BGH,
Urt. v. 13.12.2006 - 5 StR 425/06
5 StR 425/06
BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
vom
13.12.2006
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen besonders schwerer räuberischer Erpressung u. a.
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Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 13.
Dezember 2006, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter Basdorf,
Richter Häger,
Richterin Dr. Gerhardt,
Richter Dr. Raum,
Richter Dr. Jäger
als beisitzende Richter,
Oberstaatsanwalt beim Bundesgerichtshof
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt K.
als Verteidiger für den Angeklagten B. ,
Rechtsanwalt H.
als Verteidiger für den Angeklagten S. ,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,
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für Recht erkannt:
Die Revisionen der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landgerichts
Dresden vom 8. März 2006 werden verworfen.
Die Kosten der Rechtsmittel und die den Angeklagten dadurch
entstandenen notwendigen Auslagen fallen der Staatskasse zur Last.
- Von Rechts wegen -
G r ü n d e
1
Das Landgericht hat den Angeklagten B. wegen schwerer
räuberischer Erpressung in Tateinheit mit versuchter
räuberischer Erpressung und mit gefährlicher
Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren
verurteilt; die Vollstreckung dieser Strafe hat es zur
Bewährung ausgesetzt. Den Angeklagten S. hat es wegen schwerer
räuberischer Erpressung in Tateinheit mit versuchter
räuberischer Erpressung zu einer Freiheitsstrafe von drei
Jahren und zehn Monaten verurteilt.
Die Staatsanwaltschaft hat ihre zum Nachteil der Angeklagten
eingelegten Revisionen konkludent auf den Strafausspruch
beschränkt, da sich ihre sachlich-rechtlichen Beanstandungen
allein gegen die Strafzumessung, insbesondere gegen die Annahme minder
schwerer Fälle richten. Den Rechtsmitteln, die von der
Bundesanwaltschaft nur insoweit vertreten werden, als sich das Urteil
gegen den Angeklagten S. richtet, bleibt der Erfolg versagt.
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1. Nach den Feststellungen des Landgerichts fuhren die Angeklagten
gemeinsam mit drei oder vier Begleitern - darunter die beiden als
Gehilfen nach Jugendstrafrecht abgeurteilten Mitangeklagten - in den
frühen Morgenstunden des 14. August 2005 mit der
Straßenbahn, als die späteren Geschädigten
Sp. und G. zustiegen. Nach etwa zwei Minuten Fahrt verließ
die gesamte Gruppe um die Angeklagten die Bahn an der nächsten
Haltestelle, wobei sie Sp. und G. - den sie in der Bahn ohne Erfolg
nach Drogen gefragt hatten - einem zuvor gemeinsam gefassten Plan
entsprechend mit hinaus drängten. Dort forderten sie von ihnen
Mobiltelefone und Geld. Um G. zur Herausgabe der Wertsachen zu zwingen,
umstellten ihn die Angeklagten und zwei ihrer Begleiter. Der Angeklagte
B. zog sein aufgeklapptes Taschenmesser mit einer Klingenlänge
von sieben Zentimetern, welches er seinen Begleitern bereits in der
Straßenbahn gezeigt hatte, und hielt es für G.
sichtbar in der Hand. Der Angeklagte S. packte ihn am T-Shirt, ein
Mittäter wiederholte die Forderung, woraufhin G. sein Handy
schließlich aushändigte. Sp. konnte zwischenzeitlich
davonlaufen. Der Angeklagte B. versetzte G. sodann mit dem Messer eine
fünf Millimeter lange Stichwunde in das
Gesäß. Daraufhin schlug G. die Hand des Angeklagten
S. von sich und flüchtete. Beide Angeklagte standen bei der
Tat unter dem Einfluss von Al-kohol, was jedoch nur bei dem Angeklagten
B. zu einer erheblichen Einschränkung der
Steuerungsfähigkeit führte.
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Das Landgericht hat bei beiden Angeklagten einen minder schweren Fall
der (besonders [§ 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB]) schweren
räuberischen Erpressung im Sinne von § 250 Abs. 3
StGB angenommen. Dabei hat es insbesondere auf die Spontanität
der von alkoholbedingter und gruppendynamischer Enthemmung
geprägten, auf eine geringwertige Beute gerichteten Tat und
die nicht sehr nachhaltige Einwirkung auf die Tatopfer abgestellt.
Für den Angeklagten B. hat es zudem seine Unbestraftheit und
sein umfassendes Geständnis, seine Entschuldigung bei dem
Geschädigten G. , dessen harmlose Verletzungen und die
alkoholbedingte erhebliche Vermin-
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derung der Steuerungsfähigkeit herangezogen. Als
straferschwerende Gesichtspunkte hat für beide Angeklagten das
hohe Gefährdungs- und Verängstigungspotential durch
das Vorgehen in der Gruppe Berücksichtigung gefunden.
Darüber hinaus sind bei B. das Mitführen des Messers
und die tateinheitliche Verwirklichung der gefährlichen
Körperverletzung straferschwerend gewertet worden, bei S. die
Umstände, dass er die Tat im Wesentlichen initiiert hat und
einschlägig vorbestraft ist, weswegen er erst am 6. Juni 2005
nach Verbüßung von drei Jahren Jugendstrafe aus der
Haft entlassen worden war.
2. Die vom Landgericht vorgenommene Bestimmung der Strafrahmen und die
Bemessung der Strafen sind nach Maßgabe der insoweit
eingeschränkten revisionsgerichtlichen
Prüfungskompetenz (vgl. BGH, Urteil vom 12. Mai 2005 - 5 StR
86/05 m.w.N.) nicht zu beanstanden.
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a) Das Landgericht hat die nach § 267 Abs. 3 Sätze 1
und 2 StPO bestimmenden Erwägungen bezeichnet und
rechtsfehlerfrei gegeneinander abgewogen. Es ist
auszuschließen, dass es einseitig nur mildernde Faktoren
bedacht hätte, da es ausdrücklich auch die
strafschärfenden Gesichtspunkte - darunter solche, die die
Täterpersönlichkeiten betreffen, wie etwa die
Vorstrafen des Angeklagten S. - in den Blick genommen und in die
erforderliche und auch erfolgte Gesamtbetrachtung einbezogen hat.
Soweit geltend gemacht wird, das Landgericht habe bei der Wahl des
Strafrahmens den Stellenwert der belastenden Faktoren verkannt, stellt
dies den unbeachtlichen Versuch dar, die Würdigung des
Tatrichters durch eine eigene zu ersetzen und die für und
gegen die Angeklagten sprechenden Gesichtspunkte anders zu gewichten.
Gegen die von der Revisionsführerin angegriffenen, von der
Strafkammer berücksichtigten mildernden Faktoren ist nichts
einzuwenden. Die strafmildernde Bewertung eines spontanen
Tatentschlusses und verhältnismäßig
geringer Beuteerwartung wird von den gerichtlichen Feststellungen ohne
weiteres getragen.
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b) Auch bei dem erstmals nach Erwachsenenstrafrecht bestraften
Angeklagten S. , der das die Tat qualifizierende Messer weder bei sich
getragen noch selber zum Einsatz gebracht hat, ist die Annahme eines
minder schweren Falles vertretbar.
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Dies ergibt sich insbesondere aus dem Sanktionsgefüge gegen
die einzelnen Beteiligten der gruppendynamisch geprägten, noch
jugendtümlich anmutenden Tat. Dass das Landgericht die
einschlägigen Vorstrafen und die Vollzugserfahrungen des
Angeklagten S. sowie seine hieraus folgende bisherige Unbelehrsamkeit
nicht unbeachtet gelassen hat, verdeutlicht die Verhängung
einer fühlbaren zu vollstreckenden Freiheitsstrafe gegen ihn,
die sich berechtigterweise beträchtlich von der gegen B.
verhängten Sanktion abhebt. Das gilt im Übrigen auch
bezogen auf die von der Staatsanwaltschaft nicht beanstandeten
jugendgerichtlichen Maßnahmen gegen die als Gehilfen
abgeurteilten beiden anderen Mitangeklagten, ungeachtet der hier
geltenden jugendrechtlichen Sanktionsregeln.
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Ein noch weiter gehendes Strafgefälle als Folge einer
Anwendung des Regelstrafrahmens gegen den Angeklagten S. ist auch mit
Rücksicht auf nahe liegend berechtigte
generalpräventive Überlegungen angesichts der
Tatbegehung im Umfeld öffentlicher Verkehrsmittel nicht
unerlässlich. Dass sich die isoliert betrachtet bedenkliche
strafmildernde Bewertung erlittener
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Untersuchungshaft (vgl. BGH NStZ 2006, 620) maßgeblich zum
Vorteil des Angeklagten S. ausgewirkt hat, schließt der Senat
aus.
Basdorf Häger Gerhardt
Raum Jäger |