BGH,
Urt. v. 13.8.2009 - 3 StR 576/08
BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
3 StR 576/08
vom
13. August 2009
in der Strafsache
gegen
wegen Untreue
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Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat aufgrund der Verhandlung
vom 9. Juli 2009 in der Sitzung am 13. August 2009, an denen
teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof
Becker,
die Richter am Bundesgerichtshof
Pfister,
von Lienen,
Dr. Schäfer,
Mayer
als beisitzende Richter,
Oberstaatsanwalt beim Bundesgerichtshof ,
Staatsanwältin - nur in der Verhandlung vom 9. Juli 2009 -
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
- nur in der Verhandlung vom 9. Juli 2009 - ,
Rechtsanwältin
als Verteidiger,
Justizangestellte in der Verhandlung vom 9. Juli 2009
Justizamtsinspektor bei der Verkündung am 13. August 2009
als Urkundsbeamte der Geschäftsstelle,
für Recht erkannt:
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Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des
Landgerichts Düsseldorf vom 19. Juni 2008 mit den
Feststellungen aufgehoben.
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch
über die Kosten des Rechtsmittels und die dem Angeklagten
dadurch entstandenen notwendigen Auslagen, an eine andere Strafkammer
des Landgerichts zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Gründe:
Die Staatsanwaltschaft hat dem Angeklagten zur Last gelegt, als
zuständiges Vorstandsmitglied der Westdeutschen Landesbank
Girozentrale (im Folgenden: WestLB) durch die Vergabe eines
Großkredits an die britische Unternehmensgruppe B. (im
Folgenden: B. ) seine Pflicht, die wirtschaftlichen
Verhältnisse der Kreditnehmerin und deren Marktchancen
sorgfältig zu prüfen, gravierend verletzt und dadurch
einen hohen Schaden verursacht zu haben. Das Landgericht hat ihn vom
Vorwurf der Untreue zum Nachteil der Bank freigesprochen, weil es sich
von einem Schädigungsvorsatz des Angeklagten nicht hat
überzeugen können. Mit ihrer auf die Rüge
der Verletzung sachlichen Rechts gestützten Revision
beanstandet die Staatsanwaltschaft Fehler der Beweiswürdigung
und der rechtlichen Würdigung zum subjektiven Tatbestand. Das
Rechtsmittel führt zur Aufhebung des Freispruchs.
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I.
1. Das Landgericht hat im Wesentlichen folgende Feststellungen
getroffen:
Der britische Medienkonzern G. (im Folgenden: G. ) und die
Investmentbank N. (im Folgenden: N. ) betrieben die Fusion ihrer
Unternehmensteile G. H. T. (im Folgenden: GHT) und T. (im Folgenden: T.
), die jeweils einen Marktanteil von etwa 40 % des in
Großbritannien weit verbreiteten Vermietungsmarktes
für Unterhaltungselektronik und Haushaltsgeräte
hielten, zur - später so bezeichneten - Unternehmensgruppe B. .
2
Im zweiten Halbjahr 1999 verhandelten Vertreter von G. und N. mit
Vertretern der WestLB über die Gewährung eines
Großkredits von bis zu 860 Millionen Britischen Pfund (im
Folgenden: GBP) an B. zur Finanzierung der Fusion, der als
Brückenkredit gewährt und im Wesentlichen durch eine
"Verbriefung der Vermögenswerte" des neu zu
gründenden Unternehmens und die Veräußerung
der entsprechenden Wertpapiere zurückbezahlt werden sollte.
Eine Kreditvorlage vom 24. November 1999 an den Vorstand enthielt u. a.
Ausführungen zur Situation des seit über zehn Jahren
- im Durchschnitt jährlich um 5,6 % -
rückläufigen Vermietungsmarktes in
Großbritannien, Schätzungen zu den
möglichen Kostenersparnissen durch Synergien und Angaben zum
erwarteten Cashflow (Ertrag) einschließlich eines
"Stress-Tests" der "Sensitivität des Cashflow" bei
möglichen negativen Marktbedingungen. Das in der Vorlage
verwendete Zahlenmaterial stammte fast ausschließlich von G.
und N. .
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Die Abteilung "Zentrales Kreditmanagement" der WestLB (im Folgenden:
ZKM) gab zu der Kreditvorlage eine negative Stellungnahme ab und wies
auf hohe Risiken für die Bank hin.
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In einer Sitzung vom 7. Dezember 1999 kamen die Vorstandsmitglieder zu
der Überzeugung, die WestLB könne das Projekt ohne
unvertretbares Risiko allein umsetzen, und stimmten der Kreditvorlage
mit der Maßgabe zu, dass 200 Millionen GBP
zurückzubehalten seien, bis die prognostizierten
Kostenersparnisse durch Synergien verifiziert seien und eine
Überprüfung des Unternehmensplans sowie des
Finanzmodells auf Korrektheit und Vollständigkeit
("Due-Diligence"-Prüfung) durch die
Wirtschaftsprüfungsgesellschaft P. (im Folgenden: P. ) ein
zufriedenstellendes Ergebnis erbracht habe.
5
An den folgenden Tagen überprüfte P. einen Bericht zu
den Synergien, den Unternehmensplan sowie die Finanzplanung und
bestätigte, dass das Geschäftsmodell rechnerisch
korrekt sei und die Synergieeffekte sowie die Kosten der Fusion
zutreffend wiedergebe. Die von N. erstellte Kalkulationstabelle
kontrollierte die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft lediglich
auf logische Richtigkeit. Zu keinem Zeitpunkt erstellten die mit dem
Projekt befassten Mitarbeiter der WestLB eine eigene Analyse des
Vermietungsmarktes in Großbritannien oder gaben eine solche
in Auftrag, sondern stützten sich auf einen Bericht vom Juni
1998, der anlässlich der "Verbriefung" von T. erstellt worden
war, sowie auf Vertragsdaten und Einschätzungen des
Managements von G. .
6
In der Vorstandssitzung vom 14. Dezember 1999 stellte der Angeklagte
die Ergebnisse der Überprüfung durch P. vor. Auf
deren Grundlage beschloss der Vorstand einstimmig "unter
Ablösung der Bedingungen" vom
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7. Dezember 1999 die Bewilligung des Kredits auf der Basis neuer
Bedingungen. Nach dem Verständnis der Vorstandsmitglieder
beinhaltete der Beschlusstext u. a. die Bedingung, dass eine
"Due-Diligence"-Prüfung noch stattzufinden habe und die WestLB
im Falle einer dabei bekannt werdenden wesentlichen Änderung
des dem Geschäftsmodell zugrunde liegenden Zahlenmaterials
nicht an die Kreditzusage gebunden sei.
Mit "Commitment Letter" vom 17. Dezember 1999 verpflichtete sich die
WestLB gegenüber G. und N. , dem noch zu gründenden
Unternehmen B. als Kreditnehmerin zu im Einzelnen angeführten
Bedingungen Kredite in der Gesamthöhe von 860 Millionen GBP
zur Verfügung zu stellen. Als Zweck der Kreditaufnahme wurde
die Bezahlung der Vermögenswerte und der Anteile angegeben,
die von G. und N. auf B. übertragen werden sollten.
8
In den ersten Monaten des Jahres 2000 prüfte P. die
wirtschaftliche Leistungsfähigkeit von GHT und T. sowie die
für das fusionierte Unternehmen projizierte Gesamtleistung.
Mit Datum vom 17. April 2000 legte die
Wirtschaftsprüfungsgesellschaft einen vierbändigen
Bericht über die durchgeführten Prüfungen
vor, der keine entscheidenden Abweichungen von den im Dezember 1999
getroffenen Annahmen feststellte.
9
In einer weiteren Kreditvorlage vom 10. Mai 2000 wurde u. a.
ausgeführt, die seit Dezember 1999 durchgeführte
"bedeutende externe rechnerische und buchhalterische
'Due-Diligence'-Prüfung" habe die früheren Annahmen
im Wesentlichen bestätigt, Abweichungen ergäben sich
daraus, dass die Geschäftsführung von B. inzwischen
entschieden habe, die Strategie von T. zu
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übernehmen und zur Maximierung des freien Cashflow weniger als
zunächst beabsichtigt zu investieren.
Das ZKM der WestLB äußerte in einer Stellungnahme
vom 11. Mai 2000 Zweifel an der geänderten
Geschäftsstrategie, weil diese auf wesentlich geringere
Investitionen in neues "Equipment" gerichtet sei, und verwies nochmals
auf seine Bedenken hinsichtlich des hohen unternehmerischen Risikos,
das die Bank trage.
11
In der folgenden Sitzung vom 16. Mai 2000 berieten die Mitglieder des
Vorstands über die Ergebnisse der Prüfung von P. und
den geplanten Strategiewechsel in der
Geschäftsführung von B. . Anschließend
fassten sie u. a. den Beschluss, die Gültigkeit des
Vorstandsbeschlusses vom 14. Dezember 1999 von sechs Monaten auf neun
Monate zu verlängern. Sie gingen davon aus, damit der
Auszahlung des Kredits zuzustimmen.
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Die Kreditverträge wurden am 28. Juni 2000 unterzeichnet.
Anschließend wurde die Darlehenssumme ausbezahlt und das
Engagement der Standardkreditüberwachung der Bank unterstellt.
In den folgenden zwei Jahren wurde der Kredit nicht auffällig.
Die Verbriefung kam erst Mitte Juni 2002 zum Abschluss, weil sich deren
Strukturierung als äußerst aufwendig und schwierig
erwies. Der größte Teil der emittierten Wertpapiere
wurde bei der WestLB platziert. Spätestens ab 2002
verschlechterte sich der Vermietungsmarkt für
Unterhaltungselektronik und Haushaltsgeräte in
Großbritannien. Ab Anfang 2003 wurden ernsthafte
wirtschaftliche Probleme der Unternehmensgruppe B. bekannt, im
September 2003 wurden wesentliche Teile von ihr der Insolvenzverwaltung
zugeführt. Der WestLB entstand aus dem Kreditengagement ein
Schaden in Höhe von mindestens 400 Millionen Euro.
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- 8 -
Im Zuge der nachträglichen Überprüfung des
Geschäfts stellte sich heraus, dass die Annahmen über
die Restlaufzeiten der Mietverträge fehlerhaft waren. Eine von
der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht bei der
Wirtschaftsprüfungsgesellschaft E. in Auftrag gegebene
Untersuchung kam zusammenfassend zu der Bewertung, die
Kreditgewährung an B. habe ein
außergewöhnlich hohes Risiko beinhaltet und sei
unter Zeitdruck ohne ausreichende Risikoanalyse sowie ohne die
notwendigen organisatorischen Vorkehrungen zur Überwachung des
Projekts zugesagt worden.
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2. Auf der Grundlage dieser Feststellungen hat das Landgericht die
Überzeugung gewonnen, der Angeklagte habe die ihm
eingeräumte Befugnis, über das Vermögen der
WestLB zu verfügen, dadurch verletzt, dass nach der
bankinternen Genehmigung der Kreditgewährung am 14. Dezember
1999 der "Commitment Letter" vom 17. Dezember 1999 mit einer
verbindlichen Kreditzusage herausgegeben worden sei. Er habe seiner
Pflicht aus § 18 Kreditwesengesetz, sich über die
wirtschaftlichen Verhältnisse der Kreditnehmerin und deren
Marktchancen umfassend zu informieren und die Risiken der
Kreditgewährung sorgfältig gegen deren Chancen
abzuwägen, in Anbetracht der Kredithöhe, der
Komplexität des Projekts als Kombination verschiedener
Produkte und des Umstands, dass der Kredit durch ein erst neu
entstehendes Unternehmen zurückbezahlt werden sollte, nicht
genügt. Trotz des seit Jahren rückläufigen
Vermietungsmarktes habe der Angeklagte die Gewährung des
Kredits nicht von einer ausführlichen Marktanalyse durch die
Bank selbst oder eine externe Prüfungsgesellschaft
abhängig gemacht. Er habe es akzeptiert, dass den
Ertragsberechnungen das von G. und N. gelieferte Zahlenmaterial nach
einer lediglich kurzen und oberflächlichen
Schlüssigkeitsprüfung durch P. zugrunde gelegt und
eine klassische Unternehmensanalyse auf der Basis von
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- 9 -
Bilanzen und Jahresabschlüssen nicht durchgeführt
worden sei. Zudem habe er es unterlassen, die für die Bank
bestehenden Sicherheiten eindeutig bewerten zu lassen. Entgegen dem
Votum des ZKM habe er einen über 660 Millionen GBP
hinausgehenden Kreditbetrag von weiteren 200 Millionen GBP genehmigt,
der sich auf angenommene Synergien und damit ein typisches, nicht von
der kreditgebenden Bank zu tragendes Eigenkapitalrisiko bezogen habe.
Obwohl ein Rückgriff auf N. und G. ausgeschlossen gewesen sei
und die Bank das volle unternehmerische Risiko der Fusion getragen
habe, habe er es versäumt, für eine
Einflussmöglichkeit auf die Unternehmensführung von
B. und einen verbindlichen Geschäftsplan zu sorgen. Als Folge
der Pflichtverletzungen des Angeklagten sei bereits mit der Herausgabe
des "Commitment Letter" vom 17. Dezember 1999 eine greifbare
Verschlechterung der Vermögenslage der Bank eingetreten, die
letztlich zu dem Kreditausfall von mehr als 400 Millionen Euro
geführt habe.
Der Angeklagte habe jedoch ohne Vorsatz gehandelt, weil nicht
festzustellen gewesen sei, dass er eine Gefährdung des
Rückzahlungsanspruchs der Bank als sicher oder wahrscheinlich
vorausgesehen und dies billigend in Kauf genommen habe. Er habe
insbesondere darauf vertraut, dass eine erneute Marktanalyse nicht
erforderlich sei. Soweit die von G. und N. gelieferten Zahlen vor dem
14. Dezember 1999 nur grob geprüft worden seien, habe er sich
vorgestellt, etwaige erhebliche Abweichungen würden aufgrund
der vor Abschluss des Kreditvertrages und der Auszahlung der
Darlehensvaluta durchzuführenden genauen
Überprüfung auffallen und der WestLB einen Widerruf
der Kreditzusage erlauben.
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- 10 -
II.
Der Freispruch des Angeklagten hält der revisionsrechtlichen
Überprüfung nicht stand.
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1. Die Auffassung des Landgerichts, der Angeklagte habe bereits mit der
Herausgabe des "Commitment Letter" vom 17. Dezember 1999 seine
Vermögensbetreuungspflichten gegenüber der WestLB
verletzt und dadurch einen Vermögensnachteil für die
Bank herbeigeführt mit der Folge, dass für die
Prüfung des Schädigungsvorsatzes auf diesen Zeitpunkt
abzustellen sei, begegnet auf der Grundlage der Feststellungen
durchgreifenden rechtlichen Bedenken.
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a) In der Regel ist bei einer Untreue durch die Vergabe eines Kredits
ein Vermögensnachteil für die Bank
frühestens dann eingetreten, wenn die
Vermögensminderung durch die Auszahlung der Darlehenssumme
einerseits und der Anspruch auf Rückzahlung des Kredits
andererseits in einem wirtschaftlichen Missverhältnis
zueinander stehen. Ein solches ist regelmäßig
gegeben, wenn der Vertragsschluss und die sich daran
anschließende Darlehensauszahlung nach einer unzureichenden
Bonitätsprüfung vorgenommen worden sind und dies dazu
geführt hat, dass die Rückzahlung des Darlehens
über das allgemeine Kreditrisiko hinaus gefährdet ist
(vgl. BGHSt 40, 287, 294 ff.; 46, 30; 47, 148; BGH wistra 2000, 60, 61;
NJW 2008, 2451, 2452; NStZ 2009, 330, 331; BVerfG NJW 2009, 2370,
2373). Wird bei der Bewilligung eines Großkredits an ein
Wirtschaftsunternehmen für die Verwirklichung des objektiven
und subjektiven Untreuetatbestandes ein Zeitpunkt vor der
Kreditauszahlung als maßgeblich erachtet, so bedarf dies im
Urteil näherer Darlegung und Begründung. Zum einen
handelt es sich bei den Anbahnungsgesprächen, der Beschaffung
der zur Beurteilung des Kreditengagements notwendigen Informationen,
der Abwägung
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- 11 -
der Chancen und Risiken bis hin zum Abschluss des Kreditvertrages und
der Auszahlung der Darlehensvaluta um einen einheitlichen,
kontinuierlichen Vorgang mit zunehmenden rechtlichen Bindungen. Zum
anderen ist die Kreditauszahlung der für das Vermögen
der Bank entscheidende Moment. Außerdem wirkt sich ein
vorheriger Verstoß gegen die banküblichen
Prüfungspflichten nicht aus, wenn er bis zu diesem Zeitpunkt
beseitigt wird.
b) Durch die Urteilsfeststellungen und die Beweiswürdigung ist
nicht belegt, dass die für den objektiven Untreuetatbestand
maßgebliche Vermögensverfügung bereits
durch die Herausgabe des "Commitment Letter" an G. und N. etwa sechs
Monate vor Abschluss des Kreditvertrages und der sich
anschließenden Darlehensauszahlung getroffen wurde, zumal B.
zu diesem Zeitpunkt noch nicht existent war. Aus dem im Original -
entsprechend der Rechtswahl der Beteiligten - in englischer Sprache
abgefassten "Commitment Letter" nebst Anlagen werden im Urteil nur
fünf Vertragsklauseln in deutscher Übersetzung
zitiert. Durch diese wird - ungeachtet des nicht eindeutigen und
teilweise in rechtlicher Hinsicht kaum verständlichen
Wortlauts der Übersetzung - aber gerade nicht belegt, dass
bereits durch die Herausgabe des "Commitment Letter" eine nicht mehr
rückgängig zu machende, bindende Verpflichtung der
WestLB zum Abschluss des Kreditvertrages und anschließender
Ausreichung des Darlehens begründet wurde. Vielmehr
könnten drei der Klauseln (1., 4. und 5.) darauf hindeuten,
dass vor Vertragsschluss noch umfangreiche Prüfungen des
Risikos des Kreditengagements sowie weitere Verhandlungen der
Beteiligten vorgesehen waren, die nur bei insgesamt positivem Ausgang
in den Abschluss des Kreditvertrages einmünden sollten. So
sollte der Kredit nur unter der Bedingung zur Verfügung
gestellt werden, dass (1.) "... keine wesentliche negative
Veränderung des Geschäfts, der
Vermögensgegenstände oder der finanziellen
Beteiligungen des (B. )-Konzerns als Ganzen
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im Vergleich zu dem, was auf Grundlage der der WestLB vor diesem Tag
zur Verfügung gestellten Informationen belegt oder
vorhergesagt wurde," festgestellt werde. Außerdem stimmten G.
und N. zu (5.), der WestLB und ihren Beratern "angemessenen Zugang zum
Eigentum, seinen Aufzeichnungen, Büchern und Management zu
gewähren" und die WestLB unverzüglich und in
angemessener Weise mit "Informationen bezüglich des Eigentums,
dessen Geschäften und Vermögenswerten und
für das Projekt relevanten Informationen zu versorgen." Eine
"für beide Seiten akzeptable Dokumentation der
Kreditfazilitäten" wird vorausgesetzt; insoweit stimmt die
WestLB zu, "in gutem Glauben zu verhandeln unter der Maßgabe
einer Einigung auf die Dokumentation der in den Kreditbedingungen
beschriebenen Bedingungen und im Übrigen auf die
üblichen Bedingungen, unter der Maßgabe, diese
Dokumentation vor dem Tag der 52 Tage auf die Genehmigung folgt (wie in
den Kreditbedingungen definiert) zu erstellen" (4.). Danach ist
insbesondere nicht ausgeschlossen, dass der Abschluss des
Kreditvertrages vom positiven Ergebnis einer weiteren
"Due-Diligence"-Prüfung abhängig war. Eine solche
fand nach den Feststellungen im Frühjahr 2000 durch P. auch
tatsächlich statt; ihr Ergebnis wurde in einem
vierbändigen Prüfbericht vom 17. April 2000
niedergelegt. Der Sinn dieser Prüfung bleibt unklar, wenn der
"Commitment Letter" schon die verbindliche, nicht mehr
rückgängig zu machende Kreditzusage enthielt.
Nach dem im Urteil wiedergegebenen Inhalt des "Commitment Letter" ist
es daher möglich, dass die Bank durch dessen Herausgabe noch
keine unwiderrufliche Verpflichtung einging, weil sie sich bei einem
negativen Ausgang einer "Due-Diligence"-Prüfung oder weiterer
Verhandlungen noch von der grundsätzlich gegebenen
Kreditzusage lösen konnte, so dass diese im Ergebnis einer
Absichtserklärung nahe kommen kann. Auf der Grundlage der
Urteilsfeststellungen sieht sich der Senat indes nicht in der Lage,
diese dem englischem
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- 13 -
Recht unterliegende Frage abschließend zu beurteilen. Ob und
inwieweit die WestLB - trotz der im Frühjahr 2000
durchgeführten Prüfung durch P. - bereits durch den
am 17. Dezember 1999 herausgegebenen "Commitment Letter" zur
Gewährung des Kredits verpflichtet war, hängt von
dessen näherer Ausgestaltung ab. Zur Beurteilung des Inhalts
und der Rechtswirkungen des "Commitment Letter" hätte es nahe
gelegen, einen Sachverständigen zum englischen
Wirtschaftsrecht zu hören. Dies kann der Senat im
Revisionsverfahren nicht nachholen, weil es ihm bei der
ausschließlich erhobenen Sachrüge verwehrt ist, den
im Urteil zwar benannten und in Teilen zitierten, in seinem vollen
Wortlaut aber allein in den Verfahrensakten enthaltenen "Commitment
Letter" im Detail zum Gegenstand der revisionsrechtlichen
Überprüfung zu machen. Auf Grundlage der
Feststellungen erschließt sich jedenfalls nicht, dass bereits
die Herausgabe des "Commitment Letter" die maßgebliche
pflichtwidrige, das Vermögen der WestLB schädigende
Verfügung darstellte, die den objektiven Untreuetatbestand
verwirklichte und damit den für die subjektive Tatseite
tauglichen Anknüpfungspunkt begründete, zumal das
Landgericht selbst beim Vermögensnachteil an den Zeitpunkt der
Gewährung bzw. Auszahlung des Kredits angeknüpft hat
(vgl. UA S. 72 f.). Maßgeblich für die Beurteilung
des Schädigungsvorsatzes in diesem Zeitpunkt war indes der
Inhalt des von P. erstellten Prüfungsberichts; zu diesem
verhält sich das Urteil nur unzureichend (s. unten III. 2. b).
III.
Der Freispruch kann nicht aus anderen Gründen aufrechterhalten
werden. Die Urteilsfeststellungen bieten keine ausreichende Grundlage,
um einen objektiven Verstoß des Angeklagten gegen seine
Vermögensbetreuungspflicht,
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den Eintritt eines Vermögensnachteils oder zumindest den
Untreuevorsatz mit der notwendigen Sicherheit ausschließen zu
können.
1. Für die Frage vorsätzlichen Handelns bei der
Untreue durch eine pflichtwidrige Kreditvergabe gilt im Grundsatz
Folgendes:
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Kennt der Täter bei einer Kreditgewährung die
Pflichtwidrigkeit seines Handelns sowie die den Minderwert des
Rückzahlungsanspruchs begründenden Umstände
und weiß er, dass dieser nach allgemeinen
Bewertungsmaßstäben als minderwertig angesehen wird,
mag er sie selbst auch anders bewerten, liegt direkter Vorsatz vor
(vgl. BGHSt 47, 148, 157; BVerfG NJW 2009, 2370, 2373). Rechnet er mit
Umständen, die eine Pflichtwidrigkeit seines Tuns und eine
Minderwertigkeit des Rückzahlungsanspruchs begründen,
und nimmt er diese billigend in Kauf, ist bedingter Vorsatz gegeben. In
beiden Fällen spielt es keine Rolle, wenn der Täter
glaubt oder hofft, dass der Kredit letztlich dennoch
zurückgeführt werden wird (BGHSt 46, 30, 35; 47, 148,
157). Die spätere Schadensentwicklung ist nur noch
für die Strafzumessung von Bedeutung.
24
Soweit in derartigen Fällen bisher ein
Vermögensnachteil in der Form einer "schadensgleichen
Vermögensgefährdung" angenommen wurde, erscheint dies
dem Senat zumindest missverständlich. Gefährdet ist
allenfalls die Darlehensrückzahlung. Dagegen ist durch die
Auszahlung des Kredites das Vermögen des Darlehensgebers
unmittelbar in Höhe des Betrages vermindert, nicht etwa
schadensgleich gefährdet. Es stellt sich allein die Frage, ob
hierdurch ein Vermögensnachteil im Sinne des § 266
Abs. 1 StGB deshalb nicht eintritt, weil dieser
Vermögensminderung ein gleichwertiger Anspruch auf
Darlehensrückzahlung oder zumindest eine vom Kreditgeber ohne
Schwierigkeiten verwertbare, die Darlehenssumme abdeckende Sicherheit
für den Fall der Nichtrückfüh-
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- 15 -
rung des Kredits als ausgleichende Vermögensmehrung
gegenübersteht. Fehlt es hieran, so ist - wenn eine Tilgung
des Kredits überhaupt nicht zu erwarten steht und verwertbare
Sicherheiten nicht gegeben wurden - ein Vermögensverlust in
Höhe der gesamten ausgekehrten Darlehensvaluta entstanden;
andernfalls - im Falle teilweiser Werthaltigkeit des
Rückzahlungsanspruchs oder einer Sicherheit - ist der
Vermögensverlust um den entsprechenden Wert reduziert. Vor
diesem Hintergrund ist die in jüngster Zeit streitig gewordene
Frage, ob im Rahmen der §§ 263, 266 StGB der bedingte
Vorsatz hinsichtlich des Eintritts einer
Vermögensgefährdung ausreicht (vgl. RGSt 75, 85; 76,
116; BGHSt 46, 30, 35; 47, 148, 156; 51, 100, 119 ff.; Fischer, StGB
56. Aufl. § 266 Rdn. 77 b; Lenckner/Perron in
Schönke/Schröder, StGB 27. Aufl. § 266 Rdn.
49) oder ob zusätzlich zu fordern ist, dass der Täter
die konkrete Gefahr des endgültigen
Vermögensverlustes sieht und auch deren Realisierung billigt
(so BGHSt 51, 100, 121 - 2. Strafsenat; ebenso Fischer aaO §
266 Rdn. 78 b; ders. StraFo 2008, 269, 275; Schünemann NStZ
2008, 430 ff.; aA BGH NJW 2008, 2451, 2452; NStZ 2009, 330, 331 -
jeweils 1. Strafsenat; BGHSt 51, 331, 346 f.; ebenso Nack StraFo 2008,
277, 281; Bosch/Lange JZ 2009, 225, 228), für die hier in Rede
stehende Fallkonstellation ohne Bedeutung.
2. Die Urteilsfeststellungen zur Pflichtverletzung des Angeklagten
durch das Unterlassen einer klassischen Unternehmensanalyse sind
widersprüchlich und lückenhaft, so dass nach dem
vorgenannten rechtlichen Maßstab über einen
entsprechenden Vorsatz des Angeklagten nicht auf einer
tragfähigen Grundlage entschieden werden kann.
26
a) Zutreffend geht das Landgericht im Ansatz davon aus, dass bei der
generell risikobehafteten Vergabe von Krediten durch
Entscheidungsträger einer Bank eine Pflichtverletzung im Sinne
des § 266 Abs. 1 StGB nur dann zu
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- 16 -
bejahen ist, wenn die Risiken und die Chancen der Kreditvergabe nicht
auf der Grundlage umfassender Informationen sorgfältig
abgewogen worden sind (BGHSt 46, 30, 34; 47, 148, 149). Wenn allerdings
die - weit zu ziehenden - Grenzen des unternehmerischen
Entscheidungsspielraums, innerhalb dessen die Risikoabwägung
durchzuführen ist, durch Verstöße gegen die
banküblichen Informations- und Prüfungspflichten
überschritten werden, mithin das Verfahren der
Kreditgewährung fehlerhaft ist, liegt eine Pflichtverletzung
vor, die zugleich einen Missbrauch der
Vermögensbetreuungspflicht aus § 266 Abs. 1 StGB
begründet (vgl. BGHSt 47, 148, 152; 47, 187, 197; 51, 331, 344
f.; BGH NJW 2006, 453; Bosch/Lange aaO S. 229; Ransiek ZStW 116 (2004),
634, 673). Handlungs- und Beurteilungsspielräume bestehen
somit nur auf der Grundlage sorgfältig erhobener,
geprüfter und analysierter Informationen.
Der gebotene Umfang der Informationsverschaffung hängt auch
davon ab, welches Risiko dem Entscheidungsträger hinsichtlich
fehlender Informationen gestattet ist (Bosch/Lange aaO S. 233). Bei der
Vergabe eines Großkredits durch eine Bank sind insbesondere
die in § 18 Satz 1 KWG normierten Informations- und
Prüfungspflichten von Bedeutung, nach denen eine Offenlegung
der wirtschaftlichen Verhältnisse des Kreditnehmers zu
verlangen ist. Gegebenenfalls sind auch Prüfberichte oder
testierte Jahresabschlüsse von Wirtschaftsprüfern zu
analysieren (BGHSt 46, 30, 31 f.; 47, 148, 151; vgl. Ransiek aaO S. 670
f.; Bosch/Lange aaO S. 234). Wird ein neues Geschäftsfeld
erschlossen oder eine neue Geschäftsidee verwirklicht, muss
sich der Entscheidungsträger für die erforderliche
Risikoanalyse eine breite Entscheidungsgrundlage verschaffen (BGH NJW
2006, 453, 455).
28
b) Ob der Angeklagte diesen Maßstäben
genügt hat, ist dem Urteil indes nicht zu entnehmen.
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Nach den Urteilsfeststellungen sahen das Memorandum vom 2. Dezember
1999 sowie der Vorstandsbeschluss vom 7. Dezember 1999 als Bedingung
für die Ausreichung eines Kreditbetrages von 760 Millionen GBP
(Memorandum) beziehungsweise 660 Millionen GBP (Vorstandsbeschluss)
eine "Due-Diligence"-Prüfung des gemeinsamen Unternehmensplans
und der 5-Jahresfinanzplanung durch die dem Angeklagten unterstellten
Londoner Geschäftsbereiche "ASPF/Leveraged Finance" der WestLB
vor. Hinsichtlich der weiteren 100 bzw. 200 Millionen GBP war zum einen
eine "zufriedenstellende Überprüfung" durch die
Beratungsfirma K. vorgesehen, der der Auftrag erteilt werden sollte,
"die Annahmen des Modells und des Unternehmensplans, insbesondere die
Synergien aus der Fusion zu überprüfen und als
realistisch zu bestätigen". Zum anderen sollte P. den
Unternehmensplan und das Finanzmodell überprüfen, um
zu bestätigen, dass "(a) die Annahmen korrekt und
vollständig in dem Modell dargestellt wurden; (b) das
Finanzmodell auf einer stimmigen und konsequenten Basis der
historischen Jahresabschlüsse von GHT und TUK erstellt wurde;
und (c) dass das Modell und der Unternehmensplan rechnerisch korrekt
sind".
30
Durch den Vorstandsbeschluss vom 14. Dezember 1999 wurde diese
Bedingung abgelöst und dahingehend abgeändert, dass
eine Auszahlung nur erfolgen sollte, wenn es bei den zu fusionierenden
Unternehmen zwischen der Herausgabe des "Commitment Letter" und dem
finanziellen Abschluss des Geschäfts (Financial Closing) nicht
zu einer wesentlichen Veränderung "im Hinblick auf ihre
Fähigkeit, Kapital- und Zinszahlungen für die
Fazilitäten bei Fälligkeit zu leisten", komme (sog.
MAC-Klausel). In der Zeit zwischen den zwei
Vorstandsbeschlüssen hatte P. innerhalb von drei Tagen die
Annahmen und Vorhersagen von G. und N. kurz auf logische und
rechnerische
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- 18 -
Richtigkeit geprüft und deren Schlüssigkeit
bestätigt. Der Bericht von K. lag am 8. Dezember 1999 vor und
"identifizierte" auf einer zusammengelegten Kostenbasis von 340
Millionen GBP mögliche Synergieeinsparungen in Höhe
von 114 Millionen GBP jährlich. Die Londoner
Geschäftsbereiche "ASPF/Leveraged Finance" teilten dem
Angeklagten am 13. Dezember 1999 mit, dass alle Bedingungen aus dem
Memorandum erfüllt seien und nunmehr die Genehmigung des
Vorstandes erbeten werde, den Gesamtbetrag von 860 Millionen GBP
bereitzustellen. Zur Durchführung und dem eventuellen Ergebnis
der sowohl im Memorandum als auch im Vorstandsbeschluss vorgesehenen
"Due-Diligence"-Prüfung durch "ASPF/Leveraged Finance"
lässt sich dem Urteil nichts entnehmen.
Bei der Prüfung des Vorsatzes wird sodann festgestellt, dass
der Angeklagte - wie auch die Mehrheit der Vorstandsmitglieder - der
Auffassung war, dass etwaige erhebliche Abweichungen von den bisherigen
Annahmen bei einer vor Abschluss des Kreditvertrages
durchzuführenden genauen Prüfung der Bücher
auffallen und die WestLB zum Ausstieg aus der Kreditzusage berechtigen
würden. Wie sich diese weitere Prüfung und die von P.
nach der Herausgabe des "Commitment Letter" tatsächlich
durchgeführte "Due-Diligence"-Prüfung inhaltlich von
der vor dem Vorstandsbeschluss vom 14. Dezember 1999 (eventuell)
seitens der Londoner Geschäftsbereiche "ASPF/Leveraged
Finance" vorgenommenen "Due-Diligence"-Prüfung sowie den
Prüfberichten von K. und P. unterschied und insbesondere,
welche Vorstellungen der Angeklagte insoweit hegte, bleibt jedoch
ebenso offen wie die Rechtsfrage, ob der "Commitment Letter" als
zwingende Bedingung für den Abschluss des Kreditvertrags und
die Auszahlung der Kreditsumme ein positives Ergebnis einer weiteren,
umfassenderen "Due-Diligence"-Prüfung vorsah (s. oben). Danach
lässt sich weder beurteilen, ob die Auffassung des
Landgerichts zutrifft,
32
- 19 -
der Angeklagte habe seine Vermögensbetreuungspflicht verletzt,
weil er keine ausreichende Unternehmensanalyse der neu zu
gründenden Gesellschaft habe vornehmen lassen, noch kann
revisionsgerichtlich überprüft werden, ob das
Landgericht rechtsfehlerfrei einen daran anknüpfenden
Schädigungsvorsatz des Angeklagten verneint hat.
Handelte der Angeklagte beim Vorstandsbeschluss vor der Herausgabe des
"Commitment Letter" in dem Bewusstsein, die WestLB könne nach
einer umfassenden Prüfung durch P. noch aus dem
Kreditgeschäft aussteigen, so hat das Landgericht zwar den
Untreuevorsatz bezogen auf diesen Zeitpunkt im Ergebnis zu Recht
verneint. Es hat jedoch den subjektiven Tatbestand der Untreue zum dann
maßgeblichen Zeitpunkt des Abschlusses des Kreditvertrages am
28. Juni 2000 und der sich daran anschließenden
Darlehensauszahlung rechtsfehlerhaft nicht ausreichend
geprüft. Denn hierzu wären genaue Feststellungen zum
Gegenstand sowie zur Tiefe und zum Ergebnis der Ende 1999 in Auftrag
gegebenen und Anfang 2000 durchgeführten
"Due-Diligence"-Prüfung durch P. notwendig gewesen. Dabei
wäre insbesondere von Belang gewesen, auf welcher Grundlage
die Prüfung vorgenommen wurde, insbesondere ob die Angaben von
G. und N. zu den Geschäftszahlen und den erwarteten
Erträgen, auch zu den sich letztlich als fehlerhaft
herausgestellten Restlaufzeiten der Mietverträge, zum
Unternehmenswert, zur bilanzmäßigen Erfassung des
Goodwills und zu den Abschlüssen der vergangenen Jahre von P.
durch eigene Tatsachenerhebungen und -bewertungen umfassend
geprüft und nicht lediglich - wie schon vor dem
Vorstandsbeschluss vom 14. Dezember 1999 hinsichtlich des
Unternehmensplans und des Finanzmodells - einer reinen
Schlüssigkeitsprüfung unterzogen wurden. Von
Bedeutung wäre auch die Frage gewesen, ob neben den Synergien
auch die negativen Folgen der Fusion aufgrund der Verringerung von
(Service-)Filialen und der unklaren Kompatibilität
33
- 20 -
der IT-Systeme in die Prüfung einbezogen und die
Erfolgsaussichten einer Refinanzierung durch die geplante Verbriefung
hinreichend untersucht wurden. Zu dem Prüfungsergebnis teilt
das Urteil lediglich pauschal mit, dass dem vierbändigen
Bericht von P. keine entscheidenden Abweichungen von den im Dezember
1999 getroffenen Annahmen entnommen werden konnten.
3. Auch die Urteilsfeststellungen zum Wechsel der
Geschäftsstrategie von B. und zur Frage, ob der Angeklagte
hierauf angemessen reagiert hat, sind widersprüchlich und
lückenhaft und stellen keine taugliche Grundlage dar, den
objektiven oder subjektiven Tatbestand der Untreue zu verneinen.
34
a) Nach den Urteilsfeststellungen zur Kreditvorlage vom 10. Mai 2000
und zum Vorstandsbeschluss vom 16. Mai 2000 prüfte P. im
Frühjahr 2000 den neuen Geschäftsplan für
die nächsten fünf Jahre, der gegenüber dem
im Dezember 1999 angenommenen Grundszenario zur Maximierung des freien
Cashflow deutlich geringere Investitionen vorsah. An anderer Stelle im
Urteil wird festgestellt, dass sich G. und N. erst im Juni 2000 - also
zeitlich nach dem von P. erstellten Prüfbericht vom 17. April
2000 sowie dem Vorstandsbeschluss vom 16. Mai 2000 - auf eine
Unternehmensstrategie einigten. An einer weiteren Stelle im Urteil wird
ausgeführt, dass im Frühjahr 2000 niemand die Gefahr
vorhergesehen habe, dass gegenüber den Planungen von "Ende
1999" weitergehende extreme Einsparungen "bereits im Jahre 2002" zu
einer drastischen Beeinträchtigung des
Mietgeräteservices und zu unzureichenden Investitionen in die
Anschaffung und Bewerbung neuer Geräte führen
würden. Damit bleibt nach den widersprüchlichen
Urteilsfeststellungen unklar, zu welchem Zeitpunkt zwischen Ende 1999
und dem Jahre 2002 welche Änderung der
Geschäftsplanung und Unternehmensstrategie vorgenommen wurde.
35
- 21 -
b) Vor diesem Hintergrund ist die Feststellung, die von einem
Investitionsrückgang ausgehenden Gefahren habe "im Dezember
1999 und Frühjahr 2000" niemand gesehen, keine ausreichende
Grundlage, um einen Untreuevorsatz des Angeklagten zu verneinen.
Vielmehr hätten die - in sich widersprüchlichen -
Feststellungen zu der im Urteil fehlenden Erörterung der Frage
gedrängt, welcher Geschäftsplan Gegenstand des
Prüfberichts vom April 2000 geworden war und ob die erst im
Juni 2000 beschlossene neue Unternehmensstrategie nicht Anlass zu einer
- gegebenenfalls erneuten - Überprüfung vor Abschluss
des Kreditvertrages gegeben hätte. Ein Wechsel der
Unternehmensstrategie und des Geschäftsplans mit Auswirkungen
auf die Investitionen war für ein erfolgreiches Wirken in dem
stark von technischen Neuerungen und vom Servicebereich
abhängigen Vermietungsmarkt und damit für das
Kreditrisiko ein wesentlicher Faktor. Auch das ZKM hatte bereits
früh auf das Risiko geringerer Investitionen und die damit
einhergehenden Probleme mit dem Service ausdrücklich
hingewiesen.
36
c) Ein Wechsel zur Geschäftsstrategie des Fusionspartners T.
war auch deshalb für das Kreditengagement von Bedeutung, weil
die Geschäftsbereiche der Bank in London das Risiko der
Kreditgewährung an ein neues Unternehmen dadurch als
abgemildert angesehen hatten, dass man die
Geschäftsführung von GHT, die nunmehr für B.
verantwortlich sei, kenne und ihr vertraue, so dass man auf die
Möglichkeit einer Einflussnahme auf die
Geschäftspolitik verzichten könne.
37
Ob dagegen der Verzicht einer Einflussnahme auf das Management von B.
für sich genommen eine Pflichtverletzung bei der
Kreditgewährung darstellt, vermag der Senat auf Grundlage der
getroffenen Feststellungen nicht zu entscheiden, weil insbesondere
ungeklärt ist, welche tatsächlichen und
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- 22 -
rechtlichen Möglichkeiten einer direkten oder indirekten
Einflussnahme der WestLB auf die Unternehmensführung von B.
bestanden.
4. Ebenso sind die Urteilsfeststellungen zum Versäumnis des
Angeklagten, die "für die Bank bestehenden Sicherheiten"
eindeutig bewerten zu lassen, lückenhaft und stellen damit
ebenfalls keine taugliche Grundlage für eine Prüfung
des Untreuevorsatzes dar. Das Urteil teilt schon nicht mit, welche
Sicherheiten der WestLB gewährt wurden, insbesondere nicht, ob
diese nur aus dem Cashflow bestanden oder ob auch dingliche
Sicherheiten hingegeben worden sind. Aus der nicht näher
begründeten Behauptung, Sicherheiten seien nicht bewertet
worden, können keine substantiierten
Rückschlüsse auf einen Vorsatz hinsichtlich der
pflichtwidrigen Verursachung eines Vermögensnachteils gezogen
werden.
39
5. Auch zur festgestellten Pflichtverletzung durch Unterlassen einer
Marktanalyse enthält das landgerichtliche Urteil keine
ausreichenden Feststellungen. Dadurch ist zu diesem Punkt eine
Überprüfung weder des objektiven noch des subjektiven
Untreuetatbestandes möglich.
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a) Zum einen bleibt unklar, ob der Auftrag an P. zur
Durchführung einer "Due-Diligence"-Prüfung im
Frühjahr 2000 eine Marktanalyse mitumfasste. Sollte dies der
Fall gewesen sein, könnte dies, bei entsprechender
vertraglicher Gestaltung im "Commitment Letter", die vom Landgericht
insoweit angenommene objektive Pflichtverletzung im Dezember 1999
beseitigen. Sollte indes eine Marktanalyse zu keiner Zeit in Auftrag
gegeben worden sein, wären im Urteil nähere
Feststellungen zum Ka. -Report des Jahres 1998 notwendig gewesen, um
die Auffassung des Angeklagten, der wegen dieses Reports eine erneute
Marktanalyse für entbehrlich gehalten hatte, einer kritischen
Würdigung
41
- 23 -
unterziehen zu können. In diesem Zusammenhang wäre
insbesondere von Relevanz, welchen Erhebungszeitraum der Ka. -Report
umfasste, ob er lediglich die Entwicklung der Marktanteile oder auch
die Entwicklung der Gesamtmarktnachfrage untersuchte und wie dessen
mittelfristige Aussagekraft angesichts der auf dem Gebiet der
Unterhaltungselektronik gegebenen Marktdynamik einzuschätzen
war.
b) Die Verneinung des Schädigungsvorsatzes mit der
Begründung, die vorhandenen Risiken in ihrer drohenden
Realisierung seien nicht konkret erkennbar gewesen, ist
zirkulär und somit rechtsfehlerhaft, weil als Grund
für die fehlende Erkennbarkeit das pflichtwidrige Unterlassen
einer Risikoanalyse zumindest nahe liegt. Die Feststellung, dass keiner
der Beteiligten den Einbruch des Marktes vorhergesehen habe,
lässt die Frage unbeantwortet, ob die Gefahr eines Einbruchs
im Rahmen einer aktuellen Marktanalyse objektiv erkennbar gewesen
wäre.
42
IV.
Für die neue Hauptverhandlung weist der Senat auf Folgendes
hin:
43
1. Die Strafbarkeit des Angeklagten bestimmt sich nicht - wie vom
Landgericht angenommen - nach dem Missbrauchstatbestand (§ 266
Abs. 1 1. Alt. StGB), sondern am Treuebruchtatbestand (§ 266
Abs. 1 2. Alt. StGB). Denn er hat nicht im
Außenverhältnis wirksam über das
Vermögen der WestLB verfügt, sondern das
Kreditengagement im Innenverhältnis zur WestLB
federführend bearbeitet.
44
- 24 -
2. Für die Feststellung des Vermögensnachteils, der
sich aus dem wirtschaftlichen Wert des Rückzahlungsanspruchs
der Bank im Vergleich zu den als Darlehen gewährten 860
Millionen GBP ergibt, und des subjektiven Tatbestands der Untreue wird
es mitentscheidend auf das Ergebnis der Anfang 2000 vorgenommenen
Prüfung durch P. sowie der Bewertung des Kreditengagements
durch die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft E. im Mai/Juni 2003
ankommen, die im Urteil nicht ausreichend dargelegt sind. Dabei wird
insbesondere von Bedeutung sein, ob die Prüfung durch P.
insgesamt einen Umfang und eine Tiefe aufwies, die angesichts des
außergewöhnlich hohen Kredits und des Gesamtrisikos
des Kreditengagements angemessen war, und wie die von der Bundesanstalt
für Finanzdienstleistungsaufsicht beauftragte
Wirtschaftsprüfungsgesellschaft E. ihre Bewertung
begründet hat, die B. -Finanzierung habe ein
außergewöhnlich hohes Struktur- und
Konzentrationsrisiko beinhaltet und sei unter Zeitdruck ohne
ausreichende Risikoanalyse und ohne die notwendigen organisatorischen
Vorkehrungen zur Überwachung des Projekts zugesagt worden.
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Die Höhe eines etwaigen Minderwerts des
Rückzahlungsanspruchs zum Zeitpunkt der Kreditvergabe kann
dann auf dieser Grundlage mit den Instrumenten des Bilanzrechts
errechnet (BGH NStZ 2009, 330, 331) oder - bei verbleibenden
Unsicherheiten - unter Beachtung des Zweifelssatzes im Wege der
Schätzung bestimmt werden (BGH NJW 2008, 2451, 2452).
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Becker Pfister von Lienen
Schäfer Mayer |