BGH,
Urt. v. 14.12.2006 - 3 StR 269/06
BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
3 StR 269/06
vom
14.12.2006
Nachschlagewerk: ja
BGHSt: ja
Veröffentlichung: ja
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StGB § 66 a Abs. 2 Satz 1
§ 66 a Abs. 2 Satz 1 StGB ist keine bloße
Ordnungsvorschrift. Die Einhaltung der Frist stellt vielmehr eine
grundsätzlich verbindliche materiellrechtliche Voraussetzung
für die Anordnung der vorbehaltenen Sicherungsverwahrung dar.
BGH, Urt. vom 14.12.2006 - 3 StR 269/06 - LG Duisburg
in der Strafsache
gegen
wegen Anordnung der vorbehaltenen Sicherungsverwahrung
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Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat aufgrund der Verhandlung
vom 9. November 2006 in der Sitzung am 14.12.2006, an denen
teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof
Prof. Dr. Tolksdorf,
die Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Miebach,
Winkler,
von Lienen,
Hubert
als beisitzende Richter,
Staatsanwalt
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
als Verteidiger,
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle,
für Recht erkannt:
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1. Auf die Revision des Verurteilten wird das Urteil des Landgerichts
Duisburg vom 29. März 2006 mit den Feststellungen aufgehoben;
die im Urteil des Landgerichts Duisburg vom 4. November 2003
vorbehaltene Anordnung der Sicherungsverwahrung unterbleibt.
2. Die Kosten des Verfahrens über die Anordnung der
Sicherungsverwahrung und die dem Verurteilten insoweit entstandenen
notwendigen Auslagen hat die Staatskasse zu tragen.
Von Rechts wegen
Gründe:
Das Landgericht hatte den Beschwerdeführer am 4. November 2003
wegen Vergewaltigung und versuchter Vergewaltigung zur
Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren verurteilt, seine
Unterbringung in einer Entziehungsanstalt angeordnet und
gemäß § 66 a StGB die Anordnung der
Sicherungsverwahrung vorbehalten. Mit dem angefochtenen Urteil hat es
gegen den Verurteilten die vorbehaltene Sicherungsverwahrung
angeordnet. Hiergegen wendet sich dessen Revision mit den
Rügen der Verletzung formellen und materiellen Rechts; das
Rechtsmittel hat Erfolg.
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Der Verurteilte befand sich im Anschluss an Organisationshaft
zunächst in der Unterbringung nach § 64 StGB, deren
Vollzug die Strafvollstreckungskammer beendete, weil der Zweck der
Unterbringung aus Gründen, die in der
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Person des Untergebrachten lagen, nicht mehr erreicht werden konnte
(§ 67 d Abs. 5 Satz 1 StGB). Ab September 2004 wurde Strafhaft
vollzogen. Zwei Drittel der verhängten Gesamtfreiheitsstrafe
hatte er am 28. Mai 2005 verbüßt. Die Aussetzung der
Vollstreckung des Strafrestes gemäß § 57
Abs. 1 StGB lehnte die Strafvollstreckungskammer ab, weil der
Verurteilte seine Einwilligung nach § 57 Abs. 1 Nr. 3 StGB
nicht erteilt hatte. Das Strafende ist für den 28. Januar 2007
vorgemerkt.
Das Urteil hält der Überprüfung auf die
Sachrüge nicht stand, weil es am 29. März 2006 und
damit nach dem sich aus § 66 a Abs. 2 Satz 1, § 57
Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 StGB ergebenden spätesten
Entscheidungszeitpunkt, dem 28. November 2004 (sechs Monate vor dem 28.
Mai 2005), ergangen ist. Unter den gegebenen Umständen konnte
die vorbehaltene Sicherungsverwahrung - ungeachtet des Vorliegens ihrer
sonstigen Voraussetzungen - nicht mehr angeordnet werden.
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1. Die Frage, welchen Charakter diese Fristbestimmung hat und welche
Folgen ihre Nichteinhaltung nach sich zieht, ist umstritten. Der Senat
teilt die Auffassung, dass es sich bei der zeitlichen Begrenzung des
§ 66 a Abs. 2 Satz 1 StGB nicht um eine bloße
Ordnungsvorschrift handelt (vgl. Ullenbruch in MünchKomm StGB
§ 66 a Rdn. 40 ff.; Frister in SK-StPO 43. Lfg. § 275
a Rdn. 9). Die Einhaltung dieser Frist stellt vielmehr eine
grundsätzlich verbindliche materiellrechtliche Voraussetzung
für die Anordnung der Sicherungsverwahrung dar.
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a) Bereits der Wortlaut des Gesetzes, wonach "das Gericht
spätestens sechs Monate vor dem Zeitpunkt …
entscheidet", spricht für eine verbindliche zeitliche Vorgabe.
Allerdings mögen Formulierungen denkbar sein, die dies
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noch klarer zum Ausdruck gebracht hätten, wie etwa die, dass
die vorbehaltene Anordnung der Sicherungsverwahrung nur bis zu dem in
§ 66 a Abs. 2 Satz 1 StGB genannten Zeitpunkt getroffen werden
kann. Die Anknüpfung an die "Entscheidung über die
vorbehaltene Anordnung", die auch eine die Anordnung ablehnende
Entscheidung einschließt, bringt den Charakter einer
Ausschlussfrist für die Anordnung weniger deutlich zum
Ausdruck. Indes ist auch die Wendung "entscheidet spätestens"
(nicht: "soll bis entscheiden") kaum noch im Sinne einer
Ordnungsvorschrift auslegungsfähig. Hinzu kommt, dass die
Begründung des Gesetzes das Gewollte noch deutlicher zum
Ausdruck bringt. Dort heißt es: "Die Entscheidung ist
spätestens sechs Monate vor dem Zeitpunkt zu treffen, zu dem
…" (BTDrucks. 14/8586 S. 6).
Dabei ergibt sich aus dem Umstand, dass die in Frage stehende Frist in
§ 66 a StGB gemeinsam mit den übrigen materiellen
Voraussetzungen der Anordnung einer zunächst vorbehaltenen
Sicherungsverwahrung geregelt ist (vgl. demgegenüber die
Verfahrensvorschrift des § 275 a Abs. 1 Satz 2 StPO
für die nachträgliche Sicherungsverwahrung
gemäß § 66 b StGB), dass es sich um eine
materiellrechtliche Anforderung handelt.
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b) Aber auch Sinn und Zweck der Fristbestimmung erfordern eine
Auslegung dahin, dass eine spätere Anordnung der
Sicherungsverwahrung grundsätzlich nicht mehr möglich
ist. § 66 a Abs. 2 Satz 1 StGB soll, wie auch aus der
Begründung des Gesetzentwurfs folgt, sicherstellen, dass
über die Anordnung einerseits erst entschieden wird, wenn eine
ausreichende Erkenntnisgrundlage für die Beurteilung der
Gefährlichkeit des Verurteilten gegeben ist; andererseits soll
aber die Ungewissheit über seine künftige
Lebensplanung nicht ohne zwingenden Grund hinausgeschoben werden. Damit
trägt die Vorschrift dem Rechtsstaatsprinzip Rechnung, das es
unter anderem verbietet, den von einem
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staatlichen Eingriff in die Freiheit der Person (Art. 2 Abs. 2 GG)
Betroffenen über das Ausmaß dieses Eingriffs im
Unklaren zu lassen, wenn und sobald nach den jeweiligen gesetzlichen
Grundlagen das zulässige Ausmaß des Eingriffs einer
abschließenden Beurteilung zugänglich ist (BVerfG
86, 288, 327). An dieser verfassungsrechtlichen Vorgabe hat sich auch
die Auslegung des § 66 a Abs. 2 Satz 1 StGB zu orientieren,
was die Annahme einer bloßen Ordnungsvorschrift
ausschließt. Vor diesem Hintergrund ist das Gericht
verpflichtet, rechtzeitig vor der Entscheidung über die
vorzeitige Entlassung aus der Strafhaft nach § 57 Abs. 1 Satz
1 Nr. 1 StGB Klarheit über den Entlassungszeitpunkt als
Grundlage einer angemessenen Vollzugsplanung zu schaffen.
Dafür muss es frühzeitig das Verfahren einleiten und
sämtliche Informationen, insbesondere das
Sachverständigengutachten einholen (vgl. auch BTDrucks.
14/8586 S. 6, 7). Würde man die zeitliche Vorgabe als
unverbindliche Ordnungsvorschrift ansehen und ungeachtet dieser
Zeitgrenze die Anordnung der Sicherungsverwahrung für
jederzeit möglich erachten, würde das Anliegen der
gesetzlichen Regelung verfehlt werden. Denn weder würde die
erforderliche Klarheit für den Verurteilten geschaffen noch
eine sinnvolle Vollzugsplanung ermöglicht werden.
2. Der Grundsatz, dass die Entscheidung über die vorbehaltene
Anordnung bis zu dem in § 66 Abs. 2 Satz 1 StGB bestimmten
Zeitpunkt erfolgen muss, bedarf allerdings der Präzisierung:
Diese Zeitgrenze hat Geltung nur für das erste tatrichterliche
Urteil im Nachverfahren, nicht jedoch für nachfolgende
Entscheidungen im Rahmen oder als Folge eines Rechtsmittelverfahrens
(vgl. Frister in SK-StPO 43. Lfg. § 275 a Rdn. 8). Dies ergibt
sich aus der Regelung des § 275 a Abs. 5 Satz 3 StPO: Danach
kann ein Unterbringungsbefehl (nur) dann erlassen werden, wenn das
Gericht die vorbehaltene Sicherungsverwahrung im ersten Rechtszug bis
zu dem in § 66 a Abs. 2 Satz 1 StGB bestimmten Zeitpunkt
angeordnet hat. Dieser Regelung bedürfte es nicht, wenn die
Ent-
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scheidung über die Anordnung der Sicherungsverwahrung zu dem
sich aus § 66 a Abs. 2 Satz 1 StGB ergebenden Zeitpunkt schon
rechtskräftig sein müsste.
3. Die für die Annahme einer bloßen
Ordnungsvorschrift vorgetragenen Argumente vermögen
demgegenüber nicht zu überzeugen.
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a) Soweit geltend gemacht wird, der im jeweiligen Ausgangsurteil
ausgesprochene Vorbehalt bewirke, dass das Verfahren noch nicht
endgültig abgeschlossen sei, weshalb die Entscheidung
über die vorbehaltene Sicherungsverwahrung auf jeden Fall -
auch noch nach Ablauf der Frist des § 66 a Abs. 2 Satz 1 StGB
- getroffen werden müsse (vgl. Gollwitzer in
Löwe/Rosenberg, StPO 25. Aufl. Nachtrag § 275 a Rdn.
37 f; Peglau JR 2002, 449, 451), trifft dies allerdings im
Ausgangspunkt zu. Für diese Sicht sprechen der Wortlaut des
§ 66 a Abs. 2 Satz 1 StGB und der des § 275 a Abs. 1
Satz 1 1. Halbs. StPO. Danach hat das Gericht - nicht nur im Fall der
Anordnung der Sicherungsverwahrung und ohne dass es eines Antrags der
Staatsanwaltschaft bedürfte - von Amts wegen über den
Vorbehalt abschließend zu entscheiden. Dies ergibt sich auch
aus den in der Literatur zur prozessualen Stellung und zur Funktion des
Nachverfahrens angestellten systematischen Erwägungen, nach
denen der Vorbehalt bewirkt, dass das Verfahren erster Instanz noch
nicht völlig erledigt ist und deshalb auch bei
Überschreiten der Zeitvorgabe durch eine Entscheidung
über den Vorbehalt abgeschlossen werden muss (vgl. Gollwitzer
aaO Rdn. 1, 37).
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Dies besagt indessen nichts über den Charakter und die
Verbindlichkeit der zeitlichen Befristung in § 66 a Abs. 2
Satz 1 StGB. Eine Entscheidung über die vorbehaltene Anordnung
der Sicherungsverwahrung ist nach Fristablauf
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unabhängig davon noch sinnvoll, ob das Fristgebot lediglich
als Ordnungsvorschrift oder als verbindliche Zeitvorgabe angesehen
wird. Allerdings ist bei einem Verständnis der Regelung im
letzteren Sinne die Anordnung der vorbehaltenen Sicherungsverwahrung
nur bis zu dem sich aus § 66 a Abs. 2 Satz 1 StGB ergebenden
Zeitpunkt zulässig. Wird dieser versäumt, so ist
regelmäßig auszusprechen, dass die Anordnung
unterbleibt. Auch dies ist indes eine Entscheidung über die
vorbehaltene Anordnung der Sicherungsverwahrung, durch die das
hinsichtlich dieser Rechtsfolge noch offene Verfahren der ersten
Instanz seinen Abschluss findet.
b) Die Erwägung, die Zeitbestimmung in § 66 a Abs. 2
Satz 1 StGB könne mit Blick auf den Sinn und Zweck der
nachträglichen Sicherungsverwahrung, vor allem wegen des
besonderen öffentlichen Interesses am Schutz vor
gefährlichen Straftätern, nicht als eine Art
Ausschlussfrist betrachtet werden (vgl. Voll in KMR 8. Aufl. §
275 a Rdn. 6), überzeugt nicht. Mit der Frist nach §
66 a Abs. 2 Satz 1 StGB hat der Gesetzgeber zum Ausdruck gebracht, dass
dem Anliegen des Schutzes der Allgemeinheit kein absoluter Rang
zukommt. Dementsprechend muss sich die Auslegung des § 66 a
Abs. 2 Satz 1 StGB an dem Zweck dieser Regelung und nicht am Zweck der
Maßregel der vorbehaltenen Sicherungsverwahrung orientieren.
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c) Aus § 32 Abs. 2 Nr. 12 BZRG ergibt sich für die
Annahme einer bloßen Ordnungsvorschrift nichts (aA Peglau JR
2002, 449, 451). Zum einen erscheint es schon fernliegend, eine im
Bundeszentralregegistergesetz getroffene Regelung über den
Inhalt eines Führungszeugnisses für die Auslegung
einer materiellrechtlichen Vorschrift des Strafgesetzbuches mit
heranzuziehen. Zum anderen wird auch durch die Entscheidung, dass die
Anordnung der vorbehaltenen Sicherungsverwahrung unterbleibt, von dieser
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"abgesehen", so dass sich aus der genannten Norm auch aus diesem Grunde
kein Argument ableiten lässt.
4. Die möglichen Konsequenzen der Annahme einer
Ausschlussfrist rechtfertigen eine andere Auslegung nicht.
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Allerdings kann die zeitliche Vorgabe des § 66 a Abs. 2 Satz 1
StGB - namentlich bei kurzen Strafen und relativ langer Dauer des
Strafverfahrens bis zur Rechtskraft des Vorbehaltsausspruches - dazu
führen, dass für die Beobachtung des Verurteilten im
Strafvollzug zum Zwecke der weiteren Beurteilung seiner
Gefährlichkeit und für das Nachverfahren nur ein
schmales Zeitfenster zur Verfügung steht. Diese - in den
Gesetzesmaterialien nicht erörterte - Möglichkeit mag
in der Praxis zu einer nicht unerheblichen Einschränkung des
Anwendungsbereichs der Anordnung der vorbehaltenen Sicherungsverwahrung
führen. Das mag als misslich empfunden werden. Indes gilt:
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Ist bereits im Ausgangsverfahren absehbar, dass bis zu dem in
§ 66 a Abs. 2 Satz 1 StGB genannten Zeitpunkt keine
ausreichende Zeit für eine Beobachtung des Verurteilten zur
Verfügung stehen wird, die zu besseren Erkenntnissen
führt als den in der Hauptverhandlung möglichen, so
darf das Gericht den Vorbehalt der nachträglichen Anordnung
schon nicht anbringen. Vor Einführung des § 66 a StGB
konnte eine im Einzelfall - aus späterer Sicht - zum Schutz
der Allgemeinheit objektiv erforderliche Sicherungsverwahrung nicht
angeordnet werden und war endgültig ausgeschlossen, wenn im
Zeitpunkt der Hauptverhandlung die Gefährlichkeit des
Angeklagten noch nicht mit der hinreichenden Prognosesicherheit
festgestellt werden konnte. Die durch die Vorschrift eröffnete
Befugnis, über die Gefahr für die Allgemeinheit erst
später
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- auf der Grundlage im Vollzug gewonnener zusätzlicher
Erkenntnisse - zu entscheiden, ist aber, wie gerade aus § 66 a
Abs. 2 Satz 1 StGB folgt, auf die Fälle begrenzt, in denen ein
solcher Erkenntniszuwachs bis zu dem dort genannten Zeitpunkt (genauer:
bis zu dem Zeitpunkt zu dem das Verfahren spätestens
eingeleitet werden muss, damit unter Berücksichtigung der
üblichen Verfahrensdauer rechtzeitig entschieden werden kann)
zu erwarten ist oder jedenfalls möglich erscheint.
Freilich wird es auch Fälle geben, in denen nach einer
länger zurückliegenden Anbringung des Vorbehalts das
zur Verfügung stehende Zeitfenster nachträglich, etwa
durch ein langdauerndes Rechtsmittelverfahren, verkürzt wird
oder in denen trotz rechtzeitiger Einleitung des Nachverfahrens ein
fristgemäßer Abschluss infolge unvorhergesehener
Verzögerungen (z.B. Erkrankungen, verzögerte
Gutachtenerstellung) nicht mehr möglich ist. Wenn in diesen
Fällen die Anordnung der vorbehaltenen Sicherungsverwahrung
wegen Fristüberschreitung unterbleiben muss, so ist dies -
wiewohl im Einzelfall unbefriedigend - grundsätzlich
hinzunehmen. Der Blick auf solche Ausnahmefälle kann
jedenfalls eine Auslegung des § 66 a Abs. 2 Satz 1 StGB gegen
seinen Wortlaut sowie den Sinn und Zweck der Vorschrift nicht
rechtfertigen.
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5. Ob in solchen Fällen die Sicherungsverwahrung ausnahmsweise
angeordnet werden kann, wenn die Frist nur wenige Tage
überschritten ist (vgl. BGH StV 2006, 63) und die
Gründe dafür nicht im Verantwortungsbereich der
Justiz liegen, braucht hier nicht entschieden zu werden. Das
Landgericht hatte am 28. November 2004, dem spätesten
Entscheidungszeitpunkt (§ 66 a Abs. 2 Satz 1, § 57
Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 StGB), das Nachverfahren noch nicht einmal
eingeleitet. Dies ist erst am 19. Juli 2005 mit der Beauftragung eines
Sachverständigen geschehen. Die Frist ist auch nicht nur
wenige Tage
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überschritten worden. Vielmehr ist das angefochtene Urteil,
mit dem die Sicherungsverwahrung angeordnet worden ist, erst ein Jahr
und vier Monate nach dem spätesten Zeitpunkt ergangen.
Tolksdorf Miebach Winkler von Lienen Hubert |