BGH,
Urt. v. 14.12.2000 - 5 StR 123/00
Nachschlagewerk: ja
BGHSt : nein
Veröffentlichung: ja
StGB § 266
Zu den Voraussetzungen der Haushaltsuntreue während
der Aufbauphase in den neuen Ländern
BGH, Urt. v. 14. Dezember 2000 - 5 StR 123/00
LG Potsdam -
BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
5 StR 123/00
URTEIL
vom 14. Dezember 2000
in der Strafsache
gegen
1.
2.
3.
wegen Untreue
- 2 -
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 14.
Dezember
2000, an der teilgenommen haben:
Vorsitzende Richterin Harms,
Richter Basdorf,
Richterin Dr. Gerhardt,
Richter Dr. Raum,
Richter Dr. Brause
als beisitzende Richter,
Bundesanwalt
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt J ,
Rechtsanwalt G
als Verteidiger des Angeklagten A ,
Rechtsanwalt K ,
Rechtsanwalt Sch
als Verteidiger der Angeklagten S ,
Rechtsanwalt Z ,
Rechtsanwältin Se
als Verteidiger des Angeklagten B ,
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,
- 3 -
für Recht erkannt:
Die Revisionen der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des
Landgerichts Potsdam vom 23. Juli 1999 werden verworfen.
Die Staatskasse hat die Kosten der Rechtsmittel sowie die
den Angeklagten dadurch entstandenen notwendigen Auslagen
zu tragen.
- Von Rechts wegen -
G r ü n d e
Das Landgericht hat die drei Angeklagten freigesprochen. Ihnen lag im
wesentlichen zur Last, als Ministerialbeamte Untreue im Hinblick auf
Haushaltsmittel
begangen zu haben. Die auf die Rüge der Verletzung formellen
und materiellen Rechts gestützten, vom Generalbundesanwalt zur
Sachrüge
vertretenen Revisionen bleiben ohne Erfolg.
A.
Dem Urteil des Landgerichts liegt folgendes zugrunde:
I.
Nach den Feststellungen des Landgerichts waren der Angeklagte A
als Staatssekretär, die Angeklagte S als Leiterin der Abteilung
4 (Gesundheit) sowie der Angeklagte B als Leiter des
Referats 4.5 (gesundheitliche Prävention und Rehabilitation)
im Ministerium
für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Frauen (MASGF) des Landes
Branden-
4 -
burg seit 1990/91 tätig. Während der Angeklagte A ,
der vorher im Gesundheitsministerium
des Landes Nordrhein-Westfalen Abteilungsleiter war,
über Verwaltungserfahrung verfügte, fehlten bei der
Angeklagten
S sowie dem Angeklagten B , die beide zuvor
außerhalb der Ministerialverwaltung im Bereich der
medizinischen bzw. psychologischen
Betreuung beschäftigt waren, entsprechende Kenntnisse.
Die Zeit nach dem Beitritt der ehemaligen DDR zur Bundesrepublik
Deutschland war im Gesundheitswesen durch erhebliche
Umstrukturierungsmaßnahmen
geprägt, weil die aus der DDR-Zeit fortbestehenden Polikliniken
von den Kommunen nicht mehr finanziert werden konnten und in der
Auflösung begriffen waren. Im MASGF wurde deshalb die Idee
entwickelt,
Gesundheitszentren und Betreuungsdienste für chronisch Kranke
zu etablieren
und deren Finanzierung durch die Sozialversicherungsträger zu
erreichen.
Für entsprechende Umstrukturierungsmaßnahmen stellte
der Landeshaushalt
im Jahre 1991 insgesamt 117 Millionen DM zur Verfügung. Im
Landeshaushalt
1992 waren dafür zusätzlich als
„Zuschüsse für
Dispensairebetreuung“
zwölf Millionen DM und für 1993 sieben Millionen DM
veranschlagt.
Hiervon sollten bis zur Erreichung einer Regelfinanzierung durch die
Krankenkassen
die Sach- und Personalkosten der „Betreuungsdienste chronisch
Kranker“ (BcK) gedeckt werden. Man ging davon aus,
daß für diese Umstrukturierungsaufgabe
zwei Jahre benötigt würden und sie Ende 1993
abgeschlossen
sein sollte. Für das Jahr 1994 war deshalb kein entsprechender
Mittelansatz mehr vorgesehen.
Zur Umsetzung des Vorhabens, von den Krankenkassen finanzierte
Betreuungseinrichtungen für chronisch Kranke zu etablieren,
arbeitete das
MASGF mit dem Institut für Gesundheits- und Sozialforschung
GmbH (IGES)
in Berlin zusammen, das bereits die Umwandlung der Polikliniken und die
Einrichtung der Gesundheitszentren durchführte. IGES
entwickelte zusammen
mit dem MASGF eine entsprechende Förderrichtlinie des Landes
Brandenburg,
die rückwirkend zum 1. Juli 1992 in Kraft trat. Aufgrund der
nun
- 5 -
vorhandenen Förderrichtlinie hob der Minister der Finanzen die
bislang bestehende
Sperre bezüglich der für die Dispensairebetreuung
vorgesehenen
Haushaltsmittel auf.
Da das MASGF nicht über entsprechendes Personal
verfügte, sollten
Aufbau und Finanzierung der BcK über IGES erfolgen. Es kam zu
Verhandlungen,
in die neben dem Angeklagten B und Vertretern von
IGES auch der Haushaltsbeauftragte des MASGF, D , einbezogen war.
Als Haushaltsbeauftragtem oblag dem früheren Mitangeklagten D
(gegen
den das Verfahren nach § 153a Abs. 2 StPO erledigt worden ist)
die
Verantwortung für die Ausführung des Haushaltsplanes
und er war bei Maßnahmen
von finanzieller Bedeutung zu beteiligen. Mit Billigung von D
unterzeichnete die Angeklagte S am 18. September 1992 seitens
der MASGF einen Vertrag mit IGES. In dem Vertrag war vorgesehen,
daß
die haushaltsrechtlich angesetzten Fördermittel für
1992 und 1993 in Höhe
von insgesamt 19 Millionen DM von IGES treuhänderisch
verwaltet werden
sollten, wobei in diesem Betrag ein Honorar in Höhe 1,6588
Millionen DM für
IGES enthalten war. Auf Anforderung von IGES wurde auf Anordnung der
Angeklagten S am 26. Oktober 1992 ein Betrag in Höhe von
zehn Millionen DM angewiesen; der Angeklagte B veranlaßte
die am 4. Januar 1993 erfolgte Auszahlung des restlichen,
zunächst als
Sicherungsrücklage einbehaltenen Betrages von rund 700.000 DM
an IGES
entsprechend der vertraglich getroffenen Treuhandabrede.
Bis zum 31. Dezember 1992 waren bei IGES noch nicht verbrauchte
Fördergelder in Höhe von 9,89 Millionen DM vorhanden.
Den hieraus erwirtschafteten
Zinsertrag überwies IGES an das MASGF und beantragte eine
Verlängerung des Bewilligungszeitraums. Diesem Antrag kam der
Angeklagte
B nach, ohne allerdings eine konkrete Befristung anzugeben.
- 6 -
In der Folge schloß IGES mit den einzelnen Einrichtungen
Förderverträge,
die insgesamt ein Volumen von 7,1 Millionen DM hatten. Den einzelnen
Vereinbarungen lag ein Mustervertrag zugrunde, den IGES nach Abstimmung
mit dem MASGF ausgearbeitet hatte. In der Folgezeit wurden
- auf reduziertem Niveau - im August und September 1993 vier weitere
Förderverträge
abgeschlossen, wodurch die an IGES ausgereichten Treugutmittel
im wesentlichen aufgebraucht waren. Mit Überweisung vom
29. Dezember 1993 zahlte IGES die restlichen Fördermittel an
die einzelnen
Einrichtungen aus und legte gegenüber dem MASGF eine
Schlußrechnung.
Bereits ab September 1993 sollte auf Betreiben des zuständigen
Referatsleiters
im Finanzministerium, des Zeugen Br , die zukünftige
Förderung
der BcK nicht mehr über die Bildung von Treugut erfolgen,
sondern die
Mittel sollten auf der Grundlage von Zuwendungsbescheiden des MASGF,
die dann allerdings von IGES vorbereitet wurden, direkt an die
einzelnen Einrichtungen
ausgereicht werden. Auf Antrag der jeweiligen
Fördereinrichtungen
ergingen insgesamt 13 Zuwendungsbescheide im November/
Dezember 1993, die der Angeklagte B mit Wissen und
Billigung der Angeklagten S unterzeichnete. In allen
Zuwendungsbescheiden
war ein Bewilligungszeitraum bis zum 31. Dezember 1993
angegeben. Obwohl bei den Fördereinrichtungen zum damaligen
Zeitpunkt
noch kein aktueller weiterer Bedarf bestand, wurden sämtliche
- den gekürzten
Haushaltsansatz für 1993 in Höhe von 6,3 Millionen DM
ausschöpfende
- Mittel noch im Dezember 1993 ausgezahlt.
Die Verwendung der Haushaltsmittel wurde weiterhin von IGES
überwacht,
das hierüber auch gegenüber dem MASGF berichtete. Mit
Schreiben
vom 29. Juni 1994 an die Angeklagte S wies IGES darauf hin,
daß aus den Förderverträgen (welche den
Haushaltsansatz 1992 betrafen)
knapp drei Millionen und aus den Zuwendungsbescheiden noch über
sechs Millionen DM bei den Trägern der BcK unverbraucht
vorhanden waren.
Aufgrund dieser Information kam es innerhalb der MASGF zu
Gesprächen,
- 7 -
an denen auch der Haushaltsbeauftragte D beteiligt war. Dieser legte
für
die Leitung des Ministeriums das Problem in einem Vermerk dar. Der
Vermerk
gelangte am 1. September 1994 dem Angeklagten A zur Kenntnis.
Dieser erkannte, daß ein Widerruf der Zuwendungen bzw. die
Rückforderung
der nicht verbrauchten Gelder in Betracht gezogen werden
mußte. Nach
Kontaktaufnahme mit dem Vorsitzenden der AOK war ihm klar,
daß eine
vollständige Überführung der
Betreuungseinrichtungen in die Trägerschaft
dieser Krankenkasse wohl ausscheiden werde. Er ging aber davon aus, die
Mehrheit der Einrichtungen würde andere Krankenkassen als
Träger finden.
Nachdem eine zunächst auf Ministerebene in Aussicht genommene
Zwischenlösung
sich nicht hatte realisieren lassen, wurden Teilwiderrufsbescheide
in Höhe von insgesamt 1,6 Millionen DM erlassen. Dieser Betrag
ergab sich aus Berechnungen, welche Summen die Betreuungseinrichtungen
bis Mitte 1995 noch benötigen würden. Um die noch
nicht gescheiterte spätere
Übernahme durch die Krankenkassen offenzuhalten, wurde
zunächst nur
der überschießende Betrag zurückgefordert.
Nachdem - wie sich später aufgrund
von Verwendungsnachweisprüfungen herausstellte - weit weniger
Gelder verbraucht worden waren, sind schließlich mehrere
Millionen DM
nach Widerruf der Zuwendungsbescheide zurückgezahlt worden.
Im Haushaltsplan 1994 waren für die „pauschale
Förderung für Rehabilitations-
und Erholungseinrichtungen“ fünf Millionen DM
veranschlagt. Der
Angeklagte B entwickelte die Idee, nach dem Vorbild Nordrhein-
Westfalens ein Gesundheitshaus einzurichten, das an einem Kur- oder
Erholungsort gelegen sein sollte. Nach Vorklärungen fiel die
Wahl auf den
Erholungsort Ringenwalde. Als Vertreterin des zuständigen
Amtes Templin-
Land stellte die Zeugin Dr am 3. November 1994 einen Antrag auf
Gewährung
einer Förderung in Höhe von 3,16 Millionen DM, was 90
Prozent
der Baukosten entsprach. Am 9. November 1994 erging eine
Förderunbedenklichkeitsmitteilung.
Da sich aufgrund neuer bautechnischer Schätzungen
die voraussichtliche Bausumme - und damit auch die 90-Prozent-
Fördersumme auf 3,5 Millionen DM - erhöhte,
zeichneten die Angeklagten
- 8 -
B und S den Entwurf eines Zuwendungsbescheides
in entsprechender Höhe ab und leiteten diesen dem Angeklagten
A zu. Nach Rücksprache mit B und S
zeichnete der Angeklagte A am 30. November 1994 den Zuwendungsbescheid,
der - nach einer Korrektur D , der aber im übrigen den Entwurf
ebenfalls billigte - einen Bewilligungszeitraum bis 28. Februar 1995
haben
sollte. Diese Änderung wurde allerdings versehentlich in dem
der Antragstellerin
übermittelten Schreiben nicht übernommen, so
daß dort weiterhin
als Ende des Bewilligungszeitraums der 31. Dezember 1994 ausgewiesen
war.
Die Auszahlung der Mittel erfolgte noch im Dezember 1994. Die
Aufträge
für das Bauvorhaben wurden vom Amt Templin-Land allerdings
erst bis
zum 24. Februar 1995 vergeben. Die Unternehmen, die den Zuschlag
erhalten
hatten, stellten sogleich Rechnungen in Höhe des
Kostenangebots. In
Höhe dieser Rechnungen legte das Amt Sperrkonten an, auf
welche die
Zeugin Dr die Rechnungsbeträge überweisen
ließ und als verbrauchte
Mittel deklarierte. Im weiteren Verlauf - was im übrigen schon
aufgrund eines
Bauablaufplans des Architekten zu erkennen gewesen wäre -
zeigte sich,
daß die Bauarbeiten bis Oktober 1995 andauern würden.
II.
Das Landgericht hat die Angeklagten, die aufgrund ihrer Funktionen
im MASGF eine Vermögensbetreuungspflicht gehabt
hätten, vom Vorwurf
der Untreue freigesprochen.
1. Die treuhänderische Überlassung der
Haushaltsmittel an IGES hat
das Landgericht nicht als pflichtwidrig angesehen, weil § 44
Abs. 3 Landeshaushaltsordnung
des Landes Brandenburg (LHO) eine solche Möglichkeit
eröffne. Nach dem damaligen Verständnis dieser Norm
habe dies im Haushaltsplan
ebensowenig ausdrücklich vorgesehen sein müssen, wie
die Vergütung
für den Treuhänder. Die Mittel seien auch
bestimmungsgemäß ver-
9 -
wandt worden, jedenfalls hätten die Angeklagten B und
S nicht vorsätzlich gehandelt.
2. Hinsichtlich der Auskehrung der Haushaltsmittel für 1993
hätten die
Angeklagten B und S nach Auffassung des
Landgerichts pflichtwidrig gehandelt, weil diese Mittel - entgegen
§ 34 Abs. 2
Satz 1 LHO - ohne aktuellen Bedarf ausgereicht worden seien. Insoweit
seien
die Mittel auch zweckwidrig verwandt worden, weil ein Auszahlungsgrund
für 1993 nicht bestanden und der Haushaltsgesetzgeber
für 1994 entsprechende
Ausgaben nicht vorgesehen habe. Zwar müsse in der
Zweckwidrigkeit
nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht zwingend ein
Vermögensnachteil im Sinne des § 266 StGB liegen. Bei
freiwilligen Aufgaben
des Staates träfe dies jedoch deshalb zu, weil der
Haushaltsgesetzgeber
Ausgaben hierfür in diesem Haushaltsjahr gerade nicht gewollt
habe. Auch
hier hätten aber die Angeklagten nicht vorsätzlich
gehandelt, denn sie hätten
auf die Empfehlung des Haushaltsbeauftragten D vertraut, den sie als
kompetenten Experten im Haushaltsrecht gekannt hätten.
3. Hinsichtlich des Angeklagten A gründet sich der Vorwurf der
Untreue auf die unterbliebene Anordnung der vollständigen
Rückforderung
der ausgereichten Gelder für die BcK. Hier hat das Landgericht
schon die
objektive Pflichtwidrigkeit verneint. Die Rückforderung habe
im Ermessen
des Angeklagten gelegen, das dieser nicht in rechtswidriger Weise
ausgeübt
habe. Im übrigen habe er auch nicht in dem
Bewußtsein gehandelt, durch
das Unterlassen der Rückforderung gegen
Vermögensbetreuungspflichten
zu verstoßen.
4. Die Ausreichung der Gelder noch im Dezember 1994 hinsichtlich
des Gesundheitshauses Ringenwalde sei rechtswidrig gewesen. Die drei
Angeklagten hätten deshalb den objektiven Tatbestand der
Untreue verwirklicht,
weil das Vorhaben erst im Jahr 1995 habe verwirklicht werden
können
und für dieses Jahr ein entsprechender Haushaltsansatz nicht
bestanden
- 10 -
habe. In der infolge der zeitlichen Verschiebung eingetretenen
Zweckwidrigkeit
der Zuwendung liege auch hier der Nachteil im Sinne des § 266
StGB;
denn der Haushaltsgesetzgeber wäre zu einer solchen Leistung
nicht verpflichtet
gewesen. Sämtliche Angeklagten hätten jedoch nicht
vorsätzlich gehandelt,
weil sie von einer rechtzeitigen Fertigstellung des Bauvorhabens
ausgegangen seien.
B.
Die gegen das freisprechende Urteil gerichteten Revisionen der
Staatsanwaltschaft haben keinen Erfolg.
I.
Die Verfahrensrügen sind unzulässig. Sie sind schon
nicht in der gemäß
§ 345 StPO erforderlichen Form erhoben worden, weil die
Revisionsbegründung
auf ein der Revisionsschrift nachgeheftetes und nicht unterzeichnetes
Ablichtungskonvolut Bezug nimmt (vgl. BGH LM Nr. 2 zu § 345
StPO;
BGH VRS 3, 252, 253; BGH, Urteil vom 7. April 1970 - 5 StR 308/69 - bei
Dallinger MDR 1970, 899 f.; Kleinknecht/Meyer-Goßner, StPO
44. Aufl. § 345
Rdn. 14; Sarstedt/Hamm, Die Revision in Strafsachen 6. Aufl. Rdn. 215
f.).
Zudem fehlt bei sämtlichen Verfahrensrügen der nach
§ 344 Abs. 2 Satz 2
StPO erforderliche vollständige Tatsachenvortrag zu den
behaupteten Mängeln.
Im übrigen enthalten die Beweisanträge, deren
Ablehnung beanstandet
wird, weitestgehend keine hinreichend konkreten Beweisbehauptungen (vgl.
Herdegen in KK 4. Aufl. § 244 Rdn. 45 f.); auch die
Beweismittel sind überwiegend
unvollständig bezeichnet.
II.
Näherer Erörterung bedarf nur die Sachrüge.
1. Ohne Rechtsverstoß hat das Landgericht die Bildung von
Treugut
bei IGES nicht als Untreue nach § 266 StGB gewertet.
- 11 -
a) Es hat rechtsfehlerfrei die auf § 44 Abs. 3 LHO
gestützte Übertragung
der Verwaltung der Fördergelder auf IGES als nicht
pflichtwidrig erachtet.
Unter den Gegebenheiten der damaligen Zeit konnten die Angeklagten
B und S von der durch die Landeshaushaltsordnung
eröffneten Möglichkeit Gebrauch machen, die
Mittelbewirtschaftung
und den damit verbundenen Verwaltungsaufwand auf IGES zu
verlagern. Maßgeblich hat das Landgericht dabei auf die im
Land Brandenburg
in der kurzen Zeit nach seiner Entstehung herausgebildete
Verwaltungsübung
abgestellt, die ein solches Vorgehen schon bei früheren
Förderprogrammen
vorsah. So hatte das MASGF schon 1991/1992 die Umstrukturierung
der Polikliniken in ähnlicher Weise über IGES
abgewickelt. Entscheidender
Gesichtspunkt für die Verlagerung der Mittelbewirtschaftung
war der
sich aus der unzureichenden personellen Besetzung des Ministeriums hier
ergebende faktische Zwang. Insoweit bestand für das noch im
Aufbau befindliche
Ministerium, das aus eigenen Kräften keine
ordnungsgemäße Bewirtschaftung
hätte leisten können, nur die Alternative, die - vom
Haushaltsgesetzgeber
durch die Mittelbereitstellung grundsätzlich als wesentlich
erachtete
- Aufgabe überhaupt nicht durchzuführen.
b) Jedenfalls unter den damals gegebenen Umständen bedurfte es
weder einer gesonderten Ermächtigung zur Übertragung
noch eines gesonderten
Ausweises eines Honorars zugunsten des Treugutnehmers. Die
Landeshaushaltsordnung
sieht beides nicht ausdrücklich vor. Haushaltsrechtlich
wird die Ausgabe inhaltlich aus der Erfüllung notwendiger
Aufgaben des
Landes bestimmt (§ 6 LHO) und nach dem Bruttoprinzip bewertet
(§ 15
Abs. 1 LHO). Haushaltsausgaben sind deshalb nach § 12 Abs. 4
Haushaltsgrundsätzegesetz
(HGrG) durch ihren Zweck definiert (vgl. Piduch, Bundeshaushaltsrecht
2. Aufl. Art. 110 GG Rdn. 40).
Dem Förderzweck diente auch die Einschaltung von IGES; Aufgabe
des Instituts war unter anderem die Beratung und Unterstützung
der BcK, die
Tätigkeit insgesamt sollte der Etablierung der
Betreuungseinrichtungen die-
12 -
nen. Der Mittelansatz durfte deshalb ein angemessenes Honorar
für die Leistungen
enthalten, die mit der allseitigen Beratung, Betreuung und der
Mittelbewirtschaftung
verbunden waren. Dabei blieb es dem Haushaltsgesetzgeber
freilich unbenommen, die Zweckerreichung näher zu regeln und
dies
gegenüber der Verwaltung auch für verbindlich zu
erklären (vgl. § 12 Abs. 4
letzter Satz HGrG). Wenn er dies später bei vergleichbaren
Fällen auch getan
und die Bildung von Treugut ausdrücklich angeordnet hat,
läßt dies nicht
den Schluß auf die Unzulässigkeit der Auslagerung
von Treugut zu, wenn
diese zeitlich früher erfolgt ist. Vielmehr liegt hier sogar
nahe, daß der Haushaltsgesetzgeber
bei der Aufstellung des Haushaltsplans für 1992 Kenntnis
von der vergleichbaren Situation bei der Umstrukturierung der
Polikliniken
hatte, die ebenfalls über ein bei IGES gegründetes
Treugut abgewickelt wurde.
Wenn der Haushaltsgesetzgeber einen entsprechenden Mittelansatz
dann trifft, ohne hierzu insoweit gegenteilige Regelungen vorzusehen, so
spricht dies eher für seine Billigung der gewählten
Vorgehensweise. Vor dem
Hintergrund der Aufbauphase im Land Brandenburg, die vor allem rasches
Handeln erforderte, konnte deshalb eine zunächst
unbeanstandete, wenn
auch kurze Verwaltungspraxis, die eine ansonsten nicht zu leistende
Aufgabenerfüllung
ermöglichte, bei der Normauslegung des § 44 Abs. 3
LHO Gewicht
erlangen.
c) Die Ausreichung der restlichen Haushaltsmittel für 1992 war
von der
(jedenfalls zum damaligen) Zeitpunkt noch
rechtmäßigen Bildung des Treugutes
gedeckt. Wenn Treugut gebildet wird, dann suspendiert dies - wie sich
im übrigen durch den Verweis von § 44 Abs. 3 LHO auf
den Absatz 1 dieser
Vorschrift ergibt - die haushaltsrechtlichen Bindungen nicht. Der
Umstand,
daß die Verwaltung der Mittel dem Ministerium nicht mehr
unmittelbar zustand,
sondern durch die Treugutnehmerin durchzuführen war, ist die
notwendige
Konsequenz der Mittelverlagerung nach außen. Dadurch sollte
die
personell nicht ausreichend besetzte oder kompetente Behörde
entlastet
werden. Dieser Effekt konnte aber nur dann erreicht werden, wenn - bei
entsprechenden
Sicherungsmaßnahmen - dem Treugutnehmer die Mittel
über-
13 -
lassen wurden, damit die Mittelbewirtschaftung von dort erfolgen
konnte. Die
haushaltsrechtlichen Pflichten treffen - was die staatliche
Behörde durch geeignete
Vertragsklauseln sicherzustellen und zu überwachen hat - den
Treugutnehmer.
Diese Rechtsfolge hat der Gesetzgeber mit Einführung des
§ 44
Abs. 3 LHO in Kauf genommen. Die Einhaltung haushaltsrechtlicher
Bindungen
hatte das MASGF durch die Bezugnahme auf die Förderrichtlinie,
durch
Anordnungen über die Mittelbewirtschaftung wie auch durch
umfangreiche
Berichtspflichten sichergestellt (vgl. Dommach in Heuer, Kommentar zum
Haushaltsrecht 2000 § 44 BHO Rdn. 15). Die Einhaltung
haushaltsrechtlicher
Grundsätze war damit im Rahmen der Treugutabrede
gewährleistet und
wurde auch im Zuge der Durchführung des
Treuhandverhältnisses überwacht.
Die Haushaltsmittel für 1992 konnten damit im Oktober 1992
(bzw. der
Restbetrag von etwa 700.000 DM Anfang Januar 1993) noch an IGES
ausgereicht
werden. Etwas anderes würde nur dann gelten, wenn für
das
MASGF ersichtlich war, daß die Gelder für die
Aufgaben nicht mehr oder
zumindest nicht absehbar benötigt würden.
Dafür bestehen hier jedoch keine
Anhaltspunkte. Zwar war eine zeitliche Verzögerung
gegenüber den Vorstellungen
bei Inkraftsetzung des Haushaltsplanes eingetreten. Nach
Erlaß der
Förderrichtlinie war jedoch die eine Zwischenfinanzierung
erfordernde Überleitungsphase
angelaufen, Sicherungen für eine vorübergehende (auch
verzinsliche)
Anlage der Gelder bei IGES lagen vor und ein künftige Deckung
gewährleistender Haushaltsansatz für 1993 war
vorhanden. Da der Abschluß
konkreter Förderverträge mit den einzelnen
Einrichtungen anstand, erfolgte
die Auszahlung der Haushaltsmittel und die hierdurch
ermöglichte Bildung
des Treuguts - zumindest aus damaliger Sicht - auch in
haushaltsrechtlich
vertretbarer Weise.
2. Im Ergebnis zutreffend hat das Landgericht eine Strafbarkeit der
Angeklagten S und B wegen Untreue durch die
Zuwendung der Haushaltsmittel 1993 an die BcK verneint.
- 14 -
a) Die auf der Grundlage von Zuwendungsbescheiden erfolgten Auszahlungen
der Haushaltsmittel für 1993 in Höhe von 6,26
Millionen DM, die
noch im Dezember 1993 erfolgten, verstießen gegen
Haushaltsrecht. Bis
November 1993 waren nach den Feststellungen des Landgerichts von den
Haushaltsmitteln 1992 bislang lediglich 2,35 Millionen DM verbraucht.
Die
restlichen Gelder befanden sich auf Grundlage der (mit Zustimmung des
MASGF) von IGES mit den BcK geschlossenen
Förderverträge bei den einzelnen
BcK. Da deshalb kein aktueller Bedarf für diese Mittel
bestand, verstieß
ihre Auskehr gegen den Grundsatz der sparsamen Verwaltung
gemäß
§ 34 Abs. 2 Satz 1 LHO, der verlangt, daß Ausgaben
nicht eher geleistet
werden dürfen, als dies für eine wirtschaftliche und
sparsame Verwaltung
erforderlich ist.
b) Allerdings begründet der Verstoß gegen
haushaltsrechtliche Grundsätze
allein nicht den Tatbestand der Untreue gemäß
§ 266 StGB. Hierfür
muß hinzukommen, daß dem Land Brandenburg, dessen
Vermögensinteressen
die Angeklagten S und B wahrzunehmen
hatten, ein Nachteil im Sinne des § 266 StGB entstanden ist.
Dieser Nachteil
kann nicht allein darin begründet sein, daß der
Täter gegen die sachliche
oder zeitliche Bindung der haushaltsmäßigen Mittel
(§ 45 LHO) verstößt oder
das Gebot außer Acht läßt (§ 34
Abs. 2 Satz 1 LHO), Ausgaben nur insoweit
und nicht eher zu leisten, als sie zur wirtschaftlichen und sparsamen
Verwaltung
erforderlich sind (BGHSt 40, 287, 294). Da die Untreue nur das
Vermögen, nicht aber allgemein die wirtschaftliche
Dispositionsbefugnis des
Geschäftsherrn schützt, muß die jeweils
pflichtwidrige Handlung darauf untersucht
werden, ob sie im konkreten Fall zu einem Vermögensnachteil
geführt
hat, weil sie zweckwidrig oder sonst dem betreuten Vermögen
nachteilig
war (BGHSt 43, 293, 297). Ein Nachteil kann in Gestalt einer
schadensgleichen
Vermögensgefährdung allerdings bereits dann
eintreten, wenn öffentliche
Gelder einer haushaltsrechtlichen Kontrolle entzogen werden und damit
letztlich der freien Verfügung des Disponierenden unterliegen
(BGHSt 40,
287, 296 f., allerdings für die besondere
Sachverhaltsgestaltung, die Bud-
15 -
getmittel betraf, die einem - sowieso nur eingeschränkter
Kontrolle unterliegenden
- Geheimdienst zugewiesen wurden). Unter dem Gesichtspunkt der
Vermögensgefährdung ist gleichfalls in der Bildung
sogenannter „schwarzer
Kassen“ ein Vermögensnachteil zu sehen (BGH NStZ
1984, 549; NStZ 1986,
455). Abgesehen von diesen speziellen Sachverhaltsgestaltungen sind zur
Feststellung eines Nachteils grundsätzlich die Leistung und
die empfangene
Gegenleistung im Wege einer Gesamtbetrachtung zu gewichten. Deshalb
fehlt es an einem Nachteil, falls wertmindernde oder
werterhöhende Faktoren
sich gegenseitig aufheben (BGH NStZ 1986, 455, 456). Ungeachtet der
Gleichwertigkeit von Leistung und Gegenleistung kommt Haushaltsuntreue
in
Betracht, wenn durch eine Haushaltsüberziehung eine
wirtschaftlich gewichtige
Kreditaufnahme erforderlich wird, wenn die
Dispositionsfähigkeit des
Haushaltsgesetzgebers in schwerwiegender Weise beeinträchtigt
wird und er
durch den Mittelaufwand insbesondere in seiner politischen
Gestaltungsbefugnis
beschnitten wird (BGHSt 43, 293, 299 mit kritischer Anmerkung von
Bittmann NStZ 1998, 495; vgl. weiterhin Coenen, Die Strafbarkeit von
Verstößen
gegen das Haushaltsrecht 2000 S. 39 ff.).
aa) Vor dem Hintergrund dieser Rechtsprechung begegnet die
Begründung
des Landgerichts im Hinblick auf die Beschränkung der
Dispositionsbefugnis
des Haushaltsgesetzgebers durchgreifenden Bedenken. Das
Landgericht hat im vorliegenden Fall den Nachteil darin gesehen,
daß die
Mittel nicht innerhalb des Haushaltsjahres Verwendung gefunden haben,
für
das sie vom Haushaltsgesetzgeber in Ansatz gebracht wurden. Jedenfalls
wenn es sich - wie hier - um freiwillige Leistungen handele, seien sie
immer
„nutzlos“, weil der Haushaltsgesetzgeber sie
für dieses Jahr nicht als erforderlich
betrachtet habe. Ansonsten hätte er sie in den Haushaltsplan
eingestellt.
Jedenfalls soweit keine besonderen Anhaltspunkte dafür
vorliegen,
kann nicht davon ausgegangen werden, daß der
Haushaltsgesetzgeber die
verspätete Verwendung der Mittel in einem folgenden Haushalt
als nutzlos
- 16 -
ansieht. Solche Besonderheiten können zum Beispiel vorliegen,
wenn bestimmte
Leistungen nach ihrer Zweckbestimmung nur innerhalb eines bestimmten
Zeitraums sinnvoll sind oder wenn sich die tatsächlichen
Verhältnisse
geändert haben. Im übrigen wird aber die Einstellung
in den Haushalt
gerade indizieren, daß der Haushaltsgesetzgeber die Leistung
als nützlich
ansieht. Auch soweit die Landeshaushaltsordnung des Landes Brandenburg
nicht schon - ohne Befassung des Haushaltsgesetzgebers - die Bildung von
Ausgaberesten ausdrücklich zuläßt
(§ 45 Abs. 2 i. V. m. § 19 Abs. 1 LHO),
wird deshalb nicht ohne weiteres von einem Nachteil im Sinne des
§ 266
StGB auszugehen sein (vgl. hierzu auch Coenen aaO S. 50, der bei
adäquater
Gegenleistung wohl grundsätzlich keinen
Vermögensnachteil bei
Verstößen gegen die sachliche oder zeitliche Bindung
des Haushaltsplans
annehmen will).
bb) Im vorliegenden Fall war die Zahlung für die vom
Haushaltsgesetzgeber
als grundsätzlich nützlich erachtete
Übergangsfinanzierung der
BcK bestimmt. Eine Zuwendung hierfür könnte deshalb
einen Vermögenswert
bilden, der im Wege der Gesamtsaldierung von Leistung und Gegenleistung
einen Nachteil im Sinne des § 266 StGB ausschließt.
Allerdings erfüllten
die Zahlungen - jedenfalls aus der nachträglichen Sicht des
Tatrichters -
ihren ursprünglichen vom Haushaltsgesetzgeber beigelegten
Zweck nicht
mehr, weil sie ihrer Natur nach funktionell und zeitlich abgegrenzt
waren und
der Übergangsfinanzierung dienen sollten. Waren sie
für die Erreichung dieses
Ziels nicht mehr notwendig oder war das Ziel gar nicht mehr zu
verwirklichen,
dann wäre die Verwendung der haushaltsmäßig
zugewiesenen Gelder
zweckwidrig. Leistungen, denen als Gegenwert auch nicht die
Erfüllung sozialer
Aufgaben gegenübersteht, könnten keinen
Vermögenswert schaffen.
Durch Zweckverfehlung sinnlose Leistungen würden hier den
Nachteil im
Sinne des § 266 StGB begründen (vgl. Lenckner in
Schönke/Schröder, StGB
25. Aufl. § 266 Rdn. 43).
- 17 -
Für die Beurteilung, ob ein Nachteil durch eine
Zweckverfehlung der
Zahlung in Betracht kommt, darf aber nicht auf eine ex-post-Betrachtung
abgestellt
werden. Maßgeblich ist der Zeitpunkt der Zahlung. Nur wenn
ein absehbar
erhöhter Finanzbedarf erkennbar nicht vorliegt, ist die
Verwendung
der Gelder zweckwidrig und damit geeignet, einen Nachteil im Sinne des
§ 266 StGB zu begründen.
c) Letztlich kann diese Frage jedoch dahinstehen. Das Landgericht hat
nämlich rechtsfehlerfrei den subjektiven Tatbestand der
Untreue bei beiden
Angeklagten verneint. Sie haben sich, da sie über keine
nennenswerten verwaltungs-
oder speziell haushaltsrechtlichen Kenntnisse verfügten, auf
die
Angaben des Zeugen D verlassen. Insofern ist das Landgericht zu Recht
davon ausgegangen, daß sie im Vertrauen auf dessen Aussagen
die Pflichtwidrigkeit
ihrer Handlungen ebensowenig erkannten wie einen dem Land
Brandenburg hieraus etwa entstandenen Schaden. Entgegen der Auffassung
der Beschwerdeführerin ist die Beweiswürdigung weder
widersprüchlich noch
lückenhaft. Das Landgericht hat sowohl die Besprechung mit dem
Leiter des
Spiegelreferats im Finanzministerium als auch diejenige mit dem
Haushaltsbeauftragten
D umfassend gewürdigt. Wenn es dabei der letzten Aussage
D s, die Auskehrung der Haushaltsmittel 1993 sei in der
gewählten
Form rechtlich vertretbar, entscheidendes Gewicht beigemessen hat, ist
dies
eine zulässige Wertung, die aus Rechtsgründen nicht
zu beanstanden ist.
Die Angriffe der Revision hiergegen erschöpfen sich in dem
unzulässigen
Versuch, eine eigene Würdigung an die Stelle derjenigen des
Tatrichters zu
setzen.
3. Die Revision der Staatsanwaltschaft dringt auch hinsichtlich des
Komplexes „Unterbliebene Rückforderung“
nicht durch.
Ob der Angeklagte A aufgrund der letztlich
betragsmäßig zu niedrigen
Rückforderung überhaupt pflichtwidrig gehandelt hat,
läßt der Senat
offen. Inwieweit hier ein Vertrauensschutz der Einrichtungen,
möglicherweise
- 18 -
auch ihrer Mitarbeiter und der dort betreuten Patienten bei der Frage
der
Rückforderung auf Tatbestands- oder Rechtsfolgenebene aus
Rechtsgründen
in den Entscheidungsprozeß hätte einbezogen werden
können, bedarf
keiner Entscheidung. Der Angeklagte A hat nämlich - wie das
Landgericht
rechtsfehlerfrei ausgeführt hat - nicht vorsätzlich
gehandelt. Der weite
Rahmen des objektiven Tatbestands der Untreue macht es erforderlich,
strenge Anforderungen an den Nachweis der inneren Tatseite zu stellen.
Dies gilt insbesondere dann, wenn der Täter nicht
eigennützig gehandelt hat.
Zum Vorsatz gehört dabei, daß sich der
Täter auch der Pflichtwidrigkeit seiner
Handlung bewußt ist (BGHR StGB § 266 Abs. 1 -
Vorsatz 1, 2; kritisch
hierzu Schünemann in LK 11. Aufl. § 266 Rdn. 151).
Anhand dieser Grundsätze
hat sich das Landgericht bei dem Angeklagten A nicht von einem
die Pflichtwidrigkeit umfassenden Vorsatz zu überzeugen
vermocht. Es ist
dabei der Einlassung des Angeklagten im wesentlichen gefolgt und hat ihm
geglaubt, daß er über die im einzelnen ausgereichten
Beträge keine konkrete
Kenntnis gehabt habe.
Die Beweiswürdigung ist nicht lückenhaft, weil das
Landgericht
- entgegen der Behauptung der Beschwerdeführerin - den
Briefwechsel mit
dem Finanzministerium ausdrücklich in seine Bewertung
einbezogen, ihm
lediglich ein geringeres Gewicht beigemessen hat. Das Landgericht
mußte
aus dem Schreiben des Finanzministeriums nicht zwingend auf das
Bewußtsein
der Pflichtwidrigkeit schließen. Hiergegen sprach neben den
umfänglichen
sozialen Abwägungsgesichtspunkten auch der Umstand,
daß der Angeklagte
A zwar als Staatssekretär verwaltungserfahren war, als
ausgebildeter
Soziologe und Psychologe sich aber ersichtlich wesentlich - vor allem
im Hinblick auf die betragsmäßige Abwicklung - auf
den Haushaltsbeauftragten
des Ministeriums, D , stützte. Deshalb mußte sich -
entgegen
der Auffassung der Beschwerdeführerin - der Angeklagte A auch
nicht
zwangsläufig mit § 37 LHO oder einzelnen
Verwaltungsvorschriften befaßt
haben, so daß ein Erörterungsmangel des
angefochtenen Urteils insoweit
ausscheidet.
- 19 -
4. Die Revisionen der Staatsanwaltschaft bleiben schließlich
auch hinsichtlich
des Tatkomplexes „Gesundheitshaus Ringenwalde“ im
Ergebnis
ohne Erfolg. Eine Verurteilung scheidet schon aus objektiven
Gründen aus.
a) Die Erwägungen, mit denen das Landgericht hier den Nachteil
im
Sinne des § 266 StGB in objektiver Hinsicht bejaht hat, sind
rechtsfehlerhaft.
Wie sich aus den Ausführungen oben zu II. 2. b) ergibt, kann
ein Vermögensnachteil
nicht mit dem Gesichtspunkt begründet werden, daß
eine Verwendung
der im Haushaltsplan für 1994 vorgesehenen Gelder für
das Jahr
1995 betrachtet, eine nutzlose Aufwendung betrifft. Zwar war auch hier
die
Ausreichung der Mittel noch im Jahre 1994 nach § 34 Abs. 2
Satz 1 LHO
rechtswidrig, weil Leistungen allenfalls in geringem Umfang
fällig waren und
deshalb jedenfalls nicht sämtliche Fördergelder
hätten gezahlt werden dürfen.
Insoweit ist jedoch keine Vermögensminderung entstanden. Die
Gelder
sind nach den Feststellungen des Landgerichts sämtlich
für das projektierte
Bauvorhaben verwendet worden. Insoweit steht den Zuwendungen auch eine
vermögensmäßig gleichwertige Leistung
gegenüber. Anhaltspunkte, daß das
Vorhaben durch seine bloß zeitliche Verschiebung zweckwidrig
geworden
sein könnte, sind nicht ersichtlich.
Als Besonderheit kommt hinzu, daß die Mittelbereitstellung
für ein
Bauvorhaben nach § 13 Abs. 3 Nr. 2 Satz 2 lit. a) LHO eine
Ausgabe für eine
Investition darstellt. Als solche ist sie nach § 19 Abs. 1
Satz 1 LHO übertragbar
(vgl. hierzu Dommach in Heuer, Kommentar zum Haushaltsrecht 2000
§ 19 BHO Rdn. 1f.). Deshalb können auch - ohne
nochmalige Befassung
des Haushaltsgesetzgebers - Ausgabenreste nach § 45 Abs. 2 LHO
gebildet
werden, die eine Inanspruchnahme der Mittel auch für das
Folgejahr erlauben.
Zwar ist der nach § 45 Abs. 3 LHO vorgesehene Verfahrensgang
hier
nicht eingehalten worden. Die von der Landeshaushaltsordnung in
§ 19
Abs. 1 vorgesehene (automatische) Übertragbarkeit belegt aber,
daß der
Gesetzgeber grundsätzlich bei Bauvorhaben eine strenge Bindung
an den
- 20 -
Ablauf des Haushaltsjahres nicht herstellen will und damit
spätere Leistungen
auf ein Bauvorhaben auch nicht als nutzlos erachtet.
b) Letztlich kommt es deshalb nicht mehr darauf an, ob die Angeklagten
B und S - wie das Landgericht angenommen
hat - keine Kenntnis von der nicht mehr zeitgerechten Herstellbarkeit
des Bauwerks hatten. Auch insoweit ist allerdings die
Beweiswürdigung des
Landgerichts rechtsfehlerfrei, weil es nicht feststellen konnte,
daß die Angeklagten
Kenntnis von dem abweichenden Bauzeitenplan des Architekten
L hatten. Selbst wenn die Zeugin Dr aufgrund der vorliegenden
Unterlagen erkannt haben mag, daß eine fristgerechte
Realisierung der Sanierungs-
und Umbaumaßnahmen nicht mehr möglich war,
läßt dies nicht
den Schluß zu, auch die Angeklagten hätten ein
entsprechendes Wissen gehabt.
Da zudem die Angeklagten meinten, den Maßnahmezeitraum -
haushaltsrechtlich
zulässig - gegebenenfalls bis Ende Juni 1995
verlängern zu
können, konnte das Landgericht ohne Rechtsverstoß
davon ausgehen, daß
auch der subjektive Tatbestand nicht erfüllt ist.
- 21 -
5. Auch im übrigen hat die umfassende Sachprüfung des
Senats hinsichtlich
weiterer Tatvorwürfe, bei denen die Freisprüche der
Angeklagten
S und B nur mit der insoweit nicht näher ausgeführten
Sachrüge angegriffen werden, keine Rechtsfehler ergeben.
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