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BGH, Urteil vom 12. Mai 2005 - 5 StR 283/04


Entscheidungstext  
 
BGH, Urt. v. 12.5.2005 - 5 StR 283/04
Nachschlagewerk: ja
BGHSt : nein
Veröffentlichung: ja
StGB § 264a Abs. 1
Erhebliche Umstände im Sinne des § 264a Abs. 1 StGB
sind nur solche Gesichtspunkte, die nach Art des
Geschäfts für einen durchschnittlichen Anleger von
Bedeutung sein können; maßgeblich sind dabei die
Erwartungen des Kapitalmarkts.
BGH, Urteil vom 12.05.2005 - 5 StR 283/04
LG Berlin -
5 StR 283/04
BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
vom 12.05.2005
in der Strafsache
gegen
1.
2.
3.
4.
wegen Betruges u. a.
- 2 -
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat augrund der Hauptverhandlung
vom 11. und 12.05.2005, an der teilgenommen haben:
Richter Häger
als Vorsitzender,
Richterin Dr. Gerhardt,
Richter Dr. Raum,
Richter Dr. Brause,
Richter Schaal
als beisitzende Richter,
Oberstaatsanwältin beim Bundesgerichtshof
als Vertreterin der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt H
als Verteidiger des Angeklagten S ,
Rechtsanwalt M
als Verteidiger des Angeklagten Mi ,
Rechtsanwalt W ,
Rechtsanwalt U
als Verteidiger des Angeklagten P ,
Rechtsanwalt Wa
als Verteidiger des Angeklagten R ,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,
- 3 -
am 12.05.2005 für Recht erkannt:
Die Revisionen der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil
des Landgerichts Berlin vom 16. Oktober 2003 werden
verworfen.
Die Staatskasse trägt die Kosten der Rechtsmittel und
die den Angeklagten insoweit entstandenen notwendigen
Auslagen.
- Von Rechts wegen -
G r ü n d e
Das Landgericht hat die Angeklagten vom Vorwurf des Betruges in
655 Fällen aus tatsächlichen Gründen freigesprochen. Den Angeklagten
S hat es zudem vom Vorwurf des Kapitalanlagebetrugs, die Angeklagten
Mi , P und R auch vom Vorwurf der Untreue freigesprochen.
Die hiergegen gerichteten Revisionen der Staatsanwaltschaft bleiben
ohne Erfolg.
I.
Die Staatsanwaltschaft legt dem Angeklagten S als maßgeblichem
Verantwortlichen der E -G zur Last, im Jahre 1993 die
beiden Immobilienfonds T
(künftig: T ) und
D (künftig:
D ) aufgelegt und die Anleger über die Werthaltigkeit der hierfür gegebe-
4 -
nen Garantien getäuscht zu haben. Tatsächlich sei die Holding, schon als die
Fondsanteile angeboten wurden, überschuldet und zahlungsunfähig gewesen.
Den Mitangeklagten P , Mi und R , die in leitender
Funktion bei der B V b . (künftig: BVB) tätig waren, wirft die
Staatsanwaltschaft vor, in Kenntnis der schlechten wirtschaftlichen Verhältnisse
der E -G notwendige Zwischenfinanzierungen gewährt und
so die Auflage der Fonds erst ermöglicht zu haben. Hierbei soll es den Angeklagten
um die Nachschüsse der Anleger gegangen sein, zu deren Erbringung
sich diese verpflichtet hatten und die der BVB abgetreten worden seien.
Nach Auffassung der Staatsanwaltschaft hatten die Angeklagten durch ihre
Kreditgewährungen zugleich ihre Treuepflicht gegenüber der BVB verletzt,
weil die BVB dadurch erheblichen Regreßansprüchen ausgesetzt worden
wäre.
1. Hinsichtlich des Fonds D stellt das Landgericht fest, daß bereits
im Juni 1991 die zur E -G gehörende B -T sukzessive die
Grundstücke Brunsbütteler Damm 77/Altonaer Straße 72 in Berlin Spandau
für 10 Mio. DM zzgl. Nebenkosten in Höhe von 1 Mio. DM sowie das Grundstück
Brunsbütteler Damm 75/Altonaer Str. 70 für 3,2 Mio. DM erworben hatte.
Die beiden Gründstücke wurden schließlich für denselben Gesamtpreis
auf die E I G B D KG
übertragen. Der Kauf wurde durch die BVB finanziert, die durch eine erstrangige
Grundschuld gesichert war. Auf diesen Grundstücken war mit einem
Investitionsvolumen von etwa 100 Mio. DM ein Projekt mit 13.400 qm Bürofläche,
Tiefgarage und weiteren Stellplätzen geplant. Die D sollte als geschlossener
Immobilienfonds gebildet werden und das bebaute Grundstück
schlüsselfertig erwerben. Die Endfinanzierung - nach Zwischenfinanzierung
durch die BVB - sollte durch die Berlin Hyp
(künftig: BerlinHyp) erfolgen. Für die Einwerbung der Fondsgelder wurde ein
Prospekt von der Firma GFC
- 5 -
(künftig: GFC) in Abstimmung
mit Mitarbeitern der E -G entwickelt. Nach den Angaben im
Prospekt sollte über die eingezahlten Eigenmittel nur mit Zustimmung eines
Mittelkontrolleurs verfügt werden dürfen. Auf eine vom Angeklagten S
als Vertreter der E B GmbH als Verkäuferin und zugleich
für die D als Käuferin in Anspruch genommene Freistellung gemäß § 7
Abs. 1 Satz 1 der Makler- und Bauträgerverordnung (MaBV) war im Prospekt
nicht hingewiesen.
Am 11. Mai 1995 war das Kommanditkapital vollständig gezeichnet,
wobei sogar eine Überzeichnung von 10 % erreicht wurde. Insgesamt übernahmen
340 Anleger Kommanditanteile in Höhe von 32,5 Mio. DM.
Nach den Feststellungen des Landgerichts hat der Angeklagte S
das Gelände der ehemaligen im Stile einer Moschee erbauten Zigarettenfabrik
„Yenidze“ in Dresden mit notariellem Vertrag vom 21. November
1991 für die am 22. November 1991 ins Handelsregister eingetragene
T GmbH & Co. KG erworben. Neben Auflagen des Denkmalschutzes
enthielt der Vertrag auch eine Garantie der Anzahl der in dem Objekt
durch Mieter oder Betreiber zu beschäftigenden Arbeitnehmer (100 im
ersten Bauabschnitt, weitere 100 im zweiten Bauabschnitt und 300 Arbeitnehmer
nach Inbetriebnahme). Ebenso war eine Investitionssumme in Höhe
von 80 Mio. DM festgeschrieben. Die Einhaltung beider Verpflichtungen wurde
durch eine Vertragsstrafe gesichert.
Im Herbst 1993 entschlossen sich der Angeklagte S und
seine Mitgeschäftsführer Ra und B , das Projekt als geschlossenen
Immobilienfonds zu vermarkten. Auch insoweit wurde die Einwerbung
der Kommanditisten der G übertragen, die gegenüber der T
eine Plazierungsgarantie übernahm. Für den Fonds T war
- wie im Prospekt angekündigt - ein Mittelverwendungskontrolleur eingesetzt.
Einen Hinweis auf die vertragsstrafenbewehrte Investitions- und Ar-
6 -
beitsplatzgarantie enthielt der Prospekt nicht. Bereits im Dezember 1993 war
der Fonds voll gezeichnet. Insgesamt beteiligten sich 315 Anleger mit einer
Gesamteinlage von 31,3 Mio. DM.
Zunächst geriet die D im Jahre 1995 in eine Liquiditätskrise, die
dadurch bedingt war, daß in Berlin die erzielbaren Mieten deutlich zurückgingen.
Im Herbst 1995 wurden die Kommanditisten auf ihre Nachschußpflicht
in Höhe von 50 % der Pflichteinlagen in Anspruch genommen. Im November
1995 kündigte die BerlinHyp ihre Endfinanzierungszusage hinsichtlich
der D . Auch die T geriet in den Strudel der Liquiditätskrise
der E -G . Die BerlinHyp kündigte dort gleichfalls im November
1995 ihre Endfinanzierungszusage.
2. Das Landgericht hat eine Strafbarkeit wegen Betruges aus tatsächlichen
Gründen verneint. Die Angeklagten hätten darauf vertrauen dürfen,
daß ungeachtet der zwischenzeitlich aufgetretenen Liquiditätsprobleme
die beiden Fonds hätten realisiert werden können. Die angeklagten Bankmitarbeiter
hätten die Kreditvorlagen sorgfältig geprüft; dies ergebe sich insbesondere
aus der Aussage der Zeugin, die ihren Vorgesetzten in dieser Kreditangelegenheit
zugearbeitet habe. Auch der Angeklagte S habe
sich im Hinblick auf zu erwartende anderweitige Vermögenszuflüsse darauf
verlassen dürfen, daß die von ihm geleitete E -G die Verluste der
B -T aus dem Jahre 1993 würde überwinden können.
Ebensowenig habe sich der Angeklagte S eines Kapitalanlagebetrugs
nach § 264a StGB schuldig gemacht. Die Abbedingung der Sicherungen
gemäß § 7 Abs. 1 Satz 1 MaBV sei schon deshalb kein hinweispflichtiger
Umstand, weil durch die Einschaltung eines Mittelverwendungskontrolleurs
und die Erklärung der BVB, die Gelder nur nach Baufortschritt
freizugeben, eine gleichwertige Sicherheit bestanden habe. Hinsichtlich des
Fonds T hätte allerdings auf die vertragsstrafenbewehrten Arbeitsplatz-
und Investitionsgarantien hingewiesen werden müssen. Diese
- 7 -
seien zwar erhebliche Tatsachen im Sinne des § 264a StGB. Insofern lasse
sich jedoch die Einlassung des Angeklagten S nicht widerlegen, er
habe die Information nicht für wesentlich erachtet, weil nach seinem Konzept
die Erfüllung dieser Verpflichtungen gesichert gewesen sei.
II.
Die Revisionen der Staatsanwaltschaft, die eine Verletzung formellen
und materiellen Rechts rügen, sind unbegründet.
1. Die Verfahrensrügen bleiben ohne Erfolg.
a) Die umfassende Zubilligung eines Auskunftsverweigerungsrechts
nach § 55 StPO gegenüber dem Zeugen Bl war nicht rechtsfehlerhaft.
Abgesehen davon, daß die Beurteilung der Verfolgungsgefahr im tatrichterlichen
Ermessen steht (BGHR StPO § 55 Abs. 1 Auskunftsverweigerung 2),
liegen die Voraussetzungen einer umfassenden Auskunftsverweigerung vor,
weil gegen den Zeugen hinsichtlich des Komplexes T ein Ermittlungsverfahren
wegen Betruges geführt wurde. Beide Projekte sind schon
allein deshalb wirtschaftlich eng miteinander verflochten, weil sie maßgebend
von der E -G getragen wurden und deren wirtschaftliche Situation
das Schicksal beider Fonds maßgeblich beeinflußte. Aus der möglichen
Überschuldung der E -G leitet die Staatsanwaltschaft den Betrugsvorwurf
her. Es liegt deshalb nahe, daß belastende Angaben des Zeugen
zum Tatkomplex D auch Rückschlüsse auf die Vermögenssituation
des Fonds T und insbesondere auf die subjektive Tatseite hätten
erlauben können.
b) Die Beweisantragsrügen, mit denen die Staatsanwaltschaft die
Ablehnung der Einvernahme der Anleger beanstandet, sind unzulässig. Die
Rügen sind nicht in der Form des § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO erhoben. Zu ihrer
Begründung teilt die Staatsanwaltschaft - häufig auszugsweise - Schrei-
8 -
ben oder interne Vermerke mit. Abgesehen davon, daß schon die Vollständigkeit
dieser Aktenbestandteile aus sich heraus nicht verifiziert werden
kann, begegnet diese Form der Materialaufbereitung aus anderen Gründen
durchgreifenden Bedenken. Die Staatsanwaltschaft selektiert insoweit das
von ihr für entscheidungserheblich gehaltene Urkundenmaterial, als sie zwar
möglicherweise belastende Textteile in ihre Revisionsbegründung einbezieht,
möglicherweise entlastende Dokumente, mit denen sie sich ansatzweise
auseinandersetzt, dem Revisionsgericht aber vorenthält, wie etwa das von
der Revision erwähnte Gutachten der C .
Damit ist das Vollständigkeitsgebot des § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO verletzt.
Zudem sind die Beweisantragsrügen aus einem weiteren Grund unzulässig.
Die Staatsanwaltschaft trägt insoweit vor, daß die Erhebung der
Beweise - entgegen der Auffassung des Landgerichts - nicht nur der Vervollständigung
des äußeren Tatgeschehens gedient habe, sondern sich hieraus
auch Rückschlüsse auf die innere Tatseite hätten ergeben können. Dann
allerdings hätte die Staatsanwaltschaft, der dieses - aus ihrer Sicht bestehende
- Mißverständnis über die Reichweite der Beweisanträge aus der Begründung
der Ablehnungsbeschlüsse bewußt war, eine Klarstellung ihres
Beweisziels vornehmen müssen (BGHR StPO § 244 Abs. 6 Beweisantrag
37). Daß sie jeweils zu den die Beweisanträge zurückweisenden Gerichtsbeschlüssen
eine solche Erklärung abgegeben hat, trägt die Staatsanwaltschaft
jedoch nicht vor.
c) Die Ablehnung der Einvernahme des Zeugen He ist aus
Rechtsgründen gleichfalls nicht zu beanstanden. Die Staatsanwaltschaft hat
diesen bei der BVB beschäftigten Zeugen zum Beweis der Tatsache benannt,
im Immobiliengeschäft der neuen Länder tätigen Personen sei es bekannt,
daß mit der Treuhandanstalt vertraglich vereinbarte vertragsstrafenbewehrte
Investitionsgarantien nur durch solche Investitionen erfüllt werden
könnten, die im Anlagevermögen aktivierungsfähig seien. Diesen Antrag hat
das Landgericht zurückgewiesen, weil diese Tatsache für die Entscheidung
- 9 -
ohne Bedeutung sei (§ 244 Abs. 3 StPO). Dabei hat es zutreffend darauf abgestellt,
daß sich weder aus der Auffassung dieses Zeugen noch anderer
Personen ein Schluß darauf ziehen lasse, welche Kenntnis der Angeklagte
S von der Rechtsauffassung dieses nicht konkreten Personenkreises
hatte. Die im übrigen in das Wissen des Zeugen gestellten Behauptungen
sind Rechtsfragen, die keinem Zeugenbeweis zugänglich sind.
d) Die weiterhin von der Staatsanwaltschaft erhobene „allgemeine
Aufklärungsrüge“ ist nicht zulässig ausgeführt. Es fehlt die Angabe bestimmter
Beweistatsachen, die mit einem bestimmt bezeichneten Beweismittel hätten
bewiesen werden können. Die Rüge der Staatsanwaltschaft erschöpft
sich demgegenüber in allgemeinen Erwägungen, welche Ermittlungen noch
hätten durchgeführt werden können.
2. Auch die sachlich-rechtlichen Beanstandungen der Staatsanwaltschaft
sind unbegründet.
a) Die Angriffe der Staatsanwaltschaft gegen die Beweiswürdigung
des Landgerichts bleiben erfolglos. Die Beweiswürdigung ist Sache des Tatrichters.
Die revisionsgerichtliche Überprüfung beschränkt sich darauf, ob die
Beweiswürdigung widersprüchlich, unklar oder lückenhaft ist oder gegen
Denkgesetze oder gesicherte Erfahrungssätze verstößt (vgl. BGH
NStZ 2002, 48 m.w.N.). Einen solchen Mangel zeigen die Revisionen der
Staatsanwaltschaft nicht auf.
aa) Die Beweiswürdigung zur wirtschaftlichen Ausgangssituation der
beiden Fonds ist nicht lückenhaft. Das Landgericht setzt sich im gebotenen
Umfang mit der wirtschaftlichen Entwicklung der E -G auseinander.
Dabei bedarf es keiner ins einzelne gehenden Darstellung, die auf sämtliche
Bilanzpositionen eingeht. Solches würde die Urteilsgründe überfrachten.
Sie dienen nicht der Dokumentation sämtlicher in der Hauptverhandlung
erhobenen Beweise zur wirtschaftlichen Situation des Unternehmens, son-
10 -
dern sie sollen dem Revisionsgericht die Überprüfung der Beweiswürdigung
auf etwaige Rechtsfehler ermöglichen (BGHR StPO § 267 Abs. 1 Satz 1
Sachdarstellung 12). Der Tatrichter hat die wesentlichen wirtschaftlichen Daten
der Unternehmen darzustellen und zu bewerten.
Dem ist das Landgericht in ausreichendem Maße nachgekommen.
Es teilt mit, daß die E -G im Jahre 1993 im Zusammenhang mit
einer Investition in Spanien Verluste in Höhe von 30 Mio. DM erlitten sowie
wegen Ankaufs einer Beteiligung weitere 10 Mio. DM Verbindlichkeiten aufgebaut
hatte. Demgegenüber stellt das Landgericht - auf die seinerzeitige
Auffassung eines Wirtschaftsprüfers gestützt - auf die zu erwartenden Gewinne
aus anderen Immobilienprojekten in Höhe von 23 Mio. DM sowie in
den Folgejahren auf die zu erwartenden Erträge in Höhe von 38 Mio. und
15 Mio. DM ab. Weiterhin berücksichtigt es das Vermögen des Angeklagten
S in Höhe von 41 Mio. DM, der maßgeblich als Hauptgesellschafter
und Geschäftsführer wirtschaftlich hinter der Gruppe stand und im Mai 1995
eine persönliche Bürgschaft in Höhe von 79 Mio. DM übernahm.
bb) Das Landgericht geht rechtsfehlerfrei davon aus, daß die Fonds
- was ihre Kalkulation auf dem seinerzeitigen Wissensstand anging - lebensfähig
gewesen wären. Das Landgericht bezieht sich insoweit auf die konkret
zu erwartenden Mieten, die es ersichtlich für erzielbar eingeschätzt hat. Den
Zusammenbruch der beiden Fonds erklärt die Strafkammer aus dem Verfall
der Immobilienpreise und Mieten in den neuen Ländern und Berlin ab Mitte
des Jahres 1995. Diese Wertung des Landgerichts begegnet aus Rechtsgründen
keinen Bedenken.
cc) Im Ergebnis führt auch die Würdigung des Landgerichts zu den
Gutachten der Sachverständigen We und Pa nicht zu einem den Bestand
des Urteils gefährdenden Fehler in der Beweiswürdigung. Hierzu teilt
das Landgericht nur mit, daß diese Gutachter von einer Überschuldung der
E -H ausgingen. Den Grund für eine Überschuldung sahen die
- 11 -
Sachverständigen in den für die Mietgarantien zu treffenden Rückstellungen
in der Bilanz. Allerdings folgt das Landgericht insoweit den Gutachtern nicht,
weil diese die zugrundegelegten Werte nicht auf der Grundlage einer eigenen
Prüfung ermittelt, sondern diese Daten ungeprüft aus den Berechnungen
des Sachverständigen K entnommen hätten. Bedenklich ist dabei die
daran anknüpfende Schlußfolgerung des Landgerichts, daß allein aus diesem
Grunde die Aussagen der Sachverständigen We und Pa nicht
geeignet seien, die Ergebnisse des Sachverständigen K zu erschüttern.
Warum die aus demselben Datenmaterial gezogenen Schlußfolgerungen der
Sachverständigen We und Pa schon deshalb unzuverlässig sein sollen,
erschließt sich dem Senat nicht.
Letztlich gefährdet der Widerspruch jedoch den Bestand des Urteils
nicht, weil die Ausführungen des Landgerichts zur subjektiven Tatseite jedenfalls
rechtlicher Überprüfung standhalten. Insofern kommt es auch nicht entscheidend
darauf an, wie ein Sachverständiger in einer ex-post Betrachtung
eine Überschuldung beurteilt. Für den Vorwurf des Betruges ist maßgeblich
der Zeitpunkt der Einwerbung der Anleger. Dies erfordert eine Betrachtung
der Vermögenssituation zu diesem Zeitpunkt.
Das Landgericht erfüllt bei seiner Beweiswürdigung im Ergebnis die
Anforderungen, die nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs an die
Feststellung des subjektiven Tatbestands zu stellen sind. Danach kann bei
komplexen Entscheidungsprozessen gerade im Zusammenhang mit Kreditgewährungen
bei der Prüfung der insoweit allein in Betracht kommenden
Vorsatzform des „dolus eventualis“ nicht allein auf die Wahrscheinlichkeit
eines Erfolgseintritts abgestellt werden. Maßgeblich ist vielmehr eine Gesamtwürdigung
der Umstände des Einzelfalls, bei denen insbesondere die
Motive und die Interessenlage der Angeklagten zu beachten sind (BGHSt 46,
30, 34 f.; 48, 331, 346 ff.). Diesem Maßstab wird die Beweiswürdigung des
Landgerichts gerecht. Es hat in Rechnung gestellt, daß insbesondere von
den angeklagten Bankmitarbeitern Liquiditätsprobleme gesehen wurden. Da-
12 -
bei haben diese - was das Landgericht insbesondere der Aussage der Zeugin
E entnimmt - auf der Grundlage der von dieser Zeugin erstellten
Entscheidungsvorschläge eine kaufmännisch vertretbare Lösung gesucht.
Daß die Angeklagten zwischenzeitlich gezweifelt haben, spricht insoweit
nicht für einen (bedingten) Betrugsvorsatz, sondern tendenziell eher dagegen,
weil die Angeklagten sich ersichtlich ihre Entscheidung nicht einfach
gemacht haben. Hinzu kommt, daß durch Wirtschaftsprüfer zweimal für die
E -G eine positive Zukunftsprognose gestellt wurde. Auf dieser
Tatsachengrundlage konnte das Landgericht rechtsfehlerfrei von einem fehlenden
Vorsatz bei den Angeklagten P , Mi und R ausgehen.
Bezüglich des Angeklagten S hat das Landgericht ebenso
rechtlich bedenkenfrei dem Gesichtspunkt besonderes Gewicht beigemessen,
daß er selbst eine persönliche Bürgschaft in Höhe von 79 Mio. DM eingegangen
ist. Damit hat er sein gesamtes Vermögen, das vom Landgericht
auf 41 Mio. DM beziffert wurde, gefährdet. So hätte der Angeklagte S
nicht gehandelt, wenn er ernstlich mit dem Scheitern der Projekte gerechnet
hätte.
Entgegen der Auffassung der Staatsanwaltschaft spricht nicht entscheidend
dagegen, daß hinsichtlich der übernommenen Vermietungsgarantien
keine Bankhinterlegungen vorgenommen oder jedenfalls keine umfänglichen
bilanziellen Rückstellungen getroffen worden sind. Das Landgericht hat
diesen Gesichtspunkt gesehen und zutreffend erörtert. Insoweit kommt es
allein darauf an, ob das zum Zeitpunkt der Einwerbung der Anleger bestehende
Finanzierungssystem die Stellung solcher Mietgarantien erlaubt hätte.
Nach der seinerzeitigen Finanzplanung hätten Gelder vorgesehen sein müssen,
die eine solche bankunterlegte Garantie ermöglicht hätten. Dies hat das
Landgericht rechtsfehlerfrei bejaht. Eine Bankgarantie brauchte die E -
G erst nach Fertigstellung, mithin also im Zeitpunkt der Vermietbarkeit
der projektierten Büroräume. Deshalb kann aus dem Fehlen der Bereitstellung
einer Bankgarantie nicht auf einen Betrugsvorsatz geschlossen werden.
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b) Auf der Grundlage seiner rechtsfehlerfreien Beweiswürdigung zum
Betrugsvorwurf geht das Landgericht zutreffend davon aus, daß bei den Angeklagten
Mi , P und R auch kein Vergehen der Untreue zu
Lasten der BVB vorliegt. Eine Strafbarkeit nach § 266 StGB scheidet im vorliegenden
Fall schon deshalb aus, weil eine Pflichtwidrigkeit der Angeklagten
zum Zeitpunkt der Vergabe der Kredite zumindest in subjektiver Hinsicht
nicht festgestellt werden konnte.
c) Das Vorliegen eines Kapitalanlagebetrugs gemäß § 264a StGB
hinsichtlich des Angeklagten S hat das Landgericht gleichfalls
rechtsfehlerfrei ausgeschlossen. Danach wird bestraft, wer im Zusammenhang
mit dem Vertrieb von Anteilen über erhebliche Umstände in Prospekten
falsche Angaben macht oder nachteilige Tatsachen verschweigt (§ 264a
Abs.1 Nr.1 StGB).
aa) Das Tatbestandsmerkmal des erheblichen Umstands im Sinne
dieser Vorschrift erfüllen nur solche Gesichtspunkte, die nach der Art des
Geschäfts für einen durchschnittlichen Anleger von Bedeutung sein können.
Dabei liegt es auf der Hand, daß Prospektangaben schon ihrer Funktion
nach nicht auf Vollständigkeit angelegt sein können (Cramer in Schönke/
Schröder, StGB 26. Aufl. § 264a Rdn. 28 f.). Eine allzu weitgehende Umfänglichkeit
der gegebenen Informationen wäre für den Herausgeber des
Prospekts kaum handhabbar und für den Anleger oftmals nicht mehr überschaubar.
Die Offenbarungspflicht ist daher auf die wertbildenden Umstände
zu beschränken, die nach den Erwartungen des Kapitalmarkts für die Anleger
bei ihrer Investitionsentscheidung von Bedeutung sind (vgl. Tiedemann in
LK 11. Aufl. § 264a Rdn. 49). Dabei darf kein - im übrigen für den Prospektherausgeber
praktisch auch nicht erkennbarer - alle möglichen Anlegerinteressen
berücksichtigender subjektiver Maßstab angelegt werden. Vielmehr
ist eine verobjektivierte Betrachtungsweise geboten. Maßgeblich ist der
verständige, durchschnittlich vorsichtige Kapitalanleger, in dessen Rolle sich
- 14 -
der Herausgeber des Prospekts zu versetzen hat (vgl. BGHSt 30, 285, 293
zu § 265b Abs. 1 Nr. 1 StGB).
bb) Das Landgericht hat die Befreiung von der sich aus § 7 Abs. 1
Satz 1 MaBV ergebenden Pflicht rechtsfehlerfrei als nicht zu offenbarende
Tatsache im Sinne von § 264a Abs. 1 StGB angesehen. Nach der Art des
Anlageobjekts betraf dieser Gesichtspunkt keinen für die Kaufentscheidung
erheblichen Umstand. Zwar erlaubte diese Vertragsgestaltung eine vorfällige
Zahlung, was grundsätzlich die Rechtsstellung der Anleger hätte beeinträchtigen
können. Eine solche Möglichkeit ist jedoch für gewerbliche Vorhaben
durch die Makler- und Bauträgerverordnung ausdrücklich vorgesehen. Das
hiermit verbundene Risiko wurde durch die Einsetzung eines Mittelkontrolleurs
reduziert. Im übrigen bewirkte gerade die vorfällige Zahlung sogleich
höhere steuerliche Verlustzuweisungen, auf die es den Anlegern ersichtlich
aus steuerlichen Gründen ganz wesentlich ankam und die der Kapitalmarkt
bei derartigen Anlageformen auch erwartet.
cc) Hinsichtlich des Vorhabens T stellen die vertragsstrafenbewehrte
Investitionsverpflichtung und Arbeitsplatzgarantie, die in den
Prospekten verschwiegen wurden, allerdings solche erhebliche Umstände im
Sinne des § 264a Abs. 1 StGB dar. Dies ergibt sich schon daraus, daß aufgrund
der Vertragsstrafe im Falle einer unzureichenden Verwirklichung des
Projekts hohe Verbindlichkeiten hätten entstehen können. Diese Umstände
waren deshalb zu offenbaren.
Insoweit hat das Landgericht aber rechtlich bedenkenfrei die subjektive
Tatseite verneint. Die Erheblichkeit eines anlagerelevanten Umstands ist
ein normatives Tatbestandsmerkmal (Tiedemann in LK 11. Aufl. § 264a
Rdn. 66). Dies bedeutet, daß der Täter nicht nur die tatsächlichen Umstände
kennen, sondern zugleich die rechtliche Wertung der Erheblichkeit nachvollziehen
muß (vgl. Tröndle/Fischer, StGB 52. Aufl. § 264a Rdn. 20). Ob diese
Voraussetzung im Einzelfall gegeben ist, unterliegt tatrichterlicher Würdi-
15 -
gung, die das Revisionsgericht bis zur Grenze der Vertretbarkeit noch hinzunehmen
hat. Danach erscheint es unbedenklich, wenn das Landgericht insoweit
der Einlassung des Angeklagten S gefolgt ist, er habe diese
Verpflichtung gegenüber der Treuhandanstalt nicht für wesentlich gehalten,
weil schon nach der Konzeption der T diese Vorgaben erfüllt
worden wären. Da sich dann nicht die Frage einer Belastung mit einer Vertragstrafe
gestellt hätte, mag dieser Umstand nach der Vorstellung des Angeklagten
S tatsächlich von untergeordneter Bedeutung gewesen
sein. Jedenfalls überspannt das Landgericht im vorliegenden Fall noch nicht
in einem rechtlich bedenklichen Umfang die Anforderungen an den Nachweis
des Tatvorsatzes, wenn es insoweit aufgrund der Angaben des Angeklagten
S nicht auszuschließen vermochte, daß dieser die gegenüber der
Treuhandanstalt abgegebenen Garantien als nicht erheblich ansah.
Häger Gerhardt Raum
Brause Schaal



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