BGH,
Urt. v. 14.12.2004 - 4 StR 255/04
Nachschlagewerk:
ja
BGHSt:
ja (zu II. 2)
Veröffentlichung:
ja
StGB § 176 Abs. 3 Nr. 1 StGB a.F., § 176 Abs. 4 Nr. 1
StGB
n.F.
Sexueller Mißbrauch eines Kindes setzt bei der Vornahme von
sexuellen Handlungen vor einem Kind voraus, daß der
Täter
das Kind in der Weise in das sexuelle Geschehen einbezieht,
daß für ihn gerade die Wahrnehmung der sexuellen
Handlung
durch das Tatopfer von Bedeutung ist.
BGH, Urteil vom 14. Dezember 2004 - 4 StR 255/04 - Landge-
richt Bielefeld -
BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
Urteil
4 StR 255/04
vom
14. Dezember 2004
in der Strafsache
gegen
wegen Vergewaltigung
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Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung
vom 14.
Dezember 2004, an der teilgenommen haben:
Vor sitzende Richterin am Bundesgerichtshof
Dr . Tepperwien,
Richter am Bundesgerichtshof
Maatz,
Prof. Dr. Kuckein,
Athing,
Richterin am Bundesgerichtshof
Sost-Scheible
als beisitzende Richter,
Bundesanwalt
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
als Verteidiger,
Rechtsanwältin
als Nebenklägervertreterin,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,
für Recht erkannt:
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1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des
Landgerichts Bielefeld vom 9. Februar 2004 im Schuld-
spruch dahin geändert, daß der Angeklagte
(nur) der
Vergewaltigung schuldig ist.
2. Die weiter gehende Revision wird ver worfen.
3. Der Angeklagte hat die Kosten seines Rechtsmittels zu
tragen. Jedoch werden die Gebühr im Revisionsverfah-
ren um 1/5 ermäßigt und der Staatskasse 1/5 der in
der
Rechtsmittelinstanz entstandenen notwendigen Ausla-
gen des Angeklagten auferlegt. Der Angeklagte hat die
der Nebenklägerin im Revisionsverfahren entstandenen
notwendigen Auslagen zu tragen.
Von Rechts wegen
Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Vergewaltigung in Tatein-
heit mit sexuellem Mißbrauch eines Kindes zu einer
Freiheitsstrafe von fünf
Jahr en verurteilt. Der Angeklagte r ügt mit seiner Revision
die Verletzung sach-
lichen Rechts. Er beanstandet aus Rechtsgründen die
Verurteilung wegen (tat-
einheitlich begangenen) sexuellen Mißbr auchs eines Kindes
und wendet sich,
soweit er wegen Vergewaltigung verurteilt worden ist, im wesentlichen
gegen
die Beweiswür digung.
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Das Rechtsmittel hat teilweise Erfolg.
Soweit der Angeklagte wegen in Tateinheit begangenen sexuellen
Miß-
brauchs eines Kindes verurteilt worden ist, hat der Schuldspruch keinen
Be-
stand. Im übrigen ist das Rechtsmittel unbegründet.
I.
1. Das Landgericht hat folgende Feststellungen getroffen:
Zwischen dem Angeklagten und seiner Ehefrau, der
Nebenklägerin, kam
es seit der Geburt des gemeinsamen Sohnes Martin Ende 1995 zu
vielfachen
Auseinandersetzungen, die häufig mit gewalttätigen
Übergriffen des Angeklag-
ten auf die Nebenklägerin einhergingen. Diese
verließ deshalb Anfang 2002
mit dem Sohn die eheliche Wohnung und bezog ein eigenes Appartement.
Wenige Tage vor der Tat brach sie schließlich den bis dahin
noch bestehen-
den Kontakt zum Angeklagten gänzlich ab und war für
ihn auch telefonisch
nicht mehr erreichbar. Am Morgen des Tattages, am 15. Juli 2003, fing
der An-
geklagte die Nebenklägerin ab, als diese in Begleitung des
damals sieben Jah-
re alten Martin das Haus verließ. Er hielt sie fest und
bedrohte sie mit einem
Klappmesser, das er nach kurzer Zeit wieder einsteckte. Er fesselte
daraufhin
die Hände seiner Ehefr au mit einem mitgebrachten Seil, zog
sie auf einen
Grasweg und schubste und zer rte sie auf eine abseits des Weges
gelegene
Lichtung, wobei ihnen Martin folgte. Der Angeklagte entkleidete die
nach wie
vor gefesselte Nebenklägerin teilweise und führte,
entsprechend seinem zuvor
gefaßten Entschluß, mit ihr gegen ihren Willen den
Geschlechtsverkehr durch.
Seinen Sohn, der sich währenddessen ca. einen Meter von seinen
Eltern ent-
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fernt aufhielt, hatte er vor Beginn der sexuellen Handlungen
aufgefordert, sich
umzudrehen. Entgegen der wiederholten Anweisung seines Vaters drehte
sich
Martin gleichwohl "jedenfalls für einen Augenblick" um und
nahm dabei zumin-
dest einen Teil der sexuellen Handlungen, die der Angeklagte an der
Neben-
klägerin vornahm, wahr.
2. Das Landger icht hat den Angeklagten wegen Vergewaltigung der Ne-
benklägerin nach § 177 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 Satz 2
Nr. 1, Abs. 3 Nrn. 1 und 2
StGB verurteilt. Es hat darüber hinaus - tateinheitlich - den
Tatbestand des se-
xuellen Mißbrauchs eines Kindes nach § 176 Abs. 3
Nr. 1 StGB in der Fassung
des 6. Str afrechtsreformgesetzes als verwirklicht angesehen. Zwar sei
es dem
Angeklagten nicht dar auf angekommen, daß sein Sohn die von
ihm an seiner
Ehefrau vorgenommenen sexuellen Handlungen beobachtete, er habe dies
aber zumindest billigend in Kauf genommen. Dies reiche zur
Verwirklichung
des subjektiven Tatbestandes des § 176 Abs. 3 Nr. 1 StGB aus.
Der Tatbe-
stand bedürfe in subjektiver Hinsicht keiner
Einschränkung. Vielmehr habe der
Gesetzgeber im 6. Strafrechtsreformgesetz ausdrücklich davon
abgesehen, die
früher erforderliche Absicht des Täters, sich, das
Kind oder einen anderen
dur ch die Tat sexuell zu er regen, in den neu gefaßten
Tatbestand des § 176
Abs. 3 Nr. 1 StGB zu übernehmen.
II.
1. Soweit der Angeklagte wegen Vergewaltigung der
Nebenklägerin ver-
urteilt worden ist, weist das Urteil, wie der
Generalbundesanwalt zu Recht in
seiner Antragsschrift ausführt, keinen Rechtsfehler zum
Nachteil des Angeklag-
ten auf. Zwar hat das Landgericht in der Urteilsformel nicht zum
Ausdruck ge-
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bracht, daß der Angeklagte den
Qualifikationstatbestand des § 177 Abs. 3
StGB verwirklicht hat, mithin der schweren Ver gewaltigung schuldig ist
(vgl.
BGHR StPO § 260 Abs. 4 Satz 1 Urteilsformel 4). Dies beschwert
ihn jedoch
nicht.
2. Hingegen erfüllen die rechtsfehlerfrei
getroffenen Feststellungen nicht
den Tatbestand des sexuellen Mißbrauchs eines Kindes im Sinne
des § 176
Abs. 3 Nr. 1 StGB (i.d.F. des 6. Strafrechtsr eformgesetzes), der dem
lediglich
hinsichtlich der Strafandrohung geänderten § 176 Abs.
4 Nr . 1 StGB i.d.F. des
am 1. Apr il 2004 in Kraft getretenen Gesetzes zur Änderung
der Vorschriften
über die Str aftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung vom
27. Dezember
2003 (BGBl I 3007) entspricht.
Zwar hat der Angeklagte vor seinem sieben Jahre alten Sohn sexuelle
Handlungen von einiger Erheblichkeit im Sinne des § 184 f Nr.
1 StGB n.F. vor-
genommen. Er hat jedoch sein Kind nicht in der Weise in den sexuellen
Vor-
gang einbezogen, daß gerade die Wahrnehmung der sexuellen
Handlung
dur ch den Jungen für ihn in irgendeiner Weise von Bedeutung
war. Vielmehr
hat er, ohne einen Bezug zur sexuellen Handlung herzustellen, lediglich
die
ihm unerwünschte Anwesenheit des Kindes hingenommen und
insofern gebil-
ligt. Dies reicht (in subjektiver Hinsicht) zur Verwirklichung des
Tatbestandes
des § 176 Abs. 3 Nr. 1 StGB a.F. bzw. § 176 Abs. 4
Nr. 1 StGB n.F. nicht aus
(vgl. OLG Stuttgart NStZ 2002, 34; Tröndle/Fischer StGB 52.
Aufl. § 176 Rdn. 9
und § 184 f. Rdn. 9; im Ergebnis ebenso: Lenckner/Perron in
Schön-
ke/Schröder 26. Aufl. § 176 Rdn. 17 und §
184 c Rdn. 23; Horn/Wolters in SK
StGB § 176 Rdn. 16; Laubenthal Sexualstr aftaten Rdn. 373;
Renzikowski in
NStZ 1999, 440 f.; Bussmann in StV 1999, 613, 618 f.).
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Sowohl der Wortsinn, wie er sich aus dem Sinnzusammenhang ergibt, in
den die Norm gestellt ist, als auch die Entstehungsgeschichte der
Vorschrift
gebieten eine einschränkende Auslegung des Tatbestandes im
vorgenannten
Sinne.
a) Nach der Begriffsbestimmung des § 184 f Nr. 2 StGB n.F.
sind sexuel-
le Handlungen vor einem anderen, wie sie § 176 Abs. 3 Nr. 1
StGB a.F. und
§ 176 Abs. 4 Nr. 1 StGB n.F. unter Strafe stellen, nur solche,
die vor einem an-
der en vorgenommen werden, der den Vorgang wahrnimmt. Diese Begriffsbe-
stimmung sagt nichts dazu, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang der
Handelnde die Wahrnehmung durch einen anderen in sein Tun einbeziehen
muß (vgl. Lenckner/Perron aaO § 184 c Rdn. 20).
Wegen des nicht eindeutig
gefaßten Wortlauts kann diese Frage nur anhand der
Entstehungsgeschichte
und unter Berücksichtigung des Sinns und Zwecks der Regelung
beantwortet
werden.
aa) Die Vorschrift des § 176 Abs. 3 StGB (i.d.F. des 6.
Strafrechtsre-
formgesetzes) stellt ebenso wie die um eine Tatbestandsalternative (Nr.
3 neu)
erweiterte Regelung des § 176 Abs. 4 StGB n.F. sexuelle
Handlungen unter
Strafe, die zwar nicht zu einem unmittelbaren Körperkontakt
mit einem Kind
führen, aber auf andere Weise die sexuelle Entwicklung des
Kindes gefährden
können. Erforderte die vor der Gesetzesänderung durch
das 6. Strafrechtsr e-
formgesetz gültige Vorschrift des § 176 Abs. 5 StGB
(eingeführt durch das
4. Strafrechtsreformgesetz vom 23. November 1973 - BGBl I 1725, 1727)
für
einen strafbaren sexuellen Mißbrauch eines Kindes bei
sexuellen Handlungen
ohne unmittelbaren Körperkontakt in subjektiver Hinsicht noch
die Absicht des
Täters, dur ch die Tathandlung sich, das Kind oder einen
anderen sexuell zu
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erregen, ist im 6. Strafrechtsreformgesetz dieses finale, den
subjektiven Tatbe-
stand einschränkende Merkmal entfallen. Dies hätte
bei isolierter Betrachtung
nach dem Wortlaut der geänderten Vorschrift eine unangemessene
Ausdeh-
nung der Strafbarkeit wegen sexuellen Mißbrauchs eines Kindes
- jedenfalls
bei der Tatvariante der Vornahme sexueller Handlungen vor einem Kind -
zur
Folge; so würden etwa bereits der Austausch von
Zärtlichkeiten der Eltern in
Gegenwart ihres Kindes oder Handlungen im Rahmen der Sexualerziehung
oder Fälle, die ausschließlich auf beengte
Wohnverhältnisse zur ückzuführen
sind, erfaßt (vgl. Horn/Wolters aaO; Lenckner/Perron aaO
§ 176 Rdn.17;
Bussmann aaO). Einer solchen ausufernden Strafbarkeit unter dem
Gesichts-
punkt des sexuellen Mißbr auchs eines Kindes wollte die
frühere Gesetzesfas-
sung mit der Absichtsklausel entgegenwirken (BTDrucks.
VI/1552 S. 15 und
17) . Diese Folgen des Wegfalls des einschränkenden
subjektiven Tatbe-
standsmerkmals hat der Gesetzgeber ersichtlich nicht bedacht. Vielmehr
sollte
die Streichung der Absichtsklausel lediglich dazu dienen, Spannungen
des
§ 176 Abs. 3 StGB a.F. im Verhältnis zu §
176 a Abs. 2 StGB a.F. (jetzt: § 176
a Abs. 3 StGB) zu vermeiden, der die Absicht, die Tat zum Gegenstand
einer
por nografischen Schrift zu machen, die im Sinne des § 184
Abs. 3 und 4 StGB
a.F. (jetzt: § 184 b Abs. 1 bis 3 StGB) verbreitet werden
soll, verlangt
(BTDrucks. 13/9064 S. 11). Das Ziel einer Ausdehnung der Strafbarkeit
des
sexuellen Mißbrauchs eines Kindes hat der
Gesetzgeber durch diese Geset-
zesänderung nicht verfolgt.
Hierfür spricht auch, daß weder im 6.
Strafrechtsreformgesetz noch im
Gesetz zur Änderung der Vorschriften über die
Straftaten gegen die sexuelle
Selbstbestimmung vom 27. Dezember 2003 eine Änderung des
§ 174 Abs. 2
StGB vorgenommen wur de. Dieser Tatbestand, der ebenfalls durch das 4.
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Strafr echtsreformgesetz eingeführt wurde und aus den selben
Gründen wie
damals § 176 Abs. 5 StGB eine Absichtsklausel enthielt
(BTDrucks. VI/1552
aaO), stellt in der Alternative Nr. 1 sexuelle Handlungen, die vor
einem Schutz-
befohlenen vorgenommen werden, unter Strafe und verfolgt mithin einen
§ 176
Abs. 3 StGB a.F. vergleichbaren Schutzzweck. In subjektiver Hinsicht
erfordert
dieser Tatbestand jedoch nach wie vor die die Strafbarkeit
einschränkende Ab-
sicht des Täters, sich oder den Schutzbefohlenen durch die Tat
sexuell zu er-
regen.
Die Rechtsauffassung des Landgerichts führt dar über
hinaus zu einem
Wertungswiderspruch innerhalb der Rechtsnorm des § 176 Abs. 3
StGB a.F.
bzw. § 176 Abs. 4 StGB n.F.. Das Gesetz stellt
nämlich bei den übrigen Varian-
ten des sexuellen Mißbrauchs eines Kindes, bei denen ein
Körperkontakt nicht
erforder lich ist, strengere Anforderungen an die
Tatbestandsverwirklichung, als
dies nach den Ausführungen im angefochtenen Urteil bei der 1.
Alternative des
§ 176 Abs. 3 StGB a.F. bzw. des § 176 Abs. 4 n.F. der
Fall wäre. Während
§ 176 Abs. 3 Nrn. 2 und 3 StGB a.F. bzw. § 176 Abs. 4
Nrn. 2 bis 4 StGB n.F.
voraussetzen, daß der Täter entweder das Kind zu
einem (sexuellen) Verhalten
"bestimmt" (Nr. 2) oder daß er mittels Schriften oder
pornografischer Abbildun-
gen auf das Kind „einwirkt“ (Nrn. 3 und 4 n.F.), er
mithin das Kind - auch wenn
sich dieses der sexuellen Bedeutung der Handlung nicht bewußt
zu sein
braucht (BGHSt 29, 336; 38, 68, 70) - als Objekt in das (sexuelle)
Geschehen
einbezieht, enthält die 1. Tatbestandsvariante eine
vergleichbare Einschrän-
kung nicht. Danach liegt nach dem reinen Wortlaut des Gesetzes ein
sexueller
Mißbrauch eines Kindes vielmehr auch dann vor, wenn dem
Täter die Anwe-
senheit des Kindes bei Vornahme der sexuellen Handlung
gleichgültig oder -
wie hier - sogar unerwünscht ist und er lediglich die -
optische oder akustische
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(BGHSt 41, 285, 287) - Wahrnehmung des Geschehens durch das Kind
duldet.
Mit dem Begriff des "Mißbrauchs" eines Kindes, der in den
übrigen Tatbe-
standsvarianten dur ch die Tatbestandsmerkmale des "Bestimmens" oder
"Ein-
wirkens" Ausdruck findet, ist dieses weite Verständnis der
Gesetzesfassung
des § 176 Abs. 3 Nr. 1 StGB a.F. bzw. § 176 Abs. 4 Nr
. 1 StGB n.F. nicht ver-
einbar.
bb) Zur Ver meidung einer solchen vom Gesetzgeber ersichtlich
nicht
beabsichtigten unangemessenen Ausdehnung der Str afbarkeit wegen sexuel-
len Mißbrauchs eines Kindes in den Fällen der
Vornahme sexueller Handlun-
gen vor einem Kind, sowie zur Vermeidung von Wertungswider
sprüchen so-
wohl innerhalb der Rechtsnor m als auch im Hinblick auf den
Tatbestand des
sexuellen Mißbrauchs von Schutzbefohlenen (§ 174
Abs. 2 Nr. 1 StGB) ist es
geboten, die Tatbestandsvariante Nr. 1 des § 176 Abs. 3 StGB
a.F. bzw. § 176
Abs. 4 StGB n.F. einengend auszulegen. Eine Einschränkung des
Tatbestan-
des wird, entgegen der Auffassung des Landgerichts, nicht allein
über das Er-
heblichkeitserfordernis des § 184 f Nr. 1 StGB n.F.
gewährleistet, da hierdurch
der subjektiven Tatseite nicht ausreichend Rechnung getragen
werden kann.
Vielmehr kann eine Einschränkung des Tatbestands
auch mit Blick auf eine
nor mative Angleichung an die übrigen Tatbestandsvarianten
sinnvoll nur durch
eine einengende Auslegung des Merkmals der "Wahr nehmung" der sexuellen
Handlung im Sinne des § 184 f Nr. 2 StGB n.F. in subjektiver
Hinsicht erfolgen.
Danach setzt ein sexueller Mißbrauch eines Kindes in den
Fällen der Vornah-
me von sexuellen Handlungen vor einem Kind voraus, daß der
Täter das Kind
in der Weise in das sexuelle Geschehen einbezieht, daß
für ihn ger ade die
Wahr nehmung der sexuellen Handlung durch das Tatopfer von Bedeutung
ist.
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3. Nach den rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen hat der Ange-
klagte hier der Wahrnehmung der sexuellen Handlungen durch das sieben
Jahr e alte Kind in Bezug auf das sexuelle Geschehen keine Bedeutung
beige-
messen; er hat es vielmehr mehrfach aufgefordert, sich während
des Tatge-
schehens abzuwenden. Die Tatbestandsvor aussetzungen des § 176
Abs. 3
Nr. 1 StGB a.F. sind deshalb nicht erfüllt; der Schuldspruch
wegen tateinheit-
lich begangenen sexuellen Mißbrauchs eines Kindes hat zu
entfallen.
Daß der Angeklagte nicht wegen Verletzung der
Fürsorge- und Erzie-
hungspflicht gemäß § 171 StGB verurteilt
worden ist (vgl. BGHR StGB § 170 d
Verletzung 1), beschwert ihn nicht.
Der Wegfall der tateinheitlichen Verurteilung wegen sexuellen
Miß-
brauchs eines Kindes zieht nicht die Aufhebung des Strafausspruchs nach
sich. Das Landgericht hat bei der Strafzumessung ausdrücklich
davon abgese-
hen, die tateinheitliche Verurteilung nach § 176 Abs. 3 Nr. 1
StGB a.F. strafer-
schwerend zu wer ten. Trotz des Wegfalls der Verurteilung wegen
sexuellen
Mißbrauchs eines Kindes war die Strafkammer jedoch nicht
gehindert, den
Umstand, daß der Angeklagte in Gegenwar t seines sieben Jahre
alten Sohnes
gewaltsam den Geschlechtsverkehr mit seiner Ehefrau ausführte,
im Rahmen
der Strafzumessung zu seinem Nachteil zu berücksichtigen.
III.
Der Angeklagte hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen. Jedoch
werden wegen des Teilerfolgs der Revision die Gebühr im
Revisionsverfahren
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um ein Fünftel ermäßigt und der Staatskasse
ein Fünftel der in der Rechtsmit-
telinstanz entstandenen notwendigen Auslagen des Angeklagten auferlegt.
Da
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von dem Rechtsmittelerfolg die Nebenklage nicht betroffen ist, hat der
Ange-
klagte die notwendigen Auslagen der Nebenklägerin im
Revisionsverfahren zu
tragen.
Tepperwien
Maatz
Kuckein
Athing
Sost-Scheible
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