BGH,
Urt. v. 13.12.2001 - 4 StR 363/01
BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
Urteil
4 StR 363/01
vom
13. Dezember 2001
in der Strafsache gegen
1.
2.
wegen
zu 1.: Untreue u.a.
zu 2.: Beihilfe zur Untreue
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofes hat in der Sitzung vom 13.
Dezember 2001, an der teilgenommen haben: Vorsitzende Richterin am
Bundesgerichtshof Dr. Tepperwien als Vorsitzende, die Richter am
Bundesgerichtshof Maatz, Athing, Dr. Ernemann, die Richterin am
Bundesgerichtshof Sost-Scheible als beisitzende Richter, Staatsanwalt
als Vertreter der Bundesanwaltschaft, Justizangestellte als
Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle, für Recht erkannt:
1.
Die Revisionen der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landgerichts
Bielefeld vom 3. April 2001 werden verworfen.
2. Die Kosten der Rechtsmittel und die den Angeklagten hierdurch
entstandenen notwendigen Auslagen trägt die Staatskasse.
Von Rechts wegen
Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten K. der Untreue in 53
Fällen, davon in zwei Fällen in Tateinheit mit
Urkundenfälschung und den Angeklagten S. der Beihilfe zur
Untreue schuldig gesprochen. Es hat gegen den Angeklagten K. eine
Gesamtfreiheitsstrafe und gegen den Angeklagten S. eine Freiheitsstrafe
von jeweils zwei Jahren verhängt. Die Vollstreckung dieser
Strafen hat es zur Bewährung ausgesetzt. Gegen dieses Urteil
wendet sich die Staatsanwaltschaft mit ihren auf die Rüge der
Verletzung sachlichen Rechts gestützten Revisionen, mit denen
sie im Ergebnis eine höhere Bestrafung der Angeklagten
erstrebt. Die - vom Generalbundesanwalt nicht vertretenen -
Rechtsmittel haben keinen Erfolg.
1. Die Schuldsprüche des angefochtenen Urteils halten der
rechtlichen Überprüfung stand.
Für eine Verurteilung des Angeklagten K. wegen eines weiteren
- tatmehrheitlich begangenen - Falles der Urkundenfälschung im
Fall II 25 der Urteilsgründe fehlt es an der Voraussetzung
einer zugelassenen Anklage. Anklagegegenstand in diesem Fall ist allein
die Untreuehandlung durch mißbräuchliche Belastung
des Kontokorrentkontos des B. durch den Angeklagten K. mittels
Überweisung von 25.000 DM auf das Firmenkonto des Angeklagten
S. . Daß der Angeklagte K. später zur teilweisen
Rückführung der Belastung 6.900 DM unter
Fälschung der Unterschrift des B. auf dem Einzahlungsbeleg bar
auf dessen Kontokorrentkonto einzahlte, stellt sich nach Zeit, Ort und
Gegenstand der Tat als gegenüber der Untreuehandlung anderer
Lebenssachverhalt und deshalb als eine andere Tat im prozessualen Sinne
(§ 264 StPO) dar. Daran ändert nichts, daß
beide Sachverhalte ursächlich miteinander verknüpft
waren (vgl. BGHSt 43, 96, 98).
Auch die Verurteilung des Angeklagten S. nur wegen einer einheitlichen
Beihilfehandlung zu den Untreuetaten des Angeklagten K. ist im Ergebnis
rechtlich nicht zu beanstanden. Zwar liegt es angesichts des sich
über mehrere Jahre hinweg erstreckenden Tatzeitraums und der
besonderen Beziehung zwischen den Angeklagten, die "fast
täglich miteinander telefonierten", nicht eben gerade nahe,
daß der Angeklagte S. den Angeklagten K. die zahlreichen
Manipulationen völlig selbständig hat vornehmen
lassen, ohne selbst an den einzelnen Handlungen ganz oder zumindest
teilweise, etwa durch Informationen über den jeweiligen
Kreditbedarf, mitgewirkt zu haben. Wenn dem Landgericht aber eine
weiter gehende Klärung, aufgrund derer es - und sei es im Wege
zulässiger Schätzung (vgl. BGHSt 36, 320, 328; BGH
NJW 1995, 2933 f.) - die sichere Überzeugung vom Vorliegen
mehrerer selbständiger Beihilfehandlungen hätte
gewinnen können, nicht möglich war und es deshalb in
Ansehung des Zweifelsgrundsatzes zu Gunsten des Angeklagten S. nur von
einer Handlung ausgegangen ist (vgl. BGH NStZ 1997, 121), so ist dies
vom Revisionsgericht auf die allein erhobene Sachrüge
hinzunehmen. Einen Aufklärungsverstoß macht auch die
Beschwerdeführerin nicht geltend.
2. Auch die Rechtsfolgenaussprüche halten im Ergebnis
rechtlicher Überprüfung stand. Gegen die Bemessung
der gegen den Angeklagten K. verhängten Einzelstrafen wendet
die Beschwerdeführerin nichts ein. Entgegen ihrer Auffassung
liegen aber auch die gegen diesen Angeklagten erkannte
Gesamtfreiheitsstrafe ebenso wie die gegen den Angeklagten S.
verhängte Freiheitsstrafe von jeweils zwei Jahren noch
innerhalb des dem Tatrichter eingeräumten Beurteilungsrahmens
(vgl. BGHSt 34, 345, 349). Zwar sind die verhängten Strafen
außerordentlich milde. Das Landgericht hat jedoch alle
"bestimmenden" (§ 367 Abs. 3 Satz 1 StPO)
Strafzumessungsgesichtspunkte zu Gunsten und zu Lasten der Angeklagten
gegeneinander abgewogen. Wenn es dabei jeweils zu nach § 56
Abs. 2 StGB noch aussetzungsfähigen Strafen gelangt ist, so
sprengt dies noch nicht den Rahmen dessen, was im Hinblick auf die
Gesamtumstände bei den nicht vorbestraften Angeklagten als
gerechter Schuldausgleich anzusehen ist (vgl. BGHR StGB § 54
Abs. 1 Bemessung 5). Eine ins einzelne gehende Richtigkeitskontrolle
ist dem Revisionsgericht verwehrt (BGHR aaO Bemessung 11); dies gilt
auch, wenn eine andere tatrichterliche Entscheidung
möglicherweise näher gelegen hätte (vgl.
BGHR BtMG § 29 Strafzumessung 37, milde Strafe). Der Senat
schließt mit dem Generalbundesanwalt auch aus, daß
die Berechnung eines - wie von der Revision aufgezeigt -
gegenüber der Annahme des Landgerichts geringfügig
höheren Gesamtschadens sich auf die Strafzumessung ausgewirkt
hat.
Rechtsfehlerhaft wäre es allerdings, wenn der Tatrichter die
erkannten Strafen nur deshalb ausgesprochen hat, damit deren
Vollstreckung nach § 56 Abs. 2 StGB zur Bewährung
ausgesetzt werden konnte (BGHSt 29, 319, 321; BGHR StGB § 46
Abs. 1 Schuldausgleich 29). Dies ist dem angefochtenen Urteil indes
nicht zu entnehmen. Daß das Landgericht - wie naheliegend
anzunehmen ist - die Frage der Aussetzbarkeit der Strafvollstreckung
bei der Findung schuldangemessener Sanktionen
mitberücksichtigt hat, begründet für sich
noch keinen durchgreifenden Rechtsfehler.
Auch die Entscheidung über die Aussetzung der Vollstreckung
der erkannten Strafen zur Bewährung kann bestehen bleiben. Das
Landgericht hat die Anwendung des § 56 Abs. 2 StGB und die
Verneinung des § 56 Abs. 3 StGB eingehend und mit vertretbaren
Erwägungen begründet. Auch diese Entscheidung
hält sich noch im Rahmen des dem Tatrichter insoweit
eingeräumten Beurteilungsspielraums.
3. Die Überprüfung des Urteils hat - was der Senat
gemäß § 301 StPO zu
berücksichtigen hatte - auch keinen die Angeklagten
beschwerenden Rechtsfehler ergeben. Damit hat es bei dem angefochtenen
Urteil sein Bewenden.
Tepperwien Maatz Athing Ernemann Sost-Scheible |