BGH,
Urt. v. 14.12.2000 - 4 StR 375/00
4 StR 375/00
BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
4 StR 375/00
vom
14. Dezember 2000
in der Strafsache gegen
wegen Mordes u.a.
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 14.
Dezember 2000, an der teilgenommen haben: Vorsitzender Richter am
Bundesgerichtshof Prof. Dr. Meyer-Goßner, die Richter am
Bundesgerichtshof Maatz, Dr. Kuckein, die Richterin am
Bundesgerichtshof Solin-Stojanovic, der Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Ernemann als beisitzende Richter, Staatsanwalt als Vertreter der
Bundesanwaltschaft, Rechtsanwalt als Verteidiger, Justizangestellte als
Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle, für Recht erkannt:
I. Die Revisionen der Staatsanwaltschaft und des Angeklagten gegen das
Urteil des Landgerichts Zweibrücken vom 18. April 2000 werden
verworfen.
II. Die Kosten der Revision der Staatsanwaltschaft und die hierdurch
dem Angeklagten entstandenen notwendigen Auslagen trägt die
Staatskasse. Der Angeklagte trägt die Kosten seines
Rechtsmittels.
Von Rechts wegen
Gründe:
I.
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen "Mordes in drei
Fällen in Tateinheit mit unerlaubter Einfuhr, Besitzes und
Führens einer Schußwaffe" zu lebenslanger
Freiheitsstrafe als Gesamtstrafe verurteilt und die Tatwaffe
eingezogen. Dieses Urteil greift die Staatsanwaltschaft mit ihrer auf
die Verletzung sachlichen Rechts gestützten Revision nur
insoweit an, als das Landgericht eine besondere Schuldschwere im Sinne
von § 57 a Abs. 1 Nr. 2 StGB verneint hat. Der Angeklagte
wendet sich mit seiner Revision, mit der er die Verletzung formellen
und materiellen Rechts geltend macht, gegen das Urteil insgesamt. Er
beanstandet insbesondere die Annahme von Mord aus niedrigen
Beweggründen und greift im übrigen die
Schuldfähigkeitsbeurteilung an. Beide Rechtsmittel haben
keinen Erfolg.
II.
Der Angeklagte erschoß in der Nacht zum Montag, den 5. Juli
1999, gegen 3.00 Uhr mit seiner Pump-Action-Schrotflinte
zunächst seinen früheren Schwiegervater, den
50jährigen W. Z. , in der zum Anwesen seiner früheren
Schwiegereltern in W. gehörenden Garage.
Anschließend verschaffte sich der Angeklagte Zutritt zum Haus
und erschoß dabei seine frühere Schwiegermutter, die
48jährige C. Z. . Sodann verfolgte er seine geschiedene
Ehefrau, die 31jährige H. Z. , und erschoß sie in
dem Abstellraum neben dem Bad, in das sie sich geflüchtet
hatte. Dem Tatgeschehen vorausgegangenen war eine jahrelange
Auseinandersetzung des Angeklagten mit seiner geschiedenen Ehefrau und
deren Eltern, nachdem sich seine frühere Ehefrau im
Frühjahr 1994 "unter dem Vorwurf der Eifersucht und der
zunehmenden Einengung durch den Angeklagten" von ihm getrennt hatte und
die Ehe schließlich im September 1995 geschieden worden war.
"Sein Frust verwandelte sich nach und nach in Wut, Haß und
Rachsucht", als im Rahmen einer von dem Angeklagten 1997 angestrengten
Vaterschaftsklage festgestellt worden war, daß er nicht der
leibliche Vater der etwa sechs Monate nach der Eheschließung
Ende April 1992 geborenen Tochter J. war, was ihn tief verletzte. Der
Angeklagte hatte aber bereits seit der Trennung begonnen, seine Ehefrau
und ihre Familie zu "terrorisieren". Mehrfach drohte er an, "alle zu
töten", und äußerte dabei, "er bringe alle
um, ´bis die ganze Brut und alles drumherum
ausgelöscht ist´ ". Im September 1995 hatte der
Angeklagte eine "scharfe" Pistole erworben, die er mit Munition in
seinem Pkw verwahrte. Am 17. September 1995 suchte er mit der Waffe das
Anwesen seines Schwiegervaters auf. Zum Gebrauch der Waffe kam es
jedoch nicht, weil dieser die Waffe an sich nehmen konnte. Wegen des
Waffendelikts wurde der Angeklagte am 6. Februar 1996 zu einer zur
Bewährung ausgesetzten Freiheitsstrafe von sechs Monaten
verurteilt. Gleichwohl fuhr er noch im Frühjahr desselben
Jahres nach Frankreich und erwarb dort die spätere Tatwaffe,
die er in der Folgezeit stets in seinem Pkw mit sich führte.
Darüber hinaus legte er im Zusammenhang mit den
Gewaltphantasien, die ihn beschäftigten, in seinem Pkw auch
Fesselungswerkzeug und einen Baseballschläger bereit. Am
Vorabend der Tat und in der Nacht fuhr der Angeklagte, der nicht
alkoholisiert war, mit seinem Pkw zu verschiedenen Zeiten dreimal an
dem Haus seiner früheren Schwiegereltern vorbei. Beim vierten
Mal - inzwischen war es etwa 2.30 Uhr - stellte er "seinen Pkw in der
Nähe des Anwesens Z. ab und beobachtete das Haus". Gegen 3.00
Uhr sah er seinen früheren Schwiegervater, der zur Arbeit
fahren wollte, das Haus verlassen. Als dieser den Angeklagten erkannte
und auf ihn zuging, nahm der Angeklagte die Schrotflinte.
"Spätestens jetzt (faßte er) den
Entschluß, aus Verärgerung und Wut wegen der
ständigen Streitereien in der Vergangenheit, des Verhaltens
seiner geschiedenen Ehefrau, der Kränkung wegen des
´untergeschobenen´ Kindes ... und aus Rachsucht
gegenüber seiner früheren Familie, alle erwachsenen
Mitglieder der Familie Z. zu töten", wie es dann geschah.
III. Revision des Angeklagten
1. Die auf eine Verletzung von § 261 StPO gestützte
Verfahrensbeschwerde ist unbegründet. Mit ihr wendet sich der
Beschwerdeführer im Ergebnis allein gegen die
Würdigung der zur Schuldfähigkeit erstatteten
Gutachten durch das Schwurgericht. Einen Verfahrensfehler zeigt die
Revision insoweit nicht auf. Das Vorbringen ist deshalb nur im Rahmen
der Sachrüge zu beachten.
2. Die Verurteilung des Angeklagten wegen Mordes (in drei
Fällen) hält rechtlicher Nachprüfung stand.
Die Annahme des Landgerichts, der Angeklagte habe aus niedrigen
Beweggründen im Sinne des § 211 Abs. 2 StGB
gehandelt, begegnet im Ergebnis weder in objektiver noch in subjektiver
Hinsicht durchgreifenden rechtlichen Bedenken.
a) Die Beurteilung der Frage, ob Beweggründe zur Tat "niedrig"
sind, also nach allgemeiner sittlicher Wertung auf tiefster Stufe
stehen und in deutlich weiter reichendem Maße als bei einem
Totschlag als verwerflich und deshalb als besonders verachtenswert
erscheinen, hat aufgrund einer Gesamtwürdigung aller
äußeren und inneren für die
Handlungsantriebe des Täters maßgeblichen Faktoren
zu erfolgen (st. Rspr.; vgl. BGHSt 35, 116, 127; BGH StV 1996, 211,
212). Das Landgericht sieht die niedrigen Beweggründe darin,
daß der Angeklagte "seine geschiedene Frau hin(richtete),
weil sie - so seine Worte - ´sein Leben versaut
hatte´, wobei seine Verärgerung und seine
Haßgefühle sich auch auf die Schwiegereltern
(´die ganze Brut´) bezog". Es meint, "auch wenn man
ein Motivbündel bei dem Angeklagten ... aus
selbstsüchtigem Wollen, Verärgerung über
erfahrene Kränkungen, Frust, als (Zahl-)vater ausgenutzt
worden zu sein", annehme, stünden "das Hauptmotiv bzw. die
vorherrschenden Motive, welche der Tat ihr Gepräge geben -
Wut, Haß, Verärgerung, Frust ... -", nach allgemein
sittlicher Wertung auf tiefster Stufe.
Gefühlsregungen wie Wut, Zorn, Ärger, Haß
und Rachsucht kommen nach der Rechtsprechung allerdings nur dann als
niedrige Beweggründe in Betracht, wenn sie ihrerseits auf
niedrigen Beweggründen beruhen (Lackner/Kühl StGB 23.
Aufl. § 211 Rdn. 5a m.N.). Hierbei war zu bedenken,
daß nicht jede Tötung, die geschieht, weil sich der
Intimpartner vom Täter abwenden will oder abgewandt hat,
deshalb zwangsläufig schon auf niedrigen Beweggründen
beruht. Vielmehr können in einem solchen Fall
tatauslösend und tatbestimmend auch Gefühle der
Verzweiflung, der inneren Ausweglosigkeit und erlittenen Unrechts sein,
die eine Bewertung als "niedrig" im Sinne der Mordqualifikation zumal
dann als fraglich erscheinen lassen können (BGHR StGB
§ 211 Abs. 2 niedrige Beweggründe 18, 32), wenn - wie
hier - die Trennung von dem Tatopfer ausgegangen war und sich der
Angeklagte nicht nur in seiner Lebensplanung enttäuscht,
sondern er sich durch seine frühere Ehefrau - namentlich wegen
des "untergeschobenen" Kindes - getäuscht und "betrogen"
fühlte.
Gleichwohl ist die Wertung des Schwurgerichts im Ergebnis nicht zu
beanstanden. Das nachvollziehbare Gefühl der
Demütigung und Kränkung beim Angeklagten betraf zwar
unmittelbar nur das Verhältnis zu seiner früheren
Ehefrau und könnte die Annahme niedriger Beweggründe
in objektiver Hinsicht in bezug auf deren Tötung entfallen
lassen. Doch wurde hier dieses Gefühl der Demütigung
und Kränkung überlagert von dem Entschluß
des Angeklagten, sich an der "ganzen Brut" zu rächen und sie -
wie er es zuvor mehrere Male angekündigt hatte -
"auszulöschen". Eine solche "Sippenhaft", in die der
Angeklagte die von ihm Getöteten unterschiedslos genommen hat,
rechtfertigt die Einstufung als niedriger Beweggrund durch das
Schwurgericht (vgl. BGHR StGB § 211 Abs. 2 niedrige
Beweggründe 6).
b) Das Schwurgericht hat auch die subjektive Tatseite des
mordqualifierenden Merkmals ausreichend dargetan. Spielen bei der Tat -
wie hier - gefühlsmäßige Regungen eine
Rolle, so muß sich der Tatrichter mit der Frage
auseinandersetzen, ob der Angeklagte in der Lage war, sie gedanklich zu
beherrschen und willensmäßig zu steuern (BGHSt 28,
210, 212; BGHR StGB § 211 Abs. 2 niedrige Beweggründe
2; Lackner/Kühl aaO § 211 Rdn. 5b m.w.N.). Nach dem
normativen Maßstab der Rechtsprechung sind die Anforderungen
für die Annahme, der Täter habe seine Antriebe zur
Tat nicht mehr gedanklich beherrschen und gewollt steuern
können, regelmäßig umso höher, je
schwerwiegender die Tötungstat nach ihren - vom Vorsatz des
Täters umfaßten und ihm vorwerfbaren - konkreten
Umständen und Folgen ist (BGH NJW 1993, 3210, 3211 = StV 1994,
372 m. krit. Anm. Fabricius). Das Landgericht hat ohne Rechtsfehler
festgestellt, der Angeklagte habe "die tatsächlichen
Umstände, die seinem Motiv zugrundelagen", gekannt. Unter den
hier gegebenen Umständen war eine nähere
Erörterung zur subjektiven Tatseite nicht geboten (vgl. BGHR
StGB § 211 Abs. 2 niedrige Beweggründe 6, 15), zumal
sich das Landgericht eingehend mit der affektiven inneren Verfassung
des Angeklagten auseinandergesetzt und - sachverständig
beraten - eine erhebliche Beeinträchtigung des Angeklagten
durch seinen Zustand im Sinne des § 21 StGB ausgeschlossen hat
(dazu unter 3.).
3. Auch der Strafausspruch hält rechtlicher
Nachprüfung stand. Entgegen den Einwendungen des
Beschwerdeführers hat das Schwurgericht ohne Rechtsfehler eine
affektbedingte erheblich verminderte Steuerungsfähigkeit
verneint.
Für die Tatbegehung selbst hat das Landgericht - insoweit dem
psychiatrischen Sachverständigen Dr. R. folgend - einen
rechtlich relevanten Affekt im Sinne einer "tiefgreifenden
Bewußtseinsstörung" verneint. Dabei hat es im
wesentlichen auf die "gedankliche Vorwegnahme" der Tat (der Angeklagte
hatte "bereits lange vor dem eigentlichen Tatgeschehen die
Tötung der Familie Z. angekündigt"), die
"tatvorbereitenden Handlungen mit Bereitlegen einer
Schußwaffe", den "Tatablauf selbst", das "geordnete
Nachtatverhalten" und seine "detailreichen Schilderungen ... zum
Tathergang" abgestellt. Danach lagen in der Tatsituation selbst - was
die Revision auch nicht in Frage stellt - wesentliche Merkmale vor, die
in Psychiatrie und Rechtsprechung als mögliche Indizien gegen
einen rechtlich relevanten affektiven Ausnahmezustand gewertet werden
(vgl. hierzu BGH StV 1990, 493; 1993, 637; zusammenfassend Salger in
Festschrift für Tröndle 1989, 201 f.; Ziegert in
Saß Hrsg.GRE>, Affektdelikte, 1993, S. 43, 46 ff;
krit. gegenüber dem Kriterienkatalog u.a. Rasch, Forensische
Psychiatrie 2. Aufl., 1999, S. 251 ff., 256).
Rechtliche Bedenken gegen die Wertung des Landgerichts ergeben sich
aber auch nicht mit Blick auf die Tatvorgeschichte, der im Rahmen der
notwendigen Gesamtwürdigung zum Bewußtseinszustand
des Täters neben dem Tatzeitzustand Bedeutung zukommt. Die
Rechtsprechung nimmt an, daß eine schon längere Zeit
vor der Tat bestehende ambivalente Täter-Opfer-Beziehung mit
chronischen Affektspannungen auch die Annahme begründen kann,
daß das Persönlichkeitsgefüge des
Täters bei der Tatausführung schwer
erschüttert war (BGHR StGB § 21 Affekt 6; BGH StV
1993, 637; zu den einzelnen Phasen Glatzel StV 1993, 220, 223 ff.;
ferner u.a. Foerster/Venzlaff in Venzlaff/Foerster Hrsg.GRE>
Psychiatrische Begutachtung 3. Aufl., 2000, S. 181, 185 f.; Theune NStZ
1999, 273, 275 f.). Unter solchen Umständen einer für
eine Partnertötung im Affekt typischen Konfliktentwicklung,
deren Opfer im Einzelfall auch Dritte werden können (vgl. BGH
NStZ 1988, 268; BGHR StGB § 211 Abs. 2 niedrige
Beweggründe 19), können auch sogenannte
"Vorgestalten" der Tat in der Phantasie (dazu eingehend Hoff in
Saß aaO S. 95 ff; ferner u.a. Glatzel aaO S. 222;
Saß in Saß aaO S. 11), mit einem
tatauslösenden affektiven Durchbruch als einer tiefgreifenden
Bewußtseinsstörung im Sinne des § 21 StGB
vereinbar sein (BGH, Urteil vom 13. August 1997 - 3 StR 189/97; Theune
aaO S. 276); das erfaßt auch die Ankündigung der Tat
bis hin zu Vorbereitungshandlungen - mithin Umstände, die
üblicherweise gegen einen rechtlich relevanten Affekt gewertet
werden.
Das Landgericht hat das aber nicht verkannt; vielmehr billigt es dem
Angeklagten "aufgrund der erfahrenen Demütigungen und
Kränkungen" einen "chronischen Affektzustand" für die
Tatvorlaufphase zu. Es übersieht auch nicht, daß es
bei dem Angeklagten "im Vorfeld der Tat über einen Zeitraum
von mehreren Jahren zu einer gewissen Einengung des
Interessenspektrums" gekommen und sich "eine affektive Einengung seines
Denkens durch eine affektive Bestimmtheit, in der sich Zorn,
Ärger, erlittene Demütigung und Verzweiflung
mischen", entwickelt habe. Es mißt dem aber keine rechtliche
Bedeutung zu, weil es - mit dem Sachverständigen Dr. R. - eine
"pathologische Entwicklung im Sinne der Manifestation
überwertiger Ideen" verneint und auch ein einen
Affektdurchbruch begründendes Moment nicht zu erkennen vermag
(zur Bedeutung dieses Umstands vgl. BGH, Urteil vom 26. September 1995
- 1 StR 495/95; Theune aaO).
Das angefochtene Urteil läßt - entgegen dem Einwand
der Revision - nicht besorgen, das Schwurgericht habe sich, indem es
dem Sachverständigen Dr. R. gefolgt ist, dabei davon leiten
lassen, daß der als weiterer Sachverständiger
gehörte Prof. Dr. G. die Frage, "ob die Affektspannung zu
einer Beeinträchtigung der Schuldfähigkeit des
Angeklagten geführt hat", mit Hinweis darauf offengelassen
hat, daß "die Erregung sich einer Quantifizierung unter
forensisch psychiatrischem Aspekt entziehe". Daran ist nämlich
richtig, daß es sich bei der Frage, ob eine Verminderung der
Schuldfähigkeit im Sinne des § 21 StGB "erheblich"
ist, um eine nach normativen Maßstäben und deshalb
vom Richter ohne Bindung an die Auffassung des
Sachverständigen zu beantwortende Rechtsfrage handelt (BGHSt
43, 66, 77; BGH NStZ 1999, 395; NStZ 2000, 24). Es ist auch nicht
Aufgabe des psychiatrischen Sachverständigen, sich zu der
rechtlichen Einordnung der von ihm erhobenen Befunde zu
äußern (vgl. Glatzel, Forensische Psychiatrie S. 32,
34 f.; Maatz StV 1998, 279, 280 m.w.N.). Schweigt der
Sachverständige dazu, so bedeutet dies zwar nicht,
daß es deshalb an einer tatsächlichen Grundlage
für die Annahme einer "erheblichen" Beeinträchtigung
der Steuerungsfähigkeit fehlt. Allerdings gebietet es der hohe
Rang des durch §§ 211, 212 StGB geschützten
Rechtsguts, die Anforderungen an die schuldmindernde Bewertung der auf
die tatauslösende Situation zulaufenden Entwicklung der
Beziehung zwischen Täter und Opfer nicht gering anzusetzen
(vgl. BGH NJW 1993, 3210, 3211; BGHR StGB § 213 1. Alt.
Beleidigung 6 und 8), zumal grundsätzlich zu verlangen ist,
daß der geistig gesunde Mensch seine Affekte und sich
beherrscht (vgl. BGHR StGB § 20 Ursachen, mehrere 4;
Jähnke in LK StGB 11. Aufl. § 20 Rdn. 55). An diesem
Maßstab gemessen, hat das Schwurgericht für die
Tatbegehung einen rechtlich relevanten psychischen Ausnahmezustand im
Sinne des § 21 StGB beim Angeklagten mit Blick auf seine
gedankliche Vorbefassung mit dem Tötungsgeschehen, den
Umstand, daß er "der Situation trotz Erkennens der Gefahr und
der aufgrund seiner intellektuellen Gegebenheiten bestehenden
Möglichkeit der Selbstzügelung nichts
entgegensetzte", die Tatvorbereitung und die Gestaltung der
Tatsituation selbst ohne Rechtsfehler ausgeschlossen.
IV. Revision der Staatsanwaltschaft
Die Begründung, mit der das Landgericht "eine besondere
Schuldschwere i.S.d. § 57 a StGB" verneint hat, hält
rechtlicher Nachprüfung stand. Es obliegt dem Tatrichter,
unter Würdigung aller hierfür erheblichen
Umstände die Schuld des Angeklagten im Sinne des § 57
a StGB zu gewichten; das Revisionsgericht darf seine Wertung nicht an
die Stelle derjenigen des Tatrichters setzen, sondern hat nur zu
prüfen, ob dieser alle maßgeblichen
Umstände bedacht hat (st. Rspr.; BGHR StGB § 57 a
Abs. 1 Schuldschwere 11, 18 jew. m.w.N.). Nach diesem
eingeschränkten Prüfungsmaßstab weist die
tatrichterliche Entscheidung keinen durchgreifenden Rechtsfehler auf.
Das Landgericht hat alle für die Beurteilung der besonderen
Schuldschwere maßgeblichen Umstände in die
Gesamtwürdigung einbezogen. Dies gilt entgegen der Auffassung
der Beschwerdeführerin auch in bezug auf die Tat zum Nachteil
der früheren Schwiegermutter des Angeklagten. Insoweit kann
ein Umstand von Gewicht noch nicht darin gesehen werden, daß
sie, anders als die beiden anderen Tatopfer, dem Angeklagten "nicht in
vergleichbar nennenswerter Weise ... (eine) tatsächliche
Grundlage für seinen Zorn, Wut und Haß geliefert"
hatte (RB 2/3, 5). Soweit die Beschwerdeführerin und der
Generalbundesanwalt darüber hinaus zur Motivlage die
straferschwerende Berücksichtigung vermissen, daß
der Angeklagte "die ganze Brut" treffen wollte und ohne
Rücksicht auf die Empfindungen des das Tatgeschehen
miterlebenden 7jährigen Kindes vorging, dienen diese
Umstände bereits zur Begründung der Annahme des
Vorliegens niedriger Beweggründe; sie stehen deshalb
für die Berücksichtigung im Rahmen der
Schuldschwerebeurteilung nicht, jedenfalls nicht mit ihrem vollen
Gewicht, zur Verfügung (zur Reichweite des
Doppelverwertungsverbots vgl. BGHSt 42, 226).
Das Landgericht hat im Ergebnis auch berücksichtigt,
daß bei der Verhängung einer lebenslangen
Freiheitsstrafe - wie hier - als Gesamtstrafe § 57 b StGB eine
zusammenfassende Würdigung aller die Gesamtstrafe
begründenden Straftaten vorschreibt (vgl. BGHR StGB §
57 b Schuldschwere 2; Tröndle/Fischer StGB 49. Aufl.
§ 57 b Rdn. 2 m.w.N.). Zwar erwähnt das angefochtene
Urteil § 57 b StGB nicht ausdrücklich. Daß
das Landgericht die gebotene zusammenfassende Würdigung der
drei - vom Landgericht zutreffend als jeweils selbständige
Handlungen gewerteten - Mordtaten und der sie prägenden
Umstände vorgenommen hat, ergibt sich aber aus dem Hinweis im
Urteil, entgegen der Auffassung der Staatsanwaltschaft sei "nicht ...
die ´Quantität´ entscheidend, wenngleich
zu beklagen ist, daß der Angeklagte drei Menschen
getötet hat", und die im Anschluß daran zur inneren
Tatseite aufgeführten Besonderheiten. Wenn das Schwurgericht
hiernach eine besondere Schuldschwere verneint hat, so hält
sich dies - zumal angesichts des engen zeitlichen, örtlichen,
situativen und motivatorischen Zusammenhangs der Straftaten (vgl. BGHSt
39, 121, 126; BGHSt-GS- 40, 360, 370) - noch im Rahmen des dem
Tatrichter eingeräumten Bewertungsspielraums.
Meyer-Goßner Maatz Kuckein
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