BGH,
Urt. v. 12.12.2001 - 3 StR 303/01
StGB §§ 15, 22
1. Bewirkt der Täter, der nach seiner Vorstellung vom
Tatablauf den Taterfolg erst durch eine spätere Handlung
herbeiführen will, diesen tatsächlich bereits durch
eine frühere, so kommt eine Verurteilung wegen
vorsätzlicher Herbeiführung des Taterfolgs
über die Rechtsfigur der unerheblichen Abweichung des
tatsächlichen vom vorgestellten Kausalverlauf nur in Betracht,
wenn der Täter bereits vor der Handlung, die den Taterfolg
verursacht, die Schwelle zum Versuch überschritten hat oder
sie zumindest mit dieser Handlung überschreitet.
2. Beabsichtigt der zur Tötung eines anderen entschlossene
Täter, das Opfer beim ersten Angriff nur
verteidigungsunfähig zu machen, die eigentliche
Tötungshandlung dagegen erst nach einem genau geplanten
mehraktigen Geschehensablauf in größerem
örtlichen und zeitlichen Abstand auszuführen, so
liegt in dem ersten Angriff jedenfalls dann noch kein unmittelbares
Ansetzen zum Tötungsdelikt im Sinne des § 22 StGB,
wenn nach seinem Tatplan innerhalb des zum Taterfolg führenden
Gesamtgeschehens auch Handlungsschritte vorgesehen sind, die in keinem
inneren Zusammenhang mit der Tötung stehen und durch den
vorherigen Tod des Tatopfers vereitelt würden.
BGH, Urt. vom 12. Dezember 2001 - 3 StR 303/01 - LG Lübeck
BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
3 StR 303/01
vom
12. Dezember 2001
in der Strafsache gegen
wegen Mordes
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofes hat in der Sitzung vom 12.
Dezember 2001, an der teilgenommen haben: Vorsitzender Richter am
Bundesgerichtshof Prof. Dr. Tolksdorf, Richterin am Bundesgerichtshof
Dr. Rissing-van Saan, die Richter am Bundesgerichtshof Pfister, von
Lienen, Becker als beisitzende Richter, Oberstaatsanwalt beim
Bundesgerichtshof als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwältin, Rechtsanwalt als Verteidiger, Rechtsanwalt als
Nebenklägervertreter, Justizangestellte als Urkundsbeamtin der
Geschäftsstelle, für Recht erkannt:
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts
Lübeck vom 22. Dezember 2000 mit den Feststellungen aufgehoben.
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch
über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer
des Landgerichts zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Mordes an seiner Ehefrau zu
einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt. Die Revision des
Angeklagten rügt die Verletzung formellen und materiellen
Rechts. Die Verfahrensrügen sind unbegründet im Sinne
des § 349 Abs. 2 StPO. Jedoch hat das Rechtsmittel mit der
Sachrüge Erfolg.
1. Das Landgericht hat sich aufgrund zahlreicher Indizien
rechtsfehlerfrei davon überzeugt, daß der Angeklagte
seine Ehefrau am 6. Januar 1999 zu einem nicht näher
bestimmbaren Zeitpunkt zwischen 13.30 und 20.00 Uhr getötet
hat. Es hat jedoch, insbesondere weil die Leiche des Tatopfers und
Tatspuren nicht gefunden worden sind, keine näheren
Feststellungen zum eigentlichen Tötungsgeschehen treffen
können. Insofern hat es lediglich die Überzeugung
gewonnen, daß der Angeklagte entweder seine Ehefrau im Haus
der Familie töten und die Leiche dann an einem anderen Ort
verbergen wollte oder daß er beabsichtigte, seine Ehefrau im
Haus nur widerstandsunfähig zu machen, sie dann an einen
anderen Ort zu transportieren und sie dort zu töten. Auf
dieser Grundlage hat es sodann in Tatsachenalternativität
sechs verschiedene Möglichkeiten des Tathergangs - teilweise
mit Untervarianten - festgestellt. Das Landgericht ist der Auffassung,
daß sämtliche dieser Varianten die Verurteilung des
Angeklagten wegen Mordes (Mordmerkmal der niedrigen
Beweggründe) tragen. Dies hält rechtlicher
Überprüfung nicht stand, weil der Sachverhalt der
fünften Tatvariante eine Verurteilung des Angeklagten wegen
eines vorsätzlichen Tötungsdelikts nicht
zuläßt. Diese lautet, soweit hier von Bedeutung, wie
folgt (UA S. 34):
"Der Angeklagte fesselte und/oder knebelte und/oder betäubte
C. in dem Bewußtsein und mit dem Willen, sie später
zu töten, und verbrachte sie im Kofferraum des BMW, eventuell
nach dem Umladen in den Ford Mondeo mit diesem Fahrzeug an einen Ort,
führte die beabsichtigte Tötung dann nicht mehr aus,
weil sie bereits vor, während oder nach dem Verbringen
entgegen seinem Plan ohne sein weiteres gewolltes Zutun verstorben war
und verbarg die Leiche..."
Im Rahmen der Beweiswürdigung erörtert das
Landgericht insoweit die Möglichkeit, daß das
Tatopfer vor, während oder nach dem Transport aus "Furcht,
Sauerstoffmangel oder ähnlichen Widrigkeiten" ohne weiteres
Zutun des Angeklagten im Kofferraum verstorben sein könnte (UA
S. 196/197). Bei der rechtlichen Würdigung dieser
Sachverhaltsvariante bezieht das Landgericht seine Erwägungen
auf die Konstellation, daß das "Opfer vor dem Transport durch
eine Unachtsamkeit beim Einladen des Körpers in den BMW,
während des Transports im engen Kofferraum infolge panischer
Angst, Luftmangel oder dergleichen" verstorben sein könnte (UA
S. 215).
Das Landgericht ist der Ansicht, der Angriff auf das Leben des
Tatopfers im Sinne eines unmittelbaren Ansetzens zur Tat habe auch in
dieser Tatvariante bereits "mit dem Fesseln und/oder Knebeln und/oder
Betäuben begonnen" und, lediglich durch den nach dem Tatplan
notwendigen Transport unterbrochen, so schnell wie möglich in
den Tod einmünden sollen, so daß eine unmittelbare
Gefährdung des Lebens des Opfers wegen des "unentwegt
vorhandenen und schon teilweise umgesetzten Tatvorsatzes" gegeben
gewesen sei. Es stelle keine wesentliche Abweichung des
tatsächlichen von dem vom Angeklagten vorgestellten
Kausalverlauf dar, daß das Opfer bereits vor Erreichen des
Ziels der Fahrt verstarb (UA S. 214/215).
2. Hiergegen wendet sich die Revision im Ergebnis mit Erfolg.
a) Bewirkt der Täter, der nach seiner Vorstellung vom
Tatablauf den Taterfolg erst durch eine spätere Handlung
herbeiführen will, diesen tatsächlich bereits durch
eine frühere, so kommt eine Verurteilung wegen
vorsätzlicher Herbeiführung des Taterfolgs
über die Rechtsfigur der unerheblichen Abweichung des
tatsächlichen vom vorgestellten Kausalverlauf nur dann in
Betracht, wenn er bereits vor der Handlung, die den Taterfolg
verursacht, die Schwelle zum Versuch überschritten hat oder
sie zumindest mit dieser Handlung überschreitet (vgl. RG DStR
1939, 177, 178; BGH GA 1955, 123, 124; Roxin Strafrecht AT I 3. Aufl.
§ 12 Rdn. 170; Stratenwerth Strafrecht AT I 4. Aufl.
§ 8 Rdn. 94; Maurach/Zipf Strafrecht AT I 8. Aufl. §
23 Rdn. 36; Cramer/Sternberg-Lieben in
Schönke/Schröder, StGB 26. Aufl. § 15 Rdn.
58; Puppe in NK-StGB 2. Lfg. 1995 § 15 Rdn. 143). Denn
Handlungen im Vorbereitungsstadium mögen zwar der Umsetzung
des Tatplans dienen, setzen nach der Vorstellung und dem Willen des
Täters aber noch nicht den unmittelbar in die Tatvollendung
einmündenden Kausalverlauf in Gang, so daß sich
mangels eines rechtlich relevanten Vorsatzes die Frage einer
(wesentlichen oder unwesentlichen) Abweichung des
tatsächlichen vom vorgestellten Kausalverlauf nicht stellt.
Wird der Taterfolg schon durch eine Vorbereitungshandlung bewirkt,
kommt daher nur eine Verurteilung wegen fahrlässiger
Verursachung dieses Erfolgs in Betracht.
b) Nach den vom Landgericht zur fünften Tatvariante
getroffenen Feststellungen zum Kerngeschehen der Tat ist es nicht
ausgeschlossen, daß der Angeklagte den Tod seiner Ehefrau
bereits durch einen Angriff im Wohnhaus der Familie verursachte, mit
dem er die Schwelle zum Versuch einer vorsätzlichen
Tötung noch nicht überschritt.
Gemäß § 22 StGB liegt der Versuch einer
Straftat vor, sobald der Täter nach seiner Vorstellung von der
Tat zur Verwirklichung des Tatbestandes unmittelbar ansetzt. Dies ist
nicht erst dann der Fall, wenn er bereits eine der Beschreibung des
gesetzlichen Tatbestandes entsprechende Handlung vornimmt bzw. ein
Tatbestandsmerkmal verwirklicht. Auch eine frühere,
vorgelagerte Handlung kann bereits die Strafbarkeit wegen Versuchs
begründen. Dies gilt aber nur dann, wenn sie nach der
Vorstellung des Täters bei ungestörtem Fortgang ohne
Zwischenakte in die Tatbestandsverwirklichung unmittelbar
einmündet oder mit ihr in unmittelbarem räumlichen
und zeitlichen Zusammenhang steht (s. etwa BGHSt 26, 201, 203; 28, 162,
163; 31, 178, 181; 37, 294, 297 f.; BGH NStZ 2001, 415, 416). Diese
abstrakten Maßstäbe bedürfen angesichts der
Vielzahl denkbarer Sachverhaltsgestaltungen jedoch stets der wertenden
Konkretisierung unter Beachtung der Umstände des Einzelfalles.
Hierbei können etwa die Dichte des Tatplans oder der Grad der
Rechtsgutsgefährdung, der aus Sicht des Täters durch
die zu beurteilende Handlung bewirkt wird, für die Abgrenzung
zwischen Vorbereitungs- und Versuchsstadium Bedeutung gewinnen (vgl.
BGHSt 30, 363, 364; 35, 6, 9; 40, 257, 269; BGH NJW 1980, 1759 f.; NStZ
1983, 462; 1987, 20; BGHR StGB § 22 Ansetzen 11).
In der fünften Tatvariante stellt das Landgericht
mögliche Tatabläufe fest, bei denen die Ehefrau des
Angeklagten durch eine Handlung zu Tode kam, die nach diesen
Grundsätzen noch als Vorbereitung der vom Angeklagten
beabsichtigten Tötung zu bewerten ist.
aa) Nach dieser Tatalternative ist zu Gunsten des Angeklagten davon
auszugehen, daß seine Ehefrau bereits in Folge seines ersten
Zugriffs durch die Fesselung, die Knebelung oder den Einsatz des
Betäubungsmittels verstarb, ohne daß der Angeklagte
dies gewollt oder bemerkt hätte. Diese Möglichkeit
wird durch die Erwägungen des Landgerichts im Rahmen der
Beweiswürdigung und der rechtlichen Würdigung nicht
ausgeschlossen. Soweit es dort darlegt, das Tatopfer könne aus
"Furcht, Sauerstoffmangel oder ähnlichen Widrigkeiten" im
Kofferraum oder aus Unachtsamkeit beim Einladen verstorben sein, hat es
damit nicht weitere denkbare Todesursachen "vor dem Verbringen"
ausschließen wollen, sondern lediglich Beispiele für
andere mögliche Geschehensabläufe im Rahmen dieser
Tatvariante angeführt.
Nach seinem Gesamtplan, der Grundlage für die Beurteilung ist,
ob ein unmittelbares Ansetzen zur Tatbestandsverwirklichung vorliegt,
wollte der Angeklagte dagegen seine Ehefrau zunächst im Haus
der Familie lediglich fesseln oder knebeln oder betäuben.
Danach wollte er sie in die Garage des Hauses schaffen und dort in den
Kofferraum seines Pkw BMW verladen. Mit diesem wollte er zu dem
Standort des von ihm angemieteten Pkw Ford Mondeo fahren. Dort
angekommen wollte er seine Ehefrau in dieses Fahrzeug umladen.
Anschließend wollte er zu dem für die
Tötung und das Verstecken der Ehefrau in Aussicht genommenen
Ort weiterfahren. Vor der Tötung und dem Verbergen der Leiche
sollte schließlich der Ehefrau zunächst noch die
Unterschrift unter eine Generalvollmacht abgenötigt werden.
Dies hat das Landgericht zwar bei der Sachverhaltsdarstellung der
fünften Tatvariante nicht erwähnt (UA S. 34), aus dem
Zusammenhang seiner diesbezüglichen Ausführungen im
Rahmen der Beweiswürdigung und der rechtlichen
Würdigung wird aber deutlich, daß es eine derartige
Absicht des Angeklagten in Erwägung gezogen und nicht hat
ausschließen können. Sie ist daher zugunsten des
Angeklagten in die Prüfung der Unmittelbarkeit des Ansetzens
zur Tat mit einzubeziehen. Für das Gesamtgeschehen ist
außerdem in räumlicher und zeitlicher Hinsicht der
vom Landgericht gesteckte Rahmen zu beachten, wonach sich die
beschriebenen Vorgänge über den Zeitraum von 13.30
bis 20.00 Uhr des Tattages verteilen können. Danach bleibt die
Möglichkeit, daß nach der Vorstellung des
Angeklagten je nach der Lage des für die Tötung der
Ehefrau und das Verbergen der Leiche ins Auge gefaßten Ortes
zwischen dem ersten Angriff des Angeklagten auf seine Ehefrau kurz nach
13.30 Uhr und der eigentlichen Tötungshandlung ein Zeitraum
von mehreren Stunden verstreichen und der Tötungsakt sich 100
km oder mehr vom Wohnhaus entfernt vollziehen sollte.
bb) Vor dem Hintergrund eines derartigen Tatplanes kann der erste
Zugriff des Angeklagten auf seine Ehefrau im Wohnhaus der Familie noch
nicht als unmittelbares Ansetzen zu deren vorsätzlicher
Tötung gewertet werden.
Durch die Fesselung, Knebelung oder Betäubung seiner Ehefrau
hat der Angeklagte nach seiner Vorstellung noch keine tatbestandliche
Handlung im Sinne der §§ 211, 212 StGB
ausgeführt. Denn das Landgericht hat nicht festgestellt,
daß er es für möglich hielt und zumindest
billigend in Kauf nahm, seine Ehefrau könnte bereits hierdurch
zu Tode kommen.
Er hat im Rahmen seines Tatplans aber auch noch keine Handlung
vorgenommen, die in unmittelbarem örtlichen und zeitlichen
Zusammenhang mit der vorgestellten Tatbestandsverwirklichung stand oder
in diese ohne wesentlichen Zwischenakt einmünden sollte.
Hierfür könnte zwar sprechen, daß der
Angeklagte die weiteren Handlungsschritte bis zum eigentlichen
Tötungsakt in den Einzelheiten vorausgeplant und mit dem
ersten Angriff im Haus bereits die Verteidigungsmöglichkeiten
seiner Ehefrau gegen die spätere eigentliche
Tötungshandlung beseitigen wollte, daß er
beabsichtigte, bis zur Tatvollendung stets die Möglichkeit
unmittelbaren Zugriffs auf seine Ehefrau zu haben, und daß er
ab dem ersten Angriff nicht mehr von seinem Vorhaben Abstand nehmen
konnte, ohne sich der Gefahr strafrechtlicher Verfolgung auszusetzen,
womit das Geschehen eine Eigendynamik entwickeln konnte, die zur
vollständigen Verwirklichung des Tatplans drängte.
Demgegenüber sprechen jedoch wesentliche Umstände
gegen die Annahme, der Angeklagte habe bereits mit dem ersten Angriff
auf seine Ehefrau die Schwelle zum Tötungsversuch
überschritten: Er wollte den weiteren Ablauf des Geschehens in
der Hand behalten und die eigentliche Tötung erst mehrere
Stunden später und in einer Entfernung von 100 km oder mehr
vom Wohnhaus entfernt vornehmen. Außerdem waren die oben
beschriebenen, zwischengeschalteten Handlungsschritte vorgesehen, die
erfolgreich und unentdeckt ausgeführt werden mußten,
um den Angeklagten in die Situation zu bringen, in der er den von ihm
geplanten eigentlichen Tötungsakt vornehmen wollte.
Entscheidend kommt hinzu, daß der Angeklagte, indem er - wie
das Landgericht nicht hat ausschließen können - dem
Tatopfer noch eine Unterschrift abnötigen wollte und damit
noch ein zwischengeschaltetes Geschehen vorgesehen hatte, das nach der
Tatplanung keinen notwendigen Teil des zum Tod des Opfers
führenden Handlungsablauf darstellte. Dieses setzte aber
gerade voraus, daß seine Ehefrau am eigentlichen Tatort noch
am Leben und handlungsfähig war. Damit ist es jedoch
ausgeschlossen, daß auf Grundlage der Vorstellung des
Angeklagten vom Tatablauf bereits der erste Angriff im Wohnhaus als
unmittelbares Ansetzen zur Tötung bewertet werden kann.
Damit unterscheidet sich der hier zu beurteilende Sachverhalt von den
Fällen, in denen der Bundesgerichtshof bisher bei einem nach
der Tatplanung mehraktigen, in Teilschritten zur Erfüllung
eines Tatbestandsmerkmals führenden Geschehensablauf bereits
mit der Umsetzung eines frühen Teilakts das Vorliegen eines
Versuchs angenommen oder erwogen hat, obwohl noch weitere
Zwischenschritte bis zur Verwirklichung eines Tatbestandsmerkmals
notwendig waren (BGH NJW 1980, 1759 f.; BGHR StGB § 22
Ansetzen 14). Denn diesen Fällen ist gemeinsam, daß
der der Verwirklichung eines Tatbestandsmerkmals vorgelagerte Teilakt
des Gesamtgeschehens wegen seiner notwendigen
Zusammengehörigkeit mit der eigentlichen Tathandlung nach dem
Plan des Täters als deren Bestandteil erscheint, weil er an
diese zeitlich und räumlich angrenzt und bei Verwirklichung
des Tatplanes mit ihr eine natürliche Einheit gebildet
hätte, sowie daß der Täter keine
Zwischenschritte bis zur Tatvollendung mehr vorgesehen hatte, die
tatbestandsfremden Zwecken dienten.
Bei der hier gegebenen Sachlage kann ein Versuchsbeginn auch nicht
deswegen bejaht werden, weil der Angeklagte durch den ersten Zugriff
auf seine Ehefrau aus seiner Sicht bereits eine Gefahr für
deren Leben begründete, da er deren Möglichkeiten
einschränken wollte, sich gegen die spätere
Tötungshandlung zur Wehr zu setzen. Auch unter dem
Gesichtspunkt der Rechtsgutsgefährdung kann der Versuch einer
Straftat erst dann angenommen werden, wenn die vom Täter
vorgenommene Handlung nach seiner Vorstellung vom Tatablauf bereits
einen derart unmittelbaren Angriff auf das geschützte
Rechtsgut enthält, daß dieses schon konkret
gefährdet ist und sich der Schaden unmittelbar
anschließen kann (BGHSt 40, 257, 268; BGH NJW 1990, 2072;
NStZ 1983, 452; vgl. auch, ausgehend von einem abweichenden rechtlichen
Ansatz, Eser in Schönke/Schröder aaO § 22
Rdn. 42), weil nunmehr das letzte Hindernis vor der eigentlichen
Tathandlung überwunden wird (vgl. BGH NStZ 1987, 20). Dies war
hier nicht der Fall, da nach dem Plan des Angeklagten bis zum
eigentlichen Tötungsakt noch weitere wesentliche
Zwischenschritte durchlaufen werden mußten, er erst in
großem räumlichen und zeitlichen Abstand vom ersten
Zugriff auf das Opfer im Wohnhaus ausgeführt werden sollte und
mit dem Abnötigen der Unterschrift noch eine weitere
Handlungssequenz vorgesehen war, die in keinem tatbestandlichen
Zusammenhang mit der Tötung stand. Insoweit gelten obige
Überlegungen entsprechend.
3. Die Sache bedarf daher neuer Verhandlung und Entscheidung.
Hierfür weist der Senat auf folgendes hin:
Sollte auch der neue Tatrichter die Täterschaft des
Angeklagten für erwiesen erachten, ohne nähere
Feststellungen zum Kerngeschehen der Tötung treffen zu
können, wird er zu beachten haben, daß es der
Zweifelssatz nicht erfordert, zugunsten des Angeklagten Tatvarianten zu
unterstellen, für deren Vorliegen das Beweisergebnis keine
konkreten tatsächlichen Anhaltspunkte liefert (vgl. BGH NJW
1995, 2300; NStZ 1997, 344). Verbleiben dennoch Lücken in den
Feststellungen mit der Folge, daß eine Verurteilung des
Angeklagten wegen eines vorsätzlichen Tötungsdelikts
ausscheidet, wird seine Strafbarkeit nach § 227, §
239 Abs. 4 oder § 222 StGB zu prüfen sein.
Tolksdorf Rissing-van Saan Pfister von Lienen Becker |