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BGH, Urteil vom 14. Juli 2000 - 3 StR 454/99


Entscheidungstext  
 
BGH, Urt. v. 14.7.2000 - 3 StR 454/99
BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
3 StR 454/99
vom
14. Juli 2000
in der Strafsache gegen
wegen Beihilfe zum Betrug u.a.
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat aufgrund der Verhandlung vom 12. Juli 2000 in der Sitzung am 14. Juli 2000, an denen teilgenommen haben: Richterin am Bundesgerichtshof Dr. Rissing-van Saan als Vorsitzende, die Richter am Bundesgerichtshof Dr. Miebach, Winkler, Pfister, von Lienen als beisitzende Richter, Bundesanwalt als Vertreter der Bundesanwaltschaft, Rechtsanwalt aus Bremen in der Verhandlung als Verteidiger, Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle, für Recht erkannt:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Oldenburg vom 22. Mai 1998 (V gr. 1/96)
a) im Schuldspruch dahin abgeändert, daß der Angeklagte im Fall 7 der Urteilsgründe (S. ) wegen Beihilfe zum versuchten Betrug verurteilt wird;
b) im Ausspruch über die Einzelstrafen in den Fällen 3 (K. ), 6 (G. ) und 7 (S. ) der Urteilsgründe und im Ausspruch über die Gesamtstrafe aufgehoben.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
2. Die weitergehende Revision wird verworfen.
Von Rechts wegen
Gründe:
I.
Das Landgericht Oldenburg hat den Angeklagten M. (unter dem Aktenzeichen: V gr. 1/96) wegen Beihilfe zum Betrug in neun Fällen und wegen Beihilfe zum versuchten Betrug zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren verurteilt und ihm für die Dauer von fünf Jahren untersagt, den Beruf eines Rechtsanwalts auszuüben. Hiergegen richtet sich die Revision des Angeklagten mit Verfahrensrügen und einzelnen sachlichrechtlichen Beanstandungen.
Durch Urteil vom gleichen Tag hat das Landgericht Oldenburg den gesondert Verfolgten B. (unter dem Aktenzeichen: 5 KLs 8/98) wegen Beihilfe zum Betrug in neun Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt und ihm für die Dauer von drei Jahren untersagt, den Beruf eines Rechtsanwalts auszuüben. Das Verfahren auf die Revision des B. gegen dieses Urteil ist beim Senat zum Aktenzeichen 3 StR 53/00 anhängig. Der Senat hat beide Verfahren zum Zweck gemeinsamer Verhandlung vor dem Revisionsgericht miteinander verbunden.
II.
Nach den Feststellungen des Landgerichts hatte der Angeklagte im Jahr 1971 seine Tätigkeit als Rechtsanwalt in der Sozietät N. , E. und W. in Oldenburg aufgenommen. Er wurde 1979 zum (Anwalts)Notar bestellt und nach der Amtsniederlegung des (Anwalts)Notars E. im März 1986 verstärkt als Notar mit der Beurkundung von Kaufverträgen tätig. Nachdem er im Juli 1989 vorläufig seines Notaramtes enthoben worden war, wurde B. zum Notarvertreter bestellt und nahm fortan die Notargeschäfte wahr. Der Angeklagte bereitete die Vorgänge wie ein Bürovorsteher vor und kümmerte sich insbesondere um den Mandanten P. . Dieser beschäftigte von 1988 bis Anfang 1992 das Notariat mit ca. 600 Urkundsgeschäften, bezogen auf über 125 Grundstücksobjekte. Gegenstand des Verfahrens sind zehn Grundstücksobjekte, bei denen P. und weitere Personen verschiedene Kreditinstitute jeweils durch Täuschung über den Wert eines Grundstücks und die Werthaltigkeit von Sicherheiten zur Gewährung von Darlehen veranlaßten und die durch die "Überfinanzierung" erlangten Beträge für sich vereinnahmten. In einem Fall, der nur dem Angeklagten zur Last liegt, ist es wegen einer möglichen Fehleinschätzung der Werthaltigkeit des Grundstücks beim Betrugsversuch geblieben. In der Mehrzahl der Fälle wurden die Kredite alsbald nicht mehr bedient, so daß die Kreditinstitute die Verwertung der Sicherheiten betreiben und teilweise ganz erhebliche, in die Millionen gehende Verluste realisieren mußten. In einem Fall war der Ausfall des Kredits Ursache dafür, daß das Kreditinstitut seine Geschäftstätigkeit einstellen mußte. P. ist bereits 1993 für vier dieser Fälle wegen Betruges rechtskräftig zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von acht Jahren verurteilt worden. Der Angeklagte und B. haben nach den Feststellungen des Landgerichts zu diesen Taten dadurch Beihilfe geleistet, daß sie in der Vermutung oder in Kenntnis, daß die kreditgewährenden Banken jeweils getäuscht worden waren, die auf dem
Notaranderkonto eingegangenen Darlehensbeträge jeweils auch zugunsten der Täter auskehrten, die Täter somit bei der Vollendung ihres Betrugs unterstützten, und dabei die Schädigung der Banken in Kauf nahmen oder diese sogar wollten, um sich weiterhin die Mandate P. s zu sichern, die wegen der hohen Geschäftswerte ein erhebliches Gebührenaufkommen versprachen.
III.
Die Revision des Angeklagten hat nur in dem aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Umfang Erfolg.
1. Die Verfahrensrügen versagen. Der Senat nimmt insoweit Bezug auf die Darlegungen des Generalbundesanwalts in dessen Antragsschrift vom 13. Dezember 1999, die er in der Revisionshauptverhandlung wiederholt hat. Ergänzender Erörterung bedürfen nur die folgenden Beanstandungen:
a) Die Rüge, das erkennende Gericht sei nicht vorschriftsmäßig besetzt gewesen, ist zulässig erhoben. Die Darlegung, die Angeklagten "erklärten sich erstmals in der Hauptverhandlung am 24. Mai 1996 zu ihrem Lebenslauf, nachdem sämtliche Besetzungseinwände erhoben waren", ist für einen rechtzeitigen Besetzungseinwand (§ 338 Nr. 1 b, § 222 b Abs. 1 StPO) ausreichend; sie enthält konkludent den Vortrag, daß die Vernehmung der Angeklagten zur Sache erst nach Erhebung der Besetzungseinwände erfolgt ist.
Die Rüge ist aber unbegründet. Das Präsidium hat hier keine allgemeine Umschreibung "erfunden", um eine bestimmte Sache aus dem Bestand der 1. Großen Strafkammer herauszunehmen. Dieser waren vielmehr in der Vergangenheit die "Anwaltssachen" als generell-abstrakt beschriebene Sonderzuständigkeit zugewiesen. Das Präsidium hat der 1. Großen Strafkammer nun genau diese Sonderzuständigkeit weggenommen und mit derselben Formulierung der 5. Großen Strafkammer zugeschlagen. Unter diesem Gesichtspunkt wurde die 1. Große Strafkammer nicht primär um eine Sache sondern um einen bereits zuvor nach allgemeinen Merkmalen beschriebenen Tätigkeitsbereich entlastet. Dies war wegen der auch von der Revision nicht bestrittenen Verringerung der Strafkammern und der deshalb notwendigen Halbierung der 1. Großen Strafkammer zulässig, auch wenn im konkreten Fall nur ein einziges Verfahren betroffen war. Auch bei besonders kritischer Überprüfung der Sachgerechtigkeit der Auswahlkriterien (BGHSt 44, 161, 170) bestehen deshalb gegen diese Verfahrensweise hier keine Bedenken.
Es kann deshalb dahinstehen, ob der Einwand, die Zuweisung verstoße auch gegen die aufgrund von § 21 e Abs. 4 GVG getroffene Regelung des Geschäftsverteilungsplans, rechtzeitig erhoben ist.
b) Die Rüge, die Strafkammer habe zu Unrecht ihre Zuständigkeit angenommen (§ 338 Nr. 4 StPO), weil sie keine Wirtschaftsstrafkammer sei, die Sache aber als Wirtschaftsstrafsache gemäß § 74 c Abs. 1 Nr. 6 GVG vor eine solche Kammer gehöre, ist zulässig erhoben, aber aus den vom Generalbundesanwalt genannten Erwägungen unbegründet.
c) Unbegründet ist auch die Rüge, dem Angeklagten sei nicht das letzte Wort gewährt worden. Ihr liegt folgender Verfahrensablauf zugrunde: Wegen Erkrankung seines Verteidigers war das Verfahren gegen B. am 94. Verhandlungstag abgetrennt und gesondert fortgeführt worden. Am 101. Verhandlungstag hatte der Angeklagte M. das letzte Wort. Sodann wurde Termin zur Fortsetzung auf den 22. Mai 1998 bestimmt. An diesem Tag wurde sodann in beiden Strafsachen jeweils das Urteil verkündet und gemeinsam begründet, ohne daß dem Angeklagten zuvor nochmals Gelegenheit zur Äußerung gegeben worden war.
Bei dieser Verfahrensweise ist § 258 Abs. 2 StPO nicht verletzt. Daß sich der Angeklagte nicht zu den in dem abgetrennten Verfahren gegen
B. erhobenen Beweisen äußern konnte, ist unerheblich, da die Verfahren vom Zeitpunkt ihrer Trennung an voneinander unabhängig waren. Sie sind auch durch die gewählte Form der Urteilsverkündung nicht wieder miteinander verbunden worden. Der Prozeßverlauf belegt eindeutig, daß das Tatgericht keine Verbindung der zuvor getrennten Sachen zum Zwecke weiterer gemeinsamer Verhandlung herbeiführen wollte. In beiden Verfahren stand lediglich noch die Urteilsverkündung aus. Da die Urteilsgründe für beide Angeklagten weitestgehend deckungsgleich sind, hat die Strafkammer die Verfahren ersichtlich aus nachvollziehbaren Gesichtspunkten der Prozeßökonomie ausschließlich zu diesem Anlaß wieder zusammengelegt. Dies belegt auch - von der unzutreffenden Bezugnahme auf § 237 StPO abgesehen - der Wortlaut des im Verfahren gegen B. ergangenen Beschlusses. Dort heißt es, daß die Verbindung "zur gemeinsamen Verkündung einer Entscheidung" erfolgen solle. Demgegenüber formuliert § 237 StPO, daß das Gericht die Verbindung mehrerer Strafsachen "zum Zwecke gleichzeitiger Verhandlung" anordnen kann. Als Maßnahme, mit der aus billigenswerten Gründen der Prozeßökonomie die gemeinsame Verkündung mehrerer überwiegend gleichlautender Urteile angeordnet wurde, hat dieser Beschluß weder auf die Form noch auf den Inhalt der von der Strafkammer zu treffenden Entscheidungen Einfluß genommen. Insbesondere änderte sich auch die prozessuale Stellung des Angeklagten zu B. nicht. Es liegt deshalb kein Wiedereintritt in die Verhandlung vor (vgl. BGHR StPO § 258 III Wiedereintritt 2, 4; Engelhardt in KK 4. Aufl. § 258 Rdn. 25). Dem Angeklagten mußte somit nicht erneut das letzte Wort gewährt werden.
d) Die Rüge der unzulässigen Beschränkung der Verteidigung (§ 338 Nr. 8 StPO) greift nicht durch. Nachdem die Verteidigung auf die Einführung zahlreicher Notariatsakten in die Hauptverhandlung gedrängt und das Landgericht dem mangels Substantiierung der Anträge nur unter Aufklärungsgesichtspunkten stattgegeben hatte, lag in der Entscheidung, diese Akten, sofort ohne Akteneinsicht zu gewähren, in das Verfahren nach § 249 Abs. 2 StPO einzuführen, keine Beschränkung der Verteidigung in einem wesentlichen Punkt: Die Verteidiger hatten schon vor der Antragstellung sowie nach der Verlesung Gelegenheit zur Akteneinsicht; sie hatten damit Gelegenheit, die Einführung zusätzlicher Teile in die Hauptverhandlung zu beantragen und in den folgenden mehr als sechs Monaten der Hauptverhandlung erläuternde Erklärungen abzugeben.
e) Die Rüge einer Verletzung des § 229 Abs. 1 StPO ist bereits nicht zulässig ausgeführt. Die Revision behauptet, die Hauptverhandlung sei nach der Sitzung vom 27. April 1998 erst am 11. Mai 1998 fortgesetzt und damit für mehr als 10 Tage unterbrochen worden, für Unterbrechungen von mehr als 10 Tagen (§ 229 Abs. 2 StPO) habe es an den gesetzlichen Voraussetzungen gefehlt. Für den Vortrag der Revision spricht zwar das Hauptverhandlungsprotokoll, das den 11. Mai als Sitzungstag ausweist, nicht hingegen den 8. Mai, obwohl - ebenfalls ausweislich des Protokolls - auf diesen Tag die Fortsetzung der Hauptverhandlung bestimmt und für diesen Tag die Verfahrensbeteiligten geladen worden waren. Die Revision teilt aber nicht die Anlagen zum "Protokoll vom 11. Mai" und ebenso nicht die Anlagen zum Protokoll vom 12. Mai 1998 mit. Bei ersteren handelt es sich um auf den 7. Mai datierte Beweisanträge, bei letzteren handelt es sich um eine Erklärung des Vorsitzenden sowie um Entscheidungen über die Beweisanträge, in denen diese Anträge als Anträge vom 8. Mai bezeichnet werden. Damit wird das Hauptverhandlungsprotokoll widersprüchlich und verliert seine Beweiskraft nach § 274 StPO, so daß dem Senat die Prüfung des Verfahrensablaufes im Wege des Freibeweises möglich ist. Diese ihrem Vortrag entgegenstehenden Umstände hätte die Revision mitteilen müssen (Kuckein in KK 4. Aufl. § 344 Rdn. 38 m.w.Nachw.). Tatsächlich hat, wie sich der Senat im Freibeweis überzeugen konnte, die Hauptverhandlung am 8. Mai 1998 stattgefunden; am 11. Mai 1998 hatte die Strafkammer ein anderes Verfahren verhandelt. Die Frist des § 229 Abs. 1 StPO war deshalb nicht überschritten.
2. Die sachlichrechtliche Überprüfung führt zur Änderung des Schuldspruchs im Fall 7 (S. ) der Urteilsgründe sowie zur Aufhebung der Einzelstrafen in diesem Fall und in den Fällen 3 (K. ) und 6 (G. ) sowie der Gesamtstrafe. Im übrigen haben die Beanstandungen keinen durchgreifenden Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten aufgezeigt.
a) Die Verurteilung des Angeklagten wegen Beihilfe zum Betrug bzw. zum versuchten Betrug ist im Grundsatz nicht zu beanstanden. Der Haupttäter hat die kreditgewährenden Banken jeweils über die Werthaltigkeit der zur Sicherung von Krediten dienenden Grundstücke getäuscht und sie zur Bewilligung und Auszahlung von unzureichend gesicherten Krediten veranlaßt (zum Vermögensschaden bei durch Grundschulden abgesicherten Krediten vgl. zuletzt BGH, Beschl. vom 6. Juni 2000 - 1 StR 161/00 m.w.Nachw.), um die durch die Überfinanzierung freien Geldbeträge für sich zu verwenden. Der Angeklagte hat an dem Betrug dadurch mitgewirkt, daß er und B. , nachdem die Kreditinstitute täuschungsbedingt die Darlehensvaluta auf das Notaranderkonto überwiesen hatten, das Geld von dort auszahlten und dabei u.a. dem Haupttäter die betrügerisch erlangte Überfinanzierung zugute brachten. Er hat damit auch in den Fällen, in denen er die Kreditinstitute nicht selbst noch über die Erfüllung von Treuhandauflagen täuschte, den Erfolg der Haupttat gefördert. Er hat - ohne Einzelheiten der Betrugshandlungen zu kennen - von Anfang an gewußt, daß der Haupttäter diese Grundstücksgeschäfte zur Überfinanzierung nutzen wollte (UA S. 69), daß diese Geschäfte, an denen er mitwirkte, ausschließlich darauf abzielten, im Wege des Betruges Finanzmittel zu schöpfen (vgl. BGHR StGB § 27 I Hilfeleisten 3). Er hat wegen der dabei für ihn anfallenden Notariatsgebühren an der Abwicklung der Geschäfte mitgewirkt in Kenntnis (Fälle 3, 6, 9 und 10 der Urteilsgründe) oder Annahme der Vermögensschädigung der Kreditinstitute. Damit hat er sich mit dem Haupttäter solidarisiert. Sein Tatbeitrag ist nicht als berufstypische, neutrale Handlung anzusehen (vgl. BGHR StGB § 266 I Beihilfe 3; BGH NStZ 2000, 34).
b) Die umfangreichen Angriffe der Revision gegen die Beweiswürdigung zeigen keinen Rechtsfehler auf. Das Landgericht hat erkannt, daß nicht jeder der festgestellten Einzelumstände (so z.B. die extreme Steigerung des Grundstückskaufpreises binnen kurzer Zeit, die Bewilligung von Grundschulden in einer den Kaufpreis wesentlich übersteigenden Höhe, die Abgabe von Schuldanerkenntnissen für unspezifizierte Leistungen) für sich allein zur Überzeugungsbildung ausgereicht hätte. Es hat sich nur aufgrund einer Vielzahl solcher Indizien nachvollziehbar die Überzeugung von der Einbindung des Angeklagten und B. s in die Betrugstaten verschafft. Dabei konnte es auch auf die in Einzelfällen festgestellten massiven Verstöße gegen die Treuhandauflagen (so z.B. die Entgegennahme von Verrechnungsschecks zum Nachweis des von den Banken vorausgesetzten Eigenkapitals bei zeitgleicher Rückführung der "Eigenkapitalsumme" aus der auf dem Notaranderkonto eingegangenen Darlehensvaluta) abstellen und aus der regelmäßig durch den Angeklagten und B. gemeinschaftlich getroffenen Verfügung über das Notaranderkonto, zu der der Angeklagte nach seiner vorläufigen Amtsenthebung nicht mehr befugt war, auf den bei beiden vorliegenden Beihilfevorsatz schließen. Aus der im wesentlichen auf einer Wahrunterstellung beruhenden Feststellung, es habe 148 Notariatsvorgänge betreffend den Haupttäter P. gegeben, bei denen Auffälligkeiten nicht festzustellen oder zumindest für den Angeklagten und B. nachvollziehbar erklärt worden waren, mußte das Landgericht nicht den Schluß auf die Gutgläubigkeit auch in den hier abgeurteilten Fällen ziehen. Das Landgericht hat sich intensiv mit diesen Vorgängen auseinandergesetzt (UA S. 43 bis 68).
c) Im Fall 7 (Objekt S. ) tragen allerdings die Feststellungen die Verurteilung des Angeklagten wegen Beihilfe zum vollendeten Betrug nicht. Danach hatten sich der Angeklagte und B. vorgestellt, der Wert des Grundstücks mit Lagerhalle betrage nur 4,5 Mio. DM, so daß das Vermögen der Bank nach Auszahlung des Darlehens von 5,275 Mio. DM in Höhe der Differenz (775.000 DM) konkret gefährdet, weil nicht ausreichend durch die bestellte Grundschuld gesichert sei. Diese Vorstellung beruhte auf der Kenntnis, daß in dem von B. für dieses Objekt beurkundeten Kaufvertrag ein Kaufpreis von 5,5 Mio. DM vereinbart war, der aber alsbald um 1 Mio. DM reduziert worden war, ohne daß dies der kreditgewährenden Bank mitgeteilt wurde. Wie in den anderen Fällen auch wollte sich P. als Käufer des Objekts durch diese Überfinanzierung frei verfügbare Geldmittel verschaffen. Der Annahme einer entsprechenden Vermögensgefährdung steht hier allerdings die Feststellung entgegen, daß der kreditgewährenden Bank ein Wertgutachten vorlag, wonach das Objekt eineinhalb Jahre vor der Darlehensgewährung einen Verkehrswert von 6,5 Mio. DM hatte. Danach liegt es nicht fern, daß das Darlehen im Zeitpunkt der Vermögensverfügung, also der Darlehensauszahlung (vgl. BGH, Beschl. vom 6. Juni 2000 - 1 StR 161/00 m.w.Nachw.), durch die Grundschuld über 5,5 Mio. DM ausreichend gesichert gewesen ist. Zwar wurde das Darlehen alsbald nicht mehr bedient, so daß die Bank das Zwangsversteigerungsverfahren einleitete, doch hat das Landgericht die weitere Entwicklung nicht geklärt und lediglich vermutet, die Bank sei aus dem Kreditengagement "ohne großen Schaden" davongekommen.
Damit belegen die Feststellungen keinen Vermögensschaden in Form einer Vermögensgefährdung bei der Bank zum Tatzeitpunkt und nur eine Beihilfe des Angeklagten und B. s zum versuchten Betrug. Der Senat hat den Schuldspruch geändert. Die Einzelstrafe kann deshalb nicht bestehen bleiben. Das Landgericht hat aus dem Strafrahmen bis zu drei Jahren und neun Monaten Freiheitsstrafe eine Strafe von einem Jahr und drei Monaten verhängt und dabei ausdrücklich gewürdigt, daß die kreditgewährende Bank so gut wie ohne Schaden aus dem Engagement herausgekommen ist. Der Senat kann gleichwohl nicht ausschließen, daß der Tatrichter, hätte er die Möglichkeit einer weiteren Strafrahmenverschiebung nach § 23 Abs. 2, § 49 Abs. 1 StGB und damit einer Strafrahmenobergrenze von nur zwei Jahren und neun Monaten bedacht, eine noch niedrigere Strafe verhängt hätte.
d) In zwei weiteren Fällen bestehen gegen die Darlegungen zum Schadensumfang durchgreifende rechtliche Bedenken.
Das Landgericht hat im Fall 3 der Urteilsgründe (Objekt K. ) auf einen "erkennbaren Überfinanzierungsbetrag" von 1,57 Mio. DM (die Differenz des beurkundeten Kaufpreises von 3 Mio. DM zu dem tatsächlich vereinbarten Kaufpreis von 1,43 Mio. DM) sowie auf den tatsächlich eingetretenen Schaden abgestellt, den es aus der Differenz zwischen dem von der geschädigten Bank zur teilweisen Finanzierung des Objekts ausgereichten Darlehen (2,5 Mio. DM) und dem Erlös aus der Zwangsversteigerung (906.000 DM), also mit 1,594 Mio. DM errechnet hat. Geht man, wie es das Landgericht in den anderen Fällen getan hat, vom Verkehrswert in Höhe des tatsächlich vereinbarten Kaufpreises aus, so ist zu besorgen, daß das Landgericht verkannt hat, daß bei dem Verkehrswert des Grundstücks von 1,43 Mio. DM der ungesicherte Teil des Darlehens und damit die konkrete Vermögensgefährdung der Bank nur 1,07 Mio. DM betragen hat. Zwar ist es möglich, den Verlust, den die Bank zuletzt erlitten hat, als verschuldete Tatauswirkung (§ 46 Abs. 2 StGB) bei der Strafzumessung zu berücksichtigen, doch kann der Senat nicht ausschließen, daß der Tatrichter eine niedrigere Strafe verhängt hätte, wenn er sich der tatsächlichen konkreten Vermögensgefährdung bewußt gewesen wäre. Er hat deshalb die Einzelstrafe von einem Jahr und drei Monaten aufgehoben. Der neue Tatrichter wird diese Strafe auf der Grundlage der aufrechterhaltenen Feststellungen neu zuzumessen haben.
Auch im Fall 6 (Objekt G. ) weist die Schadensberechnung einen durchgreifenden Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten auf. Das Landgericht hat die konkrete Vermögensgefährdung mit 13,46 Mio. DM (Nettodarlehenssumme von 22,01 Mio. DM abzüglich eines Grundstückswertes von 8,55 Mio. DM) errechnet. Dabei hat es aber außer acht gelassen, daß die geschädigte Bank das Darlehen nicht in dieser Höhe ausgereicht, sondern davon ca. 15,534 Mio. DM einbehalten und damit das Kreditengagement aus dem Fall 5 (Objekt Kö. ) abgerechnet hat. Nach den Feststellungen zu diesem Fall war dort das Darlehen nur durch einen Grundstückswert von 7,98 Mio. DM abgesichert, so daß mit dem neuen Darlehen auch eine ungesicherte Forderung der Bank von 6,19 Mio. DM (14,17 Mio. DM abzüglich 7,98 Mio. DM) erfüllt worden ist. Damit beträgt die beim Objekt G. eingetretene weitere Vermögensgefährdung nach den bisherigen Feststellungen lediglich 7,27 Mio. DM (13,46 Mio. DM abzüglich 6,19 Mio. DM). Zwar hat das Landgericht strafmildernd berücksichtigt, daß mit einem erheblichen Teil des betrügerisch erlangten Darlehens der Kredit im Fall Kö. zurückgeführt worden ist, es hat aber die Höhe der konkreten Vermögensgefährdung bei der Strafrahmenwahl ausdrücklich zum Nachteil des Angeklagten gewertet, so daß der Senat nicht auszuschließen vermag, daß das Landgericht die Strafe bei Zugrundelegung der niedrigeren Vermögensgefährdung dem nach §§ 27, 49 Abs. 1 StGB gemilderten Strafrahmen des § 263 Abs. 1 StGB entnommen und geringer bemessen hätte. Er hat deshalb die hierfür verhängte Einzelstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten aufgehoben.
Der neue Tatrichter wird die Strafzumessung neu vorzunehmen haben. Er wäre durch die bisherigen Feststellungen, die der Senat aufrechterhalten hat, nicht gehindert, dennoch eine den Betrag von 7,27 Mio. DM übersteigende Vermögensgefährdung festzustellen. Anlaß dazu könnten die Feststellungen (UA S. 150 ff.) sein, daß die Darlehensnehmerin zum Kauf desselben Objektes zuvor bereits bei einem anderen Kreditinstitut, der F. Sparkasse, ein Darlehen von 19,8 Mio. DM betrügerisch erlangt und zur "Sicherung" dieses Darlehens eine Grundschuld in gleicher Höhe bestellt hatte. Insoweit ist das Verfahren nach § 154 Abs. 2 StPO eingestellt worden. Die Grundschuldbestellungsurkunde hatte der Angeklagte beim Amtsgericht Steinfurt eingereicht, noch ehe es zu der Darlehensvereinbarung mit der hier geschädigten BNE-Bank kam. Daraus könnte sich ergeben, daß - worauf auch die Feststellung auf UA S. 156 hindeutet - die der BNE-Bank gegebenen Sicherheiten "nicht werthaltig" waren, so daß der Wert des Objekts nicht zur Minderung des Gefährdungsschadens herangezogen werden könnte. Den bisherigen Feststellungen auf UA S. 156 läßt sich aber nicht entnehmen, ob das Darlehen der F. Sparkasse tatsächlich zurückgezahlt worden ist oder nicht. Davon hängt es ab, ob die für die F. Sparkasse bestellte Grundschuld einer werthaltigen neuerlichen Sicherung noch entgegenstand.
e) Die Feststellungen zum Schadensumfang sind im übrigen nicht zu beanstanden. Näherer Erörterung bedarf nur noch der Fall 5 (Objekt Kö. ). Hier hat das Landgericht festgestellt, daß die konkrete Vermögensgefährdung darin bestand, daß zur Sicherung des ausgereichten Darlehens von 14,17 Mio. DM wegen der Wertlosigkeit der sonstigen Sicherungen lediglich das Grundstück zur Verfügung stand und dieses einen Wert von 7,98 Mio. DM hatte. Dabei hat sich das Landgericht an dem tatsächlich vereinbarten Kaufpreis orientiert. Hierin liegt jedenfalls kein Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten, nachdem die zur Erreichung von Überfinanzierungen abgeschlossenen Kaufverträge - wie der Angeklagte und der gesondert Verfolgte B. aus den vorangegangenen Fällen wußten - Verkaufspreise enthielten, die allenfalls über dem Verkehrswert der Grundstücke lagen. Ein Widerspruch zu der auf UA S. 225 mitgeteilten Wahrunterstellung und damit ein Beweiswürdigungsfehler liegt nicht vor. Die Kammer hatte als wahr unterstellt, daß dem Notariat nach durchgeführter Instandsetzung berichtet worden war, es erscheine nunmehr ein Kaufpreis von 18 Mio. DM als sachgerecht. Mangels weiterer Anhaltspunkte zur Seriosität dieses Berichts, zur Zielrichtung und Qualität der Sanierungen und zu einem Verwendungszweck des Objekts brauchte die Kammer aus der Wahrunterstellung nicht den Schluß zu ziehen, der Verkehrswert habe über dem Kaufpreis gelegen, zumal die Haupttäter zur Belegung eines höheren Verkehrswerts auf Scheinmietverträge und einen bezüglich des Kaufpreises gefälschten Kaufvertrag zurückgreifen mußten.
f) Die Aufhebung von drei Einzelstrafen (von zweimal einem Jahr und drei Monaten sowie von zwei Jahren und sechs Monaten) führt auch zur Aufhebung der Gesamtstrafe. Die übrigen Einzelstrafen sind zur Überzeugung des Senats hiervon nicht berührt. Sie sind rechtsfehlerfrei begründet und können deshalb bestehen bleiben.
Die von der Revision erhobenen Bedenken gegen die Strafzumessung greifen - abgesehen davon, daß der Senat drei Einzelstrafen und die Gesamtstrafe aufgehoben hat - nicht durch. Das Landgericht durfte zur Begründung auf den langen Tatzeitraum, den erheblichen Gesamtschaden und die Höhe der in Rechnung gestellten Notariatsgebühren abstellen. Dem Angeklagten entscheidend zugute kommende Strafzumessungsgesichtspunkte hat es bedacht. Daß das Landgericht die berufsrechtlichen Konsequenzen für den Angeklagten nicht berücksichtigt haben könnte, ist nicht zu besorgen, nachdem es durch das verhängte Berufsverbot zum Ausdruck gebracht hat, daß der Angeklagte für eine bestimmte Zeit nicht den Beruf eines Rechtsanwalts ausüben soll.
Soweit die Revision einen Vergleich mit der gegen den Haupttäter P. verhängten Strafe anzustellen versucht, übersieht sie, daß dieser - soweit dies den Urteilsgründen entnommen werden kann - die Tatvorwürfe eingeräumt hat und ihm deshalb das Geständnis als wesentlicher Strafmilderungsgrund zugute kam. Der Vergleich mit der Bewährungsstrafe, die vom Landgericht Lübeck gegen einen Notar wegen Untreue und Beihilfe zu einem von anderen Haupttätern begangenen Betrug verhängt worden ist, geht daran vorbei, daß dieses Urteil dem Senat nur auf die Revision jenes Angeklagten vorgelegen hatte, und eine Beurteilung, ob diese Strafe noch schuldangemessen war, nicht stattfinden konnte.
Den großen Abstand zwischen Tat und Urteil hat das Landgericht strafmildernd gewürdigt. Die Belastung, die sich aus der Dauer eines Strafverfahrens für einen Angeklagten ergeben kann, hat das Landgericht zwar nicht ausdrücklich als weiteren selbständigen Strafzumessungsgrund (vgl. BGHR StGB § 46 II Verfahrensverzögerung 13) genannt. Es kann jedoch ausgeschlossen werden, daß das Landgericht diesen Umstand übersehen hat, da es die erkannten Einzelstrafen (und die jetzt aufgehobene Gesamtstrafe) im Hinblick auf die vergangene Zeitspanne sogar jeweils um ein genau bezeichnetes Maß reduziert hat. Zu dieser Berechnung wäre das Landgericht nach der auf Vorgaben des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte und des Bundesverfassungsgerichts beruhenden Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nur verpflichtet gewesen, wenn eine Verletzung des Beschleunigungsgebots nach Art. 6 Abs. 1 Satz 1 MRK durch die Strafverfolgungsorgane vorgelegen hätte. Für eine solche gibt das Urteil keine Anhaltspunkte. Eine entsprechende Verfahrensrüge hat der Angeklagte nicht erhoben.
Der neue Tatrichter wird feststellen müssen, ob die durch Urteil des Landgerichts Oldenburg vom 13. Mai 1991 verhängte Geldstrafe zum Zeitpunkt der Entscheidung durch die Strafkammer bereits bezahlt oder sonst erledigt war. Falls dies nicht der Fall gewesen sein sollte, müßten wegen der Zäsurwirkung dieses Urteils zwei Gesamtstrafen (aus den Einzelstrafen der Fälle 1 bis 5 einerseits sowie aus denen der Fälle 6 bis 10 andererseits) gebildet werden.
g) Der Maßregelausspruch läßt keinen durchgreifenden Rechtsfehler erkennen. Er kann bestehen bleiben, weil die ihn tragenden Überlegungen durch die Änderung des Schuldspruchs und den geringeren Schadensumfang nicht entfallen. Der Angeklagte hat die erste Tat (Fall 1 der Urteilsgründe) unter Mißbrauch seines Berufs als (Anwalts)Notar und unter grober Verletzung der mit ihm verbundenen Pflichten begangen. Ein Verbot, den Beruf eines Notars auszuüben, hat das Landgericht zutreffend schon deshalb nicht verhängt, weil insoweit § 45 StGB, § 49 BNotO als Spezialgesetze vorgehen (BGHR StGB § 70 Konkurrenzen 1). Der Angeklagte war nach seiner vorläufigen Amtsenthebung nicht mehr als Notar tätig. Dies gilt auch, soweit er in der Folgezeit - pflichtwidrig - im Schriftverkehr als "Notar" zeichnete und die Auszahlungsaufträge betreffend das Notaranderkonto zusammen mit B. unterschrieb (vgl. BGH NStZ 1998, 567; BGH wistra 1999, 222). Er war aber weiterhin als Rechtsanwalt tätig und nutzte diese Tätigkeit, um die Notariatsvorgänge
P. wie ein Büroleiter vorzubereiten und Schriftverkehr zu führen. Die Tathandlungen des Angeklagten stehen somit in einem inneren Zusammenhang (vgl. BGH wistra 1992, 142 m.w.Nachw.) sowohl mit der Ausübung des Anwalts- als auch des Notarberufes; sie stellen sich in beiden Fällen "als ein Ausfluß aus der Berufstätigkeit selbst oder doch wenigstens als ein mit der regelmäßigen Gestaltung der Berufsausübung in Beziehung gesetztes Verhalten dar" (Hanack in LK 11. Aufl. § 70 Rdn. 18 m.w.Nachw.). Sowohl der Rechtsanwalt (vgl. insoweit § 43 a Abs. 5 BRAO) als auch der Notar (vgl. insoweit § 23
BNotO) sind zur sorgfältigen Verwahrung von Geld zuständig und verpflichtet. Beiden Berufen bringt die zur Abwicklung von Vermögensgeschäften Rat und Unterstützung suchende Bevölkerung Vertrauen entgegen.
Rissing-van Sann Miebach Winkler Pfister von Lienen



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