3 StGB ausdrücklich benannten Zwecken
(u.a. Wissenschaft, Forschung, [zeit]geschichtliche Berichterstattung)
gleich (BGHSt 46, 36, 43). Bei der Bestimmung der Reichweite dieser
Norm gebietet die Achtung der rechtsstaatlich geforderten
Gewährleistung einer effektiven Strafverteidigung - auch im
Blick auf Art. 12 GG - erhebliche Zurückhaltung bei
gerichtlicher Inhaltskontrolle von Verteidigerhandeln; dies
muß auch für die Abgrenzung von erlaubtem und
unerlaubtem Verteidigerverhalten gelten (vgl. BGHSt 46, 36, 43 ff. mit
zahlreichen Rechtsprechungsnachweisen). Im Rahmen einer solchen vom
Tatrichter (ersichtlich im Anschluß an BGH aaO S. 46) als
"Gradwanderung" bezeichneten Abgrenzung sind daher auch der Verwertung
des Indizes der objektiven Aussichtslosigkeit einer
Prozeßhandlung, deren Strafbarkeit oder Rechtfertigung durch
Verfolgung erlaubter Verteidigungsziele in Frage steht, gewisse Grenzen
gesetzt (vgl. nur - insoweit überaus weitgehend - BGHSt 31,
16, 20 ff.).
Der Tatbestandsausschluß kommt indes nicht zum Tragen, wenn
die Prozeßerklärung des Verteidigers ohne jeden
Bezug zur Verteidigung ist oder sich als verteidigungsfremdes Verhalten
erweist, das sich nur den äußeren Anschein der
Verteidigung gibt, tatsächlich aber nach den
Maßstäben des Strafverfahrensrechts und des
materiellen Strafrechts nichts zu solcher beizutragen vermag (BGHSt 46,
36, 45 m. w. N.). Verteidigungsfremdes Verhalten in diesem Sinne ist
nicht nur gegeben bei ausschließlich von
politisch-demonstrativem Charakter geprägten
Äußerungen mit beschimpfenden Formulierungen (dazu
BGH aaO S. 45 f.). Liegt, wie hier, die gewichtigere
Tatbestandsvariante des Leugnens vor, zudem bezogen auf den gesamten
Holocaust oder ein ihn kennzeichnendes Teilgeschehen, drängt
sich die Annahme verteidigungsfremden Verhaltens bei jeglichen
Äußerungen, auch im Rahmen von
Beweisanträgen, auf, da sie regelmäßig zur
Sachaufklärung oder rechtlichen Beurteilung im konkreten
Verfahren unter keinem denkbaren Gesichtspunkt etwas beizutragen
vermögen. Hierfür gilt der
Tatbestandsausschluß nach § 130 Abs. 5, §
86 Abs. 3 StGB grundsätzlich nicht.
b) Dem äußeren Anschein nach handelte es sich bei
der Hilfsbeweisantragstellung des Angeklagten um Verteidigerhandeln. An
diesen äußeren Anschein hat das Landgericht -
entsprechend der Auffassung des 1. Strafsenats für einen Fall
des Verharmlosens des Holocaust (BGH aaO) - auch für die hier
vorliegende gewichtigere Handlungsvariante des Leugnens den Grundsatz
des Tatbestandsausschlusses geknüpft. Es hat diesen Grundsatz
auch durchgreifen lassen, vornehmlich unter Berufung auf die sachliche
Gestaltung des Beweisantrags, der sich hierdurch von dem im Ergebnis
abweichend beurteilten Fall des 1. Strafsenats abhob, der einen
demonstrativ und polemisch gefaßten Beweisantrag zum
Gegenstand hatte (BGH aaO S. 38 f., 47).
Die vorliegenden Beweisanträge, die auf eine Beweiserhebung
darüber zielten, daß in den Konzentrationslagern
Auschwitz und Auschwitz-Birkenau keine Massenvernichtung von Juden in
Gaskammern stattgefunden hätte, waren indes sachlich
gänzlich aussichtslos. Derartige Anträge sind in
jeglichem Strafverfahren wegen Offenkundigkeit (des geschichtlich
unbezweifelbaren Gegenteils) als überflüssig
gemäß § 244 Abs. 3 Satz 2 StPO abzulehnen
(BGHSt 40, 97, 99; BGHR StPO § 244 Abs. 3 Satz 2
Offenkundigkeit 1; jeweils m. w. N.; st. Rspr.). Für den
möglichen Ausnahmefall einer Berufung auf präsente
Beweismittel (§ 245 Abs. 2 Satz 3 StPO) ist - ungeachtet des
Zitats der Norm in den Anträgen - nichts ersichtlich. Ein
etwaiger Grenzfall für die Ablehnung eines Beweisantrags wegen
Offenkundigkeit des Gegenteils der Beweistatsache, den der Angeklagte
in seiner Antragsbegründung (unter Berufung auf
Alsberg/Nüse/Meyer, Der Beweisantrag im Strafprozeß
5. Aufl. S. 567 ff.) darzutun bemüht war, lag schon angesichts
der ersichtlich mangelnden Eignung des benannten rechtskräftig
einschlägig bestraften Sachverständigen (vgl. BGHR
StPO § 74 Abs. 1 Satz 1 Befangenheit 4) gänzlich
fern. Die Anknüpfungstatsachen und Erwägungen, welche
die Aussichtslosigkeit der in Frage stehenden Beweisanträge
kennzeichneten, lagen für den Angeklagten als erfahrenen
Strafverteidiger in diesem Bereich auf der Hand (vgl. BGHSt 46, 36, 46).
Bei der schon danach bestehenden gänzlichen Aussichtslosigkeit
der Beweisanträge aufgrund des Ablehnungsgrundes der
Offenkundigkeit bedarf die Frage keiner Vertiefung, ob wegen der
unwiderleglichen Voraussetzung des (insbesondere) an den Juden
begangenen Völkermordes unter der Herrschaft des
Nationalsozialismus im Tatbestand des § 130 Abs. 3 StGB -
jedenfalls in Verfahren, die diesen Strafvorwurf betreffen - jegliche
Beweisanträge, die darauf abzielen, die essentiellen
Erscheinungsformen dieses Völkermordes zu negieren, bereits
unzulässig wären (§ 244 Abs. 3 Satz 1,
§ 245 Abs. 2 Satz 2 StPO; vgl. Stegbauer NStZ 2000, 281, 284
f.).
Jedenfalls ist die Aussichtslosigkeit eines Beweisantrags, mit dem der
Holocaust geleugnet wird, derart eklatant, daß in aller Regel
allein schon hierin - neben der Sachkundigkeit des ihn stellenden
Strafverteidigers - ein tragfähiges Indiz für
verteidigungsfremdes Verhalten zu finden ist. Ein
grundsätzlicher Ausschluß des Tatbestandes des
§ 130 Abs. 3 StGB für Verteidigerhandeln in einem
Strafverfahren wegen Volksverhetzung gemäß
§ 130 Abs. 5, § 86 Abs. 3 StGB, wie ihn der 1.
Strafsenat im Rahmen der Begründung und im Leitsatz seines
Urteils vom 6. April 2000 bezogen auf die Handlungsvariante des
Verharmlosens angenommen hat (BGHSt 46, 36), kommt daher in einem Fall,
in dem der Verteidiger einen wesentlichen Bestandteil des Holocaust
leugnet, nicht in Betracht.
c) Hier kommen zu der Aussichtslosigkeit des in Frage stehenden
Hilfsbeweisantrags, die zur Begründung einer Verurteilung
schon für sich ausreichte, noch weitere, vom Tatrichter
gleichfalls nicht zureichend ausgewertete Indizien hinzu, die der
Annahme erlaubten Verteidigerhandelns und eines daraus folgenden
Tatbestandsausschlusses widerstreiten.
Ein besonderer Umstand liegt schon in der Benennung des wegen
Volksverhetzung vorbestraften Sachverständigen Ru . Ferner
gleichen die in den Anträgen aufgeführten
Beweismittel und Schlußfolgerungen mindestens weitestgehend
den üblichen von "Revisionisten" vorgebrachten
Scheinargumenten. Hiermit versuchen diese immer wieder, die auf der
Grundlage von Zeugenaussagen aus den unterschiedlichen Lagern der
Opfer- und der Täterseite sowie von vielfältigen
eigenständigen und bestätigenden Sachbeweisen
zuverlässig ermittelte und dokumentierte historische Wahrheit
des Holocaust, insbesondere die massenhafte systematische Vernichtung
von Juden in den Gaskammern der Konzentrationslager Auschwitz und
Auschwitz-Birkenau, in Zweifel zu ziehen (vgl. nur Bastian, Auschwitz
und die "Auschwitz-Lüge" - Massenmord und
Geschichtsfälschung 1994 S. 69 ff.; Tiedemann, "In Auschwitz
wurde niemand vergast" - 60 rechtsradikale Lügen und wie man
sie widerlegt 1996 S. 133 ff.).
Aus dem Vorleben des entsprechendem revisionistischem Gedankengut
verhafteten Angeklagten fällt schließlich sein
Verhältnis zu seinem wegen Volksverhetzung angeklagten
Mandanten insofern auf, als er sich im Zusammenwirken mit diesem
bereits im Jahre 1993 wegen eines Vergehens nach § 86a StGB
strafbar gemacht hat.
3. Die Sache bedarf, da für eine Durchentscheidung auf einen
Schuldspruch schon aus grundsätzlichen Erwägungen
kein Raum ist (BGHR StGB § 339 Staatsanwalt 1 aE; vgl.
Kleinknecht/Meyer-Goßner, StPO 45. Aufl. § 354 Rdn.
23 m. w. N.), neuer tatrichterlicher Verhandlung und Entscheidung.
Harms Häger Basdorf
Gerhardt Raum |