BGH,
Urt. v. 12.7.2001 - 4 StR 550/00
StGB §§ 11 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. c, 332 Abs. 1, 3 a.F.
StPO §§ 222 b Abs. 1, 226, 338 Nr. 1; GVG §
192 Abs. 2, 3.
1. Wird ein Ergänzungsrichter oder -schöffe erst nach
Beginn der Hauptverhandlung hinzugezogen, so ist das Gericht
vorschriftswidrig besetzt. Die Revision kann aber hierauf nur
gestützt werden, wenn der Einwand nach § 222 b Abs. 1
StPO rechtzeitig erhoben worden ist.
2. Die Treuhand Liegenschaftsgesellschaft mgH (TLG) ist eine "sonstige
Stelle" im Sinne des § 11 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. c StGB.
BGH, Urteil vom 12. Juli 2001 - 4 StR 550/00 - LG Magdeburg
BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
Urteil
4 StR 550/00
vom
12. Juli 2001
in der Strafsache gegen
wegen Bestechlichkeit
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 12.
Juli 2001, an der teilgenommen haben: Richter am Bundesgerichtshof
Maatz als Vorsitzender, die Richter am Bundesgerichtshof Dr. Kuckein,
Athing, die Richterin am Bundesgerichtshof Solin-Stojanovic, der
Richter am Bundesgerichtshof Dr. Ernemann als beisitzende Richter,
Staatsanwalt als Vertreter der Bundesanwaltschaft, Rechtsanwalt als
Verteidiger, Justizangestellte als Urkundsbeamtin der
Geschäftsstelle, für Recht erkannt:
1. Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts
Magdeburg vom 15. Mai 2000 wird mit der Maßgabe verworfen,
daß der Angeklagte wegen Bestechlichkeit verurteilt ist.
2. Der Angeklagte hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.
Von Rechts wegen
Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten (wegen Bestechlichkeit) - unter
Freisprechung im übrigen - zu einer Freiheitsstrafe von zwei
Jahren und acht Monaten verurteilt. Hiergegen wendet sich der
Angeklagte mit seiner Revision, mit der er die Verletzung formellen und
materiellen Rechts rügt.
Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg.
A.
Die Verfahrensrügen greifen nicht durch.
I. Die auf § 261 und § 338 Nrn. 3 und 5 StPO
gestützten Verfahrensbeschwerden sind - wie der
Generalbundesanwalt in seiner Zuschrift vom 28. Dezember 2000 im
einzelnen dargelegt hat - nicht zulässig erhoben (§
344 Abs. 2 Satz 2 StPO).
II. Die Rüge fehlerhafter Besetzung des Gerichts (§
338 Nr. 1 StPO) erweist sich ebenfalls als unzulässig, weil
dem Revisionsvorbringen nicht entnommen werden kann, daß der
Angeklagte den Einwand der vorschriftswidrigen Besetzung rechtzeitig
gemäß § 222 b Abs. 1 StPO erhoben hat.
1. Der Rüge liegt folgender Verfahrensgang zugrunde:
Die Hauptverhandlung gegen den Angeklagten begann am 13. Januar 2000.
Die Besetzung der Strafkammer war dem Angeklagten vor der
Hauptverhandlung mitgeteilt worden.
Ergänzungsschöffen waren nicht hinzugezogen. Nach
Aufruf der Sache stellte der Vorsitzende die Präsenz der
Prozeßbeteiligten fest. Anschließend wurden
prozessuale Fragen angesprochen, die unter anderem die von der
Verteidigung im Vorfeld der Hauptverhandlung gestellten
Ablehnungsanträge betrafen. Sodann stellte die Verteidigung
vier weitere Anträge, von denen einer die Ablehnung der
Schöffin P. wegen Besorgnis der Befangenheit zum Inhalt hatte.
Die Hauptverhandlung wurde danach unterbrochen.
Zum nächsten Verhandlungstag (21. Januar 2000) wurde - da die
Begründetheit der Ablehnung der Schöffin P. abzusehen
war - als Ergänzungsschöffe Norbert St. geladen. Zu
Beginn des Termins vom 21. Januar 2000 gab der Vorsitzende bekannt,
daß ein Ergänzungsschöffe hinzugezogen
worden war. Der Ergänzungsschöffe St. wurde
aufgerufen und nahm sodann auf der Richterbank Platz. Am folgenden
Verhandlungstag, dem 24. Januar 2000, erklärte die Strafkammer
die Ablehnung der Schöffin P. für begründet.
Anschließend gab der Vorsitzende bekannt, daß das
Gericht nunmehr an Stelle der Schöffin P. mit Norbert St. als
Schöffen besetzt ist. Am vierten Verhandlungstag (27. Januar
2000) erfolgte die Vernehmung des Angeklagten zur Person, die Verlesung
des Anklagesatzes und die Vernehmung des Angeklagten zur Sache.
2. Die Revision beanstandet danach an sich zu Recht, daß das
Landgericht in der Besetzung mit dem Schöffen St. entschieden
hat. Denn die Hauptverhandlung fand entgegen § 226 StPO nicht
in ununterbrochener Gegenwart der zur Urteilsfindung berufenen Personen
statt, da der Schöffe St. am ersten Verhandlungstag nicht
anwesend war. Die Anwesenheitspflicht des § 226 StPO ist
bereits dann verletzt, wenn der Ergänzungsschöffe,
der später in das Quorum eintritt und damit zum erkennenden
Richter wird, auch für nur einen kleinen Teil der
Hauptverhandlung fehlt (vgl. Gollwitzer in Löwe/Rosenberg StPO
25. Aufl. § 226 Rdn. 1; Kleinknecht/Meyer-Goßner
StPO 45. Aufl. § 226 Rdn. 5; Schlüchter in SK-StPO
12. Lfg. § 226 Rdn. 1, 4; Tolksdorf in KK 4. Aufl. §
226 Rdn. 2). Die Verletzung des § 226 StPO eröffnet
auch, soweit - wie hier - ein Mitglied des erkennenden Gerichts
betroffen ist, (ausschließlich) den absoluten Revisionsgrund
nach § 338 Nr. 1 StPO, da diese Bestimmung insoweit
gegenüber § 338 Nr. 5 StPO die speziellere Regelung
darstellt (BGHSt 44, 361, 365; BGH, Urteil vom 7. November 1991 - 4 StR
252/91, insoweit nicht in BGHSt 38, 111 abgedruckt; vgl. auch Hanack in
Löwe/Rosenberg aaO § 338 Rdn. 38 und 80; Kuckein in
KK aaO § 338 Rdn. 71; Kleinknecht/Meyer-Goßner aaO
§ 338 Rdn. 10).
3. Die fehlerhafte Besetzung könnte hier jedoch nur
gerügt werden, wenn vom Angeklagten oder von seinen
Verteidigern der in § 222 b Abs. 1 StPO vorgesehene
Besetzungseinwand in der Hauptverhandlung rechtzeitig erhoben worden
ist (§ 338 Nr. 1 Buchst. b StPO).
a) Die Präklusionsregelungen des § 338 Nr. 1 StPO
i.V.m. den §§ 222 a, 222 b StPO erfassen auch den
Fall der vorschriftswidrigen Besetzung der Richterbank durch einen
Ergänzungsrichter oder -schöffen. Dies folgt bereits
daraus, daß sich die Mitteilungspflicht des § 222 a
Abs. 1 Satz 1 StPO und damit die Rügepflicht nach §
222 b Abs. 1 Satz 1 StPO uneingeschränkt auch auf diese
beziehen.
b) Eine Verletzung der Mitteilungspflicht des § 222 a StPO,
die über § 338 Nr. 1 Buchst. a StPO eine
Rügemöglichkeit eröffnen würde,
liegt nicht vor. Zwar sind gemäß § 222 a
Abs. 1 Satz 3 StPO Besetzungsänderungen spätestens zu
Beginn der Hauptverhandlung mitzuteilen. Es genügt aber,
daß die Mitteilung jedenfalls vor Vernehmung des Angeklagten
zur Person erfolgt (BGH bei Holtz MDR 1980, 631; vgl. auch Gollwitzer
in Löwe/Rosenberg aaO § 222 a Rdn. 4; Tolksdorf in KK
aaO § 222 a Rdn. 6; Kleinknecht/Meyer-Goßner aaO
§ 222 a Rdn. 5 und 16). Dies war hier der Fall, da sowohl die
Mitteilung von der Hinzuziehung des
Ergänzungsschöffen als auch die von dessen Eintritt
in das Quorum jeweils noch vor diesem Zeitpunkt bewirkt wurden.
c) Das Gericht war mit der Hinzuziehung des
Ergänzungsschöffen am zweiten Verhandlungstag
vorschriftswidrig besetzt im Sinne des § 222 b Abs. 1 Satz 1
StPO. Ein Ergänzungsrichter oder - schöffe
(§ 192 Abs. 2 und 3 GVG) kann infolge der Bestimmung des
§ 226 StPO nur für einen ausgefallenen Richter bzw.
Schöffen eintreten, wenn er an der Verhandlung von Anfang an
teilgenommen hat (vgl. Kleinknecht/Meyer-Goßner aaO
§ 226 Rdn. 5). Wird ein Ergänzungsschöffe
erst nach Beginn der Hauptverhandlung hinzugezogen, so steht deshalb
seinem späteren Eintritt von vornherein ein gesetzliches
Hindernis entgegen, das den absoluten Revisionsgrund des § 338
Nr. 1 StPO begründen kann. Seine Hinzuziehung
verstößt zudem gegen § 192 Abs. 2, 3 GVG,
da der mit der Hinzuziehung verfolgte Zweck - Eintritt für
einen verhinderten Schöffen - von Anfang an nicht erreicht
werden kann. Zwar realisiert sich der Mangel erst im Falle des
Eintritts des Ergänzungsschöffen; denn erst ab diesem
Zeitpunkt gehört er zum "erkennenden" Gericht im Sinne des
§ 338 Nr. 1 StPO (vgl. Hanack in Löwe/Rosenberg aaO
§ 338 Rdn. 8). Dies ist hier jedoch unerheblich. Die
Rügepflicht des § 222 b Abs. 1 StPO knüpft
nämlich daran an, daß das Gericht (nicht: das
erkennende Gericht) vorschriftswidrig besetzt ist. Es entspricht
demgemäß auch allgemeiner Auffassung, daß
der Einwand der vorschriftswidrigen Besetzung nach § 222 b
Abs. 1 Satz 1 StPO - soweit Ergänzungsrichter und
Ergänzungsschöffen betroffen sind - ebenfalls
innerhalb der dort bezeichneten Frist und nicht etwa erst im Zeitpunkt
ihres Eintritts zu erheben ist (vgl. Gollwitzer in
Löwe/Rosenberg aaO § 222 b Rdnr. 19; Tolksdorf in KK
aaO § 222 b Rdn. 7 jeweils m.w.N.).
d) Die Erhebung einer Besetzungsrüge war auch nicht
ausnahmsweise entbehrlich. Zwar werden Mängel in der Person
eines mitwirkenden Richters oder Schöffen von der
Rügepräklusion nicht erfaßt (vgl. Hanack in
Löwe/Rosenberg aaO § 338 Rdn. 50; Kuckein in KK aaO
§ 338 Rdn. 48 sowie zur Mitwirkung eines blinden Richters
BGHSt 34, 236 und 35, 164). Darum geht es hier indes nicht. Der Mangel
war nämlich nicht in der Person des
Ergänzungsschöffen St. begründet, sondern
darin, daß sich die Hinzuziehung eines
Ergänzungsschöffen erst nach Beginn der
Hauptverhandlung überhaupt verbietet. Es ist auch sonst kein
Gesichtspunkt ersichtlich, den vorliegenden Fall ausnahmsweise von der
Präklusionswirkung auszunehmen. Insbesondere war der Mangel -
was keiner näherer Darlegungen bedarf - objektiv erkennbar
(vgl. BGHR StPO § 338 Nr. 1 Schöffe 5) und war die
Erhebung einer Rüge auch zumutbar. Fehl geht
schließlich die Auffassung der Revision, die
Besetzungsrüge sei nicht präkludiert, "da der Mangel
sich erst nach dem Zeitpunkt des § 222 b ergeben (habe)".
Sowohl die Hinzuziehung des Ergänzungsschöffen als
auch sein Eintritt erfolgten noch vor Vernehmung des Angeklagten zur
Sache.
4. Die danach gebotene (rechtzeitige) Erhebung des Einwands nach
§ 222 b Abs. 1 Satz 1 StPO kann dem Revisionsvortrag nicht
entnommen werden. Lediglich in einer Fußnote (Seite 58 der
Revisionsbegründung des Verteidigers Prof. Dr. W. ) findet
sich der Hinweis, daß Einwendungen gegen die Besetzung der
Strafkammer mit dem Schöffen Norbert St. "nach dem ersten
Verhandlungstag, aber vor dem Zeitpunkt des § 222 b StPO" von
der Verteidigung erhoben worden sind. Dieser Vortrag genügt
jedoch nicht den Anforderungen des § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO,
da weder der genaue Zeitpunkt und Inhalt des Einwandes noch der
zurückweisende Gerichtsbeschluß mitgeteilt werden
(vgl. Kleinknecht/Meyer-Goßner aaO § 338 Rdn. 21).
Zudem betraf der Einwand - was die Revision auch nicht verschweigt -
die Frage der richtigen Reihenfolge im Zugriff auf die
Hilfsschöffenliste, nicht aber - wessen es hier bedurft
hätte - die zu späte Hinzuziehung des
Ergänzungsschöffen (zum
Begründungserfordernis nach § 222 b Abs. 1 Satz 2 und
3 StPO vgl. Tolksdorf in KK aaO § 222 b Rdn. 7;
Kleinknecht/Meyer-Goßner aaO § 222 b Rdn. 7). Die
Besetzungsrüge erweist sich daher nach alledem als
unzulässig.
B.
Die Überprüfung des Urteils aufgrund der
Sachrüge hat zum Schuld- und Strafausspruch keinen
Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben.
I. Das Landgericht hat im wesentlichen festgestellt:
1. Der Angeklagte war seit dem 1. März 1995 Leiter der
Niederlassung der TLG T. L. mbH (im folgenden: TLG) in Magdeburg, seit
dem 8. Mai 1995 mit Gesamtprokura einschließlich
Grundstücksvollmacht.
2. Zur Förderung der Wirtschaft in verschiedenen Gebieten bei
Magdeburg hatte die Stadt unter anderem die
Entwicklungsträgerschaft für zwei Entwicklungszonen
(Zonen I und IV) ausgeschrieben. Das Projekt benannte der Angeklagte
der C. E. S. GmbH (CES), dessen Mitgeschäftsführer er
kannte. Da die CES "eine Chance sah (...) mit entsprechenden
Planungsleistungen beauftragt zu werden", selbst aber nicht die
erforderliche Zulassung als Entwicklungsträger hatte,
kooperierte sie mit der als Entwicklungsträger zugelassenen K.
G. - und E. GmbH (KGE). Im Rahmen des Ausschreibungsverfahrens 1994/95
verschaffte der Angeklagte, der zu diesem Zeitpunkt (noch)
Regierungsvizepräsident der Bezirksregierung Magdeburg war,
zur Vorbereitung der Anhörung durch den Ausschuß
für Stadtentwicklung eine Tischvorlage, "aus der sich die
Konkurrenzverhältnisse, die Auswahlkriterien und die bisherige
Einschätzung der Bewerber ergab". Aufgrund dieses
Wettbewerbsvorteils konnte sich die Kooperation KGE/CES durchsetzen und
schloß im Juni 1995 mit der Stadt Magdeburg den
Entwicklungsträgervertrag für die Zonen I und IV.
3. Im März 1995 - nach dem Wechsel des Angeklagten zur TLG -
"sprach der Angeklagte in der Absicht, für seine bisherige
Hilfe bei der Erlangung des Entwicklungsträgerauftrages eine
Provision zu erlangen" den Geschäftsführer der CES
an. Die CES wollte sich einerseits für das "Wohlverhalten des
Angeklagten bei der (vorherigen) Vergabe der
Entwicklungsträgerschaft" erkenntlich zeigen und sich (auch)
weiterhin das Wohlwollen und die Unterstützung bei
zukünftigen Projekten sichern. Der Angeklagte versprach, die
Bewerbungen und Angebote der CES bei der Ausschreibung und Vergabe von
Entwicklungsprojekten bzw. Planungsleistungen im Gegensatz zu anderen
Unternehmen zukünftig "einseitig" zu unterstützen
bzw. zu bevorzugen. Eine daraufhin getroffene Zahlungsvereinbarung
beinhaltete einen festen monatlichen Pauschbetrag in Höhe von
15.000 DM; dieser Betrag (insgesamt 297.500 DM) wurde von der CES an
die G. zur U. und T. (G.U.T.) gezahlt. Deren
Geschäftsführerin hielt treuhänderisch 50 %
der Geschäftsanteile für den Angeklagten. Die
Zahlungen wurden - wie auch schon zuvor bei der "Provisionszahlung"
für die Erlangung des Entwicklungsträgerauftrages -
mit einem Scheinvertrag kaschiert; danach sollte die G.U.T.
für die CES im Bereich der Subventions- und
Investitionsberatung tätig werden. Diese
Beratertätigkeit ging jedoch - wie geplant - über
allgemeine Beschreibungen des Gegenstandes von Förderung,
Antragsberechtigung, Konditionen und Angaben der Ansprechstellen
("insgesamt 20 Seiten (...) ohne Wert") nicht hinaus.
In dem Zeitraum der Zahlungen vom August 1995 bis Dezember 1996
beschränkten sich die vertraglichen Beziehungen zwischen CES
und TLG auf drei Aufträge, auf deren Vergabe der Angeklagte
keinen Einfluß genommen hatte.
II. Auf der Grundlage dieser rechtsfehlerfrei getroffenen
Feststellungen hat das Landgericht den Angeklagten zu Recht (wegen
Bestechlichkeit) verurteilt. Die tatbestandlichen Voraussetzungen des
§ 332 Abs. 1 und Abs. 3 StGB in der bis zum 13. August 1997
geltenden Fassung sind erfüllt.
1. Näherer Erörterung bedarf lediglich das Merkmal
der Amtsträgereigenschaft des Angeklagten im Sinne der
§§ 332 Abs. 1, 11 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. c StGB.
a) Amtsträger gemäß § 11 Abs. 1
Nr. 2 Buchst. c StGB ist, wer sonst dazu bestellt ist, bei oder im
Auftrag einer Behörde oder "sonstigen Stelle" Aufgaben der
öffentlichen Verwaltung wahrzunehmen. Die
Amtsträgereigenschaft setzt somit stets die Tätigkeit
bei (oder im Auftrag) einer Behörde oder "sonstigen Stelle"
voraus. Dabei sind auch als juristische Personen des Privatrechts
organisierte Einrichtungen und Unternehmen der öffentlichen
Hand als "sonstige Stellen" den Behörden gleichzustellen, wenn
bei ihnen Merkmale vorhanden sind, die eine solche Gleichstellung
rechtfertigen (vgl. auch zur gesetzlichen Klarstellung durch das
Korruptionsbekämpfungsgesetz vom 13. August 1997 [BGBl I 2038]
BGHSt 43, 370, 377 f. mit Nachweisen; dazu auch Heinrich, Der
Amtsträgerbegriff im Strafrecht, 2001, S. 391). Insbesondere
ist eine solche Gleichstellung dann geboten, wenn die als juristische
Personen des Privatrechts organisierte Einrichtungen und Unternehmen
der öffentlichen Hand bei ihrer Tätigkeit
öffentliche Aufgaben wahrnehmen und dabei derart staatlicher
Steuerung unterliegen, daß sie bei der gebotenen
Gesamtbewertung (vgl. BGHSt 45, 16, 19) der sie kennzeichnenden
Merkmale als "verlängerter Arm" des Staates erscheinen (vgl.
BGHSt 43, 370, 376 f.; 45, 16, 19; BGH, Urteil vom 15. März
2001 - 5 StR 454/00; KG NStZ 1994, 242; aus der Literatur: Haft NJW
1995, 1113, 1114: "behördenähnliche Instanz";
Lenckner ZStW 106 (1994), 502, 515; Rudolphi in SK-StGB 34. Lfg.
§ 11 Rdn. 31; Schramm JuS 1999, 333, 334;
Tröndle/Fischer StGB 50. Aufl. § 11 Rdn. 19b).
b) Bei einer Gesamtbetrachtung treffen diese Voraussetzungen einer
"sonstigen Stelle" im Sinne des § 11 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. c
StGB auf die TLG zu.
aa) Die TLG, die ab 1990 zunächst eine 100%ige
(instrumentelle) Tochtergesellschaft der Treuhandanstalt - einer
bundesunmittelbaren Anstalt des öffentlichen Rechts - war (zur
Entstehungsgeschichte der Treuhandanstalt vgl. Ebbing, Die
Verkaufspraxis der Treuhandanstalt, 1995, S. 49 ff.; Gimmy VIZ 1994,
633), ist aufgrund des Gesetzes zur abschließenden
Erfüllung der verbliebenen Aufgaben der Treuhandanstalt vom 9.
August 1994 (BGBl I 2062; vgl. dazu Gimmy VIZ 1995, 19) mit ihren
Geschäftsanteilen mit Wirkung vom 31. Dezember 1994 auf den
Bund übergegangen (§ 23 a Abs. 2 S. 1 TreuhG in
Verbindung mit § 2 Abs. 1
Treuhandliegenschaftsübertragungsverordnung vom 20. Dezember
1994 [BGBl I 3908]). Ziel dieser durchgeführten Organisations-
und Finanzreform der Treuhandanstalt nebst Tochtergesellschaften war es
lediglich, zu dezentralisieren und die verbliebenen, nach wie vor
gleichlautenden Aufgaben, die in bezug auf die TLG vor 1995 als
öffentlich-rechtlicher Art gewertet wurden (vgl. dazu KG NStZ
1994, 242; zustimmend: Eser in Schönke/Schröder StGB
26. Aufl. § 11 Rdn. 25; Gribbohm in LK 11. Aufl. § 11
Rdn. 35, 42; Heinrich aaO S. 687 f.; Rohlff, Die Täter der
"Amtsdelikte" 1995, S. 89; Rudolphi in SK-StGB aaO § 11 Rdn.
31; Tröndle/Fischer aaO § 11 Rdn. 19b, 22; Schramm
JuS 1999, 333, 334, Fn. 6; für die Treuhandanstalt allg.:
Weimar DÖV 1991, 813) auf andere
Vermögensträger unter Aufgabe der Verantwortlichkeit
der Treuhandanstalt zu überführen (vgl. Gimmy VIZ
1995, 19, 21; Schaefer DtZ 1994, 205, 206). Gegenüber dem
vorherigen Rechtszustand war damit eine Änderung der Aufgaben
nicht verbunden. Der neue Aufgabenträger ist damit nach wie
vor an den gesetzlichen Privatisierungsauftrag gemäß
§ 23 a Abs. 1 S. 2 TreuhG gebunden (Gimmy VIZ 1995, 19, 20;
Schaefer aaO).
bb) Alleingesellschafterin der TLG als bundesunmittelbare Gesellschaft
war die Bundesrepublik Deutschland. Zur Erfüllung der der TLG
übertragenen liegenschaftsbezogenen Aufgaben hatte sie "die
nicht betriebsnotwendigen Grundstücke von der Bundesanstalt
für vereinigungsbedingte Sonderaufgaben (BvS) zu einem im
Rahmen eines Bewertungsverfahrens ermittelten, (ihr) kreditierten und
gestundeten Kaufpreis" erworben. Die Übertragung der
Grundstücke auf die TLG erfolgte grunderwerbssteuerlich
privilegiert nach dem Vermögenszuordnungsgesetz; weiterhin
verfügte sie nach § 3 des Gesellschaftsvertrages vom
19. Dezember 1994 "über ein von der Bundesrepublik Deutschland
übernommenes Stammkapital in Höhe von 100.000.000
DM". Allerdings reicht - was auch die Strafkammer erkennt - dieser
Gesichtspunkt der Beteiligung für sich allein (noch) nicht
aus, eine privatrechtlich organisierte Gesellschaft mit einer
"sonstigen Stelle" im Sinne des § 11 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. c
StGB gleichzustellen (vgl. BGHSt 38, 199, 203; 45, 16, 20).
cc) Hinzu kommt hier jedoch, daß die TLG - wie auch die
Revision zugesteht - üblicherweise Aufgaben der
öffentlichen Verwaltung wahrnimmt. Nach § 2 Abs. 2
des Gesellschaftsvertrages vom 19. Dezember 1994 hatte sie unter
anderem "die auf das Bundesministerium der Finanzen
übertragenen liegenschaftsbezogenen Aufgaben der
Treuhandanstalt zu erfüllen und hierbei in den neuen
Ländern Liegenschaften nach dem Prinzip der sozialen
Marktwirtschaft zu privatisieren, zu verwalten, zu entwickeln und zu
verwerten". Aufgrund dieser vorrangigen Aufgabe der
Veräußerung ehemals volkseigener - und damit
öffentlicher - (anvertrauter) Grundstücke an eine
rein wirtschaftliche Betätigung des Staates deshalb zu denken,
weil die TLG "im unternehmerischen Wettbewerb mit privaten
Konkurrenten" (auch) auf Gewinnerzielung ausgerichtet war, greift zu
kurz: Nach § 2 Abs. 2 des Gesellschaftsvertrages und
§ 23 a Abs. 1 TreuhG in Verbindung mit dessen
Präambel ist die an der sozialen Marktwirtschaft ausgerichtete
Tätigkeit der TLG von wirtschaftlichen Lenkungszwecken
gekennzeichnet, nämlich die Wettbewerbsfähigkeit
möglichst vieler Unternehmen herzustellen und somit
Arbeitsplätze zu sichern und zu schaffen. Die TLG ist damit
nicht nur eine "reine Vermarktungsorganisation". Daß auch
Gewinnerzielungsabsichten bestehen, ist angesichts der anderen
Zwecksetzungen und Aufgabenbereiche der TLG, zu denen eine enge
Wechselbeziehung besteht, unschädlich (vgl. auch BGHSt 31,
264, 274 f.).
dd) Die TLG unterliegt auch staatlicher Steuerung. Zwar folgt dies
nicht schon allein daraus, daß - wie die Strafkammer
zutreffend erkennt - die Bundesrepublik als Inhaberin
sämtlicher Geschäftsanteile der GmbH "die damit
verbundene Inhaberaufsicht" hatte (vgl. auch BGHSt 43, 370, 378; 45,
16, 20; Ransieck NStZ 1998 564, 565), und ihr "die haushaltsrechtlichen
Kontroll- und Prüfungsrechte" zustanden (vgl. BGHSt 45, 16,
20). Auch der Umstand, daß nach §§ 18, 19
des Gesellschaftsvertrages "an den jeweiligen Niederlassungen
Länderbeiräte eingerichtet worden waren, denen die
Niederlassungen über ihre Tätigkeiten zu berichten
hatten", begründet weder für sich allein noch in der
Zusammenschau mit den vorgenannten Umständen die Annahme
"staatlicher Steuerung", zumal diese Länderbeiräte
"keinen unmittelbaren Einfluß auf die
Geschäftstätigkeit der TLG (neu) ausüben
konnten".
Zutreffend hat das Landgericht jedoch der
Geschäftstätigkeit der TLG, die sich im Wesentlichen
auf den unverändert fortgeltenden Privatisierungsauftrag
bezog, eine ausreichende staatliche Steuerung entnommen. Das
Bundesministerium der Finanzen nahm für die Bundesrepublik
Deutschland mittels einer mit der TLG abgestimmten "strengen
Verkaufsrichtlinie" auf die "gesamte Tätigkeit" der
Kaufvertragsabschlüsse Einfluß.
ee) Schließlich besitzt die TLG aufgrund der sie einbindenden
rechtlichen Vorschriften in ihrem Bereich (auch) eine monopolartige
Stellung, so daß der einzelne Staatsbürger auf ihr
Funktionieren in gleicher Weise angewiesen ist, wie er dies beim
Handeln einer Behörde oder sonstigen Körperschaft des
öffentlichen Rechts wäre (vgl. dazu BGHSt 38, 199,
204). Die Privatisierung und Reorganisierung ehemals volkseigenen
Vermögens ist - soweit es Liegenschaften betrifft, die sich
nicht auf land- und forstwirtschaftliches Vermögen beziehen -
allein der TLG zugewiesen. Hinsichtlich dieser (speziellen) Aufgabe
steht sie gerade nicht in Konkurrenz mit anderen rein privatrechtlich
organisierten Unternehmen. Das betrifft - wie die Revision wegen der
Zuordnung zur öffentlichen Hand meint - nicht nur die
"Auftraggeberseite"; vielmehr tritt die TLG angesichts des jeweils zu
verwirklichenden wirtschaftlichen Lenkungszwecks auch
gegenüber dem Bürger zumindest "faktisch"
monopolartig auf (vgl. auch KG NStZ 1994, 242, 243; Heinrich aaO S. 453
ff., 467 ff., 688 f. m.w.N.).
Aufgrund dieser engen Verzahnung mit dem Bundesministerium der Finanzen
einerseits und der mit der Organisationsreform einhergehenden
unveränderten Aufgabenstellung andererseits erfüllt
die TLG bei Gesamtbetrachtung der sie kennzeichnenden Merkmale die
Voraussetzungen einer "sonstigen Stelle" im Sinne des § 11
Abs. 1 Nr. 2 Buchst. c StGB.
2. In der Urteilsformel fehlt auf Grund offenbaren Fassungsversehens
die Tatbezeichnung, nämlich daß der Angeklagte wegen
Bestechlichkeit verurteilt ist. Das entspricht den Feststellungen des
Landgerichts und ist insofern entsprechend § 354 Abs. 1 StPO
zu ergänzen. Sowohl aus den Urteilsgründen als auch
aus der protokollierten Liste der angewendeten Vorschriften (§
332 Abs. 1 und Abs. 3 StGB), ergibt sich, daß eine solche
Verurteilung gewollt war, so daß der Tenor entsprechend zu
ergänzen ist (vgl. Kleinknecht/Meyer-Goßner aaO
§ 354 Rdn. 33 m.w.N.).
III. Da auch der Strafausspruch rechtlicher Nachprüfung stand
hält, erweist sich das Rechtsmittel des Angeklagten als
unbegründet.
Maatz Kuckein Athing
Solin-Stojanovic Ernemann
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