BGH,
Urt. v. 14.7.2000 - 3 StR 53/00
BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
3 StR 53/00
vom
14. Juli 2000
in der Strafsache gegen
wegen Beihilfe zum Betrug
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat aufgrund der Verhandlung
vom12. Juli 2000 in der Sitzung am 14. Juli 2000, an denen teilgenommen
haben: Richterin am Bundesgerichtshof Dr. Rissing-van Saan als
Vorsitzende, die Richter am Bundesgerichtshof Dr. Miebach, Winkler,
Pfister, von Lienen als beisitzende Richter, Bundesanwalt als Vertreter
der Bundesanwaltschaft, Rechtsanwalt als Verteidiger, Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle, für Recht
erkannt:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts
Oldenburg vom 22. Mai 1998 (5 KLs 8/98)
a) im Schuldspruch dahin abgeändert, daß der
Angeklagte im Fall 7 der Urteilsgründe (S. ) wegen Beihilfe
zum versuchten Betrug verurteilt wird;
b) im Ausspruch über die Einzelstrafen in den Fällen
3 (K. ), 6 (G. ) und 7 (S. ) der Urteilsgründe und im
Ausspruch über die Gesamtstrafe aufgehoben.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und
Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine
andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
2. Die weitergehende Revision wird verworfen.
Von Rechts wegen
Gründe:
I.
Das Landgericht Oldenburg hat den Angeklagten B. (unter dem
Aktenzeichen: 5 KLs 8/98) wegen Beihilfe zum Betrug in neun
Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und
sechs Monaten verurteilt und ihm für die Dauer von drei Jahren
untersagt, den Beruf eines Rechtsanwalts auszuüben. Hiergegen
richtet sich die Revision des Angeklagten mit einer Reihe von
Verfahrensrügen und einzelnen sachlichrechtlichen
Beanstandungen.
Durch Urteil vom gleichen Tag hat das Landgericht Oldenburg den
gesondert Verfolgten M. (unter dem Aktenzeichen: V gr.1/96) wegen
Beihilfe zum Betrug in neun Fällen und wegen Beihilfe zum
versuchten Betrug zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf
Jahren verurteilt und ihm für die Dauer von fünf
Jahren untersagt, den Beruf eines Rechtsanwalts auszuüben. Das
Verfahren auf die Revision des M. gegen dieses Urteil ist beim Senat
zum Aktenzeichen 3 StR 454/99 anhängig. Der Senat hat beide
Verfahren zum Zweck gemeinsamer Verhandlung vor dem Revisionsgericht
miteinander verbunden.
II.
Nach den Feststellungen des Landgerichts hatte der Angeklagte im Jahr
1980 seine Tätigkeit als Rechtsanwalt in der Sozietät
N. , E. und M. in Oldenburg aufgenommen. M. war dort bereits
tätig, seit 1979 zum (Anwalts)Notar bestellt und nach der
Amtsniederlegung des (Anwalts)Notars E. im März 1986
verstärkt als Notar mit der Beurkundung von
Kaufverträgen befaßt. Nachdem M. im Juli 1989
vorläufig seines
Notaramtes enthoben worden war, wurde der Angeklagte zum Notarvertreter
M. s bestellt und nahm fortan die Notargeschäfte wahr. M.
bereitete die Vorgänge wie ein Bürovorsteher vor und
kümmerte sich insbesondere um den Mandanten P. . Dieser
beschäftigte von 1988 bis Anfang 1992 das Notariat mit ca. 600
Urkundsgeschäften, bezogen auf über 125
Grundstücksobjekte. Gegenstand des Verfahrens sind neun
Grundstücksobjekte, bei denen P. und weitere Personen
verschiedene Kreditinstitute jeweils durch Täuschung
über den Wert eines Grundstücks und die
Werthaltigkeit von Sicherheiten zur Gewährung von Darlehen
veranlaßten und die durch die
"Überfinanzierung" erlangten Beträge für
sich vereinnahmten. In der Mehrzahl der Fälle wurden die
Kredite alsbald nicht mehr bedient, so daß die
Kreditinstitute die Verwertung der Sicherheiten betreiben und teilweise
ganz erhebliche, in die Millionen DM gehenden Verluste realisieren
mußten. In einem Fall war der Ausfall des Kredits Ursache
dafür, daß das Kreditinstitut seine
Geschäftstätigkeit einstellen mußte. P. ist
bereits 1993 für vier dieser Fälle wegen Betruges
rechtskräftig zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von acht Jahren
verurteilt worden. Der Angeklagte und M. haben nach den Feststellungen
des Landgerichts zu diesen Taten dadurch Beihilfe geleistet,
daß sie in der Vermutung oder in Kenntnis, daß die
kreditgewährenden Banken jeweils getäuscht worden
waren, die auf dem Notaranderkonto eingegangenen
Darlehensbeträge jeweils auch zugunsten der Täter
auskehrten, die Täter somit bei der Vollendung ihres Betrugs
unterstützten, und dabei die Schädigung der Banken in
Kauf nahmen oder diese sogar wollten, um sich weiterhin die Mandate P.
s zu sichern, die wegen der hohen Geschäftswerte ein
erhebliches Gebührenaufkommen versprachen.
III.
Die Revision des Angeklagten hat nur in dem aus der Entscheidungsformel
ersichtlichen Umfang Erfolg.
1. Die Verfahrensrügen versagen. Der Senat nimmt insoweit
Bezug auf die Darlegungen des Generalbundesanwalts in dessen
Antragsschrift vom 13. Dezember 1999, die er in der
Revisionshauptverhandlung wiederholt hat. Ergänzender
Erörterung bedürfen nur die folgenden Beanstandungen:
a) Die Rüge, das erkennende Gericht sei nicht
vorschriftsmäßig besetzt gewesen, ist
zulässig erhoben. Die Darlegung, die Angeklagten
"erklärten sich erstmals in der Hauptverhandlung am 24. Mai
1996 zu ihrem Lebenslauf, nachdem sämtliche
Besetzungseinwände erhoben waren", ist für einen
rechtzeitigen Besetzungseinwand (§ 338 Nr. 1 b, § 222
b Abs. 1 StPO) ausreichend; sie enthält konkludent den
Vortrag, daß die Vernehmung der Angeklagten zur Sache erst
nach Erhebung der Besetzungseinwände erfolgt ist.
Die Rüge ist aber unbegründet. Das Präsidium
hat hier keine allgemeine Umschreibung "erfunden", um eine bestimmte
Sache aus dem Bestand der 1. Großen Strafkammer
herauszunehmen. Dieser waren vielmehr in der Vergangenheit die
"Anwaltssachen" als generell-abstrakt beschriebene
Sonderzuständigkeit zugewiesen. Das Präsidium hat der
1. Großen Strafkammer nun genau diese
Sonderzuständigkeit weggenommen und mit derselben Formulierung
der 5. Großen Strafkammer zugeschlagen. Unter diesem
Gesichtspunkt wurde die 1. Große Strafkammer nicht
primär um eine Sache sondern um einen bereits zuvor nach
allgemeinen Merkmalen beschriebenen Tätigkeitsbereich
entlastet. Dies war wegen der auch von der Revision nicht bestrittenen
Verringerung der Strafkammern und der deshalb notwendigen Halbierung
der 1. Großen Strafkammer zulässig, auch wenn im
konkreten Fall nur ein einziges Verfahren betroffen war. Auch bei
besonders kritischer Überprüfung der
Sachgerechtigkeit der Auswahlkriterien (BGHSt 44, 161, 170) bestehen
deshalb gegen diese Verfahrensweise hier keine Bedenken.
Es kann deshalb dahinstehen, ob der Einwand, die Zuweisung
verstoße auch gegen die aufgrund von § 21 e Abs. 4
GVG getroffene Regelung des Geschäftsverteilungsplans,
rechtzeitig erhoben ist.
b) Die Rüge, die Strafkammer habe zu Unrecht ihre
Zuständigkeit angenommen (§ 338 Nr. 4 StPO), weil sie
keine Wirtschaftsstrafkammer sei, die Sache aber als
Wirtschaftsstrafsache gemäß § 74 c Abs. 1
Nr. 6 GVG vor eine solche Kammer gehöre, ist zulässig
erhoben, aber aus den vom Generalbundesanwalt genannten
Erwägungen unbegründet.
c) Unbegründet ist auch die Rüge, dem Angeklagten sei
nicht das letzte Wort gewährt worden. Ihr liegt folgender
Verfahrensablauf zugrunde: Wegen Erkrankung seines Verteidigers war das
Verfahren gegen den Angeklagten am 94. Verhandlungstag abgetrennt und
gesondert fortgeführt worden. Nachdem der Angeklagte bereits
am 102. Verhandlungstag das letzte Wort gehabt hatte, wurde am 103.
Verhandlungstag erneut in die Beweisaufnahme eingetreten. Nach
Verkündung von Beschlüssen wurde den Beteiligten
Gelegenheit zur Stellungnahme dazu gegeben, ob das Verfahren gegen den
Angeklagten und das ebenfalls noch nicht beendete Verfahren gegen M.
"wieder zur gemeinsamen Verkündung einer Entscheidung
verbunden werden könnten" (Protokollband X, Blatt 31). Dazu
gaben die Verfahrensbeteiligten keine Stellungnahme ab. Sodann wurde
die Beweisaufnahme geschlossen, die Schlußanträge
wurden wiederholt und der Angeklagte hatte das letzte Wort und
erklärte sich. Sodann wurde ein Beschluß
verkündet, wonach die Verhandlung 40 Minuten später
mit der Urteilsverkündung fortgesetzt werden sollte und das
Verfahren mit dem Verfahren gegen M. "gem. § 237 StPO zur
gemeinsamen Verkündung einer Entscheidung verbunden" wurde. Um
10 Uhr wurde sodann in beiden Strafsachen jeweils das Urteil
verkündet und gemeinsam begründet, ohne daß
dem Angeklagten zuvor nochmals Gelegenheit zur
Äußerung gegeben worden war.
Bei dieser Verfahrensweise ist § 258 Abs. 2 StPO nicht
verletzt. Die Verkündung des Beschlusses war kein
Wiedereintritt in die Verhandlung. Bereits der Prozeßverlauf
belegt eindeutig, daß das Tatgericht keine Verbindung der
zuvor getrennten Sachen zum Zwecke weiterer gemeinsamer Verhandlung
herbeiführen wollte. In beiden Verfahren stand lediglich noch
die Urteilsverkündung aus. Da die Urteilsgründe
für beide Angeklagten weitestgehend deckungsgleich sind, hat
die Strafkammer die Verfahren ersichtlich aus nachvollziehbaren
Gesichtspunkten der Prozeßökonomie
ausschließlich zu diesem Anlaß wieder
zusammengelegt. Dies belegt auch - von der unzutreffenden Bezugnahme
auf § 237 StPO abgesehen - der Wortlaut des Beschlusses. Dort
heißt es, daß die Verbindung "zur gemeinsamen
Verkündung einer Entscheidung" erfolgen solle.
Demgegenüber formuliert § 237 StPO, daß das
Gericht die Verbindung mehrerer Strafsachen "zum Zwecke gleichzeitiger
Verhandlung" anordnen kann. Als Maßnahme, mit der aus
billigenswerten Gründen der Prozeßökonomie
die gemeinsame Verkündung mehrerer überwiegend
gleichlautender Urteile angeordnet wurde, hat dieser Beschluß
weder auf die Form noch auf den Inhalt der von der Strafkammer zu
treffenden Entscheidungen Einfluß genommen. Insbesondere
änderte sich auch die prozessuale Stellung des Angeklagten zu
dem Beschwerdeführer M. nicht. Es liegt deshalb kein
Wiedereintritt in die Verhandlung vor (vgl. BGHR StPO § 258
III Wiedereintritt 2, 4; Engelhardt in KK 4. Aufl. § 258 Rdn.
25). Dem Beschwerdeführer mußte somit nicht erneut
das letzte Wort gewährt werden.
d) Die Rüge der unzulässigen Beschränkung
der Verteidigung (§ 338 Nr. 8 StPO) greift nicht durch.
Nachdem die Verteidigung auf die Einführung zahlreicher
Notariatsakten in die Hauptverhandlung gedrängt und das
Landgericht dem mangels Substantiierung der Anträge nur unter
Aufklärungsgesichtspunkten stattgegeben hatte, lag in der
Entscheidung, diese Akten sofort, ohne Akteneinsicht zu
gewähren, in das Verfahren nach § 249 Abs. 2 StPO
einzuführen, keine Beschränkung der Verteidigung in
einem wesentlichen Punkt: Die Verteidiger hatten schon vor der
Antragstellung sowie nach der Verlesung Gelegenheit zur Akteneinsicht;
sie hatten damit Gelegenheit, die Einführung
zusätzlicher Teile in die Hauptverhandlung zu beantragen und
in den folgenden mehr als sechs Monaten der Hauptverhandlung
erläuternde Erklärungen abzugeben.
2. Die sachlichrechtliche Überprüfung führt
zur Änderung des Schuldspruchs im Fall 7 (S. ) der
Urteilsgründe sowie zur Aufhebung der Einzelstrafen in diesem
Fall und in den Fällen 3 (K. ) und 6 (G. ) sowie der
Gesamtstrafe. Im übrigen haben die Beanstandungen keinen
durchgreifenden Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten aufgezeigt.
a) Die Verurteilung des Angeklagten wegen Beihilfe zum Betrug ist im
Grundsatz nicht zu beanstanden. Der Haupttäter hat die
kreditgewährenden Banken jeweils über die
Werthaltigkeit der zur Sicherung von Krediten dienenden
Grundstücke getäuscht und sie zur Bewilligung und
Auszahlung von unzureichend gesicherten Krediten veranlaßt
(zum Vermögensschaden bei durch Grundschulden abgesicherten
Krediten vgl. zuletzt BGH, Beschl. vom 6. Juni 2000 - 1 StR 161/00
m.w.Nachw.), um die durch die Überfinanzierung freien
Geldbeträge für sich zu verwenden. Der Angeklagte hat
an dem Betrug dadurch mitgewirkt, daß er und M. , nachdem die
Kreditinstitute täuschungsbedingt die Darlehensvaluta auf sein
Notaranderkonto überwiesen hatten, das Geld von dort
auszahlten und dabei u.a. dem Haupttäter die
betrügerisch erlangte Überfinanzierung zugute
brachten. Er hat damit auch in den Fällen, in denen er die
Kreditinstitute nicht selbst noch über die Erfüllung
von Treuhandauflagen täuschte, den Erfolg der Haupttat
gefördert. Er hat - ohne Einzelheiten der Betrugshandlungen zu
kennen - von Anfang an gewußt, daß der
Haupttäter diese Grundstücksgeschäfte zur
Überfinanzierung nutzen wollte (UA S. 69), daß diese
Geschäfte, an denen er mitwirkte, ausschließlich
darauf abzielten, im Wege des Betruges Finanzmittel zu
schöpfen (vgl. BGHR StGB § 27 I Hilfeleisten 3). Er
hat wegen der dabei für ihn anfallenden
Notariatsgebühren an der Abwicklung der Geschäfte
mitgewirkt in Kenntnis (Fälle 3, 6, 9 und 10 der
Urteilsgründe) oder Annahme der
Vermögensschädigung der Kreditinstitute. Damit hat er
sich mit dem Haupttäter solidarisiert. Sein Tatbeitrag ist
nicht als berufstypische, neutrale Handlung anzusehen (BGHR StGB
§ 266 I Beihilfe 3; BGH NStZ 2000, 34).
b) Die umfangreichen Angriffe der Revision gegen die
Beweiswürdigung zeigen keinen Rechtsfehler auf. Das
Landgericht hat erkannt, daß nicht jeder der festgestellten
Einzelumstände (so z.B. die extreme Steigerung des
Grundstückskaufpreises binnen kurzer Zeit, die Bewilligung von
Grundschulden in einer den Kaufpreis wesentlich übersteigenden
Höhe, die Abgabe von Schuldanerkenntnissen für
unspezifizierte Leistungen) für sich allein zur
Überzeugungsbildung ausgereicht hätte. Es hat sich
nur aufgrund einer Vielzahl solcher Indizien nachvollziehbar die
Überzeugung von der Einbindung des Angeklagten und M. s in die
Betrugstaten verschafft. Dabei konnte es auch auf die in
Einzelfällen festgestellten massiven
Verstöße gegen die Treuhandauflagen (so z.B. die
Entgegennahme von Verrechnungsschecks zum Nachweis des von den Banken
vorausgesetzten Eigenkapitals bei zeitgleicher
Rückführung der "Eigenkapitalsumme" aus der auf dem
Notaranderkonto eingegangenen Darlehensvaluta) abstellen und aus der
regelmäßig durch den Angeklagten und
M. gemeinschaftlich getroffenen Verfügung über das
Notaranderkonto, zu der M. nach seiner vorläufigen
Amtsenthebung nicht mehr befugt war, auf den bei beiden vorliegenden
Beihilfevorsatz schließen. Aus der im wesentlichen auf einer
Wahrunterstellung beruhenden Feststellung, es habe 148
Notariatsvorgänge betreffend den Haupttäter P.
gegeben, bei denen Auffälligkeiten nicht festzustellen oder
zumindest für den Angeklagten und M. nachvollziehbar
erklärt worden waren, mußte das Landgericht nicht
den Schluß auf die Gutgläubigkeit auch in den hier
abgeurteilten Fällen ziehen. Das Landgericht hat sich intensiv
mit diesen Vorgängen auseinandergesetzt (UA S. 43 bis 68).
c) Im Fall 7 (Objekt S. ) tragen allerdings die Feststellungen die
Verurteilung des Angeklagten wegen Beihilfe zum vollendeten Betrug
nicht. Danach hatten sich der Angeklagte und M. vorgestellt, der Wert
des Grundstücks mit Lagerhalle betrage nur 4,5 Mio. DM, so
daß das Vermögen der Bank nach Auszahlung des
Darlehens von 5,275 Mio. DM in Höhe der Differenz (775.000 DM)
konkret gefährdet, weil nicht ausreichend durch die bestellte
Grundschuld gesichert sei. Diese Vorstellung beruhte auf der Kenntnis,
daß in dem vom Angeklagten für dieses Objekt
beurkundeten Kaufvertrag ein Kaufpreis von 5,5 Mio. DM vereinbart war,
der aber alsbald um 1 Mio. DM reduziert worden war, ohne daß
dies der kreditgewährenden Bank mitgeteilt wurde. Wie in den
anderen Fällen auch wollte sich P. als Käufer des
Objekts durch diese Überfinanzierung frei verfügbare
Geldmittel verschaffen. Der Annahme einer entsprechenden
Vermögensgefährdung steht hier allerdings die
Feststellung entgegen, daß der kreditgewährenden
Bank ein Wertgutachten vorlag, wonach das Objekt eineinhalb Jahre vor
der Darlehensgewährung einen Verkehrswert von 6,5 Mio. DM
hatte. Danach liegt es nicht fern, daß das Darlehen im
Zeitpunkt der Vermögensverfügung, also der
Darlehensauszahlung (vgl. BGH, Beschl. vom 6. Juni 2000 - 1 StR 161/00
m.w.Nachw.), durch die Grundschuld über 5,5 Mio. DM
ausreichend gesichert gewesen ist. Zwar wurde das Darlehen alsbald
nicht mehr bedient, so daß die Bank das
Zwangsversteigerungsverfahren einleitete, doch hat das Landgericht die
weitere Entwicklung nicht geklärt und lediglich vermutet, die
Bank sei aus dem Kreditengagement "ohne großen Schaden"
davongekommen.
Damit belegen die Feststellungen keinen Vermögensschaden in
Form einer Vermögensgefährdung bei der Bank zum
Tatzeitpunkt und nur eine Beihilfe des Angeklagten und M. s zum
versuchten Betrug. Der Senat hat den Schuldspruch geändert.
Die Einzelstrafe kann deshalb nicht bestehen bleiben. Das Landgericht
hat aus dem Strafrahmen bis zu drei Jahren und neun Monaten
Freiheitsstrafe eine Strafe von neun Monaten verhängt und
dabei ausdrücklich gewürdigt, daß die
kreditgewährende Bank so gut wie ohne Schaden aus dem
Engagement herausgekommen ist. Der Senat kann gleichwohl nicht
ausschließen, daß der Tatrichter, hätte er
die Möglichkeit einer weiteren Strafrahmenverschiebung nach
§ 23 Abs. 2, § 49 Abs. 1 StGB und damit einer
Strafrahmenobergrenze von nur zwei Jahren und neun Monaten bedacht,
eine noch niedrigere Strafe verhängt hätte.
d) In zwei weiteren Fällen bestehen gegen die Darlegungen zum
Schadensumfang durchgreifende rechtliche Bedenken.
Das Landgericht hat im Fall 3 der Urteilsgründe (Objekt K. )
auf einen "erkennbaren Überfinanzierungsbetrag" von 1,57 Mio.
DM (die Differenz des beurkundeten Kaufpreises von 3 Mio. DM zu dem
tatsächlich vereinbarten Kaufpreis von 1,43 Mio. DM) sowie auf
den tatsächlich eingetretenen Schaden abgestellt, den es aus
der Differenz zwischen dem von der geschädigten Bank zur
teilweisen Finanzierung des Objekts ausgereichten Darlehen (2,5 Mio.
DM) und dem Erlös aus der Zwangsversteigerung (906.000 DM),
also mit 1,594 Mio. DM errechnet hat. Geht man, wie es das Landgericht
in den anderen Fällen getan hat, vom Verkehrswert in
Höhe des tatsächlich vereinbarten Kaufpreises aus, so
ist zu besorgen, daß das Landgericht verkannt hat,
daß bei dem Verkehrswert des Grundstücks von 1,43
Mio. DM der ungesicherte Teil des Darlehens und damit die konkrete
Vermögensgefährdung der Bank nur 1,07 Mio. DM
betragen hat. Zwar ist es möglich, den Verlust, den die Bank
zuletzt erlitten hat, als verschuldete Tatauswirkung (§ 46
Abs. 2 StGB) bei der Strafzumessung zu berücksichtigen, doch
kann der Senat nicht ausschließen, daß der
Tatrichter eine niedrigere Strafe verhängt hätte,
wenn er sich der tatsächlichen konkreten
Vermögensgefährdung bewußt gewesen
wäre. Er hat deshalb die Einzelstrafe von neun Monaten
aufgehoben. Der neue Tatrichter wird diese Strafe auf der Grundlage der
aufrechterhaltenen Feststellungen neu zuzumessen haben.
Auch im Fall 6 (Objekt G. ) weist die Schadensberechnung einen
durchgreifenden Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten auf. Das
Landgericht hat die konkrete Vermögensgefährdung mit
13,46 Mio. DM (Nettodarlehenssumme von 22,01 Mio. DM abzüglich
eines Grundstückswertes von
8,55 Mio. DM) errechnet. Dabei hat es aber außer acht
gelassen, daß die geschädigte Bank das Darlehen
nicht in dieser Höhe ausgereicht, sondern davon ca. 15,534
Mio. DM einbehalten und damit das Kreditengagement aus dem Fall V
(Objekt Kö. ) abgerechnet hat. Nach den Feststellungen zu
diesem Fall war dort das Darlehen nur durch einen
Grundstückswert von 7,98 Mio. DM abgesichert, so daß
mit dem neuen Darlehen auch eine ungesicherte Forderung der Bank von
6,19 Mio. DM (14,17 Mio. DM abzüglich 7,98 Mio. DM)
erfüllt worden ist. Damit beträgt die beim Objekt G.
eingetretene weitere Vermögensgefährdung nach den
bisherigen Feststellungen lediglich 7,27 Mio. DM (13,46 Mio. DM
abzüglich 6,19 Mio. DM). Zwar hat das Landgericht
strafmildernd berücksichtigt, daß mit einem
erheblichen Teil des betrügerisch erlangten Darlehens der
Kredit im Fall Kö. zurückgeführt worden ist,
es hat aber die Höhe der konkreten
Vermögensgefährdung bei der Strafrahmenwahl
ausdrücklich zum Nachteil des Angeklagten gewertet, so
daß der Senat nicht auszuschließen vermag,
daß das Landgericht die Strafe bei Zugrundelegung der
niedrigeren Vermögensgefährdung dem nach
§§ 27, 49 Abs. 1 StGB gemilderten Strafrahmen des
§ 263 Abs. 1 StGB entnommen und geringer bemessen
hätte. Er hat deshalb die hierfür verhängte
Einzelstrafe von einem Jahr und neun Monaten aufgehoben.
Der neue Tatrichter wird die Strafzumessung neu vorzunehmen haben. Er
wäre durch die bisherigen Feststellungen, die der Senat
aufrechterhalten hat, nicht gehindert, dennoch eine den Betrag von 7,27
Mio. DM übersteigende Vermögensgefährdung
festzustellen. Anlaß dazu könnten die Feststellungen
(UA S. 150 ff.) sein, daß die Darlehensnehmerin zum Kauf
desselben Objektes zuvor bereits bei einem anderen Kreditinstitut, der
F. Sparkasse, ein Darlehen von 19,8 Mio. DM betrügerisch
erlangt und zur "Sicherung" dieses Darlehens eine Grundschuld in
gleicher Höhe bestellt hatte. Insoweit ist das Verfahren nach
§ 154 Abs. 2 StPO eingestellt worden. Die
Grundschuldbestellungsurkunde hatte M. beim Amtsgericht Steinfurt
eingereicht, noch ehe es zu der Darlehensvereinbarung mit der hier
geschädigten BNE-Bank kam. Daraus könnte sich
ergeben, daß - worauf auch die Feststellung auf UA S. 156
hindeutet - die der BNE-Bank gegebenen Sicherheiten "nicht werthaltig"
waren, so daß der Wert des Objekts nicht zur Minderung des
Gefährdungsschadens herangezogen werden könnte. Den
bisherigen Feststellungen auf UA S. 156 läßt sich
aber nicht entnehmen, ob das Darlehen der F. Sparkasse
tatsächlich zurückgezahlt worden ist oder nicht.
Davon hängt es ab, ob die für die F. Sparkasse
bestellte Grundschuld einer werthaltigen neuerlichen Sicherung noch
entgegenstand.
e) Die Feststellungen zum Schadensumfang sind im übrigen nicht
zu beanstanden. Näherer Erörterung bedarf nur noch
der Fall 5 (Objekt Kö. ). Hier hat das Landgericht
festgestellt, daß die konkrete
Vermögensgefährdung darin bestand, daß zur
Sicherung des ausgereichten Darlehens von 14,17 Mio. DM wegen der
Wertlosigkeit der sonstigen Sicherungen lediglich das
Grundstück zur Verfügung stand und dieses einen Wert
von 7,98 Mio. DM hatte. Dabei hat sich das Landgericht an dem
tatsächlich vereinbarten Kaufpreis orientiert. Hierin liegt
jedenfalls kein Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten, nachdem die
zur Erreichung von Überfinanzierungen abgeschlossenen
Kaufverträge - wie der Angeklagte und der gesondert Verfolgte
M. aus den vorangegangenen Fällen wußten -
Verkaufspreise enthielten, die allenfalls über dem
Verkehrswert der Grundstücke lagen. Ein Widerspruch zu der auf
UA S. 225 mitgeteilten Wahrunterstellung und damit ein
Beweiswürdigungsfehler liegt nicht vor. Die Kammer hatte als
wahr unterstellt, daß dem Notariat nach
durchgeführter Instandsetzung berichtet worden war, es
erscheine nunmehr ein Kaufpreis von 18 Mio. DM als sachgerecht. Mangels
weiterer Anhaltspunkte zur Seriosität dieses Berichts, zur
Zielrichtung und Qualität der Sanierungen und zu einem
Verwendungszweck des Objekts brauchte die Kammer aus der
Wahrunterstellung nicht den Schluß zu ziehen, der
Verkehrswert habe über dem Kaufpreis gelegen, zumal die
Haupttäter zur Belegung eines höheren Verkehrswerts
auf Scheinmietverträge und einen bezüglich des
Kaufpreises gefälschten Kaufvertrag zurückgreifen
mußten.
f) Die Aufhebung von drei Einzelstrafen (von zweimal neun Monaten sowie
von einem Jahr und neun Monaten) führt auch zur Aufhebung der
Gesamtstrafe. Die übrigen Einzelstrafen sind zur
Überzeugung des Senats hiervon nicht berührt. Sie
sind rechtsfehlerfrei begründet und können deshalb
bestehen bleiben.
Die von der Revision erhobenen Bedenken gegen die Strafzumessung
greifen - abgesehen davon, daß der Senat drei Einzelstrafen
und die Gesamtstrafe aufgehoben hat - nicht durch. Das Landgericht
durfte zur Begründung auf den langen Tatzeitraum, den
erheblichen Gesamtschaden und die Höhe der in Rechnung
gestellten Notariatsgebühren abstellen. Dem Angeklagten
entscheidend zugute kommende Strafzumessungsgesichtspunkte hat es
bedacht. Daß das Landgericht die berufsrechtlichen
Konsequenzen für den Angeklagten nicht berücksichtigt
haben könnte, ist nicht zu besorgen, nachdem es durch das
verhängte Berufsverbot zum Ausdruck gebracht hat,
daß der Angeklagte für eine bestimmte Zeit nicht den
Beruf eines Rechtsanwalts ausüben soll. Der von der Revision
gerügte Widerspruch zwischen der dem Angeklagten als
möglich zugute gehaltenen Verführungssituation durch
den einschlägig erfahrenen Kollegen M. und der
strafschärfend gewürdigten Hartnäckigkeit
der Tatbegehung besteht nicht. Der Tatzeitraum beträgt
zweieinhalb Jahre. Der Angeklagte, der seine Tätigkeit als
Notarvertreter erst dadurch aufnehmen konnte, daß M. wegen
einschlägiger Vorwürfe vorläufig seines
Amtes enthoben worden war, hat die Taten in Kenntnis von der
zwischenzeitlich erfolgten strafrechtlichen Verurteilung M. s
fortgesetzt.
Soweit die Revision einen Vergleich mit der gegen den
Haupttäter P. verhängten Strafe anzustellen versucht,
übersieht sie, daß dieser - soweit dies den
Urteilsgründen entnommen werden kann - die
Tatvorwürfe eingeräumt hat und ihm deshalb das
Geständnis als wesentlicher Strafmilderungsgrund zugute kam.
Der Vergleich mit der Bewährungsstrafe, die vom Landgericht
Lübeck gegen einen Notar wegen Untreue und Beihilfe zu einem
von anderen Haupttätern begangenen Betrug verhängt
worden ist, geht daran vorbei, daß dieses Urteil dem Senat
nur auf die Revision jenes Angeklagten vorgelegen hatte, und eine
Beurteilung, ob diese Strafe noch schuldangemessen war, nicht
stattfinden konnte.
Den großen Abstand zwischen Tat und Urteil hat das
Landgericht strafmildernd gewürdigt. Die Belastung, die sich
aus der Dauer eines Strafverfahrens für einen Angeklagten
ergeben kann, hat das Landgericht zwar nicht ausdrücklich als
weiteren selbständigen Strafzumessungsgrund (vgl. BGHR StGB
§ 46 II Verfahrensverzögerung 13) genannt. Es kann
jedoch ausgeschlossen werden, daß das Landgericht diesen
Umstand übersehen hat, da es die erkannten Einzelstrafen (und
die jetzt aufgehobene Gesamtstrafe) im Hinblick auf die vergangene
Zeitspanne sogar jeweils um ein genau bezeichnetes Maß
reduziert hat. Zu dieser Berechnung wäre das Landgericht nach
der auf Vorgaben des Europäischen Gerichtshofs für
Menschenrechte und des Bundesverfassungsgerichts beruhenden
Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nur verpflichtet gewesen, wenn
eine Verletzung des Beschleunigungsgebots nach Art. 6 Abs. 1 Satz 1 MRK
durch die Strafverfolgungsorgane vorgelegen hätte.
Für eine solche gibt das Urteil keine Anhaltspunkte. Eine
entsprechende Verfahrensrüge hat der Angeklagte nicht erhoben.
g) Der Maßregelausspruch läßt keinen
durchgreifenden Rechtsfehler erkennen. Er kann bestehen bleiben, weil
die ihn tragenden Überlegungen durch die Änderung des
Schuldspruchs und den geringeren Schadensumfang nicht entfallen. Der
Angeklagte hat die Taten unter Mißbrauch seines Berufs und
unter grober Verletzung der mit ihm verbundenen Pflichten begangen. Der
Angeklagte war als Rechtsanwalt nach der vorläufigen
Amtsenthebung des Anwaltsnotars M. zu dessen Vertreter bestellt worden
(§ 39 Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 Satz 2 BNotO). Die
Vertretertätigkeit beruhte gerade auf der beruflichen Stellung
des Angeklagten als Rechtsanwalt, ohne die er nicht zum Vertreter
hätte bestellt werden können. Der Angeklagte
übte damit im Sinne von § 70 StGB bei seinen
strafbaren Handlungen auch das Amt eines Rechtsanwalts aus (vgl. BGH
StV 1987, 20). Hinzu kommt, daß die Tathandlungen des
Angeklagten in einem inneren Zusammenhang sowohl mit der
Ausübung des Anwalts- als auch des Notarberufes stehen,
daß sie sich in beiden Fällen "als ein
Ausfluß aus der Berufstätigkeit selbst oder doch
wenigstens als ein mit der regelmäßigen Gestaltung
der Berufsausübung in Beziehung gesetztes Verhalten
darstellen" (Hanack in LK 11. Aufl. § 70 Rdn. 18 m.w.Nachw.).
Sowohl der Rechtsanwalt (vgl. insoweit § 43 a Abs. 5 BRAO) als
auch der Notar (vgl. insoweit § 23 BNotO) sind zur
sorgfältigen Verwahrung von Geld zuständig und
verpflichtet. Beiden Berufen bringt die zur Abwicklung von
Vermögensgeschäften Rat und Unterstützung
suchende Bevölkerung Vertrauen entgegen.
Soweit die Kammer darauf abhebt, die "Schuldeinsicht" des die Taten
bestreitenden Angeklagten sei "gering", stehen dieser Erwägung
zwar Bedenken entgegen (vgl. BGHR StGB § 70 I Dauer 1; StGB
§ 46 II Nachtatverhalten 4); diese gefährden das
Berufsverbot hier aber nicht. Angesichts der Anzahl der Taten und des
Schadensumfangs hat das Landgericht, das bei tatnäherer
Aburteilung die Verhängung eines lebenslangen Berufsverbotes
erwogen hätte, auf ein Berufsverbot von drei Jahren erkannt.
Für eine weitere Verkürzung sah es neben der
bisherigen Unbestraftheit des Angeklagten und der aufschiebenden
Wirkung der Strafvollstreckung keine weiteren Gründe,
insbesondere hatte es nicht die Möglichkeit, ein etwa
einsichtiges Verhalten des Angeklagten
zu dessen Gunsten zu berücksichtigen. Daß das
Landgericht das die Tatvorwürfe bestreitende
Prozeßverhalten des Angeklagten nicht zu dessen Nachteil
werten durfte, hat es erkannt (vgl. UA S. 248 - "strafprozessual nicht
zu beanstandende ... Uneinsichtigkeit").
Rissing-van Saan Miebach Winkler Pfister von Lienen |