BGH,
Urt. v. 14.6.2006 - 2 StR 65/06
BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
2 StR 65/06
vom
14.06.2006
in der Strafsache
gegen
wegen schweren Raubes u. a.
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Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom
14.06.2006, an der teilgenommen haben:
Vorsitzende Richterin am Bundesgerichtshof
Dr. Rissing-van Saan
und die Richter am Bundesgerichtshof
Rothfuß,
Prof. Dr. Fischer,
die Richterin am Bundesgerichtshof
Roggenbuck,
der Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Appl,
Oberstaatsanwalt beim Bundesgerichtshof in der Verhandlung,
Staatsanwalt bei der Verkündung
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwältin
als Verteidigerin,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,
für Recht erkannt:
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1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts
Koblenz vom 30.09.2005
a) im Schuldspruch dahin geändert, dass der Angeklagte des
versuchten schweren Raubs in Tateinheit mit gefährlicher
Körperverletzung in zwei rechtlich zusammentreffenden
Fällen schuldig ist;
b) im Strafausspruch mit den zugehörigen Feststellungen
aufgehoben.
2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und
Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine
andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
3. Die weitergehende Revision wird verworfen.
Von Rechts wegen
Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen schweren Raubs in Tateinheit
mit gefährlicher Körperverletzung zu einer
Freiheitsstrafe von sieben Jahren und drei Monaten verurteilt. Seine
Revision führt mit der Sachrüge zur Änderung
des Schuldspruchs und zur Aufhebung des Strafausspruchs; im
Übrigen ist sie unbegründet.
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1. Nach den Feststellungen des Landgerichts erlangte der gesondert
verfolgte, derzeit flüchtige B. im Oktober 2003 Kenntnis
davon, dass am 22.10.2003 im Rahmen eines sogenannten "Pyramidenspiels"
ein Betrag von 160.000 Euro in einem Lokal an die später
Geschädigten K. und M. übergeben werden sollte. B.
gewann in der Folge den Angeklagten für den Plan, K. und M. zu
überfallen. Spätestens am 22.10.2003
erklärte sich der Angeklagte, der in finanziellen
Schwierigkeiten war, zur Beteiligung bereit. B. gewann
außerdem noch die Brüder und Sk. sowie David Kl.
für die Tat, denen er jeweils 5.000 Euro aus der Beute
versprach.
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Am Tatabend beobachtete Sk. absprachegemäß das
Lokal, in dem sich die Geschädigten aufhielten, und teilte
ihren Aufbruch an die übrigen Beteiligten mit, die in der
Nähe der Wohnung der Geschädigten warteten. Sk. blieb
im Fluchtfahrzeug sitzen, Kl. beobachtete 30 Meter vom Tatort entfernt
die Umgebung; B. und der Angeklagte versteckten sich in der
Nähe des Hauses. Als die Geschädigten auf das
Grundstück fuhren und anhielten, rissen sie die Türen
auf, besprühten die Geschädigten mit Reizgas und
schlugen mit harten Schlagwerkzeugen auf sie ein, so dass beide
Tatopfer Platzwunden am Kopf erlitten. Der Mittäter Kl.
entnahm unterdessen aus dem Kofferraum einen Karton; sodann flohen die
Täter in ihrem Fluchtfahrzeug. Als sie unterwegs den Karton
öffneten, fanden sie darin statt der erwarteten 160.000 Euro
nur einige Flaschen Wein. Diese warfen sie mit dem Karton weg, da sie
keine Verwendung dafür hatten. Die Mittäter Kl. , Sk.
und Sk. wurden kurz darauf festgenommen und im April 2004 wegen der Tat
zu Freiheitsstrafen zwischen zwei Jahren und sechs Monaten und drei
Jahren verurteilt. Der Angeklagte tauchte zunächst unter und
wurde erst im Januar 2005 festgenommen. Der Mittäter B. ist
weiterhin flüchtig.
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2. Die Verfahrensrüge, mit der die Ablehnung eines auf
Vernehmung des (tatbeteiligten) Zeugen B. gerichteten Antrags
gerügt wird, ist unzulässig, da sie den
Formerfordernissen des § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO nicht
genügt. Es handelte sich insoweit nicht um einen Beweisantrag
im Sinne von § 244 Abs. 3 StPO, da es an hinreichenden Angaben
zur Erreichbarkeit des Zeugen fehlte; der Antrag war daher als
Beweisermittlungsantrag zu behandeln. Soweit die Revision unter dem
Gesichtspunkt des § 244 Abs. 2 StPO rügt, dass der
Tatrichter weitere Bemühungen zur Ermittlung des Aufenthalts
des (angeblich) "in die Türkei" ausgereisten Zeugen
hätte entfalten müssen, ist die Rüge
unzulässig, denn es ist nicht vorgetragen, welches Ergebnis
diese Bemühungen gehabt hätten. Der Vortrag der
Revision beschränkt sich auf Vermutungen; soweit auf
Aktenvermerke oder sonstige Unterlagen verwiesen wird, sind diese nicht
vorgetragen.
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3. Soweit die Sachrüge sich gegen die Beweiswürdigung
zur täterschaftlichen Beteiligung des Angeklagten wendet, ist
sie, entgegen der Ansicht des Generalbundesanwalts,
unbegründet. Das Landgericht, das seine Überzeugung
im Wesentlichen auf die Aussagen der bereits rechtskräftig zu
milden Strafen verurteilten Tatbeteiligten Sk. und David Kl.
gestützt hat, hat die gegen die Richtigkeit dieser den
Angeklagten belastenden Aussagen sprechenden Gesichtspunkte gesehen;
die Aussagen der Zeugen hat es gleichwohl mit knapper, aber noch
tragfähiger Begründung als glaubhaft angesehen.
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Das gilt im Ergebnis auch für die Erwägungen zu der
Aussage des Geschädigten K. . Dieser hatte in zwei
polizeilichen Vernehmungen angegeben, einer der beiden Täter,
die am Fahrzeug auf ihn und die Geschädigte M. einschlugen,
sei "auffallend groß" gewesen, nämlich etwa 1,90 m
groß. Der Angeklagte ist 1,68 m groß, der
Mittäter B. 1,75 m; Sk. , der nach den auf seine Aussagen
gestützten Feststellungen des Landgerichts
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ca. 100 Meter vom Tatort entfernt im Fluchtfahrzeug verblieb, ist 1,92
m groß. In der Hauptverhandlung hat der Zeuge K. dann
angegeben, die Angreifer hätten "normale"
Körpergröße gehabt; der Täter am
Kofferraum sei etwa 1,80 m groß und der
größte der Angreifer gewesen. Diese Beschreibung
passte auf den Zeugen Kl. , der auch eingeräumt hat, den
Karton aus dem Kofferraum genommen zu haben.
Die Auffälligkeiten dieser Aussageänderung hat das
Landgericht gesehen und bei der Beweiswürdigung bedacht. Seine
Erwägungen, wonach der Zeuge K. , der zum Tatzeitpunkt
alkoholisiert war, aufgrund des überraschenden Angriffs in der
Dunkelheit nur eingeschränkte Wahrnehmungen machen konnte und
daher zu fehlerhaften Schätzungen gelangte, lassen im Ergebnis
einen Rechtsfehler nicht erkennen.
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4. Die Verurteilung wegen vollendeten schweren Raubs wird von den
Feststellungen nicht getragen. Soweit das Landgericht
ausgeführt hat, es sei dem Angeklagten darauf angekommen, "den
Karton samt Inhalt … an sich zu bringen" (UA S. 12/13), hat
es nicht bedacht, dass der weggenommene Karton den erwarteten Inhalt,
auf welchen sich der Vorsatz der Täter bezog, nicht hatte. An
dem tatsächlichen Inhalt hatte der Angeklagte aber ebenso
wenig Interesse wie an dem Karton selbst, beides wurde von den
Tätern alsbald fortgeworfen.
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Der Angeklagte hat sich daher insoweit nur wegen versuchen schweren
Raubs schuldig gemacht. Die gefährliche
Körperverletzung steht hierzu in Tateinheit. Sie ist
abweichend von der Ansicht des Landgerichts in zwei tateinheitlichen
Fällen gegeben. Der Senat konnte insoweit den Schuldspruch
selbst ändern, da weitergehende Feststellungen nicht zu
erwarten sind. § 265 StPO
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steht der Änderung des Konkurrenzverhältnisses nicht
entgegen; eine andere Verteidigung wäre dem Angeklagten nicht
möglich gewesen.
5. Die Veränderung des Schuldspruchs führt schon im
Hinblick auf § 23 Abs. 2 StGB zur Aufhebung des
Strafausspruchs.
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Insoweit merkt der Senat an, dass die mit einer Verfahrensrüge
angegriffene Ablehnung eines Beweisantrags auf Vernehmung eines
Sachverständigen zum Beweis der Tatsache, dass die
Schuldfähigkeit des Angeklagten im Hinblick auf seinen
Drogenkonsum zur Tatzeit zumindest erheblich vermindert war,
rechtlichen Bedenken begegnet. Das Landgericht hat den Antrag mit der
Begründung zurückgewiesen, das Beweismittel sei
völlig ungeeignet, da es in der Akte an
Anknüpfungstatsachen fehle und der Angeklagte keine (weiteren)
Angaben zur Tat machen wolle. Auch wenn Anhaltspunkte dafür,
die Schuldfähigkeit des Angeklagten könne
gänzlich aufgehoben gewesen sein, hier offenkundig fehlten und
es daher von vornherein nur um die Prüfung einer
möglicherweise erheblich verminderten Schuldfähigkeit
gehen konnte, durfte der Antrag, wie die Revision zutreffend einwendet,
mit dieser Begründung nicht zurückgewiesen werden.
Dass ein psychiatrischer Sachverständiger wenige oder nur
solche Anknüpfungstatsachen vorfindet, welche eine
Beweisbehauptung nicht stützen, macht ihn nicht zu einem
völlig ungeeigneten Beweismittel; im Übrigen
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ist auch nicht festgestellt, dass der Angeklagte sich einer Exploration
verweigert hätte. Der neue Tatrichter wird dies im Rahmen der
erforderlichen neuen Feststellungen zur Strafzumessung gegebenenfalls
zu berücksichtigen haben.
Rissing-van Saan Rothfuß Fischer
Roggenbuck Appl |