BGH,
Urt. v. 10.11.2004 - 5 StR 403/04
5 StR 403/04
BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
vom 10. November 2004
in der Strafsache
gegen
1.
2.
3.
wegen versuchten schweren Raubes u. a.
- 2 -
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 10. No-
vember 2004, an der teilgenommen haben:
Richter Basdorf
als Vorsitzender,
Richter Häger,
Richterin Dr. Gerhardt,
Richter Dr. Raum,
Richter Dr. Brause
als beisitzende
Richter,
Oberstaatsanwalt beim Bundesgerichtshof
als Vertreter der
Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt I
als Verteidiger des Angeklagten
C
,
Rechtsanwalt K
als Verteidiger des
Angeklagten
L
,
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle,
- 3 -
für Recht erkannt:
Die Revisionen der
Staatsanwaltschaft gegen das Urteil
des Landgerichts Görlitz vom 4. Mai 2004 werden mit
der
Maßgabe verworfen,
daß der Angeklagte
C
in
Fall II 1 der Urteilsgründe
wegen Beihilfe zum versuchten
schweren Raub in Tateinheit mit versuchtem Diebstahl mit
Waffen verurteilt ist.
Die Kosten der Rechtsmittel und die hierdurch
den Ange-
klagten entstandenen notwendigen
Auslagen fallen der
Staatskasse zur Last.
- Von Rechts wegen -
G r ü n d e
Das Landgericht hat den Angeklagten
Ko
wegen versuch-
ten schweren Raubes und
wegen Diebstahls mit Waffen
in Tateinheit mit
Wohnungseinbruchdiebstahl zu
einer Gesamtfreiheitsstrafe von
drei Jahren
und sieben Monaten, den Angeklagten
C
wegen Beihilfe zum versuch-
ten schweren Raub und wegen Beihilfe zum Diebstahl mit Waffen
in Tatein-
heit mit Beihilfe zum
Wohnungseinbruchdiebstahl zu einer
Gesamtfreiheits-
strafe von zwei Jahren
und drei Monaten und
den Angeklagten
L
wegen Beihilfe zum versuchten
Diebstahl und wegen Beihilfe
zum Woh-
nungseinbruchdiebstahl zu einer
Gesamtfreiheitsstrafe von einem
Jahr und
sechs Monaten verurteilt. Mit
ihren auf die Sachr üge
gestützten Revisionen
r ügt die Staatsanwaltschaft,
daß die Angeklagten
C
und
L
jeweils nur als Gehilfen verurteilt worden sind.
Im Hinblick auf das
von den
Angeklagten
Ko
und
C
begangene Raubdelikt bean-
- 4 -
standet sie, daß die
Strafkammer insoweit einen
minder schweren Fall im
Sinne des § 250 Abs. 3
StGB angenommen hat. Die Rechtsmittel,
die vom
Generalbundesanwalt nicht vertreten
werden, haben keinen Erfolg.
Das Ur-
teil hält sachlich-rechtlicher Prüfung stand.
1. Es begegnet keinen
durchgreifenden Bedenken, daß
die Straf-
kammer die Angeklagten
C
und
L
im Fall II 1 nur wegen Beihil-
fe zum versuchten schweren
Raub bzw. zum versuchten
Diebstahl und im
Fall II 2 beide ebenfalls nur als Gehilfen verurteilt hat.
Mittäter ist, wer nicht nur fremdes Tun
fördert, sondern einen eigenen
Tatbeitrag der art in eine
gemeinschaftliche Tat einfügt, daß sein
Beitrag als
Teil der Tätigkeit des
anderen und umgekehrt dessen
Tun als Ergänzung
seines eigenen Tatanteils erscheint. Ob ein Beteiligter ein so
enges Verhält-
nis zur Tat hat, ist
nach den gesamten Umständen,
die von seiner Vorstel-
lung umfaßt sind, in
wertender Betrachtung zu beur
teilen. Wesentliche An-
haltspunkte können der Grad des eigenen Interesses am Tater
folg, der Um-
fang der Tatbeteiligung und die Tatherr
schaft oder wenigstens der Wille zur
Tatherrschaft sein (vgl. BGHSt 37,
289, 291 m.w.N.). In Grenzfällen hat der
Bundesgerichtshof dem Tatrichter für die ihm obliegende
Wertung einen Be-
urteilungsspielraum er öffnet. Läßt das
angefochtene Urteil erkennen, daß der
Tatrichter die genannten
Maßstäbe erkannt und den Sachverhalt
vollständig
gewürdigt hat, so kann das gefundene
Ergebnis vom Revisionsgericht auch
dann nicht als rechtsfehlerhaft
beanstandet werden, wenn eine
ander e tat-
r ichterliche Beurteilung
möglich gewesen wäre
(vgl. BGH NStZ 1984, 413,
414; 1985, 165; BGH NJW 1997, 3385, 3387; 2004, 3051, 3053 f.).
Gemessen an diesen
Maßstäben ist die Entscheidung
des Landge-
r ichts vertretbar, da die Strafkammer neben anderen Gesichtspunkten
insbe-
sondere auf die Rollenverteilung und den damit
einhergehenden Mangel an
Tatherrschaft bei den als
Beihilfe gewerteten Tatbeiträgen
abgestellt hat.
Daß eine abweichende
tatrichterliche Wertung, die sich am arbeitsteilig um-
- 5 -
gesetzten Ziel der Beuteerlangung ausrichtete,
nähergelegen hätte, berech-
tigt das Revisionsgericht noch nicht zum Eingreifen.
Im Fall II 1 holt der Senat die versehentlich unterbliebene (UA S. 23)
Ausurteilung des tateinheitlichen mittäterschaftlich
versuchten Diebstahls mit
Waffen bei dem Angeklagten
C
nach, was strafzumessungsrechtlich
ohne Auswirkung bleibt.
2. Es begegnet ebenfalls keinen Bedenken,
daß die Strafkammer in
Fall II 1 der Urteilsgründe im Hinblick auf die Angeklagten
Ko
und
C
einen minder schweren Fall des Raubes im Sinne
von § 250 Abs. 3
StGB angenommen hat.
Die Strafzumessung, zu der
auch die Frage gehört,
ob ein minder
schwerer Fall vorliegt, ist
grundsätzlich Sache des
Tatrichters. Es ist seine
Aufgabe, auf der Grundlage
des umfassenden Eindrucks, den
er in der
Hauptverhandlung von der Tat und der Persönlichkeit
des Täters gewonnen
hat, die wesentlichen entlastenden und belastenden Umstände
festzustellen
und gegeneinander abzuwägen. Welchen Umständen er
bestimmendes Ge-
wicht beimißt, ist im
wesentlichen seiner Beurteilung
überlassen (st. Rspr.;
vgl. nur BGHSt 3,
179; 24, 268; BGHR
StGB § 177 Abs.
5 Strafrahmen-
wahl 2 m.w.N.). Das Revisionsgericht darf die Gesamtwürdigung
nicht selbst
vornehmen, sondern nur nachprüfen, ob dem
Tatrichter bei seiner Entschei-
dung ein Rechtsfehler
unterlaufen ist (vgl. BGHSt
29, 319, 320; BGH StV
2002, 20; BGH, Ur t. vom 26. Juni 2001 - 5 StR 151/01). Das ist hier
nicht der
Fall. Nach dem aufgezeigten
Prüfungsmaßstab zeigen
auch die
- 6 -
Einzelausführungen der
Revisionen keinen Rechtsfehler
auf. Das Landge-
r icht hat sich ersichtlich bei
beiden Angeklagten - wenngleich die Urteilsbe-
gründung, den Gehilfen
C
betreffend, etwas mißverständlich gefaßt
ist
( UA S. 26 f.) - maßgeblich vom Vor liegen
des vertypten Milderungsgrundes
des Versuchs leiten lassen.
Basdorf
Häger
Gerhardt
Raum
Br ause |