BGH,
Urt. v. 13.8.2009 - 3 StR 228/09
BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
3 StR 228/09
vom
13. August 2009
Nachschlagewerk: ja nur zu I. und II.
BGHSt: ja nur zu I. und II.
Veröffentlichung: ja nur zu I. und II.
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StGB § 86 a Abs. 1 Nr. 1 und 2, Abs. 2 Satz 1 und 2,
§ 86 Abs. 1 Nr. 2 und 4
1. Der in eine andere Sprache übersetzte Leitspruch einer
ehemaligen national-sozialistischen Organisation ist kein Kennzeichen,
das der Originalparole im Sinne des § 86 a Abs. 2 Satz 2 StGB
zum Verwechseln ähnlich ist.
2. Der Name einer Vereinigung oder Organisation nach § 86 Abs.
1 Nr. 2 und 4 StGB ist als solcher kein Kennzeichen im Sinne des
§ 86 a Abs. 2 Satz 1 StGB.
BGH, Urt. vom 13. August 2009 - 3 StR 228/09 - LG Gera
in der Strafsache
gegen
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wegen Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen u.
a.
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Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat aufgrund der Verhandlung
vom 30. Juli 2009 in der Sitzung am 13. August 2009, an denen
teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof
Becker,
der Richter am Bundesgerichtshof
Pfister,
die Richterin am Bundesgerichtshof
Sost-Scheible,
die Richter am Bundesgerichtshof
Hubert,
Mayer
als beisitzende Richter,
Bundesanwalt beim Bundesgerichtshof
- in der Verhandlung vom 30. Juli 2009 - ,
Oberstaatsanwalt - bei der Verkündung am 13. August 2009 -
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle,
für Recht erkannt:
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1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts
Gera vom 12. Dezember 2008 mit den Feststellungen aufgehoben.
2. Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das vorbezeichnete
Urteil mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben, soweit
eine Entscheidung über die Anordnung der Einziehung
unterblieben ist.
3. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch
über die Kosten der Rechtsmittel und die dem Angeklagten durch
die Revision der Staatsanwaltschaft entstandenen notwendigen Auslagen,
an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Verwendens von Kennzeichen
verfassungswidriger Organisationen zu einer Geldstrafe von 120
Tagessätzen zu je 35 € verurteilt. Gegen dieses
Urteil wenden sich der Angeklagte und die Staatsanwaltschaft mit ihren
auf die Verletzung sachlichen Rechts gestützten Revisionen.
Während der Angeklagte das Urteil insgesamt angreift und sich
insbesondere gegen die Beweiswürdigung des Landgerichts zur
subjektiven Tatseite wendet, beanstandet die Staatsanwaltschaft mit
ihrer insoweit beschränkten und vom Generalbundesanwalt
vertretenen Revision allein die
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Nichtanordnung der Einziehung der sichergestellten 100 schwarzen
T-Shirts, die u. a. die Aufschrift "Blood & Honour" aufweisen.
Beide Rechtsmittel haben Erfolg.
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I. 1. Das Landgericht hat folgende Feststellungen getroffen:
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Die rechtsextremistische Vereinigung "Blood & Honour Division
Deutschland" ist aufgrund der Verfügung des Bundesministers
des Innern vom 12. September 2000 seit dem 13. Juni 2001
bestandskräftig verboten, da sich die Aktivitäten der
Vereinigung gegen die verfassungsmäßige Ordnung und
den Gedanken der Völkerverständigung richteten. Der
Angeklagte, dem dieses Verbot bekannt war, transportierte am 16.
September 2005 in seinem Fahrzeug 100 schwarze T-Shirts in
unterschiedlichen Größen, die zum Verbreiten
bestimmt waren. Die T-Shirts waren wie folgt bedruckt: Die Vorderseite
wies den roten Schriftzug "Blood & Honour/C18" auf, ferner in
weißer Farbe eine Hand mit Revolver und darunter wieder in
roter Schrift "support your local section". Auf der Rückseite
waren die Schriftzüge "Blood & Honour is our voice
Combat 18 is our choice" aufgedruckt. Dass es sich bei den Worten
"Blood & Honour" um die englische Übersetzung der
Parole "Blut und Ehre" der Hitlerjugend handelte, war dem Angeklagten
bekannt. Die T-Shirts wurden anlässlich einer Polizeikontrolle
sichergestellt.
4
2. Das Landgericht hat die Auffassung vertreten, die auf den T-Shirts
aufgedruckten Worte "Blood & Honour" seien als wortgetreue
Übersetzung dem Leitspruch der Hitlerjugend ("Blut und Ehre")
zum Verwechseln ähnlich im Sinne des § 86 a Abs. 2
Satz 2 StGB. Der Angeklagte habe in Kenntnis dieses Umstandes die
Gegenstände vorrätig gehalten, indem er sie in seinem
Fahrzeug
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zum Zwecke des nachfolgenden Verbreitens transportiert habe. Er habe
sich deshalb gemäß § 86 a Abs. 1 Nr. 1 und
2, Abs. 2 i. V. m. § 86 Abs. 1 Nr. 4 StGB wegen Verwendens von
Kennzeichen einer ehemaligen nationalsozialistischen Organisation
strafbar gemacht.
Den in der Anklageschrift erhobenen weitergehenden Vorwurf eines
tateinheitlich begangenen Verstoßes gegen ein
Vereinigungsverbot nach § 85 Abs. 2 i. V. m. Abs. 1 Nr. 2 StGB
hat die Strafkammer gemäß § 154 a Abs. 2
StPO von der Verfolgung ausgenommen.
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II. Revision des Angeklagten
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Die bisherigen Feststellungen tragen die Verurteilung des Angeklagten
wegen Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen
(§ 86 a StGB) nicht.
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1. Die auf den sichergestellten T-Shirts auf der Vorder- und
Rückseite aufgebrachte englische Wortkombination "Blood
& Honour" ist dem von der Hitlerjugend als ehemaliger
nationalsozialistischer Organisation (Kontrollratsgesetz Nr. 2 vom 10.
Oktober 1945; BGH NStZ-RR 2009, 13) gebrauchten Leitspruch "Blut und
Ehre" nicht zum Verwechseln ähnlich im Sinne des § 86
Abs. 2 Satz 2 StGB (i. V. m. § 86 a Abs. 1 Nr. 1 und 2 sowie
§ 86 Abs. 1 Nr. 4 StGB). Die gegenteilige Auffassung der
Strafkammer ist mit der Auslegung, die dieses Tatbestandsmerkmal durch
die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs mit Blick auf den Schutzzweck
und die Wortlautgrenze der Norm gefunden hat, nicht vereinbar.
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a) § 86 a StGB dient der Abwehr der symbolhaft durch die
Verwendung eines Kennzeichens ausgedrückten Wiederbelebung
bestimmter verfassungsfeindlicher Organisationen. Als abstraktes
Gefährdungsdelikt wehrt die Vor-
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schrift Gefahren ab, die allein mit dem äußeren
Erscheinungsbild solcher Kennzeichen verbunden sind, und verbannt
deshalb die von diesen Organisationen verwendeten Symbole aus dem Bild
des politischen Lebens (BGHSt 52, 364, 373; BVerfG, Beschl. vom 18. Mai
2009 - 2 BvR 2202/08).
An diesem Schutzzweck orientiert sich die Wortauslegung des Begriffs
der "Ähnlichkeit" im Sinne des § 86 a Abs. 2 Satz 2
StGB. Danach sind nur solche Parolen, wie auch sonstige Kennzeichen,
"zum Verwechseln ähnlich", denen ein gesteigerter Grad
sinnlich wahrnehmbarer Ähnlichkeit mit dem Original zukommt.
Erforderlich ist hierfür eine objektiv vorhandene
Übereinstimmung in wesentlichen Vergleichspunkten. Es muss
nach dem Gesamteindruck eines durchschnittlichen Betrachters,
Hörers oder Lesers eine Verwechslung mit dem Original
möglich sein. Dafür genügt nicht, dass sich
lediglich einzelne Merkmale des Vorbildes in der Abwandlung wieder
finden, ohne dass dadurch einem unbefangenen Betrachter, der das
Original kennt, der Eindruck des Originalkennzeichens vermittelt wird
(BGH NStZ 2003, 31, 32; BGH NJW 2005, 3223 f.; BVerfG, Beschl. vom 18.
Mai 2009 - 2 BvR 2202/08). Erforderlich ist ferner, dass das Vorbild
tatsächlich als Kennzeichen einer verbotenen Organisation
existiert. Reine Fantasiekennzeichen, die nur den Anschein der
Zuordnung zu einer Organisation erwecken, werden von dem Tatbestand
nicht erfasst (BGH NJW aaO).
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b) Eine diesen Maßstäben genügende
Ähnlichkeit mit dem Originalleitspruch der Hitlerjugend weist
die englische Wortkombination "Blood & Honour" nicht auf. Dabei
kommt es - anders als beim Gebrauch der Parole "Ruhm und Ehre der
Waffen-SS" (BGH NJW aaO) - hier nicht entscheidend darauf an, dass das
Begriffspaar in einen Gesamtkontext eingebettet war. Denn selbst bei
seiner isolierten Betrachtung ist die Gefahr einer Verwechslung mit der
Losung der Hitlerjugend ausgeschlossen.
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aa) Die Beantwortung der Frage, ob Verwechslungsfähigkeit im
Sinne des § 86 a Abs. 2 Satz 2 StGB besteht, erfordert nach
den oben dargelegten Auslegungsgrundsätzen einen
Gesamtvergleich des ursprünglichen Kennzeichens mit dem neu
geschaffenen. Zu berücksichtigen sind hierbei alle
wesentlichen Merkmale, die das Original prägen. Ergibt dieser
Vergleich, dass das Vorbild infolge der vorgenommenen
Veränderungen oder Ergänzungen eine so starke
Verfremdung erfahren hat, dass sein ursprüngliches
Erscheinungsbild in den Hintergrund tritt oder dass es dadurch sogar
seinen Bedeutungsgehalt verliert, besteht die Gefahr einer Verwechslung
nicht (BGH NJW aaO; BVerfG aaO; Reuter, Verbotene Symbole S. 147). Dies
entspricht der Intention des Gesetzgebers, der durch die
Einführung des § 86 a Abs. 2 Satz 2 StGB lediglich
die Strafbarkeit leicht abgewandelter Symbole nationalsozialistischer
Organisationen sicherstellen wollte (BTDrucks. 12/6853 S. 23).
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bb) Einen solchen Gesamtvergleich hat das Landgericht nicht angestellt.
Für eine Verwechslungsgefahr hat es vielmehr als allein
ausreichend erachtet, dass das Begriffspaar "Blood & Honour" in
der wortgetreuen Übersetzung den gleichen Sinngehalt aufweist
wie die Losung "Blut und Ehre" der Hitlerjugend. Dem kann nicht gefolgt
werden.
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Dabei verkennt der Senat nicht, dass der Gebrauch der englischen
Sprache in weiten Teilen der Bevölkerung geläufig ist
und die Erfassbarkeit der Bedeutung der Begriffe hier zudem dadurch
begünstigt wird, dass das Wort "blood" im Klang- und
Schriftbild dem deutschen Wort "Blut" durchaus ähnelt und das
englische Wort "honour" im deutschen Sprachgebrauch vergleichbare
Anklänge findet, etwa in "honorig" im Sinne von ehrenhaft. Der
Senat sieht auch, dass die Parolen metrisch übereinstimmen und
die englischen Worte in einen auch im Übrigen
nationalsozialistischen Kontext eingebettet sind. Der Gebrauch der
Zahlenfolge 18 ist in rechtsextremistischen Kreisen eine
geläufige
15
- 9 -
Verschlüsselung für die Buchstaben AH (= Adolf
Hitler), die an erster und achter Stelle des Alphabets stehen.
Durch diese Umstände wird zwar - fraglos gewollt - ein leicht
erkennbarer Zusammenhang zur Losung der Hitlerjugend hergestellt. Dies
reicht indes für eine Verwechslungsfähigkeit im Sinne
des § 86 a Abs. 2 Satz 2 StGB nicht aus (ebenso Reuter aaO S.
172). Die englische Übersetzung stellt nicht nur eine leichte
und deshalb verwechselbare Abwandlung des Vorbilds dar, sondern bewirkt
- was das Landgericht in seine Abwägung nicht einbezogen hat -
eine grundlegende Umgestaltung des Symbolgehalts des Kennzeichens, das
in dieser neu geschaffenen Form von der Hitlerjugend nie benutzt wurde.
Die Übereinstimmung beider Kennzeichen erschöpft sich
letztlich im identischen Sinngehalt. Dieser hat jedoch den Leitspruch
der Hitlerjugend nicht allein geprägt. Vielmehr ist diese
Losung, wie alle Parolen ehemaliger nationalsozialistischer
Organisationen, untrennbar mit dem Gebrauch der deutschen Sprache
verknüpft, die sämtlichen NS-Leitsprüchen
eine unverwechselbare Prägung verliehen hat. Das typische
Erscheinungsbild der Parole der Hitlerjugend wird durch die
Übersetzung in die englische Sprache (oder in andere Sprachen)
deshalb grundlegend verändert. Sie verliert dadurch den sie
prägenden Symbolcharakter. Durch die Übertragung in
eine andere Sprache ist deshalb ein neues Kennzeichen entstanden, das
in dem Vorbild keine Entsprechung findet.
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Derart umgestaltete Symbole unterfallen jedoch nicht dem Schutzzweck
des § 86 a StGB. Die Vorschrift dient nicht dazu, jedwedes
Bekenntnis zu einer verfassungsfeindlichen oder nationalsozialistischen
Organisation unter Strafe zu stellen (vgl. Reuter aaO S. 151), sondern
tabuisiert lediglich tatsächlich existierende oder diesen zum
Verwechseln ähnliche Symbole dieser Organisationen.
Dafür reicht es nicht aus, dass das neue Kennzeichen lediglich
einen Bezug zu dem Originalkennzeichen herstellt, aber nicht mehr
dessen typischen Symbol-
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- 10 -
charakter vermittelt. Auf der Grundlage der vom Landgericht vertretenen
Rechtsauffassung kommt deshalb eine Verurteilung wegen eines
Verstoßes gegen § 86 a StGB nicht in Betracht.
2. Der Angeklagte kann sich jedoch - was im Urteil unerörtert
geblieben ist - deshalb wegen Verwendens von Kennzeichen
verfassungswidriger Organisationen strafbar gemacht haben, weil die
T-Shirts, die er zum Verbreiten vorrätig hielt, mit dem Namen
der im Sinne des § 86 Abs. 1 Nr. 2 StGB in Deutschland
unanfechtbar verbotenen Vereinigung "Blood & Honour" bedruckt
waren.
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a) Allerdings ist der Name einer Vereinigung als solcher, sofern nicht
weitere Umstände hinzutreten, kein Kennzeichen im Sinne des
§ 86 a Abs. 2 Satz 1 StGB (str.; ebenso Fischer, StGB 56.
Aufl. § 86 a Rdn. 3 a; aA Steinmetz in MünchKomm-StGB
§ 86 a Rdn. 7; Reuter aaO S. 140; bejahend für die
Abkürzung NSDAP: OLG Hamm NStZ-RR 2004, 12; Steinmetz NStZ
2004, 444; Stegbauer JR 2002, 186).
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Die Rechtsprechung hat zwar mit Blick auf den Schutzzweck der Norm
einen weiten Kennzeichenbegriff entwickelt (BGHSt 52, 364, 371 f.).
Kennzeichen sind danach alle sicht und hörbaren Symbole, deren
sich die in § 86 Abs. 1 Nr. 1, 2 und 4 StGB
aufgeführten Organisationen bedienen und bedient haben, um
propagandistisch auf ihre politischen Ziele und die
Zusammengehörigkeit ihrer Anhänger hinzuweisen.
Für die Kennzeicheneigenschaft kommt es dabei weder darauf an,
ob das Symbol einen gewissen Bekanntheitsgrad als Erkennungszeichen
einer bestimmten Vereinigung oder Organisation besitzt (vgl. BGHSt 47,
354), noch ist von Bedeutung, ob das Kennzeichen mehrdeutig ist und
deshalb auch in unverfänglichen Zusammenhängen
Verwendung findet (vgl. zum stilisierten Keltenkreuz BGHSt 52, 364).
Maßgeblich für die Begründung der
Kennzeicheneigenschaft ist allein, dass sich die Organisation ein be-
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- 11 -
stimmtes Kennzeichen durch Übung oder durch einen formalen
Autorisierungsakt als Symbol zu eigen gemacht hat.
Der Wortlaut des § 86 a Abs. 2 Satz 1 StGB setzt aber mit
Blick auf den verfassungsrechtlich garantierten Grundsatz der
Bestimmtheit der Norm (Art. 103 Abs. 2 GG) der Auslegung des
Kennzeichenbegriffs eine äußerste Grenze, die nicht
überschritten werden darf (BVerfGE 64, 389, 393 f.). Bei der
Auslegung darf deshalb nicht außer Acht gelassen werden, dass
das Gesetz - wenn-gleich nicht abschließend, aber dennoch
beispielhaft - markante Kennzeichen aufzählt, namentlich
Fahnen, Abzeichen, Uniformstücke, Parolen und
Grußformen, die dem Tatbestand unterfallen sollen. Durch
diese Aufzählung wird jedoch gleichzeitig die Reichweite des
Tatbestands bestimmt. Dies bedeutet, dass von der Vorschrift nur solche
körperlichen und nichtkörperlichen Erkennungszeichen
erfasst werden, die einen den beispielhaft aufgeführten
Kennzeichen entsprechenden Symbolcharakter aufweisen. Erforderlich ist
deshalb, dass sie einen gedanklich an das äußere
Erscheinungsbild gekoppelten, jedoch über dessen unmittelbaren
Informationsgehalt hinausgehenden Sinn vermitteln (Stegbauer,
Rechtsextremistische Propaganda im Lichte des Strafrechts S. 94).
Anerkannt ist dies etwa für Lieder und Kopfbilder von
Personen, die sinnbildhaft für eine Organisation oder
Vereinigung stehen (vgl. BGH MDR 1965, 923 - für das
Horst-Wessel-Lied und das Kopfbild Hitlers; BVerfG, Beschl. vom 18. Mai
2009 - 2 BvR 2202/08 - für den Anfang des Horst-Wessel-Liedes;
ablehnend hingegen für das Kopfbild von Rudolph Heß:
OLG Rostock NStZ 2002, 320).
21
Jedenfalls der bloßen, nicht abgekürzten
Namensbezeichnung einer Vereinigung kommt ein solcher über den
Informationsgehalt hinausgehender Symbolcharakter nicht zu. Sie
erschöpft sich vielmehr darin, die Vereinigung zu benennen,
ohne darüber hinaus, vergleichbar mit den im Gesetz
aufgeführten Kennzeichen, in symbolhafter Weise zu wirken
(vgl. Fischer aaO).
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- 12 -
b) Anders verhält es sich freilich dann, wenn sich eine
Vereinigung zur Namensgebung einer Parole oder einer
Grußformel bedient, die ihrerseits Symbol einer anderen
verbotenen Organisation ist oder einem solchen Kennzeichen im oben
dargestellten Sinn jedenfalls ähnelt. Dadurch, dass ein
verbotenes Sinnbild von einer anderen Vereinigung als Name verwendet
wird, verliert es nicht seinen ursprünglichen
Kennzeichencharakter. Die Tatbestandsvoraussetzungen des § 86
a StGB sind darüber hinaus auch dann erfüllt, wenn
der Name der verbotenen Vereinigung eine bestimmte Formgebung erfahren
hat, etwa als Parteiabzeichen gestaltet ist oder in signifikanten
Schriftzügen dargestellt wird (vgl. etwa für die
Sigrunen der SS und des Jungvolks BGH NStZ 1983, 261 und MDR bei
Schmidt 1986, 177). Durch eine solche Modifikation wird dem Namen einer
Vereinigung regelmäßig auch der Charakter eines
Sinnbildes verliehen.
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Mit der zuletzt genannten Möglichkeit hat sich das Landgericht
nicht auseinander gesetzt. Ob die Schriftzüge des Namens der
verfassungswidrigen Organisation "Blood & Honour" auf den
T-Shirts gestalterisch hervorgehoben waren und hierdurch einen die
Vereinigung kennzeichnenden Symbolcharakter erfahren haben, kann den
Gründen des angefochtenen Urteils nicht entnommen werden. Der
Senat vermag deshalb nicht zu beurteilen, ob unter dem Gesichtspunkt
einer symbolhaften Namensverwendung eine Strafbarkeit des Angeklagten
nach § 86 a StGB begründet ist.
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3. Der Senat verkennt nicht, dass die oben unter II. 1. und 2. a)
gefundenen Ergebnisse zur Konsequenz haben, dass die Verwendung
übersetzter NS-Parolen und gestalterisch nicht modifizierter
Namen verfassungswidriger Vereinigungen oder ehemaliger
NS-Organisationen unabhängig von den Gesamtumständen
ihres Gebrauchs unter dem Aspekt des § 86 a StGB straffrei
bleiben. Nicht auszuschließen ist deshalb, dass
einschlägige Kreise diesen Umstand für
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ihre Zwecke missbrauchen. Dies kann es jedoch nicht rechtfertigen, bei
der Auslegung des § 86 a Abs. 2 Satz 1 und 2 StGB unter
Verstoß gegen den Bestimmtheitsgrundsatz des Art. 103 Abs. 2
GG die äußerste Wortlautgrenze der Vorschrift zu
überschreiten. Dessen hätte es jedoch bedurft, um
für solche Fallgestaltungen eine Strafbarkeit nach §
86 a StGB zu begründen.
Hinzu kommt zum einen, dass auch das Bedürfnis nach
Rechtssicherheit und Rechtsklarheit gegen eine Ausdehnung des
Tatbestands auf den fremdsprachigen Gebrauch von NS-Parolen spricht.
Die Tatbestandsmäßigkeit hinge bei diesen
Fallgestaltungen entscheidend davon ab, ob die jeweilige Sprache, in
die der Leitspruch übersetzt ist, einen ausreichenden
Verbreitungsgrad in der Bevölkerung erfahren hat, um eine
Verwechslungsgefahr im Sinne des § 86 a Abs. 2 Satz 2 StGB
begründen zu können. Ob und wann dies der Fall ist,
wird sich jedoch nicht zuverlässig bestimmen lassen, so dass
im Einzelfall die Vorhersehbarkeit strafbaren Verhaltens nicht mehr
hinreichend gewährleistet wäre.
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Wollte man zum anderen schon den bloßen Namen einer von
§ 86 Abs. 1 Nr. 2 oder 4 StGB erfassten Organisation dem
§ 86 a Abs. 2 Satz 1 StGB subsumieren, so hätte dies
eine ausufernde, mit dem Schutzzweck des § 86 a StGB kaum mehr
zu rechtfertigende Ausdehnung der Strafbarkeit zur Folge. Denn damit
würde beispielsweise schon jede öffentliche Nennung
dieses Namens, die nicht der Sozialadäquanzklausel des
§ 86 a Abs. 3 i. V. m. § 86 Abs. 3 StGB
unterfällt, vom objektiven Tatbestand des § 86 a Abs.
1 Nr. 1 StGB erfasst.
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Im Übrigen sind Sachverhalte wie die vorliegenden nicht
notwendigerweise straffrei. Werden die Namen verfassungswidriger oder
ehemaliger nationalsozialistischer Organisationen oder
Übersetzungen von NS-Parolen etwa in einem propagandistischen
Zusammenhang gebraucht, kommt eine Strafbarkeit
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- 14 -
nach § 86 Abs. 1 Nr. 2 und 4, Abs. 2 StGB in Betracht. Zudem
können Verhaltensweisen wie die hier zu beurteilenden als
Verstoß gegen das Vereinigungsverbot dem Tatbestand des
§ 85 StGB unterfallen (siehe 4.).
4. Für die neue Hauptverhandlung weist der Senat auf Folgendes
hin:
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Sollte bei Zugrundelegung der unter II. 2. dargelegten
Rechtsgrundsätze eine Verurteilung des Angeklagten wegen
Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen nicht in
Betracht kommen, wird zu prüfen sein, ob er sich des
Verbreitens von Propagandamitteln verfassungswidriger Organisationen
nach § 86 Abs. 1 Nr. 2 und/oder 4 und Abs. 2 StGB schuldig
gemacht hat. In Anbetracht der eindeutig kämpferischen und
aggressiven Tendenzen der Aufschrift auf den sichergestellten T-Shirts
(Hand mit Pistole; Verwendung des Begriffs "Combat" für Kampf
bzw. Schlacht in Verbindung mit der Verschlüsselung "18"
für die Initialen Adolf Hitlers) erscheint eine Strafbarkeit
nach dieser Vorschrift nicht fern liegend. Der neue Tatrichter wird
sich daher unter Berücksichtigung der Anforderungen, die an
die Anwendbarkeit dieses Tatbestands zu stellen sind, mit dem
Aussagegehalt der auf den T-Shirts aufgebrachten Schriften und
Abbildungen auseinander zu setzen haben (vgl. BGHSt 8, 245, 247; 12,
174, 175; 23, 64, 72 f.). Schließlich wird zu
erwägen sein, die nach § 154 a Abs. 2 StPO
ausgeschiedene Gesetzesverletzung des § 85 Abs. 1 Nr. 2 und
Abs. 2 2. Alt. StGB wieder in das Verfahren einzubeziehen.
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Sollte der Angeklagte erneut verurteilt und wieder eine Geldstrafe
verhängt werden, verweist der Senat zur Frage der Bemessung
der Tagessatzhöhe auf die zutreffenden Ausführungen
in der Antragsschrift des Generalbundesanwalts.
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5. Der Senat erstreckt die Aufhebung auch auf die der Verurteilung
zugrunde liegenden, für sich rechtsfehlerfreien
Feststellungen, da das Landgericht diese allein mit Blick auf die
Verurteilung nach § 86 a StGB getroffen und daher den
tatsächlichen Umständen keine Aufmerksamkeit
zugewendet hat, die für eine Aburteilung der Tat als
Verbreiten von Propagandamitteln verfassungswidriger Organisationen
nach § 86 StGB bzw. als Verstoß gegen ein
Vereinigungsverbot nach § 85 StGB bedeutsam sein
können .
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III. Revision der Staatsanwaltschaft
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Das Rechtsmittel ist wirksam auf die unterbliebene Anordnung der
Einziehung der sichergestellten T-Shirts beschränkt. Es
führt zum Erfolg. Die T-Shirts hätten auf der
Grundlage der Rechtsauffassung des Landgerichts nach
§§ 92 b, 74, 74 d StGB eingezogen werden
können. Die gebotene Ermessensentscheidung hat das Landgericht
- ersichtlich versehentlich - nicht getroffen. Dies stellt einen
durchgreifenden Rechtsfehler zu Gunsten des Angeklagten dar. Zwar
erweist sich die Auffassung des Landgerichts rechtsfehlerhaft, so dass
das angefochtene Urteil auf die Revision des Angeklagten aufzuheben ist.
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Da jedoch aufgrund neu zu treffender Feststellungen noch eine
Verurteilung des Angeklagten in Betracht kommt, die eine Einziehung der
T-Shirts als weitere Rechtsfolge zulässt, muss die Revision
der Staatsanwaltschaft Erfolg haben.
Becker Pfister Sost-Scheible
Hubert Mayer |