BGH,
Urt. v. 13.9.2006 - 2 StR 268/06
BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
2 StR 268/06
vom
13.9.2006
in der Strafsache
gegen
wegen versuchten Mordes u. a.
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Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 13.
September 2006, an der teilgenommen haben:
Vorsitzende Richterin am Bundesgerichtshof
Dr. Rissing-van Saan,
die Richterin am Bundesgerichtshof
Dr. Otten,
die Richter am Bundesgerichtshof
Rothfuß,
Prof. Dr. Fischer,
Dr. Appl,
Oberstaatsanwalt beim Bundesgerichtshof
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwältin und
Rechtsanwalt , beide aus
als Verteidiger,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,
für Recht erkannt:
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Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts
Köln vom 16. Dezember 2005 wird verworfen.
Der Angeklagte hat die Kosten seines Rechtsmittels und die hierdurch
der Nebenklägerin entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.
Von Rechts wegen
Gründe:
I. Das Landgericht hat den Angeklagten wegen versuchten Mordes in
Tateinheit mit schwerer Körperverletzung, schwerer
Brandstiftung und Sachbeschädigung zu lebenslanger
Freiheitsstrafe verurteilt.
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Hiergegen richtet sich die Revision des Angeklagten, mit der er die
Verletzung formellen und materiellen Rechts rügt. Sein
Rechtsmittel hat keinen Erfolg.
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Nach den Feststellungen des Landgerichts fuhr der Angeklagte in der
Nacht vom 6. auf 7. Januar 2005 etwa um Mitternacht vom Haus seiner
Lebensgefährtin in Untergruppenbach zum Haus seiner von ihm
getrennt lebenden Ehefrau in Elsdorf, drang dort ein und
würgte seine im Schlaf überraschte Ehefrau in
Tötungsabsicht. Grund für sein
Tötungsvorhaben war der bei ihm aufgrund der Trennung und der
Streitigkeiten aufgestaute Hass und insbesondere die Rache
dafür, dass seine Ehefrau das Jugendamt eingeschaltet hatte,
um die Rückkehr der gemeinsamen Kinder zu erreichen. Als er
das Opfer für tot hielt, zündete er dessen Bett an,
um die Spuren der Tat zu verdecken. An-
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schließend fuhr er zurück nach Untergruppenbach und
legte sich neben seine Lebensgefährtin, die Zeugin B. , ins
Bett. Diese wachte um 5.45 Uhr auf und bemerkte den Angeklagten.
Das Opfer war aber nicht tot, sondern erlangte schwer verletzt das
Bewusstsein wieder. Es hat erhebliche bleibende körperliche
Schäden.
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Der Angeklagte hat sich in der Hauptverhandlung nicht eingelassen; im
Ermittlungsverfahren hat er den Tatvorwurf bestritten und angegeben, er
habe in der Tatnacht neben seiner Lebensgefährtin im Bett
gelegen. Das Landgericht ist von der Täterschaft des
Angeklagten überzeugt und hat ihn des versuchten Mordes
(Heimtücke und niedrige Beweggründe) in Tateinheit
mit schwerer Körperverletzung (§ 226 Abs. 1 Nr. 3
StGB), schwerer Brandstiftung (§ 306 a Abs. 1 Nr. 1 StGB) und
Sachbeschädigung schuldig gesprochen.
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II. Die Verfahrensrügen greifen nicht durch.
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Der Senat hält sie nach eingehender Prüfung
für unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2
StPO. Einer Erörterung bedarf allein die auch von der
Generalbundesanwältin in ihrem Terminsantrag zur Diskussion
gestellte und in der Hauptverhandlung erörterte Rüge
der alternativen Verletzung der §§ 261, 244 Abs. 2
StPO.
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Die Revision beanstandet, dass sich die Urteilsausführungen
nicht damit befassen, dass nach dem schriftlichen Gutachten an einem -
beweiserheblichen - neben dem Bett des Tatopfers aufgefundenen
Latexstück nicht nur DNA-Spuren des Opfers und des Angeklagten
gesichert wurden, sondern in einigen STR-Systemen zusätzlich
eine Minimalstbeimengung vorhanden war, welche für Abgleiche
jedoch zu geringfügig war.
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Diese Rüge hat keinen Erfolg. Widersprüche zwischen
dem Inhalt des Urteils und den Akten sind, wenn sie sich nicht aus den
Urteilsgründen selbst ergeben, für sich allein
revisionsrechtlich unerheblich. Die Rüge kann nicht alternativ
darauf gestützt werden, entweder habe der Tatrichter den
Widerspruch unter Verletzung seiner Aufklärungspflicht nicht
in die Hauptverhandlung eingeführt, oder aber er habe es
unterlassen, ihn in den Urteilsgründen zu erörtern
(seit BGH NStZ 1992, 506 st. Rspr.; vgl. auch u.a. BGH, Beschluss vom
9. März 1995 - 4 StR 60/95 und BGH, Urteil vom 12. Dezember
1996 - 4 StR 499/96). Die Entscheidung des Senats vom 29. Mai 1991
(NStZ 1991, 448) betraf zum einen eine etwas andere Fallkonstellation,
zum anderen ist sie durch die Änderung der Rechtsprechung zur
Zulässigkeit einer Alternativrüge überholt.
Gerade im vorliegenden Fall würde die Rüge auf eine
unzulässige Rekonstruktion der Hauptverhandlung hinauslaufen.
Denn das Revisionsgericht erfährt hier ohne Rekonstruktion der
Hauptverhandlung nicht, wie die Sachverständige sich
mündlich geäußert hat.
Möglicherweise hat sie - wie die Revision im Übrigen
selbst in den Raum stellt (Revisionsrechtfertigungsschrift vom 19.
April 2006 S. 41) erklärt, dass doch "Spuren von
ausschließlich zwei Personen an dem Beweisstück
detektiert werden konnten" und damit die vermeintlichen Unklarheiten
beseitigt.
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Der Senat kann im vorliegenden Fall zudem ausschließen, dass
der Tatrichter, wenn er diesen Punkt ausdrücklich in den
Urteilsgründen erörtert hätte, zu einem
anderen Beweisergebnis gekommen wäre. Denn für seine
Überzeugungsbildung, dass der Angeklagte zur Tatzeit am Tatort
war, war entscheidend, dass sich DNA-Spuren gerade des Angeklagten an
dem Latexstück fanden, und nicht, ob zusätzlich eine
Minimalstbeimengung anderen Spurenmaterials vorhanden war.
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III. Die Beweiswürdigung des Landgerichts ist auch
materiell-rechtlich nicht zu beanstanden. Auch die Revision zeigt
keinen Rechtsfehler auf, sondern erschöpft sich im
Wesentlichen in einer - für das Revisionsgericht
unbeachtlichen - eigenen Beweiswürdigung.
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Die tatrichterliche Beweiswürdigung beruht auf einer
tragfähigen Tatsachengrundlage und die vom Gericht gezogenen
Schlussfolgerungen erweisen sich nicht als bloße Vermutungen.
Eine mathematische, jede Möglichkeit eines abweichenden
Geschehensablaufs ausschließende, von niemandem mehr
anzweifelbare Gewissheit ist nicht erforderlich.
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Das Landgericht hat hier ausführlich und rechtsfehlerfrei
dargelegt, weshalb es das angegebene "Zeitfenster" ohne weiteres
zulässt, dass der Angeklagte der Täter ist, da er zum
einen Geschwindigkeitsbegrenzungen nicht beachtet haben muss und zum
anderen auch mit Winterreifen die entsprechende Fahrgeschwindigkeit
erreichen konnte. Auch seine Schlussfolgerungen hinsichtlich des
Tatmotivs des Angeklagten sind nachvollziehbar und möglich und
deshalb revisionsrechtlich nicht angreifbar.
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Der Tatrichter hat eine umfassende Beweiswürdigung vorgenommen
und nahe liegende Alternativen abgehandelt. Er war aber nicht gehalten,
jede fern liegende - denktheoretisch mögliche - Konstellation
zu erörtern. Es ist deshalb auch nicht rechtsfehlerhaft, dass
er in den Urteilsgründen nicht auf die von der Revision
angesprochene - fern liegende - Möglichkeit eingegangen ist,
dass das tatrelevante Latexstück von der Decke vom Dach auf
den Boden neben das Bett des Tatopfers gefallen sein könnte.
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IV. Der Schuldspruch lässt keinen Rechtsfehler erkennen.
Insbesondere ist der Tatrichter mit rechtsfehlerfreien
Erwägungen davon ausgegangen, dass
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der Angeklagte zwei Mordmerkmale (Heimtücke und niedrige
Beweggründe) verwirklicht hat.
V. Der Strafausspruch hat ebenfalls Bestand. Das Landgericht hat
entsprechend den Anforderungen der Rechtsprechung (vgl. BGH NStZ 2004,
620 m.w.N.) ausführlich begründet, weshalb es im
vorliegenden Fall von der Minderungsmöglichkeit wegen Versuchs
(§§ 23 Abs. 2, 49 Abs. 1 StGB) keinen Gebrauch
gemacht hat. Es hat hierbei entscheidend auf versuchsbezogene
Umstände, nämlich die Nähe zur Tatvollendung
und die sehr schweren bleibenden Folgen beim Opfer abgestellt (UA S.
108).
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Danach erweist sich die Verhängung einer lebenslangen
Freiheitsstrafe als rechtsfehlerfrei.
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Rissing-van Saan Otten Rothfuß
Fischer Appl |