BGH,
Urt. v. 13.10.2005 - 3 StR 385/04
Nachschlagewerk: ja
BGHSt: ja
Veröffentlichung: ja
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BÄO §§ 2, 6, 10 b, 13
ZahnheilkundeG §§ 1, 13 a, 18 Nr. 2
Die Befugnis eines Staatsangehörigen eines Mitgliedstaates der
Europäischen Union
zur vorübergehenden Ausübung des ärztlichen
(oder zahnärztlichen) Berufs in
Deutschland (§ 2 Abs. 3 BÄO, § 1 Abs. 2 ZHG)
wird durch das Ruhen einer ihm etwa
erteilten deutschen Approbation nicht berührt.
BGH, Urt. vom 13.10.2005 - 3 StR 385/04 - LG Wuppertal
BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
3 StR 385/04
vom
13.10.2005
in der Strafsache
gegen
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wegen gefährlicher Körperverletzung u. a.
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Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat aufgrund der Verhandlung
vom
11.08.2005 in der Sitzung vom 13.10.2005, an denen teilgenommen
haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof
Prof. Dr. Tolksdorf,
die Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Miebach,
Pfister,
Becker,
Hubert
als beisitzende Richter,
Staatsanwalt in der Verhandlung,
Richter am Landgericht bei der Verkündung
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt ,
Rechtsanwalt (nur in der Verhandlung)
als Verteidiger,
Justizamtsinspektor in der Verhandlung,
Justizangestellte bei der Verkündung
als Urkundsbeamte der Geschäftsstelle,
für Recht erkannt:
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1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des
Landgerichts Wuppertal vom 23. Dezember 2003
a) aufgehoben, soweit der Angeklagte wegen Verstoßes
gegen § 13 Bundesärzteordnung in vier Fällen
und gegen
§ 18 Nr. 2 Zahnheilkundegesetz in einem Fall verurteilt
worden ist,
b) im Schuldspruch dahin geändert, dass der Angeklagte
unter Freisprechung im Übrigen wegen gefährlicher
Körperverletzung
sowie wegen vorsätzlicher Körperverletzung
in zehn Fällen verurteilt ist.
2. Die weitergehende Revision wird verworfen.
3. Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels
und die den Nebenklägerinnen dadurch entstandenen notwendigen
Auslagen zu tragen.
Von Rechts wegen
Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen gefährlicher
Körperverletzung,
wegen vorsätzlicher Körperverletzung in zehn
Fällen, davon in sechs
Fällen in Tateinheit mit einem Verstoß gegen
§ 13 Bundesärzteordnung (BÄO)
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und in einem Fall in Tateinheit mit einem Verstoß gegen
§ 18 Nr. 2 Zahnheilkundegesetz
(ZHG) sowie wegen Verstoßes gegen § 13 BÄO
in vier weiteren
Fällen und wegen Verstoßes gegen § 18 Nr. 2
ZHG in einem weiteren Fall zu
einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt. Es hat ihn
darüber hinaus
zur Zahlung von Schadensersatz und Schmerzensgeld an die
Nebenklägerin
Sch. verurteilt und festgestellt, dass der Angeklagte ihr zum Ersatz
künftiger
materieller und immaterieller Schäden verpflichtet ist. Die
hiergegen gerichtete
Revision des Angeklagten hat nur einen Teilerfolg.
I. Das angefochtene Urteil hält rechtlicher
Nachprüfung nicht stand, soweit
der Angeklagte wegen verbotener Ausübung des Arzt- bzw.
Zahnarztberufs
gemäß § 13 BÄO bzw. § 18
Nr. 2 ZHG verurteilt worden ist.
1. Das Landgericht hat festgestellt: Der Angeklagte ist deutscher
Staatsangehöriger.
Nach dem Studium der Medizin und der Zahnmedizin wurde ihm
in Deutschland die Approbation als Arzt und als Zahnarzt erteilt. Er
arbeitete
von 1974 bis 1979 als Stationsarzt im Klinikum der Universität
. 1978
ließ er sich - mit einer belgischen "Approbation"- in Belgien
als Arzt nieder und
verlegte auch seinen Wohnsitz dorthin. Ab 1981 praktizierte er
zusätzlich in
einer Gemeinschaftspraxis in Wuppertal. 1989 meldete er seine
Niederlassung
und Praxisführung in Deutschland ab und erbrachte fortan vom
Ort seiner belgischen
Niederlassung aus Leistungen als Belegarzt in der von ihm
gegründeten
Wuppertaler -Klinik.
Mit Verwaltungsakt vom 10. August 2000 ordnete die Bezirksregierung
in Düsseldorf "wegen Unwürdigkeit und
Unzuverlässigkeit im Rahmen der Berufsausübung"
das Ruhen der Approbation des Angeklagten als Zahnarzt und
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Arzt an. Zugleich verfügte sie die sofortige Vollziehung
dieser Anordnung. Widerspruch
und Anträge des Angeklagten, im Verwaltungsrechtsweg die
aufschiebende
Wirkung des Widerspruchs wiederherzustellen, blieben erfolglos.
Die Ruhensanordnung ist bestandskräftig geworden.
In Kenntnis des Ruhens seiner deutschen Approbation nahm der Angeklagte
ab dem Spätsommer 2000 bis Juni 2002 in Deutschland an
verschiedenen
Patienten ärztliche bzw. zahnärztliche Behandlungen
vor.
2. Diese Feststellungen tragen die Verurteilung des Angeklagten nach
§ 13 BÄO nicht. Nach dieser Norm, die das in
§ 5 Heilpraktikergesetz strafbewehrte
Verbot der Ausübung des Arztberufs ohne Approbation oder
sonstige
Gestattung ergänzt, macht sich nur strafbar, wer die Heilkunde
ausübt, solange
durch vollziehbare Verfügung das Ruhen seiner dafür
erforderlichen deutschen
Approbation angeordnet ist.
a) Der Angeklagte benötigte für die festgestellten
Behandlungsmaßnahmen,
die Gegenstand der Verurteilung sind, keine deutsche Approbation.
Seine Tätigkeit war ihm vielmehr unabhängig hiervon
gemäß § 2 Abs. 3, § 10 b
Abs. 1 BÄO gestattet. Denn er hat, nachdem er seine
Niederlassung und Praxisführung
in Deutschland abgemeldet hatte, diesen Beruf im Inland lediglich
vorübergehend ausgeübt. Dazu war er als
Staatsangehöriger eines Mitgliedstaates
der Europäischen Union, der zur Ausübung des
ärztlichen Berufs in
einem der übrigen Mitgliedstaaten der Europäischen
Union (Belgien) berechtigt
ist, als Dienstleistungserbringer i. S. d. Art. 50 des Vertrags zur
Gründung der
Europäischen Gemeinschaft (EGV) befugt.
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Die Auffassung des Landgerichts, der Angeklagte sei im Inland nicht nur
vorübergehend als Arzt tätig geworden, findet in den
getroffenen Feststellungen
keine Stütze. Unter welchen Voraussetzungen eine
Tätigkeit als lediglich
vorübergehend i. S. von § 2 Abs. 3, § 10 b
Abs. 1 BÄO anzusehen ist, kann nur
mit Blick auf europäisches Recht in seiner Auslegung durch den
Europäischen
Gerichtshof beurteilt werden. Denn durch diese Vorschriften werden die
europarechtlichen
Vorgaben der Art. 49, 50 EGV in das innerstaatliche Recht umgesetzt,
insbesondere die Bestimmung des Art. 50 Abs. 3 EGV, wonach der
Dienstleistende (hier der freiberuflich tätige Arzt; vgl. Art.
50 Abs. 2 Buchst. d
EGV) unbeschadet der Niederlassungsfreiheit nach Art. 43 EGV zur
Erbringung
seiner Leistungen seine Tätigkeit vorübergehend in
dem Staat ausüben
darf, in dem seine Leistung erbracht wird. Maßgeblich
für die Annahme bloß
vorübergehender Tätigkeit ist nach der Rechtsprechung
des Europäischen Gerichtshofs
nicht nur die Dauer der Leistung, sondern auch ihre
Häufigkeit, regelmäßige
Wiederkehr oder Kontinuität; selbst die Ausstattung des
Dienstleistenden
mit einer bestimmten Infrastruktur im Aufnahmemitgliedstaat
schließt
den vorübergehenden Charakter der Dienstleistung nicht
notwendig aus
(EuGH 1995 I, 4165 [4195] - Gebhard). Bei Anlegung dieses
Maßstabs ist der
Angeklagte im Tatzeitraum nur vorübergehend in Deutschland
tätig geworden:
Er hat nach den getroffenen Feststellungen zwischen Spätsommer
2000 und
Juni 2002 in 23 Fällen (16 Fälle sind angeklagt und
abgeurteilt; sieben weitere,
nicht angeklagte Fälle sind festgestellt) Untersuchungen und
Behandlungen
vorgenommen, die zum Teil nur kurze Zeit in Anspruch nahmen und
vereinzelt
nur deshalb in Deutschland stattfanden, weil die Patienten dem Wunsch
des
Angeklagten, nach Belgien zur Behandlung zu kommen, nicht nachkommen
wollten. Das für die ärztliche Tätigkeit
notwendige Material hat der Angeklagte
jeweils aus Belgien mitgebracht und in Wuppertal lediglich die - von
zwei
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zahnärztlichen Behandlungsstühlen abgesehen - leer
stehenden Räume der
-Klinik genutzt.
b) Die sich danach aus § 2 Abs. 3, § 10 b Abs. 1
BÄO ergebende Befugnis
des Angeklagten, vorübergehend als Arzt in Deutschland zu
praktizieren,
wurde durch das Ruhen seiner deutschen Approbation nicht
berührt.
aa) Zwar darf nach dem Wortlaut des § 6 Abs. 3 BÄO,
auf den sich das
Landgericht maßgeblich stützt, ein Arzt, dessen
Approbation ruht, den ärztlichen
Beruf nicht ausüben. Dies gilt, wie sich aus der Systematik
der Bundesärzteordnung
ergibt, indessen nur, wenn er für seine Tätigkeit
überhaupt eine
Approbation benötigt.
Die Bundesärzteordnung enthält in § 2
BÄO vier verschiedene, selbständig
nebeneinander stehende Legitimationstatbestände für
die Ausübung
der Heilkunde in Deutschland unter der Berufsbezeichnung Arzt oder
Ärztin
(vgl. Schiwy, Deutsches Arztrecht, Bd. I § 2 BÄO
Erläuterung 1.1, 21). Als Regelfall
bedarf der Arzt, der in Deutschland den ärztlichen Beruf
uneingeschränkt
ausüben will, der Approbation (§ 2 Abs. 1
BÄO). Von den weiteren
Legitimationstatbeständen (§ 2 Abs. 2 bis 4
BÄO), die die ärztliche Tätigkeit in
jeweils spezifisch eingeschränkter Weise erlauben,
interessiert hier allein § 2
Abs. 3 BÄO. Danach dürfen - in Umsetzung der
europarechtlich normierten
Dienstleistungsfreiheit (Art. 50 EGV) - Staatsangehörige eines
Mitgliedstaates
der Europäischen Union, die zur Ausübung des
ärztlichen Berufs in einem der
übrigen Mitgliedstaaten der Europäischen Union
berechtigt sind, den ärztlichen
Beruf vorübergehend in Deutschland ausüben.
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Die in § 2 Abs. 1 bis 4 BÄO genannten
Legitimationstatbestände sind in
ihren Voraussetzungen und spezifischen Rechtsfolgen jeweils gesondert
geregelt:
die Approbation im Abschnitt II (§§ 3 bis 9
BÄO), die Erlaubnis im Abschnitt
III (§§ 10, 10 a BÄO) und die Erbringung von
Dienstleistungen im Abschnitt
IV (§ 10 b BÄO) der Bundesärzteordnung; die
Berufsausübung für
"Grenzärzte" richtet sich nach den hierfür
abgeschlossenen zwischenstaatlichen
Verträgen (vgl. § 2 Abs. 4 BÄO).
Das durch § 13 BÄO strafbewehrte Verbot, den
ärztlichen Beruf auszuüben,
wenn die Approbation ruht (§ 6 Abs. 3 BÄO), ist in
der Bundesärzteordnung
im II. Abschnitt ("Die Approbation") geregelt. Sein Gegenstand ist nach
dem Regelungszusammenhang dementsprechend nur die ärztliche
Tätigkeit,
die auf Grund einer erteilten Approbation erbracht wird und dem
Erbringer nicht
aufgrund eines anderen Legitimationstatbestands erlaubt ist.
Die vorübergehende ärztliche Tätigkeit im
Sinne des § 2 Abs. 3 BÄO ist
demgegenüber in der Bundesärzteordnung im IV.
Abschnitt ("Erbringung von
Dienstleistungen") in § 10 b BÄO näher
normiert. Diese Vorschrift gestattet den
deutschen Behörden nicht, die Tätigkeit eines Arztes,
der aufgrund seiner Approbation
in einem anderen EU-Mitgliedstaat vorübergehend in Deutschland
praktiziert, in eigener Zuständigkeit zu unterbinden, wenn sie
feststellen, dass
dieser seine ärztlichen Pflichten (vgl. § 10 b Abs. 3
Satz 1 BÄO) verletzt. Weder
wird dort § 6 BÄO in Bezug genommen noch in sonstiger
Weise ein Zusammenhang
zwischen dem Ruhen einer eventuell vorhandenen deutschen
Approbation und der Befugnis hergestellt, auf der Grundlage von
§ 2 Abs. 3,
§ 10 b Abs. 1 BÄO vorübergehend in
Deutschland zu praktizieren. Die einzige
Möglichkeit, auf eine Pflichtverletzung des
vorübergehend in Deutschland
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praktizierenden Arztes zu reagieren, besteht in der
unverzüglichen Unterrichtung
der zuständigen Behörde des Herkunftsstaates des
Arztes (§ 10 b Abs. 3
Satz 2 BÄO). Erst wenn dem Arzt daraufhin durch die
zuständige Behörde seines
Herkunftsstaates seine dortige Zulassung entzogen wird, darf er auch in
Deutschland nicht mehr vorübergehend tätig werden
(vgl. § 10 b Abs. 1 BÄO).
Ob deutsche Behörden die vorübergehende
Tätigkeit des Arztes in Fällen, in
denen eine konkrete Gefährdung für das Leben oder die
Gesundheit von Patienten
besteht, nach anderen Vorschriften untersagen können, bedarf
hier keiner
Entscheidung, weil eine entsprechende Anordnung nicht ergangen ist und
eine Zuwiderhandlung auch nicht unter Strafandrohung stünde.
Diese Gesetzessystematik erfährt eine Bestätigung
durch die Regelung
in § 10 a BÄO. In Absatz 3 dieser Vorschrift hat der
Gesetzgeber die besondere
Erlaubnis für die fachzahnärztliche
Tätigkeit nach § 10 a Abs. 1 oder 2 BÄO
beim Ruhen der zahnärztlichen Approbation
ausdrücklich ausgeschlossen.
Dies zeigt deutlich, dass er in anderem Zusammenhang durchaus eine
Wechselbeziehung
zwischen dem Ruhen einer Approbation und der Zulässigkeit der
ärztlichen Tätigkeit auf anderer rechtlicher
Grundlage als einer Approbation
herstellt.
bb) Sinn und Zweck der Vorschrift gebieten keine andere Auslegung.
Die Ruhensanordnung dient zwar dazu, in unklaren Situationen oder
Eilfällen
dem Arzt vorläufig den Beruf zu untersagen, und bezweckt damit
den Schutz
der Öffentlichkeit bzw. der ordnungsgemäßen
Gesundheitsversorgung (vgl.
Schiwy aaO § 6 BÄO Erläuterung 1a und 1e).
Dieser Schutzzweck könnte es
nahe legen, dass - wovon auch das Landgericht im angegriffenen Urteil
ausgegangen
ist - das Ruhen der Approbation zu einem umfassenden
Tätigkeitsver-
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bot ohne Beschränkung auf die ausschließlich durch
die Approbation erlaubte
Tätigkeit führt. Einer solchen Betrachtung steht aber
zum einen entgegen, dass
das Gesetz den Schutz der inländischen Bevölkerung
vor unzuverlässigen Ärzten,
die aufgrund der Gestattung nach § 2 Abs. 3; § 10 b
BÄO vorübergehend
in Deutschland praktizieren, auf andere Weise anstrebt: Nach §
13 Abs. 3 Satz
2 BÄO ist die zuständigen Behörde des
Landes, in dem die Dienstleistung erbracht
wird, verpflichtet, unverzüglich die zuständige
Behörde des Herkunftsstaates
über eine Pflichtverletzung zu unterrichten. Dies
ermöglicht wiederum
dieser Behörde, dem Arzt die Erlaubnis zu entziehen, aufgrund
derer er in
Deutschland tätig werden kann. Zum andern darf der hier zu
beurteilende
Sachverhalt die Auslegung schon wegen seiner Besonderheiten, die ihn zu
einem Ausnahmefall machen, nicht prägen: In aller Regel wird
der Arzt, der auf
der Grundlage von § 2 Abs. 3 BÄO
vorübergehend in Deutschland praktiziert,
über keine deutsche Approbation verfügen. Es besteht
dann von vornherein
nicht die Möglichkeit, über eine Ruhensanordnung nach
§ 6 Abs. 1 BÄO in seine
hiesige Berufsausübung einzugreifen. So läge es hier
auch, wenn der Angeklagte
auf seine Approbation verzichtet hätte, als er seine Praxis in
Deutschland
abmeldete, oder wenn er immer nur in einem der übrigen
Mitgliedstaaten
der Europäischen Union "approbiert" gewesen wäre.
Allein der zufällige Umstand,
dass er auch noch eine - für seine vorübergehende
Tätigkeit im Inland
nicht benötigte - deutsche Approbation besaß, kann
daher weder die Auslegung
der einschlägigen Vorschriften im allgemeinen noch deren
Anwendung im
hier zu beurteilenden Sonderfall beeinflussen.
c) An diese verwaltungsrechtliche Rechtslage knüpfen auch die
akzessorischen
Strafbestimmungen an, die (vgl. Art. 103 Abs. 2 GG) noch weniger
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als rein verwaltungsrechtliche Normen allein unter dem Aspekt eines als
berechtigt
anerkannten Schutzzwecks ausdehnend ausgelegt werden können.
3. Aus denselben Erwägungen ist auch eine Strafbarkeit des
Angeklagten
nach § 18 Nr. 2 ZHG nicht gegeben. Die Rechtslage für
die Ausübung der
Zahnheilkunde nach dem Zahnheilkundegesetz entspricht derjenigen der
Bundesärzteordnung
für die Ausübung des Arztberufs. Allein der Umstand,
dass
sich der Grundtatbestand über die Gestattung der
vorübergehenden Tätigkeit
in Deutschland durch Zahnärzte aus anderen EU-Mitgliedstaaten
in § 1 Abs. 2
ZHG und damit im I. Abschnitt dieses Gesetzes über "Die
Approbation als
Zahnarzt" findet, ändert hieran nichts; denn die systematische
Unterscheidung
zwischen den Gestattungsformen der zahnärztlichen
Tätigkeit aufgrund deutscher
Approbation einerseits und der europarechtlich gewährleisteten
Dienstleistungsfreiheit
andererseits wird hinreichend deutlich dadurch, dass letztgenannte
Tätigkeit im III. Abschnitt des Zahnheilkundegesetzes unter
der Überschrift
"Sonderbestimmungen" in § 13 a ZHG eine dem § 10 b
BÄO entsprechende
eigenständige Durchnormierung erfährt.
Demgegenüber stellt § 1
Abs. 1 ZHG ausdrücklich klar, dass eine deutsche Approbation
nur derjenige
benötigt, der im Geltungsbereich des Zahnheilkundegesetzes die
Zahnheilkunde
"dauernd" ausüben will. Ebenso wird die
verwaltungsakzessorische Differenzierung
der einschlägigen Strafvorschriften in § 18 ZHG
besonders deutlich,
da hier ausdrücklich zwischen der unerlaubten
Ausübung der Zahnheilkunde
unter Verstoß gegen § 1 Abs. 2 ZHG einerseits
(§ 18 Nr. 1 ZHG) und während
des Ruhens der Approbation andererseits (§ 18 Nr. 2 ZHG)
unterschieden
wird.
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4. Nach alledem bedarf die von der Revision in den Mittelpunkt gestellte
Frage nach der Vereinbarkeit der innerstaatlichen Gesetze mit den Normen
des europäischen Gemeinschaftsrechts keiner Entscheidung.
Entgegen der
Grundannahme des Landgerichts fehlt es nämlich an einer
Regelung des deutschen
Rechts, die die europarechtlichen Befugnisse des Angeklagten
einschränkt.
Der Gesetzgeber hat eine spezifische berufsrechtliche Regelung
nicht geschaffen, durch die es deutschen Behörden
ermöglicht würde, einem
Arzt oder Zahnarzt, der aufgrund der europarechtlichen
Dienstleistungsfreiheit
vorübergehend im Inland praktiziert, bei Verstoß
gegen seine Berufspflichten
die Tätigkeit in eigener Zuständigkeit zu untersagen
und den Verstoß gegen
dieses Berufsverbot strafrechtlich zu sanktionieren. Dass eine
derartige Regelung
etwa zur Abwehr möglicher Gefahren für potentielle
Patienten in Deutschland
mit der europarechtlichen Dienstleistungsfreiheit nicht in Konflikt
stünde,
bedarf keiner näheren Begründung. Es gilt hier nichts
anderes als für die Abwehr
möglicher Gefährdungen von
Straßenverkehrsteilnehmern durch ungeeignete
Kraftfahrzeugführer (vgl. zur Suspendierung der Berechtigung
zum
Führen von Kraftfahrzeugen im Inland aufgrund einer durch
einen anderen Mitgliedstaat
der Europäischen Union ausgestellten Fahrerlaubnis, wenn deren
Inhaber im Inland die Fahrerlaubnis etwa entzogen wird, § 28
Abs. 4 Nr. 3 FeV;
hierzu auch EuGH NJW 2004, 1725).
II. Danach ist die Verurteilung in den Fällen aufzuheben, in
denen dem
Angeklagten allein ein Verstoß gegen § 13
BÄO oder gegen § 18 Nr. 2 ZHG
zur Last lag. Der Senat schließt aus, dass ein neuer
Tatrichter feststellen könnte,
dass der Angeklagte nicht nur vorübergehend i. S. v.
§ 10 b Abs. 1 BÄO,
§ 13 Abs. 1 ZHG tätig war. Er spricht deshalb den
Angeklagten insoweit frei.
Dieser Freispruch erstreckt sich auch auf die vier weiteren
Fälle ärztlicher Be-
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rufsausübung, die das Landgericht entsprechend der Anklage
festgestellt und
mit Einzelstrafen belegt, aber im Schuldspruch nicht zum Ausdruck
gebracht
hat.
In den Fällen der Verurteilung wegen Verstoßes gegen
§ 13 BÄO bzw.
§ 18 Nr. 2 ZHG in Tateinheit mit Körperverletzung
ändert der Senat den
Schuldspruch. Die Verurteilungen wegen (tateinheitlich begangener)
Körperverletzung
sind rechtsfehlerfrei. Das Landgericht hat zutreffend eine rechtswidrige
Körperverletzung jeweils auch deshalb angenommen, weil der
Angeklagte
seine Patienten nicht darüber aufgeklärt hatte, dass
wegen Unwürdigkeit und
Unzuverlässigkeit das Ruhen seiner deutschen Approbation
angeordnet worden
war. Diese Aufklärungspflicht bestand unabhängig
davon, ob sich der Angeklagte
durch seine Tätigkeit nach der Bundesärzteordnung
bzw. dem Zahnheilkundegesetz
strafbar machte - wie es das Landgericht angenommen hat -
oder nicht. Ihre Verletzung führte dazu, dass die Einwilligung
der Patienten
jeweils unwirksam war. Die Verurteilungen wegen
Körperverletzung können
deshalb bestehen bleiben.
Soweit sich das Rechtsmittel mit Einzelbeanstandungen gegen die
Verurteilung
wegen gefährlicher Körperverletzung sowie wegen
vorsätzlicher Körperverletzung
in drei Fällen wendet, zeigt es keinen den Angeklagten
beschwerenden
Rechtsfehler auf. Insoweit nimmt der Senat Bezug auf die Antragsschrift
des Generalbundesanwalts vom 17. November 2004.
III. Die Änderung des Schuldspruchs hat auf den Ausspruch
über die
verbleibenden Einzelstrafen sowie über die Gesamtstrafe keine
Auswirkung.
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Soweit in sieben Fällen die tateinheitliche Verurteilung nach
§ 13 BÄO
bzw. § 18 Nr. 2 ZHG entfallen und nur eine solche wegen
vorsätzlicher Körperverletzung
verblieben ist, kann dahinstehen, ob durchweg ein Beruhen der
Einzelstrafen
auf der vom Landgericht angenommenen rechtlichen Würdigung
auszuschließen ist. Die erkannten Einzelstrafen sind
jedenfalls angemessen
(§ 354 Abs. 1 a Satz 1 StPO). Angesichts der in ihrer
Kunstfehlerhaftigkeit und
groben Pflichtwidrigkeit kaum zu überbietenden "Behandlungen"
des Angeklagten
sowie mit Blick auf die schweren gesundheitlichen Folgen bei den
Tatopfern
und die Vielzahl der Fälle erscheinen mildere Strafen
unvertretbar.
Aus denselben Erwägungen hat auch die Gesamtstrafe (ungeachtet
des
Wegfalls von neun Einzelstrafen von jeweils 60 Tagessätzen)
Bestand.
IV. Auch im Übrigen hat die Überprüfung des
Urteils auf die allgemeine
Sachrüge keinen den Angeklagten beschwerenden Rechtsfehler
ergeben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 473 Abs. 4 StPO. Die
Änderung
des Schuldspruchs ist nicht von solcher Bedeutung, dass es unbillig
wäre, den
Beschwerdeführer mit den gesamten Kosten des Rechtsmittels zu
belasten.
Tolksdorf Miebach Pfister
Becker Hubert |