BGH,
Urt. v. 14.1.2010 - 4 StR 450/09
BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
4 StR 450/09
vom
14. Januar 2010
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen versuchten Mordes u.a.
- 2 -
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom
14. Januar 2010, an der teilgenommen haben:
Vorsitzende Richterin am Bundesgerichtshof
Dr. Tepperwien,
der Richter am Bundesgerichtshof
Maatz,
die Richterin am Bundesgerichtshof
Solin-Stojanović,
die Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Franke,
Dr. Mutzbauer
als beisitzende Richter,
Oberstaatsanwalt beim Bundesgerichtshof
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
als Verteidiger des Angeklagten K. ,
Rechtsanwalt
als Verteidiger des Angeklagten T. ,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,
für Recht erkannt:
- 3 -
1. Auf die Revisionen der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des
Landgerichts Leipzig vom 19. März 2009 aufgehoben,
a) soweit die Angeklagten wegen der Tat vom 7. März 2007 (Fall
II. 2. a des Urteils) verurteilt wurden mit den zugehörigen
Feststellungen zur inneren Tatseite,
b) im Ausspruch über die Gesamtstrafen.
2. Die weiter gehenden Revisionen der Staatsanwaltschaft werden
verworfen.
3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und
Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine
andere als Schwurgericht zuständige Strafkammer des
Landgerichts zurückverwiesen.
4. Die Revisionen der Angeklagten gegen das vorbezeichnete Urteil
werden verworfen. Sie haben die Kosten ihrer Rechtsmittel zu tragen.
Von Rechts wegen
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Gründe:
Das Landgericht hat die Angeklagten des versuchten Mordes in drei
tateinheitlichen Fällen in Tateinheit mit
gefährlichem Eingriff in den Straßenverkehr, des
versuchten Mordes in Tateinheit mit gefährlichem Eingriff in
den Straßenverkehr, des versuchten Mordes in Tateinheit mit
versuchtem gefährlichen Eingriff in den
Straßenverkehr und des gefährlichen Eingriffs in den
Straßenverkehr schuldig gesprochen und den Angeklagten K. zu
einer Gesamtfreiheitsstrafe von acht Jahren und sechs Monaten und den
Angeklagten T. zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sieben Jahren und
neun Monaten verurteilt. Hiergegen richten sich die Revisionen der
Staatsanwaltschaft und der Angeklagten. Die Staatsanwaltschaft
rügt die Verletzung des materiellen Rechts; die Angeklagten
beanstanden das Verfahren und erheben die Sachrüge. Die
Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft haben in dem aus dem Tenor
ersichtlichen Umfang Erfolg. Die Revisionen der Angeklagten sind
dagegen unbegründet.
1
I.
Nach den Feststellungen des Schwurgerichts warfen die Angeklagten
entsprechend einem zuvor gemeinsam gefassten Entschluss an drei Tagen
im März 2007 von einer Brücke bei Großlehna
Steine auf die darunter liegenden Fahrbahnen der Bundesautobahn 9, um
Unglücksfälle herbeizuführen (Fälle
1 bis 3); an einem anderen Tag - ebenfalls im März 2007 -
setzten sie hierzu unmittelbar an (Fall 4). Dabei nahmen sie in allen
Fällen erhebliche Schäden an auf der Autobahn
fahrenden und mit den Steinen kollidierenden Fahrzeugen und in drei
Fällen (Fälle 2 bis 4) zudem billigend in Kauf, dass
die Insassen die-
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ser Fahrzeuge, die sich keines Angriffs versahen und keine
Abwehrmöglichkeiten hatten, getötet werden.
(1.) Am 7. März 2007 warfen die Angeklagten gegen oder kurz
nach 23.00 Uhr einen oder zwei Steine unbekannter
Größe und Gewichts auf die Fahrbahn der in Richtung
München führenden Autobahn. Dabei kam ein Stein auf
dem linken Fahrstreifen zum Liegen, der zweite Stein oder ein Teil des
ersten Steins lag auf dem mittleren Fahrstreifen. Die Steine bzw.
Steinteile wurden von drei mit einer Geschwindigkeit von mindestens 130
km/h fahrenden Pkws überfahren, wobei die Fahrzeuge erheblich
beschädigt wurden. Insbesondere wurde jeweils mindestens ein
Reifen beschädigt oder zerstört. Aufgrund der
besonnenen Reaktionen der Pkw-Führer - es handelte sich
jeweils um Vielfahrer mit jahrelanger Erfahrung - kam es nicht zu
weiteren Unfällen, auch wurde niemand verletzt.
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(2.) Am 8. März 2007 warfen die Angeklagten gegen 23.15 Uhr
mindestens drei 20 bis 30 kg schwere Steine, die sie - wie schon am 7.
März - im Pkw des Angeklagten T. herangeschafft hatten, von
derselben Brücke auf den rechten und den mittleren
Fahrstreifen der in Richtung Berlin führenden Autobahn. Diese
wurden von Kö. (auf der rechten Fahrspur) und B. (auf der
mittleren Fahrspur) mit jeweils einer Geschwindigkeit von etwa 130 km/h
überfahren, wobei das von Kö. gesteuerte Fahrzeug
nach der Kollision nicht mehr lenkbar war, weil unter anderem das linke
Vorderrad "herausgerissen" worden war. Auch an dem von B. gesteuerten
Pkw wurde die Vorderachse "massiv zerstört", zudem waren durch
die Kollision die Airbags ausgelöst worden und das
Fahrzeuginnere hatte sich mit weißem Rauch gefüllt,
so dass er nichts mehr sehen konnte. Gleich-
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- 6 -
wohl gelang es beiden Fahrzeugführern, die Pkws ohne weitere
Kollision zum Stehen zu bringen.
(3.) Am 12. März 2007 brachten die Angeklagten einen 58 kg
schweren Granitstein zu der Autobahnbrücke. Gegen 22.25 Uhr
warfen entweder beide Angeklagte oder nur einer von ihnen mit Billigung
des anderen den Stein auf die mittlere Fahrspur der in Richtung
München führenden Autobahn, als der sich dort mit 150
bis 160 km/h nähernde Pkw von H. noch 7,5 bis 17,4 Meter
entfernt war. Dieser fuhr - ohne dass ihm eine Reaktion
möglich war - auf den Gesteinsblock auf, wobei sofort die
Bremsen an seinem Fahrzeug ausfielen. Gleichwohl und trotz erheblicher
weiterer Schäden gelang es H. , das Fahrzeug ohne weitere
Kollision zum Stehen zu bringen; auch er wurde nicht verletzt.
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(4.) Ab dem 13. März 2007 überwachte die Polizei das
Geschehen auf der Autobahnbrücke. Bereits am 15. März
2007 gegen 22.25 Uhr fuhren die Angeklagten erneut mit dem Pkw des
Angeklagten T. zu der Brücke, um von dort aus Steine auf die
Fahrbahn der Autobahn zu werfen. Zu diesem Zweck hatten sie in den
Kofferraum des Pkws drei Granitsteinblöcke mit einem Gewicht
von jeweils 19 bis 33,7 kg geladen. Nachdem der Angeklagte K. von dem
an der Brücke abgestellten Pkw den größten
der Steine auf die Brücke über die mittlere der in
Richtung Berlin führenden Fahrspuren der Autobahn getragen und
sich zum Brückengeländer hingewandt hatte, um ihn
hinunterzuwerfen, wurde er von einem Polizeibeamten angesprochen; erst
nach der Androhung des Schusswaffeneinsatzes ließ er den
Stein auf die Brücke fallen.
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- 7 -
II.
Die Rechtsmittel der Angeklagten haben keinen Erfolg.
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1. Die vom Verteidiger des Angeklagten K. erhobenen
Verfahrensrügen sind aus den vom Generalbundesanwalt in der
Antragsschrift vom 30. September 2009 dargelegten Gründen
unzulässig bzw. unbegründet. Zur Rüge eines
Verstoßes gegen § 261 StPO wurde der durch die
Gegenerklärung der Staatsanwaltschaft widerlegte
Tatsachenvortrag vom Verteidiger des Angeklagten nicht aufrechterhalten.
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Die von der Verteidigerin des Angeklagten T. erhobene
Verfahrensrüge hat ebenfalls keinen Erfolg. Dabei kann
dahinstehen, ob diese Alternativrüge zulässig ist.
Sie ist jedenfalls unbegründet. Denn das Schwurgericht hat
sich in dem angefochtenen Urteil ausführlich mit den Aussagen
der Zeugen Ha. und Be. auseinandergesetzt und dabei auch
erörtert, dass der Angeklagte T. bei seinen polizeilichen und
ermittlungsrichterlichen Vernehmungen weitere Einzelheiten geschildert
hat. Dass das Landgericht den früheren Angaben des Angeklagten
T. nicht in allen Einzelheiten gefolgt ist, vermag eine Verletzung des
Verfahrensrechts nicht zu begründen.
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2. Auch die von den Angeklagten erhobenen Sachrügen greifen
nicht durch. Insofern besteht - ergänzend zu den
Antragsschriften des Generalbundesanwalts vom 30. September 2009 -
lediglich Anlass zu folgenden Ausführungen:
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a) Die Strafkammer hat sich ausreichend mit dem Schreiben des
Angeklagten T. vom 26. Februar 2009 und den sich daraus ergebenden
Widersprüchen zu früheren Angaben dieses Angeklagten
sowie den "objektiven Erkenntnissen" auseinandergesetzt. Insbesondere
durfte sie bei der Bewertung dieses Schreibens
berücksichtigen, dass es in Kenntnis des gesamten
Verfahrensstoffes abgefasst wurde und als interessengelenkte Aussage
ein Falschbelastungsrisiko bergen konnte (vgl. BGH, Beschluss vom 8.
Januar 2009 - 5 StR 578/08, NStZ-RR 2009, 145, 146). Das
(mögliche) Motiv einer Selbstentlastung des Angeklagten T. auf
Kosten des Angeklagten K. hat sie indes gesehen und ist - unter anderem
deshalb - davon ausgegangen, dass nicht diese Ausführungen,
sondern die Angaben des Angeklagten zum äußeren
Tathergang gegenüber der Polizei und dem Ermittlungsrichter im
Wesentlichen zutreffend sind. Ein Rechtsfehler liegt hierin nicht, auch
wenn damit eine Belastung des Angeklagten K. bezüglich der
Taten vom 7. und 8. März 2007, die in dem Schreiben vom 26.
Februar 2009 nicht näher erörtert sind, verbunden
war. Denn das Schwurgericht durfte auch hinsichtlich dieser Taten -
neben den von ihm hervorgehobenen weiteren Umständen -
berücksichtigen, dass der Angeklagte K. bezüglich der
gleichartigen späteren Taten durch weitere Umstände
überführt wird; seine Mitwirkung an der Tat vom 12.
März 2007 hatte er stets eingeräumt und am 15.
März 2007 wurde er von dem Polizeibeamten mit dem Stein auf
der Autobahnbrücke angetroffen.
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b) Es ist revisionsrechtlich auch nicht zu beanstanden, dass das
Landgericht in den Fällen 2 bis 4 einen
Tötungsvorsatz der Angeklagten bejaht hat. Es durfte aus dem
jeweiligen Tathergang und den persönlichen
Verhältnissen der Angeklagten den - schon nach dem
äußeren Geschehen nahe liegenden - Schluss ziehen,
dass sie bei Begehung der Taten den Tod der Fahrzeuginsassen zumindest
billigend in Kauf genommen haben (vgl. BGH, Urteil vom 4. De-
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- 9 -
zember 2002 - 4 StR 103/02 [insoweit in BGHSt 48, 119, 120 nur
abgekürzt wiedergegeben]; BGH, Urteile vom 6. Mai 1982 - 4 StR
133/82, VRS 63, 119; vom 15. Mai 1997 - 4 StR 118/97, NStZ-RR 1997,
294, 295; Beschluss vom 10. Oktober 2000 - 4 StR 381/00, NZV 2001,
133). Ausführungen zur Abgrenzung des bedingten
Tötungsvorsatzes gegenüber bewusst
fahrlässigen Tötungsversuchen vermisst der Senat
nicht. Ebenso musste sich das Schwurgericht nicht näher mit
der Einschätzung eines Polizeibeamten zum Vorsatz des
Angeklagten T. befassen und auch die Frage nicht (noch)
ausführlicher erörtern, warum es weitgehend den
Angaben dieses Angeklagten zum jeweiligen äußeren
Tathergang, aber nicht zur subjektiven Tatseite folgt.
Die Bejahung des Mordmerkmals der Heimtücke (vgl. zu dieser
BGHSt 48, 119, 120; BGH, Urteil vom 15. Mai 1997 - 4 StR 118/97,
NStZ-RR 1997, 294, 295) sowie die Verurteilung wegen (versuchten)
gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr (vgl.
BGHSt 48, 119, 120 ff.; BGH, Beschluss vom 12. November 2002 - 4 StR
384/02, NStZ 2003, 206) begegnen ebenfalls keinen Bedenken.
13
III.
Die Staatsanwaltschaft hat mit ihren Rechtsmitteln dagegen teilweise
Erfolg. Sie beanstandet im Ergebnis zu Recht, dass die Angeklagten im
Fall 1 lediglich wegen gefährlichen Eingriffs in den
Straßenverkehr verurteilt wurden.
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1. Die Verurteilung im Fall 1 (Tat vom 7. März 2007) nur wegen
gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr hat
keinen Bestand, weil das Schwurgericht die sich aufdrängende
Prüfung unterlassen hat, ob diese Tat auch als ver-
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suchte gefährliche Körperverletzung
gemäß § 224 Abs. 1 Nr. 5, Abs. 2 StGB zu
bewerten ist.
Auch wenn es den Angeklagten auf Personenschäden nicht ankam,
schließt dies nicht aus, dass sie im Rahmen ihres Tatplans
auch in diesem Fall (zumindest) Verletzungen der Insassen der mit den
Steinen kollidierenden Fahrzeuge billigend in Kauf genommen haben. Dies
liegt nahe, zumal die Strafkammer im Rahmen ihrer Ausführungen
zur „subjektiven Tatseite“ selbst darlegt, dass
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jedem normalintelligenten, ungestörten und
straßenverkehrserfahrenen Menschen klar [sei], dass das
Werfen von Steinen … auf eine unbeleuchtete Bundesautobahn
… zu schweren Verkehrsunfällen mit erheblichen
Sach- und Personenschäden führt. Dass keine Personen
zu Schaden gekommen sind, ist … ´einem Heer von
Schutzengeln zu verdanken, die über der Autobahn geschwebt
sein müssen´. Hiervon konnten die Angeklagten jedoch
bei Begehung ihrer Taten keinesfalls ausgehen. Durch ihre
Vorgehensweise haben sie vielmehr sichergestellt, dass es auf jeden
Fall zu erheblichen Unfällen kommen würde. So haben
sie im Fall II. 2. a) [Tat vom 7. März 2007] Steine in die
mittlere und die linke Spur geworfen und so dafür gesorgt,
dass insbesondere bei Verkehr auf den anderen Fahrstreifen ein
Ausweichen vollkommen ausgeschlossen ist (UA 58).
2. Der Rechtsfehler führt zur Aufhebung des Urteils im Fall 1
(Tat vom 7. März 2007). Da die Feststellungen insbesondere zum
äußeren Hergang dieser Tat rechtsfehlerfrei
getroffen wurden, hat dies lediglich die Aufhebung der zur inneren
Tatseite getroffenen Feststellungen zur Folge (vgl.
Meyer-Goßner StPO 52. Aufl. § 353 Rdn. 15), wodurch
der neu zur Entscheidung berufenen Tatrichter aber nicht daran
gehindert wäre, auch diese Tat nicht nur als versuchte
gefährliche Körperverletzung, sondern ebenfalls als
versuchten Mord zu würdigen.
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Die (teilweise) Aufhebung des Urteils zieht die Aufhebung des
Ausspruchs über die Gesamtstrafe nach sich. Insofern bedarf es
einer Aufhebung der Feststellungen indes nicht.
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3. Die weiter gehenden Revisionen der Staatsanwaltschaft haben dagegen
keinen Erfolg.
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a) Ein Rechtsfehler liegt insbesondere nicht darin, dass das
Schwurgericht in den Fällen 2 bis 4 Tötungsversuche
"mit gemeingefährlichen Mitteln" verneint hat.
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Das Mordmerkmal der Tötung mit gemeingefährlichen
Mitteln ist erfüllt, wenn der Täter ein Mittel zur
Tötung einsetzt, das in der konkreten Tatsituation eine
Mehrzahl von Menschen an Leib und Leben gefährden kann, weil
er die Ausdehnung der Gefahr nicht in seiner Gewalt hat. Dabei ist
nicht allein auf die abstrakte Gefährlichkeit eines Mittels
abzustellen, sondern auf seine Eignung und Wirkung in der konkreten
Situation unter Berücksichtigung der persönlichen
Fähigkeiten und Absichten des Täters (BGHSt 38, 353,
354; BGH, Urteile vom 16. August 2005 - 4 StR 168/05, BGHR StGB
§ 211 Abs. 2 Gemeingefährliche Mittel 2, und vom 16.
März 2006 - 4 StR 594/05, NStZ 2006, 503, 504).
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Auf dieser Grundlage hängt es vom konkreten Einzelfall ab, ob
Steinwürfe von einer Autobahnbrücke bei Vorliegen
eines entsprechenden Vorsatzes als Tötung bzw.
Tötungsversuche mit gemeingefährlichen Mitteln zu
bewerten sind. Trifft der Täter bei einem solchen Steinwurf
ein bestimmtes Fahrzeug, so schließt ein solcher Angriff
gegen dessen Insassen, also bereits individualisierte Opfer, zwar die
Annahme, er habe ein gemeingefährliches Mittel eingesetzt,
nicht vor vorneherein aus. Eine tödliche Gefahr für
eine Vielzahl von Menschen
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wird jedoch zumeist nur dann bestehen, wenn dichter Verkehr herrscht
und in der Folge des durch den Steinwurf unmittelbar verursachten
Unfalls eine unbestimmte Anzahl weiterer Personen - also
regelmäßig die Insassen anderer Fahrzeuge -
tödliche Verletzungen erleiden können (vgl. BGHSt 38,
353, 355; Schneider in Münchner-Kommentar StGB § 211
Rdn. 104 m.w.N.). Nichts anderes gilt in den Fällen, in denen
der Täter bei dem Steinwurf noch kein bestimmtes Fahrzeug im
Auge hat, sondern sich die Tat auf ein beliebiges, sich
möglicherweise noch außerhalb seines Sichtbereichs
befindliches Fahrzeug und dessen Insassen bezieht. Auch hier fehlt es
bezogen auf die Kollision zwischen diesem Fahrzeug und dem auf der
Fahrbahn liegenden Stein regelmäßig daran, dass
allein hierdurch eine Mehrzahl von Menschen an Leib und Leben
gefährdet werden kann, weil der Täter die Ausdehnung
der Gefahr nicht in seiner Gewalt hat. Daher wird auch in solchen
Fällen eine Tötung mit gemeingefährlichen
Mitteln - von Ausnahmefällen wie etwa einer Kollision eines
voll besetzten Omnibusses mit dem Stein abgesehen - nur dann in
Betracht kommen, wenn Folgeunfälle mit tödlichen
Verletzungen drohen.
Ausgehend hiervon hat das Schwurgericht zu Recht in den Fällen
2 bis 4 einen mit gemeingefährlichen Mitteln begangenen
Mordversuch verneint und lediglich eine heimtückische
Tatbegehung bejaht. Es hat dabei rechtsfehlerfrei vorrangig darauf
abgestellt, dass zu den Tatzeiten am späten Abend jeweils
ruhiger Verkehr herrschte. Zudem hat die Strafkammer eine
Gefährdung Dritter durch oder infolge der Unfallgeschehen
nicht festgestellt. Vielmehr war es - soweit das Urteil dies mitteilt -
den jeweiligen Fahrern gelungen, die Pkws auf dem Standstreifen bzw. an
der Mittelleitplanke zum Stehen zu bringen und
ordnungsgemäß abzusichern; der am 12. März
2007 verwendete Stein befand sich dabei immer noch unter dem Fahrzeug
von H. , die am 8. März 2007 zur Tat benutzten Steine konnten
nicht sichergestellt werden. Feststellungen
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dazu, dass nach den Kollisionen mit den Steinen weitere
Unfälle von oder mit dritten Fahrzeugen drohten, hat das
Landgericht nicht getroffen.
b) Auch die Angriffe der Staatsanwaltschaft gegen die vom Schwurgericht
vorgenommene Strafrahmenverschiebung nach §§ 23 Abs.
2, 49 Abs. 1 StGB in den Fällen des versuchten Mordes haben
keinen Erfolg.
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Die Strafkammer hat bei der Prüfung dieser
Strafrahmenmilderungen die "Nähe zu dem tatbestandlichen
Erfolg" erörtert und im Fall 3 zudem ausdrücklich
berücksichtigt, dass es sich um einen "sehr großen
Stein" und eine "damit einhergehende gesteigerte Gefahr" gehandelt hat.
Deshalb und vor dem Hintergrund der weiteren
Urteilsausführungen ist nicht zu besorgen, dass sie
übersehen hat, dass der Nichteintritt des Erfolges jeweils auf
glücklichen, von den Angeklagten nicht beeinflussbaren
Umständen beruhte. Der Senat schließt ebenfalls aus,
dass das Schwurgericht bei der Strafrahmenbestimmung unbeachtet
gelassen hat, dass die Angeklagten die vier Straftaten innerhalb eines
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kurzen Zeitraumes begangen haben, zumal es die
"Rückfallgeschwindigkeit" sowohl bei der Zumessung der
Einzelstrafen als auch bei der Bemessung der Gesamtstrafe
ausdrücklich berücksichtigt hat.
Tepperwien Maatz Solin-Stojanović
Franke Mutzbauer |