BGH,
Urt. v. 12.7.2000 - 2 StR 43/00
BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
2 StR 43/00
vom
12. Juli 2000
in der Strafsache gegen
1.
2.
3.
wegen Bestechung, Bestechlichkeit u.a.
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 12.
Juli 2000, an der teilgenommen haben: Vizepräsident des
Bundesgerichtshofes Dr. Jähnke als Vorsitzender, der Richter
am Bundesgerichtshof Niemöller, die Richterin am
Bundesgerichtshof Dr. Otten, die Richter am Bundesgerichtshof
Rothfuß, Prof. Dr. Fischer als beisitzende Richter,
Staatsanwältin als Vertreterin der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt als Verteidiger des Angeklagten S. , Rechtsanwalt als
Verteidiger des Angeklagten O. , der Angeklagte S. ,
Justizobersekretärin als Urkundsbeamtin der
Geschäftsstelle, für Recht erkannt:
1. Die Revision der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des
Landgerichts Frankfurt am Main vom 19. August 1999 wird, soweit sie die
Angeklagten F. und S. betrifft, verworfen.
Die Kosten des Rechtsmittels, soweit es diese Angeklagten betrifft, und
die den Angeklagten F. und S. hierdurch entstandenen notwendigen
Auslagen fallen der Staatskasse zur Last.
2. Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das vorbezeichnete
Urteil mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben, soweit
das Landgericht hinsichtlich des Angeklagten O. eine Verfallsanordnung
abgelehnt hat.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und
Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, soweit
es den Angeklagten O. betrifft, an eine andere Strafkammer des
Landgerichts zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten F. wegen Bestechung in 15
Fällen, Angestelltenbestechung in drei Fällen sowie
Betruges in Tateinheit mit Beihilfe zur Untreue und den Angeklagten S.
wegen Bestechung in 21 Fällen, Angestelltenbestechung in drei
Fällen und Betruges in Tateinheit mit Beihilfe zur Untreue zu
jeweils zur Bewährung ausgesetzten Gesamtfreiheitsstrafen, den
Angeklagten S. darüber hinaus zu einer Gesamtgeldstrafe
verurteilt. Vom Vorwurf des versuchten Betruges zum Nachteil der F. AG
(F. ) hat es die Angeklagten F. und S. freigesprochen. Den Angeklagten
O. hat das Landgericht wegen Bestechlichkeit in sechs Fällen
zu der Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten
verurteilt und deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt.
Von einer Verfallsanordnung hat das Landgericht abgesehen.
Mit ihrer auf die Sachrüge gestützten Revision
beanstandet die Staatsanwaltschaft die Teilfreisprüche der
Angeklagten F. und S. sowie die Ablehnung einer Verfallsanordnung gegen
den Angeklagten O. . Das wirksam beschränkte Rechtsmittel hat
hinsichtlich der Ablehnung einer Verfallsanordnung Erfolg; im
übrigen ist es unbegründet.
I.
Die Teilfreisprüche der Angeklagten F. und S. halten einer
rechtlichen Prüfung stand. Das Landgericht hat einen
versuchten Betrug zum Nachteil der F. zu Recht verneint, weil die
Angeklagten bei ihrem betrügerischen Vorhaben die Schwelle zur
Versuchsstrafbarkeit noch nicht überschritten haben.
1. Der Angeklagte S. war Mitgeschäftsführer der D. ,
einem führenden Hersteller von Verkehrstechnik für
den Straßenraum. Der Angeklagte F. arbeitete als dem
Angeklagten S. nachgeordneter Abteilungsleiter für den Bereich
Elektrotechnik, ehe er Anfang 1996 selbst in die
Geschäftsführung der D. aufrückte. Im
Zusammenhang mit der Erstellung eines Verkehrs- und Parkleitsystems auf
dem Frankfurter Flughafen ließen die Angeklagten dem
für dieses Projekt zuständigen Sachbearbeiter der F.
B. durch die D. Bestechungszuwendungen in Höhe von rund
500.000 DM zukommen. Dabei bestand Einigkeit darüber,
daß B. den D. die Möglichkeit eröffnen
werde, die Bestechungsleistungen durch Abrechnung tatsächlich
nicht erbrachter Leistungen gegenüber der F. zumindest
teilweise zu kompensieren.
Nach Abschluß der Projektarbeiten kam B. in einem mit F. in
der ersten Jahreshälfte 1995 geführten
Gespräch auf die ins Auge gefaßte
Abrechnungsmanipulation zurück, wobei er F. vorgab, in welchem
Umfang in den verschiedenen Bauabschnitten Leistungen unberechtigt
abgerechnet werden könnten. Die Angeklagten entschlossen sich,
von der von B. angebotenen Möglichkeit der Falschabrechnung
Gebrauch zu machen. F. wies den ihm unterstellten Bauleiter M. an, die
Aufmaßunterlagen der D. , die nach Durchführung der
Arbeiten auf Veranlassung M. zutreffend erstellt worden waren,
entsprechend den von B. erhaltenen Vorgaben zu manipulieren. M.
führte die Anweisung seines Vorgesetzten ohne Widerspruch aus.
Die veränderten Leistungsnachweise, welche fingierte
Leistungen mit einer Abrechnungssumme von insgesamt mindestens 200.000
DM auswiesen, legte M. auf Weisung F. , von der S. Kenntnis hatte,
zusammen mit den gesamten das Projekt betreffenden
Aufmaßunterlagen Ende Januar 1996 dem Ingenieurbüro
G. vor. Das Ingenieurbüro, das von der F. mit einzelnen
Aufgaben unter anderem bei der Abrechnung des an die D. vergebenen
Auftrags betraut worden war, hatte für die F. eine
Vorprüfung der von den D. vorgelegten
Aufmaßunterlagen vorzunehmen und über das Ergebnis
einen Prüfbericht zu verfassen.
Vereinbarungsgemäß sollte nach Durchsicht der von M.
vorgelegten Unterlagen ein gemeinsames Gespräch mit dem Ziel
geführt werden, das endgültige, der späteren
Schlußrechnung zugrundezulegende Aufmaß
einvernehmlich festzulegen. Dementsprechend war beabsichtigt, die
Aufmaßunterlagen, die zum Zeitpunkt der Einreichung beim
Ingenieurbüro zu wesentlichen Teilen nicht unterschrieben
waren, nach Überprüfung durch das
Ingenieurbüro G. und der anschließenden
Verhandlungsrunde über strittige Fragen gemeinsam zu
unterzeichnen. Hierzu kam es wegen der Festnahme des Angeklagten F.
nicht mehr.
Den weiteren Verlauf der Projektabrechnung hatten sich die Angeklagten
und M. wie folgt vorgestellt:
Einige Wochen nach der Einreichung der Unterlagen hätte die
vorgesehene gemeinsame Erörterung zwischen M. und Vertretern
des Ingenieurbüros G. stattgefunden, die zu einem
einvernehmlich festgelegten oder aber in gewissem Umfange streitig
bleibenden Leistungsaufmaß geführt hätte.
Anschließend hätte M. - bei streitigem
Aufmaß möglicherweise nach
Rückspräche mit F. - entscheiden müssen,
welcher Leistungsumfang von Seiten der D. als endgültig
betrachtet und der Schlußrechnung zugrundegelegt werden
sollte. Die entsprechenden Aufmaßunterlagen wären
von M. mit der Aufforderung, die Schlußrechnung zu erstellen,
der kaufmännischen Abteilung der D. zugeleitet worden, die
sodann die Schlußrechnung gestellt und zusammen mit den
Aufmaßunterlagen an die F. übersandt hätte.
Nach Prüfung und Bestätigung der fachtechnischen
Richtigkeit der Schlußrechnung durch den zuständigen
Sachbearbeiter der Bauabteilung der F. - bis zu seiner Festnahme im
Dezember 1995 war dies B. - wäre sie schließlich zur
Bezahlung gelangt.
2. Bei dieser Sachlage haben weder der nach dem Tatplan die Tat
ausführende und dabei selbst täterschaftlich
handelnde M. , noch die Angeklagten F. und S. zur Verwirklichung des
Vorhabens, die F. durch Abrechnung fingierter Leistungen im Rahmen der
Schlußrechnung betrügerisch zu schädigen,
im Sinne des § 22 StGB unmittelbar angesetzt.
Das unmittelbare Ansetzen zur Tatbestandsverwirklichung setzt ein
Verhalten des Täters voraus, das nach seinen Vorstellungen im
ungestörten Fortgang unmittelbar zur vollständigen
Tatbestandserfüllung führen soll. Das ist der Fall,
wenn der Täter subjektiv die Schwelle zum "jetzt geht es los"
überschreitet und objektiv zur
tatbestandsmäßigen Angriffshandlung ansetzt, so
daß sein Tun ohne Zwischenakte in die
Tatbestandsverwirklichung übergeht (st. Rspr., BGHSt 37, 294,
297 f.; BGHR StGB § 22 Ansetzen 16, 21, 26). Nach diesen
Grundsätzen hatte M. mit dem Einreichen der manipulierten
Aufmaßunterlagen bei dem Ingenieurbüro G. die
Schwelle zum Versuchsstadium noch nicht überschritten. Sein
Handeln zielte zwar darauf ab, bei den Mitarbeitern des im Auftrag der
F. tätig werdenden Ingenieurbüros eine für
die Verwirklichung des Betrugsvorhabens notwendige Fehlvorstellung
über den Umfang der tatsächlich erbrachten Leistungen
hervorzurufen. Hierin lag jedoch noch keine nach § 263 StGB
tatbestandsmäßige Täuschungshandlung, da
das Vorgehen weder nach der objektiven Sachlage noch nach den
Vorstellungen M. auf eine Vermögensverfügung im Sinne
des Betrugstatbestandes gerichtet war (BGHSt 37, 294, 296 f.). Ein
solches sich auf das Vermögen der F. unmittelbar
vermögensmindernd auswirkendes Tun oder Unterlassen war mit
der Prüftätigkeit des Ingenieurbüros selbst
im Falle einer einvernehmlichen Festlegung des Aufmaßes nicht
verbunden. Nach dem Tatplan bestand die
tatbestandsmäßige Angriffshandlung vielmehr darin,
die F. durch Inrechnungstellung fingierter Leistungen im Rahmen der
Schlußrechnung zur Zahlung von den D. nicht zustehenden
Werklohnbeträgen zu veranlassen. Erst die mit der
Schlußrechnung bewirkte neuerliche Täuschung
über den Umfang der erbrachten Leistungen war nach den
Vorstellungen der Beteiligten geeignet, bei den für die
Begleichung der Rechnung zuständigen Mitarbeitern der F. den
für eine überhöhte Zahlung und den damit
verbundenen Schadenseintritt ursächlichen Irrtum
herbeizuführen. Zu dieser Angriffshandlung hatte M. noch nicht
unmittelbar angesetzt. Sein gegenüber dem
Ingenieurbüro entfaltetes Tun konnte und sollte ohne die noch
ausstehende Schlußrechnung nicht unmittelbar in die
Tatbestandserfüllung einmünden. Die Stellung der
Schlußrechnung war aber, da nach dem Tatplan M. die Aufgabe
zufiel, im Anschluß an die Prüftätigkeit
des Ingenieurbüros gegebenenfalls nach Rücksprache
mit dem Angeklagten F. die Entscheidung über das
endgültige Aufmaß zu treffen und die
Rechnungstellung durch die D. zu veranlassen, von einem weiteren -
neuen - Willensimpuls M. abhängig. Gegenüber dem
Einreichen der Unterlagen bei dem Ingenieurbüro hätte
sich die spätere Schlußrechnung darüber
hinaus als nach zeitlichen, räumlichen und sonstigen
Umständen hiervon deutlich zu unterscheidender,
selbständiger Akt dargestellt. Das Tun M. beschränkte
sich somit darauf, die mit der überhöhten
Schlußrechnung beabsichtigte Täuschung der F.
lediglich vorzubereiten, ohne dabei bereits die Schwelle zum Versuch zu
überschreiten.
Für die Angeklagten beurteilt sich der Versuchsbeginn nicht
anders. Dabei ist unerheblich, ob nach den maßgebenden
Vorstellungen der Angeklagten von einer mittäterschaftlichen
Beteiligung an der nach dem Tatplan von M. auszuführenden Tat
- so das Landgericht - oder von einer Tatbestandsverwirklichung in
mittelbarer Täterschaft (vgl. hierzu BGHSt 43, 219, 231 f.;
BGH StV 1998, 416, 417) auszugehen ist. Bei der Mittäterschaft
treten alle Mittäter einheitlich in das Versuchsstadium ein,
sobald einer von ihnen zur Verwirklichung des Tatbestandes unmittelbar
ansetzt und zwar unabhängig davon, ob einzelne von ihnen ihren
Tatbeitrag im Vorbereitungsstadium erbracht haben (st. Rspr., BGHSt 39,
236, 237 f; 40, 299, 301). Da die Tatausführung allein M.
oblag und dieser - wie dargelegt - hierzu noch nicht unmittelbar
angesetzt hatte, kommt eine bereits versuchte gemeinschaftlich mit M.
begangene Betrugstat der Angeklagten nicht in Betracht. Gleiches gilt
selbst für den Fall, daß die Angeklagten als
mittelbare Täter anzusehen wären. Will der
Täter die Tat nicht selbst, sondern durch einen Dritten
begehen (§ 25 Abs. 1 StGB), so liegt ein unmittelbares
Ansetzen zur Tat zwar regelmäßig dann vor, wenn der
Täter seine Einwirkung auf den Tatmittler abgeschlossen hat.
Dies setzt jedoch weiter voraus, daß der Tatmittler die
Tathandlung nach den Vorstellungen des Täters in engem
Zusammenhang mit dem Abschluß der Einwirkung vornehmen wird
und das geschützte Rechtsgut damit bereits in diesem Zeitpunkt
gefährdet ist (BGHSt 43, 177, 179 f.; 40, 257, 269; 30, 363,
365; 4, 270, 273). Soll dagegen der Tatmittler nach dem Willen des
Hintermanns die tatbestandliche Angriffshandlung mit zeitlicher
Verzögerung im Anschluß an noch ausstehende
Vorbereitungshandlungen ins Werk setzen, beginnt der Versuch auch
für den Hintermann erst mit dem unmittelbaren Ansetzen des
Tatmittlers zur Tatbegehung. In diesem Fall konkretisiert sich die
Gefahr für das geschützte Rechtsgut auch aus der
Sicht des Täters noch nicht mit der Beendigung seiner
Einwirkung auf den Tatmittler, sondern erst mit dem Beginn von dessen
Ausführungshandlungen in einer die Strafwürdigkeit
des Versuchs begründenden Weise (BGHSt 40, 257, 269).
Vorliegend gingen die Angeklagten in Übereinstimmung mit M.
davon aus, daß die im Sinne des § 263 StGB
tatbestandsmäßige Täuschungshandlung in
Form der von M. zu veranlassenden Schlußrechnung erst nach
Abschluß der durch das Ingenieurbüro vorgenommenen
Aufmaßprüfung erfolgen sollte. Demzufolge bestimmt
sich der Versuchsbeginn für die Angeklagten nach dem
Verwirklichungsgrad der von M. vorzunehmenden
Ausführungshandlung. Da M. die Schwelle zum Versuch nicht
überschritten hat, fehlt es auch insoweit an einem
Betrugsversuch der Angeklagten.
II.
Soweit die Revision die Ablehnung einer Verfallsanordnung gegen den
Angeklagten O. beanstandet, hat sie Erfolg. Nach den Feststellungen
erhielt der Angeklagte O. als Oberamtsrat im Bundesministerium
für ............. in sechs Fällen
Bestechungszuwendungen in einem Gesamtwert von ca. 39.000 DM. Die
Begründung, mit welcher das Landgericht hinsichtlich des
Bestechungslohns von einem Verfall des Wertersatzes nach den
§§ 73 Abs. 1, 73 a Satz 1 StGB abgesehen hat,
begegnet durchgreifenden rechtlichen Bedenken.
Die Ausschlußregelung des § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB
steht einer Verfallsanordnung - im Hinblick auf einen vom Landgericht
für möglich erachteten Anspruch des Dienstherrn auf
Herausgabe des Bestechungslohns - schon deshalb nicht entgegen, weil
der Dienstherr bei der Bestechung eines Beamten nicht Verletzter im
Sinne dieser Vorschrift ist. Verletzter nach § 73 Abs. 1 Satz
2 StGB kann nur derjenige sein, dessen Individualinteressen durch das
vom Täter übertretene Strafgesetz geschützt
werden sollen. Schutzgut der §§ 332, 334 StGB ist
aber nicht das Vermögensinteresse der
Anstellungskörperschaft, sondern das Vertrauen der
Allgemeinheit in die Lauterkeit des öffentlichen Dienstes
(BGHR StGB § 73 Verletzter 2; BGHSt 30, 46, 47 f.; 33, 37, 38).
Der erkennende Senat hat darüber hinaus in Anknüpfung
an die Rechtsprechung des Reichsgerichts (RGZ 146, 194, 204 ff.; RG ZBR
8, 148, 149) bereits entschieden, daß dem Dienstherrn
gegenüber dem Beamten kein Anspruch auf Herausgabe des von
diesem erlangten Bestechungslohns zusteht (BGHSt 30, 46, 48; vgl.
für Angestellte im öffentlichen Dienst auch BGH
wistra 1999, 464; a.A. VGH München ZBR 1993, 29, 30 und Kathke
in Schütz, Beamtenrecht des Bundes und der Länder 5.
Aufl. 28. Lfg. § 76 NWLBG Rdn. 65). Die rechtlichen Grundlagen
dieser Entscheidung bestehen entgegen der Ansicht des Landgerichts
unverändert fort. Der Senat hält daher an seiner
Auffassung uneingeschränkt fest. Für einen solchen
Herausgabeanspruch des Dienstherrn fehlt es in den Beamtengesetzen des
Bundes und der Länder an einer Rechtsgrundlage. Die zivil- und
arbeitsgerichtliche Rechtsprechung (BGH MDR 1987, 825; BGHZ 39, 1; BAG
AP Nr. 1 und 4 zu § 687 BGB), wonach ein privater Arbeitgeber
von seinem Angestellten im inneren Zusammenhang mit dem Dienst- oder
Arbeitsverhältnis vereinnahmte Schmiergeldzuwendungen nach
§ 667 BGB oder § 687 Abs. 2 BGB i.V.m.
§§ 681, 667 BGB herausverlangen kann, ist auf das
Rechtsverhältnis des Beamten zu seinem Dienstherrn nicht
übertragbar. Indem der Beamte Bestechungsleistungen annimmt,
führt er kein fremdes Geschäft, das als ein solches
seines Dienstherrn auch nur vorstellbar wäre, sondern verletzt
lediglich seine Dienstpflichten (vgl. BGHSt 30, 46, 49). Die
Vorschriften des § 46 BRRG, des § 78 BBG und der
entsprechenden Bestimmungen der Landesbeamtengesetze enthalten zudem
eine abschließende Regelung der Haftung des Beamten im
Innenverhältnis zu seinem Dienstherrn (BVerwGE 52, 255, 256;
Fürst GKÖD K § 78 Rdn. 14; Battis
Bundesbeamtengesetz 2. Aufl. § 78 Rdn. 3). Die
Ausschließlichkeit dieser Regelungen bezieht sich unmittelbar
zwar lediglich auf die Verpflichtung des Beamten zum Schadenersatz,
spricht jedoch auch gegen einen im Wege analoger Anwendung
zivilrechtlicher Vorschriften begründeten Herausgabeanspruch.
Schließlich besteht für einen Anspruch des
Dienstherrn auf Herausgabe des vom Beamten erlangten Bestechungslohns
keinerlei praktisches Bedürfnis, da der Bestechungslohn wegen
der fehlenden Verletzteneigenschaft des Dienstherrn im Sinne des
§ 73 Abs. 1 Satz 2 StGB ohnehin dem strafrechtlichen Verfall
unterliegt. Durch den vorbehaltlich der Härtevorschrift des
§ 73 c StGB nach §§ 73 Abs. 1 Satz 1, 73 a
Satz 1 StGB zwingend anzuordnenden Verfall ist im Interesse einer
effizienten Korruptionsbekämpfung gewährleistet,
daß dem Bestochenen die erlangten Bestechungsleistungen oder
deren Wert bereits im Strafverfahren entzogen werden. Eines mit der
Verfallsanordnung konkurrierenden Herausgabeanspruchs des Dienstherrn
bedarf es daher nicht.
Die Erwägungen des Landgerichts zu § 73 c Abs. 1 StGB
vermögen die Ablehnung der Anordnung eines Wertersatzverfalls
nicht zu rechtfertigen. Soweit die Strafkammer im Hinblick auf einen
von ihr angenommenen Herausgabeanspruch des Dienstherrn eine unbillige
Härte im Sinne des § 73 c Abs. 1 Satz 1 StGB bejaht,
geht sie, da ein solcher Anspruch nach dem dargelegten nicht besteht,
von rechtlich unzutreffenden Voraussetzungen aus. Die
Ausführungen werden zudem dem systematischen
Verhältnis nicht gerecht, in welchem die Regelungen des
§ 73 c Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 1. Alt. StGB zueinander
stehen. Nach § 73 c Abs. 1 Satz 1 StGB ist der Verfall beim
Vorliegen einer unbilligen Härte zwingend ausgeschlossen,
während § 73 c Abs. 1 Satz 2 1. Alt. StGB
für den Fall, daß der Wert des Erlangten im
Vermögen des Betroffenen ganz oder teilweise nicht mehr
vorhanden ist, die Möglichkeit eröffnet, insoweit
nach pflichtgemäßen Ermessen von einer
Verfallsanordnung abzusehen. Da die tatbestandlichen Voraussetzungen,
welche nach Satz 2 der Vorschrift ein Absehen vom Verfall nach
pflichtgemäßem Ermessen ermöglichen, nicht
zugleich einen zwingenden Ausschlußgrund nach § 73 c
Abs. 1 Satz 1 StGB bilden können, folgt aus der Systematik der
Norm, daß das Nichtmehrvorhandensein des Wertes des Erlangten
im Vermögen des Betroffenen jedenfalls für sich
genommen keine unbillige Härte darstellt, sondern dem
Anwendungsbereich des § 73 c Abs. 1 Satz 2 StGB
unterfällt (Schäfer in LK 10. Aufl. § 73 c
Rdn. 3 f; Horn SK-StGB 6. Aufl. § 73 c Rdn. 6;
Lackner/Kühl 23. Aufl. § 73 c Rdn. 3). Für
das Vorliegen einer unbilligen Härte bedarf es daher
zusätzlicher Umstände, die eine Verfallsanordnung als
ungerecht und unverhältnismäßig erscheinen
lassen (BGHR StGB § 73 c Härte 4). Solche
Umstände hat das Landgericht nicht festgestellt. Insbesondere
vermag der mit der Verurteilung des Angeklagten O. gesetzlich
verbundene Verlust der Beamtenstellung eine unbillige Härte
nicht zu begründen.
Für ein Absehen von einer Verfallsanordnung nach der
Ermessensvorschrift des § 73 c Abs. 1 Satz 2 1. Alt. StGB
fehlt es nach den bisherigen Feststellungen an den tatbestandlichen
Voraussetzungen, da das Landgericht nicht
festgestellt hat, ob und inwieweit der Angeklagte O. entreichert ist.
Umstände, die den Wert des Erlangten im Vermögen des
Angeklagten gemindert oder beseitigt haben, lassen sich den
Urteilsgründen nicht entnehmen, sie liegen angesichts der
festgestellten Vermögensverhältnisse auch nicht nahe.
Jähnke Niemöller Otten
Rothfuß Fischer |