BGH,
Urt. v. 11.3.2010 - 4 StR 473/09
BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
Urteil
4 StR 473/09
vom
11. März 2010
in der Strafsache
gegen
wegen nachträglicher Anordnung der Sicherungsverwahrung
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Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 11.
März 2010, an der teilgenommen haben:
Vorsitzende Richterin am Bundesgerichtshof
Dr. Tepperwien,
Richter am Bundesgerichtshof Athing, Richterin am Bundesgerichtshof
Solin-Stojanović,
Richter am Bundesgerichtshof Dr. Ernemann,
Dr. Mutzbauer als beisitzende Richter,
Richter am Amtsgericht als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
als Verteidiger,
Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,
für Recht erkannt:
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1. Die Revision der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil der Strafkammer
des Landgerichts Bochum bei dem Amtsgericht Recklinghausen vom 27. Mai
2009 wird verworfen.
2. Die Kosten des Rechtsmittels und die dem Verurteilten dadurch
entstandenen notwendigen Auslagen trägt die Staatskasse.
Von Rechts wegen
Gründe:
Das Landgericht hat es abgelehnt, gegen den Verurteilten
gemäß § 66 b StGB nachträglich die
Unterbringung in der Sicherungsverwahrung anzuordnen. Hiergegen wendet
sich die Revision der Staatsanwaltschaft mit der Sachrüge. Das
Rechtsmittel bleibt ohne Erfolg.
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I.
1. Der heute 51jährige Verurteilte ist bereits vielfach wegen
Körperverletzungs-, Eigentums- und
Straßenverkehrsdelikten vorgeahndet. Er wurde unter anderem
durch Urteil des Landgerichts Karlsruhe vom 19. Februar 1990 wegen
versuchten Totschlags zu einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren
verurteilt. Der Verurteilung lag zu Grunde, dass der Verurteilte nach
einer Geburtstagsfeier in alkoholisiertem Zustand einem anderen Gast
aus Verärgerung zwei Messerstiche versetzt hatte, weil dieser
unbefugt sein Kraftfahrzeug benutzt und dieses dabei
beschädigt hatte. Weiterhin wurde er durch (Berufungs-) Urteil
des Landgerichts Freiburg vom 9. September 1997 wegen
Betäubungsmittelstraftaten zu
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einer (Gesamt-) Freiheitsstrafe von zwei Jahren und drei Monaten
verurteilt. Gegenstand dieser Verurteilung war, dass der Verurteilte
bei vier Beschaffungsfahrten zwischen Juli und Oktober 1996 in den
Niederlanden insgesamt 246 g Heroin erworben und nach Deutschland
eingeführt hatte. Das Heroin überließ er
zum Teil seiner damaligen heroinabhängigen
Lebensgefährtin, teilweise verkaufte er es weiter.
2. Am 20. Juni 2000 verurteilte das Landgericht Bochum den Verurteilten
im Anlassverfahren wegen schweren sexuellen Missbrauchs eines Kindes in
Tateinheit mit Vergewaltigung, Entziehung einer Minderjährigen
und versuchter Nötigung zu einer Freiheitsstrafe von vier
Jahren. Gleichzeitig ordnete es seine Unterbringung in einem
psychiatrischen Krankenhaus gemäß § 63 StGB
an. Nach den Feststellungen fuhr der Verurteilte - nicht
ausschließbar unter Wirkung eines nicht ermittelten Stoffes,
den ihm unbekannt gebliebene Personen zuvor
eingeflößt hatten - am 17. September 1998 mit seinem
Kraftfahrzeug von F. nach C. . Dort sprach er auf der Straße
ein 8jähriges Mädchen an und zog es in sein Fahrzeug.
Anschließend fuhr er mit dem Kind in ein Waldgelände
und erzwang sexuelle Handlungen, in deren Verlauf er sich von dem Kind
oral befriedigen ließ.
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Während der Tatausführung war die
Steuerungsfähigkeit des Angeklagten auf Grund einer
psychischen Störung, möglicherweise gesteigert durch
den ihm zuvor eingeflößten Stoff, erheblich
vermindert. Hierzu hat das Landgericht ausgeführt:
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Der Angeklagte hat eine Persönlichkeitsstörung vom
sogenannten Borderline-Typ, sie zeigt sich
schwerpunktmäßig in dissozialem Verhalten. Ihm
gelingt es nicht, soziale Regeln zu internalisieren und nach ihnen zu
handeln. Bei ihm besteht daneben, insoweit auch für das
Syndrom typisch, eine sexuelle Präferenz für
heterosexuell pädophile Betätigung mit ent-
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sprechenden Triebinspirationen. Sexuelle und destruktive Impulse
können sein Kontrollvermögen im Einzelfall so stark
belasten, dass er bei entsprechenden Reizen und einem sexuellen Drang
nur vermindert in der Lage ist, nach seiner gewonnenen Einsicht zu
handeln.
Zur Unterbringung nach § 63 StGB führte das
Landgericht aus, es sei auf Grund des festgestellten
psychopathologischen Befundes zu erwarten, dass der Verurteilte bei
Hinzutreten weiterer Umstände, wie sexueller Reize, auch in
Zukunft erhebliche Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung
begehen werde.
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3. Der Verurteilte verbüßte zunächst einen
Strafrest aus der Verurteilung des Landgerichts Freiburg vom 9.
September 1997. Ab dem 2. Juli 2001 befand er sich im
Maßregelvollzug, zuletzt in der Klinik N. in W. . Mit
Beschluss vom 24. Januar 2007 erklärte die
Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Koblenz die durch das Urteil
des Landgerichts Bochum vom 20. Juni 2000 angeordnete Unterbringung in
einem psychiatrischen Krankenhaus für erledigt. Das
Landgericht Koblenz war dem Gutachten des gehörten
Sachverständigen folgend zu dem Ergebnis gelangt, dass bei dem
Verurteilten zwar (weiterhin) eine kombinierte
Persönlichkeitsstörung mit dissozialen,
narzisstischen, emotional instabilen und schizoiden Elementen vorliege
sowie eine Störung der Sexualpräferenz vom
Prägnanztyp der Pädophilie als heterosexuell
pädophile Nebenströmung. Zum Tatzeitpunkt sei jedoch
weder Schuldunfähigkeit noch eine (erheblich) verminderte
Schuldfähigkeit gegeben gewesen, so dass eine Fehleinweisung
vorliege. Zudem sei zu beachten, dass es sich um eine erstmalige
Straftat des Verurteilten gegen die sexuelle Selbstbestimmung gehandelt
habe, so dass zum Urteilszeitpunkt zwar die Möglichkeit, nicht
jedoch die Wahrscheinlichkeit weiterer Straftaten gegen die sexuelle
Selbstbestimmung bestanden habe. Gleichzeitig entschied die
Strafvollstreckungskammer, dass die Vollstreckung des Strafrestes nicht
gemäß
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§ 57 StGB zur Bewährung ausgesetzt werden
könne. Es seien zwar keine Straftaten gegen die sexuelle
Selbstbestimmung zu erwarten, wohl aber Straftaten gegen das Eigentum,
die Gesundheit und das Leben. Vor der Entlassung des Verurteilten in
die Freiheit sei zunächst noch ein Aufenthalt in einem
strukturierten, gesicherten Lebensbereich wie dem Strafvollzug
erforderlich.
Seit dem 1. März 2007 befand sich der Verurteilte zur
Verbüßung des Strafrestes aus dem Urteil des
Landgerichts Bochum vom 20. Juni 2000 in Strafhaft. Am 19. Juli 2008
hatte er die Strafe voll verbüßt. Im Anschluss
befand er sich auf Grund des Unterbringungsbefehls des Landgerichts
Bochum vom 27. Juni 2008 in Sicherungshaft.
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II.
Das Urteil hält sachlich-rechtlicher Prüfung stand.
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1. Das Landgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass eine
Anordnung der nachträglichen Sicherungsverwahrung
gemäß § 66 b Abs. 3 StGB nach der
Entscheidung des Großen Senats des Bundesgerichtshofs in
Strafsachen vom 7. Oktober 2008 (BGHSt 52, 379 ff.) nicht in Betracht
kommt, da der Verurteilte nach Erklärung der Erledigung der
Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus (§ 67 d
Abs. 6 StGB) noch Freiheitsstrafe zu verbüßen hatte,
auf die zugleich mit der Unterbringung erkannt worden war.
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2. Die danach allein in Betracht kommende Anordnung der
Maßregel nach § 66 b Abs. 1 Satz 1 StGB hat es
ebenfalls rechtsfehlerfrei verneint.
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a) Nach den vom Landgericht als nachvollziehbar und
überzeugend gewerteten Ausführungen der drei
angehörten Sachverständigen liegt bei dem
Verurteilten (weiterhin) eine kombinierte
Persönlichkeitsstörung mit dissozialen, emotional
instabilen borderline-typischen, narzisstischen und schizoiden Antei-
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len vor, die sich unter anderem in einer Kontrollschwäche von
Impulsen und Affekten sowie der Unfähigkeit zu konstanter
sozialer Integration manifestiert. Zudem besteht bei ihm eine
Störung der Sexualpräferenz im Sinne einer
pädophilen Nebenströmung. Als zusätzliche
(neue) Diagnose wurde eine organische wahnhafte schizoide
Störung im Sinne des ICD 10 F 06.2 (so die
Sachverständigen Dr. T. und B. ) bzw. eine subkortikale
vaskuläre Demenz gemäß ICD 10 F 01.2 (so
die Sachverständige Dr. L. ) festgestellt, die sich im Laufe
der Jahre schleichend entwickelt hat und die als Auslöser
dafür in Betracht kommt, dass der Verurteilte nunmehr auf
Grund wahnhafter Störungen im Sinne eines
Größenwahns der Auffassung ist, er habe die
mathematische „Weltformel“ erfunden.
Die Sachverständigen sind übereinstimmend zu der
Einschätzung gelangt, dass bei dem Verurteilten auf Grund der
bisher diagnostizierten Störungen - ungeachtet des
zusätzlich festgestellten Befundes - weiterhin mit hoher
Wahrscheinlichkeit gleiche oder ähnliche Taten wie bisher von
ihm begangen zu erwarten seien. Zu der neu diagnostizierten
Störung haben die Sachverständigen Dr. T. und B.
ausgeführt, dass aus ihr nicht notwendig der Schluss auf eine
erhöhte Gefährlichkeit zu ziehen sei. Jedoch sei die
Prognose auf Grund des Wahns durch das Hinzutreten einer weiteren
Diagnose als ungünstiger einzuschätzen. Die
Sachverständige Dr. L. hat hierzu die Auffassung vertreten,
die neu hinzugetretene Diagnose berge nicht per se die Gefahr einer
erhöhten Bereitschaft zu Gewaltdelikten, vielmehr sei die
kriminelle Relevanz eher als insgesamt gering einzuschätzen.
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b) Das Landgericht hat jedoch - ungeachtet der danach fortbestehenden
Gefährlichkeit des Verurteilten - die Anordnung der
nachträglichen Sicherungsverwahrung mangels Vorliegens
„neuer“ Tatsachen im Sinne des § 66 b Abs.
1 Satz 1 StGB abgelehnt.
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In diesem Zusammenhang hat es ausdrücklich bedacht, dass es
nach der Entscheidung des Großen Senats des
Bundesgerichtshofs in Strafsachen vom 7. Oktober 2008 in den
Fällen, in denen eine Anordnung nach § 66 b Abs. 3
StGB wegen eines noch zu vollstreckenden Strafrestes aus der
Anlassverurteilung nicht in Betracht kommt, für die Annahme
neuer Tatsachen im Sinne des § 66 b Abs. 1 Satz 1 StGB
genügt, dass die fortbestehende (qualifizierte)
Gefährlichkeit aus anderen Tatsachen hergeleitet werden kann
als aus denjenigen, die im Anlassurteil zur Begründung des
länger andauernden Zustands herangezogen wurden, der zur
positiven Feststellung erheblich verminderter Schuldfähigkeit
bei Tatbegehung (§ 21 StGB) und zur Anordnung nach §
63 StGB führte (BGHSt 52, 379, 390 f.). Ebenfalls hat es
hervorgehoben, dass es danach ohne Bedeutung ist, ob diese Tatsachen
dem damaligen Tatrichter bekannt waren oder bekannt sein mussten.
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Derartige prognoserelevante Tatsachen hat das Landgericht indes nicht
festzustellen vermocht.
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Es ist hierbei - nach Durchführung einer umfangreichen
Beweisaufnahme - zu dem Ergebnis gelangt, dass sich aus den dem
Verurteilten in einem früheren nach § 154 Abs. 2 StPO
eingestellten Verfahren zur Last gelegten Taten keine Tatsachen
ergeben, die den Schluss auf eine Gefährlichkeit des
Verurteilten rechtfertigen könnten. Auch dem Verhalten des
Verurteilten im Maßregelvollzug hat es nach
sorgfältiger Prüfung, insbesondere unter
Berücksichtigung der Vollzugssituation (vgl. hierzu Senat,
Beschl. vom 12. Januar 2006 - 4 StR 485/05; Urt. vom 19. Januar 2006 -
4 StR 393/05) und des Erfordernisses, dass die
„neuen“ Tatsachen im Sinne des § 66 b Abs.
1 Satz 1 StGB eine gewisse Erheblichkeitsschwelle
überschreiten müssen (vgl. Senat aaO sowie BGH,
Beschl. vom 22. 1. 2009 - 1 StR 618/08), weder für sich
gesehen noch im Rahmen einer Gesamtschau das für eine
Anordnung nach § 66 b Abs. 1 StGB
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erforderliche Gewicht zugemessen. Schließlich hat das
Landgericht auch geprüft, ob die nunmehr festgestellte, sich
seit mehreren Jahren entwickelnde organische wahnhafte Störung
bzw. Demenzerkrankung des Verurteilten die Anordnung der
nachträglichen Sicherungsverwahrung rechtfertigen kann. Es hat
dies unter Hinweis auf Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH,
Beschl. vom 9. Januar 2007 - 1 StR 605/06) mit der Begründung
verneint, dass eine im Strafvollzug aufgetretene psychische Erkrankung
des Verurteilten für sich genommen die nachträgliche
Anordnung der Sicherungsverwahrung gemäß §
66 b StGB regelmäßig nicht begründen kann.
Die abstrakte Eignung der Diagnose für eine erhöhte
Gefährlichkeit genüge nicht. Erforderlich sei
vielmehr, dass sich die Erkrankung während der Strafhaft in
einer für die Gefährlichkeitsprognose relevanten
Weise im Verhalten des Verurteilten ausgedrückt hat (vgl. BGH
aaO). Dies sei hier nicht der Fall. Der Verurteilte sei von den als
Zeugen vernommenen Vollzugsbediensteten der Justizvollzugsanstalt B. ,
in der er seit mehr als zwei Jahren inhaftiert war, als ruhig,
zugänglich, freundlich und offen charakterisiert worden.
Während der gesamten Haftzeit sei es nicht zu
Gewalttätigkeiten, Aggressionen oder erheblichen
Auseinandersetzungen zwischen dem Verurteilten und Mitarbeitern oder
Mitgefangenen gekommen. Auch auf Bemerkungen zu der von ihm
entwickelten „Urformel“ bzw.
„Weltformel“ habe er ruhig und sachlich reagiert.
c) All dies lässt Rechtsfehler nicht erkennen. Solche deckt
auch die Beschwerdeführerin nicht auf.
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Entgegen der Auffassung der Revision sind die Urteilsfeststellungen zu
der von den Sachverständigen zusätzlich
festgestellten organischen wahnhaften Störung bzw.
Demenzerkrankung weder lückenhaft noch
widersprüchlich. Soweit die Beschwerdeführerin
weitergehende Feststellungen zu deren Auswirkungen und Relevanz
für die zu treffende Prognoseentscheidung vermisst,
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kann sie mit der Sachrüge nicht gehört werden. Hierzu
hätte es gegebenenfalls der Erhebung einer
Verfahrensrüge in Form einer Aufklärungsrüge
bedurft.
Die Urteilausführungen lassen auch nicht besorgen, dass das
Landgericht bei der Beurteilung der Frage, ob Tatsachen im Sinne des
§ 66 b Abs. 1 Satz 1 StGB vorliegen, einen von den
Grundsätzen der Entscheidung des Großen Senats des
Bundesgerichtshofs in Strafsachen vom 7. Oktober 2008 abweichenden
Maßstab angelegt hat. Das Landgericht hat
ausdrücklich klargestellt, dass es bei der hier zu
beurteilenden Konstellation ohne Bedeutung ist, ob die in Betracht
kommenden Umstände dem ursprünglichen Tatrichter
bekannt waren oder bei pflichtgemäßer Beachtung der
Aufklärungspflicht hätten bekannt sein
müssen. Es hat im Weiteren entsprechend den Vorgaben des
Großen Senats für Strafsachen geprüft, ob
die Gefährlichkeit des Verurteilten aus anderen Tatsachen
herzuleiten ist als denjenigen, die im Ausgangsurteil zur
Begründung der erheblich verminderten Schuldfähigkeit
und Anordnung der Unterbringung nach § 63 StGB
geführt haben. Dies hat es mit rechtsfehlerfreier
Begründung verneint. Dass das Landgericht dabei - wie die
Revision meint - die zuvor im Rahmen der Feststellungen zur Person im
Urteil ausführlich dargestellte bisherige
Lebensführung des Verurteilten und seine
Straffälligkeit aus dem Blick verloren hat, kann
ausgeschlossen werden.
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3. Da sich das Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft als
unbegründet erweist, bestand für den Senat mit Blick
auf das Urteil des Europäischen Gerichtshofs für
Menschenrechte vom 17. Dezember 2009 in der Rechtssache M. gegen
Bundesrepublik Deutschland (Individualbeschwerde Nr. 19359/04) kein
Anlass, von einer Entscheidung solange abzusehen, bis der
Europäische Gerichtshof für Menschenrechte die Frage
des Strafcharakters von Sicherungsverwahrung endgültig im
Sinne des Art. 44 MRK entschieden hat (vgl. hierzu Senatsbeschluss vom
11. Februar 2010 - 4 StR 577/09).
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Tepperwien Athing Solin-Stojanović
Ernemann Mutzbauer |