BGH,
Urt. v. 14.10.2008 - 1 StR 260/08
BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
1 StR 260/08
vom
14.10.2008
Nachschlagewerk: ja
BGHSt: ja
Veröffentlichung: ja
_______________________
StGB § 333
1. Die für eine Vorteilsgewährung nach § 333
Abs. 1 StGB erforderliche (angestrebte) Unrechtsvereinbarung setzt
voraus, dass der Vorteilsgeber mit dem Ziel handelt, auf die
künftige Dienstausübung des Amtsträgers
Einfluss zu nehmen und/oder seine vergangene Dienstausübung zu
honorieren, wobei eine solche dienstliche Tätigkeit nach
seinen Vorstellungen nicht - noch nicht einmal in groben Umrissen -
konkretisiert sein muss.
2. Ob in diesem Sinne eine Unrechtsvereinbarung vorliegt, ist Tatfrage
und unterliegt der wertenden Beurteilung des Tatgerichts, die
regelmäßig im Wege einer Gesamtschau aller in
Betracht kommenden Indizien zu erfolgen hat.
- 2 -
3. In die Würdigung fließen als mögliche
Indizien neben der Plausibilität einer anderen Zielsetzung
namentlich ein: die Stellung des Amtsträgers und die Beziehung
des Vorteilsgebers zu dessen dienstlichen Aufgaben (dienstliche
Berührungspunkte), die Vorgehensweise bei dem Angebot, dem
Versprechen oder dem Gewähren von Vorteilen (Heimlichkeit oder
Transparenz) sowie die Art, der Wert und die Zahl solcher Vorteile.
BGH, Urt. vom 14.10.2008 - 1 StR 260/08 - LG Karlsruhe
in der Strafsache
gegen
wegen Vorteilsgewährung
- 3 -
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom
14.10.2008, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof
Nack
und die Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Wahl,
Dr. Kolz,
Hebenstreit,
Prof. Dr. Sander,
Bundesanwalt und
Staatsanwalt beim Bundesgerichtshof
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt ,
Rechtsanwalt und
Rechtsanwalt
als Verteidiger,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,
für Recht erkannt:
- 4 -
1. Die Revision der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des
Landgerichts Karlsruhe vom 28. November 2007 wird verworfen.
2. Die Kosten des Rechtsmittels und die dem Angeklagten hierdurch
entstandenen notwendigen Auslagen fallen der Staatskasse zur Last.
Von Rechts wegen
Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten von den Vorwürfen der
Vorteilsgewährung in sieben Fällen freigesprochen.
Der hiergegen gerichteten Revision der Staatsanwaltschaft, mit der sie
die Verletzung formellen und materiellen Rechts rügt, bleibt
der Erfolg versagt.
1
I.
1. Das Landgericht hat - für den Senat bindend - festgestellt:
2
Der Angeklagte war Vorstandsvorsitzender des Energiekonzerns Energie
Baden-Württemberg AG (fortan: EnBW). Bereits vor Aufnahme
seiner Tätigkeit hatte die EnBW im Februar 2002 von der
Fédération Internationale de Football Association
(fortan: FIFA) Sponsoren- bzw. Werberechte für die im Jahre
2006 in Deutschland stattfindende Fußballweltmeisterschaft
erworben. Die EnBW
3
- 5 -
war Hauptsponsor der FIFA-WM 2006 und der einzige nationale Sponsor aus
Baden-Württemberg. Im Rahmen von gemeinsamen Initiativen von
Staat und Wirtschaft, an denen auch die Bundesregierung beteiligt war,
entwickelte sich eine enge Kooperation der EnBW vor allem mit dem Land
Baden-Württemberg. Bei Gesprächen mit dem Referat
"Landesmarketing" des Staatsministeriums wurde vereinbart, die
jeweiligen Einladungslisten für die
Fußballweltmeisterschaft miteinander abzugleichen, um
Doppeleinladungen zu vermeiden.
Die Marketingabteilung der EnBW entwickelte ein Sponsoringkonzept.
Hierzu gehörte ein Konzept zur Verteilung der ca. 14.000
Eintrittskarten, die der EnBW zur Verfügung standen. Dieses
Einladungskonzept sah unter anderem vor, "einen kleinen Teil der Karten
für Repräsentanten aus Wirtschaft, Gesellschaft,
Kultur, Wissenschaft und Politik zu verwenden, um den Eingeladenen die
Gelegenheit zu geben, ihre entsprechenden Institutionen zu
präsentieren und repräsentieren, und zugleich durch
das öffentliche Erscheinen angesehener und bekannter
Persönlichkeiten die Rolle der EnBW als Hauptsponsor der
Fußballweltmeisterschaft werbewirksam hervorzuheben" (UA S.
11). Geplant war, jedenfalls die hochrangigen Vertreter der Politik
"zunächst" nicht in der Loge der EnBW, sondern "in erster
Linie" im FIFA-Ehrenbereich unterzubringen, für den der EnBW
ebenfalls Eintrittskarten zustanden. Zudem war vorgesehen,
sämtliche Mitglieder der Bundesregierung und der
Landesregierung Baden-Württemberg einschließlich der
Staatssekretäre einzuladen.
4
Am 20. Dezember 2005 unterzeichnete der Angeklagte als
Vorstandsvorsitzender in Anwesenheit seiner persönlichen
Referentin und zweier Sekretärinnen ca. 700
Weihnachtsgrußkarten. Adressaten waren Personen, deren Daten
in der bei EnBW gepflegten VIP-Datei des Angeklagten gespeichert waren.
"Entscheidend für die Aufnahme (einer Person) in die VIP-Datei
war die persönliche Bekanntschaft zum Vorstandsvorsitzenden
sowie die protokollari-
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- 6 -
sche Wertigkeit des Kontakts, nicht aber eine eventuelle dienstliche
Relation zum Unternehmen" (UA S. 13). Auf den vorformulierten
Grußkarten fügte der Angeklagte handschriftlich den
jeweiligen Namen mit Anrede sowie seine Unterschrift ein, in einigen
Fällen auch einige persönliche Worte. Bei etwa der
Hälfte der Karten machten die drei Mitarbeiterinnen einen
Vorschlag für ein Präsent, mit dem der Adressat
bedacht werden sollte. Der Vorschlag erfolgte auf der Grundlage einer
Präsentliste, welche die Mitarbeiterinnen gemeinsam mit der
Leiterin der Protokollabteilung der EnBW erstellt hatten. Unter den
Präsenten befanden sich mit dem offiziellen WM-Sponsorenlogo
der EnBW versehene Gutscheine für Logenplätze bei
einem Fußballweltmeisterschaftsspiel in Stuttgart oder
Berlin. Eine Versendung der Eintrittskarten selbst war aufgrund der vom
Veranstalter festgelegten Bedingungen noch nicht möglich. Die
Gutscheine waren - so das Landgericht - "personengebunden und nicht
übertragbar" (UA S. 13, 15); vorgesehen war, dass die
Koordinierung und Abwicklung der Kartenvergabe über die
Leiterin der Protokollabteilung der EnBW erfolgen sollte. Der
Angeklagte stimmte dem aufgrund der Präsentliste gemachten
Vorschlag der Mitarbeiterinnen in allen Fällen zu.
Auf die beschriebene Art und Weise ließ der Angeklagte an 36
Personen mit den Weihnachtsgrußkarten WM-Gutscheine
versenden, unter anderem - in den sieben
verfahrensgegenständlichen Fällen - an den
Ministerpräsidenten und fünf Minister des Landes
Baden-Württemberg (für jeweils zwei Eintrittskarten)
sowie an den beamteten Staatssekretär im Bundesministerium
für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit M. (für
eine Eintrittskarte). Fünf Gutscheine waren für den
Spielort Stuttgart, zwei Gutscheine für den Spielort Berlin
ausgestellt. Wie das Urteil im Einzelnen ausführt, waren die
Landesminister und ihre Ministerien im Rahmen ihrer
Ressortzuständigkeit mit Angelegenheiten befasst, die
für die Geschäftspolitik und den wirtschaftlichen
Erfolg der EnBW oder den Angeklagten persönlich von
erheblicher Bedeutung waren; Gleiches galt für
6
- 7 -
das Bundesumweltministerium. Diese "Beziehungen" waren dem Angeklagten
- wenn auch nicht im Detail - bekannt. Die Grußkarte an die
Landesumweltministerin G. war mit dem handschriftlichen Zusatz "Vielen
Dank für die stets exzellente Zusammenarbeit" versehen. Zu dem
Zeitpunkt, zu dem der Angeklagte diese Worte niederschrieb, wusste er
allerdings - nach den Feststellun-gen des Landgerichts - noch nicht, ob
der Umweltministerin ein Präsent und gegebenenfalls welches
ihr zugedacht war.
Der Angeklagte handelte im Bewusstsein des - insofern noch offenen -
Sponsoring- und Einladungskonzepts der EnBW, wobei ihm als
Vorstandsvorsitzenden ein Gestaltungsspielraum zukam. Ihm war bekannt,
dass die sieben verfahrensgegenständlichen Empfänger
zu dem Personenkreis einzuladender hochrangiger Repräsentanten
zählten.
7
Nachdem in der Presse über die Versendung der Gutscheine
berichtet worden war und die Staatsanwaltschaft Karlsruhe Mitte Februar
2006 ein Ermittlungsverfahren gegen den Angeklagten eingeleitet hatte,
lehnte der baden-württembergische Ministerpräsident
mit Schreiben vom 2. März 2006 die Einladungen namens der
Regierungsmitglieder ab. Obwohl dies im Sponsoringkonzept vorgesehen
war, kam es ebenso wenig - auf Anraten des Verteidigers des Angeklagten
- zur Einladung der anderen Regierungsmitglieder durch die EnBW wie zum
Abgleich der Einladungslisten zwischen dieser und dem Land. Gleichfalls
am 2. März 2006 zog Staatssekretär M. seine
zunächst erteilte Zusage zurück.
8
Sämtliche Mitglieder der Landesregierung hatten anderweitig
freien Zugang mit Begleitung jedenfalls zu allen WM-Spielen in
Stuttgart. Zur Verfügung standen ihnen Plätze sowohl
in der Loge, die sich das Land mit dem Unternehmen Daimler-Chrysler
teilte, als auch im FIFA-Ehrenbereich.
9
- 8 -
Bereits am 31. Mai 2005 hatten die Minister des Landes
Baden-Württemberg im Ministerrat einen Beschluss zur Annahme
von Geschenken durch Regierungsmitglieder gefasst. Unter Nr. 4 war
Folgendes festgehalten worden: "Ehrenkarten für
Veranstaltungen, deren Besuch zu den Repräsentationspflichten
eines Regierungsmitglieds gehört, sind nicht als Geschenke zu
bewerten und unterfallen daher nicht der Genehmigungspflicht."
10
2. Das Landgericht hat den Angeklagten "aus tatsächlichen und
rechtlichen Gründen" freigesprochen.
11
Aus rechtlichen Gründen ist der Freispruch erfolgt, weil das
Landgericht die Eintrittskarten nicht als Vorteil im Sinne von
§ 333 Abs. 1 StGB gewertet hat. Was die sechs Taten zugunsten
der Mitglieder der Landesregierung betrifft, so hat es darüber
hinaus den zuvor im Ministerrat gefassten Beschluss als eine
Genehmigung im Sinne von § 333 Abs. 3 StGB angesehen, die als
Rechtfertigungsgrund zur Straflosigkeit führe. Auf
tatsächlichen Gründen beruht der Freispruch dagegen
insoweit, als sich das Landgericht nicht von einer "für die
Tatbestandserfüllung (nach § 333 Abs. 1 StGB)
erforderliche(n) Unrechtsvereinbarung" hat überzeugen
können (UA S. 51).
12
II.
1. Die Verfahrensrügen dringen aus den vom Generalbundesanwalt
in der Hauptverhandlung vorgebrachten Gründen nicht durch.
13
2. Der Freispruch von den Vorwürfen der
Vorteilsgewährung in sieben Fällen hält
sachlich-rechtlicher Überprüfung - noch - stand.
14
Die Strafkammer ist zwar zu Unrecht davon ausgegangen, es fehle schon
an einem - vom Angeklagten angebotenen oder versprochenen - Vorteil
15
- 9 -
im Sinne von § 333 Abs. 1 StGB (nachfolgend a).
Rechtsfehlerhaft ist das Urteil auch insoweit, als sie den am 31. Mai
2005 im Ministerrat gefassten Beschluss als eine Genehmigung im Sinne
von § 333 Abs. 3 StGB angesehen hat (unten b). Soweit die
Kammer zu dem Schluss gekommen ist, dem Angeklagten sei eine
"Unrechtsvereinbarung" nicht nachzuweisen gewesen, ist dies dagegen im
Ergebnis revisionsrechtlich nicht zu beanstanden (unten c).
a) Die Eintrittskarten für
Fußballweltmeisterschaftsspiele in Stuttgart und Berlin, die
der Angeklagte nach den Feststellungen sechs Mitgliedern der
Landesregierung und dem Staatssekretär im
Bundesumweltministerium anbot oder versprach, stellen Vorteile im Sinne
von § 333 Abs. 1 StGB dar.
16
Unter einem Vorteil ist jede Leistung zu verstehen, auf die der
Amtsträger keinen Anspruch hat und die seine wirtschaftliche,
rechtliche oder auch nur persönliche Lage objektiv verbessert
(vgl. nur BGHSt 47, 295, 304; BGH NStZ 2008, 216, 217; NStZ-RR 2007,
309, 310). Besser gestellt wird der Amtsträger vor allem durch
materielle Zuwendungen jeder Art. Hierzu zählen auch
Eintrittskarten für regulär entgeltpflichtige
Veranstaltungen, da solche Karten einen Vermögenswert haben
(vgl. Korte in MüKo-StGB § 331 Rdn. 62).
17
aa) Dass die vom Angeklagten bedachten Mitglieder der Landesregierung
nach den Feststellungen ohnehin freien Zugang "mit Begleitung
jedenfalls" zu allen Weltmeisterschaftsspielen in Stuttgart hatten (UA
S. 41), hat auf die Bewertung der für diesen Spielort
vorgesehenen Eintrittskarten als Vorteil keinen Einfluss. Insoweit
gilt: Wird dem Amtsträger oder Dritten ein geldwerter Vorteil
angeboten, versprochen oder gewährt, so ist es von vornherein
unbeachtlich, wenn der Begünstigte einen vergleichbaren
Vorteil auch auf eine andere Art und Weise erlangen kann. Auf derartige
hypothetische Erwägungen kommt es grundsätzlich nicht
an (vgl. auch OLG Karlsruhe NJW 2001, 907,
18
- 10 -
908). Sie können allenfalls für die subjektive
Wertschätzung durch den Begünstigten und damit
für die (angestrebte) Unrechtsvereinbarung von Bedeutung sein.
Identisch waren die Vorteile, die der Angeklagte anbot oder versprach,
und diejenigen, die den Mitgliedern der Landesregierung ohnehin
zustanden, hier nicht. Denn es handelte sich in jedem der
Fälle um zweierlei Eintrittskarten für verschiedene
Zuschauerplätze. Insbesondere was die "EnBW-Loge" einerseits
und "Landesloge" andererseits betrifft, liegt dies auf der Hand, zumal
der Aufenthalt in der "EnBW-Loge" die Bewirtung vorsah,
während entsprechende Feststellungen für die
"Landesloge" nicht getroffen sind.
All dies gilt entsprechend in Bezug auf den Staatssekretär M.
. Auf seine - rein hypothetischen - Angaben als Zeuge, er
hätte "Karten zu WM-Spielen bekommen, wenn er sich in seiner
Eigenschaft als Staatssekretär darum bemüht
hätte" (UA S. 42), kommt es erst recht nicht an.
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bb) Der Senat teilt auch nicht die Auffassung der Kammer, es sei schon
deswegen kein Vorteil gegeben, weil die Eintrittskarten den
Begünstigten lediglich die Ausübung der dienstlichen
Aufgabe ermöglichen sollten, das Land bzw. den Bund in der
Öffentlichkeit zu repräsentieren (UA S. 50).
20
Zwar hat die Kammer die Wahrnehmung von
Repräsentationsaufgaben zu Recht zu den Dienstpflichten von
Regierungsmitgliedern, auch von Staatssekretären
gezählt (vgl. UA S. 35 f.). Dies nimmt den in Aussicht
gestellten Eintrittskarten jedoch nicht den Vorteilscharakter. Auf die
im Schrifttum teilweise vertretene Meinung, ein Vorteil ergebe sich
nicht schon daraus, dass dem Amtsträger lediglich die zur
Dienstausübung erforderlichen Mittel zur Verfügung
gestellt würden (so etwa Fischer, StGB 55. Aufl. §
331 Rdn. 12; Lackner/Kühl, StGB 26. Aufl. § 331 Rdn.
5, jew. unter Bezugnahme auf OLG Zweibrücken NStZ 1982, 204:
kostenloses Benzin an Polizeibeamten für Ermittlungen in der
21
- 11 -
Freizeit; a.A. etwa Heine in Schönke/Schröder, StGB
27. Aufl. § 331 Rdn. 28 und Korte in MüKo-StGB
§ 331 Rdn. 94, denen zufolge dies ausschließlich im
Rahmen der sog. Unrechtsvereinbarung zu berücksichtigen ist),
kommt es dabei nicht an. Ob für den Vorteilsbegriff in
§ 333 Abs. 1 StGB überhaupt eine derartige Ausnahme
zu machen ist, braucht der Senat nicht zu entscheiden. Denn hier
sollten die Eintrittskarten für die Mitglieder der
Landesregierung und ihre Begleitpersonen sowie für den
Staatssekretär M. nicht nur einen solchen dienstlichen Nutzen
haben. Die beabsichtigten geldwerten Zuwendungen dienten vielmehr
gerade der Befriedigung persönlicher Interessen, die mit dem
unmittelbaren Erleben eines Weltmeisterschaftsspiels im Stadion
verbunden sind. Dies sah auch der Angeklagte so, aus dessen Sicht es
"Sinn der Präsentversendung (war), zu Weihnachten eine Freude
zu machen, mit den Gutscheinen insbesondere die Vorfreude auf die
Fußball-WM … zu wecken" (UA S. 23).
b) Soweit die Strafkammer den am 31. Mai 2005 im Ministerrat gefassten
Beschluss als eine Genehmigung im Sinne von § 333 Abs. 3 StGB
angesehen hat, tragen die insoweit unzureichenden Feststellungen die
rechtliche Wertung nicht:
22
Es liegt schon nicht fern, dass mit dem in dem Beschluss verwendeten
Begriff "Ehrenkarten" nur solche Karten gemeint sind, die von dem
Veranstalter selbst - für seine "Ehrengäste" - zur
Verfügung gestellt werden. Ferner könnte die nur
auszugsweise wiedergegebene Regelung dahin zu verstehen sein, dass auf
die dienstrechtliche Nichtgenehmigungsbedürftigkeit bestimmter
als strafrechtlich unbedenklich angesehener Vorteile - hier
"Ehrenkarten" - hingewiesen wird (vgl. dazu Korte aaO Rdn. 168);
hierfür spricht der Wortlaut der Regelung ("unterfallen
… nicht der Genehmigungspflicht" anstatt "werden generell
genehmigt"). Dann wäre die Vorfrage der Strafbarkeit
losgelöst von dieser Regelung zu beurteilen. Im
Übrigen versteht sich auch nicht von selbst, dass die Re-
23
- 12 -
gelung besagt, die bedachten Regierungsmitglieder dürften
solche "Ehrenkarten" in jedem Fall - unabhängig von den
konkreten protokollarischen Pflichten - zudem für eine
Begleitperson annehmen.
24
c) Die Auffassung des Landgerichts, "eine für die
Tatbestandserfüllung (nach § 333 Abs. 1 StGB)
erforderliche Unrechtsvereinbarung (sei) nicht nachzuweisen",
hält hingegen revisionsrechtlicher Prüfung stand.
Dass das Landgericht sich nicht von der notwendigen inhaltlichen
Verknüpfung zwischen dem angebotenen oder versprochenen
Vorteil und der Dienstausübung zu überzeugen vermocht
hat, also davon, dass der Angeklagte - so der Wortlaut des §
333 Abs. 1 StGB - jeweils den Vorteil "für die
Dienstausübung" anbot oder versprach, ist im Ergebnis nicht zu
beanstanden.
aa) Für die Frage, wie der Gesetzeswortlaut insoweit
auszulegen ist, gibt die Gesetzgebungsgeschichte wichtige Hinweise. Das
am 20. August 1997 in Kraft getretene Gesetz zur Bekämpfung
der Korruption vom 13. August 1997 (BGBl I 2038) hat zwar die
Anforderungen an die Unrechtsvereinbarung, die Kernstück aller
Bestechungsdelikte ist, für die Vorteilsgewährung
nach § 333 Abs. 1 StGB ebenso wie für die
Vorteilsannahme nach § 331 Abs. 1 StGB herabgesetzt, aber
nicht aufgegeben:
25
Nach seiner alten Fassung hatte der Tatbestand der
Vorteilsgewährung vorausgesetzt, dass der Vorteil
"Gegenleistung dafür (sein soll), daß er (der
Amtsträger) eine in seinem Ermessen stehende Diensthandlung
künftig vornehme"; dementsprechend war Bezugspunkt der
Unrechtsvereinbarung die einzelne - zumindest ihrem sachlichen Gehalt
nach grob umrissene (vgl. BGH NStZ 1999, 561 m.w.N.) - Diensthandlung.
Nunmehr genügt es, wenn ein Vorteil "für die
(vergangene oder künftige) Dienstausübung" im
Allgemeinen angeboten, versprochen oder gewährt wird.
26
- 13 -
Die Neufassung der Tatbestände der Vorteilsannahme und der
Vorteilsgewährung führt dazu, dass der
Anwendungsbereich dieser Strafnormen nun auch in
größerem Umfang eröffnet ist, wenn
Amtsträger höherer Ebenen mit breit
gefächerten Entscheidungsspielräumen betroffen sind
(vgl. BTDrucks. 16/4333 S. 2; Korte in MüKo-StGB §
331 Rdn. 99). Zuvor galt: Je weiter sich der Aufgabenbereich des
Amtsträgers darstellte, umso schwieriger war die Zuordnung des
Vorteils zu einer bestimmten oder zumindest bestimmbaren Diensthandlung
(vgl. BGH NStZ 1999, 561). Anliegen der Erweiterung der
Tatbestände war gerade auch, Beweisschwierigkeiten zu
beseitigen, die mit dem Erfordernis der Bestimmbarkeit der
Diensthandlung verbunden waren. Ferner sollte die Strafbarkeit wegen
Vorteilsannahme und Vorteilsgewährung auf von den Vorschriften
in der bisherigen Fassung nicht erfasste Fälle (vgl. BGHSt 47,
295, 307; BGH NJW 2003, 763, 765 m.w.N. [insoweit in BGHSt 48, 44 nicht
abgedr.]) erstreckt werden, in denen durch einen Vorteil nur das
generelle Wohlwollen und die Geneigtheit des Amtsträgers
erkauft (vgl. BTDrucks. 13/8079 S. 15) bzw. "allgemeine Klimapflege"
betrieben wird (BGHSt 49, 275, 281; BGH NStZ 2008, 216, 217; NStZ-RR
2007, 309, 310).
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Andererseits hat der Gesetzgeber bei der Neufassung der
§§ 331, 333 StGB prinzipiell an dem Erfordernis einer
(angestrebten) Unrechtsvereinbarung bewusst festgehalten. Für
die Auslegung der Tatbestände ist von Bedeutung, dass der
weiter reichende Vorschlag im Bundesratsentwurf eines
Korruptionsbekämpfungsgesetzes vom 18. Dezember 1995
(BTDrucks. 13/3353) nicht Gesetz wurde (vgl. BRDrucks. 483/97). Dieser
hatte - beruhend auf einem Gesetzesantrag des Landes Berlin vom 24. Mai
1995 (BRDrucks. 298/95) - vorgesehen, auf die Unrechtsvereinbarung
gleichsam zu verzichten und die Strafbarkeit wegen Vorteilsannahme und
-gewährung davon abhängig zu machen, dass dem
Amtsträger ein Vorteil "im Zusammenhang mit seinem Amt"
zugewendet werden soll. Auch dies sollte gewährleisten, dass
Handlungen - wie etwa das
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- 14 -
sog. "Anfüttern" - erfasst werden, die dazu dienen, das
generelle Wohlwollen und die Geneigtheit des Amtsträgers zu
sichern (vgl. BRDrucks. 298/95 S. 9; BTDrucks. 13/3353 S. 11). Ein die
Strafbarkeit begründender Zusammenhang mit dem Amt sollte
immer dann gegeben sein, "wenn die zuwendende Person sich davon leiten
lässt, daß der Beamte ein bestimmtes Amt bekleidet
oder bekleidet hat" (BTDrucks. aaO). Die Bundesregierung und der
Rechtsausschuss des Deutschen Bundestages hatten gegen den Entwurf -
neben Abgrenzungsschwierigkeiten - eingewandt, dass durch die
vorgesehene Erweiterung der Tatbestände "ein breites Spektrum
nicht strafwürdiger Handlungen grundsätzlich in die
Strafbarkeit einbezogen würde" (BTDrucks. 13/6424 S. 13;
13/8079 S. 15). Dementsprechend hat die Bundesregierung in
jüngerer Zeit nochmals klargestellt, dass "auch nach der heute
gültigen Fassung der §§ 331 und 333 StGB
feststehen (müsse), dass der Vorteil überhaupt
für dienstliche Handlungen angenommen oder gewährt"
worden sei (BTDrucks. 16/4333 S. 5 f.).
bb) Vor diesem Hintergrund sind für den Tatbestand der
Vorteilsgewährung nach § 333 Abs. 1 StGB an die
inhaltliche Verknüpfung von Vorteil und
Dienstausübung folgende Anforderungen zu stellen:
29
Zwischen dem Vorteil und der Dienstausübung muss ein
"Gegenseitigkeitsverhältnis" in dem Sinne bestehen, dass der
Vorteil nach dem (angestrebten) ausdrücklichen oder
stillschweigenden Einverständnis der Beteiligten seinen Grund
gerade in der Dienstausübung hat (vgl. BGH NJW 2005, 3011,
3012 m.w.N.). Dies erfordert, dass Ziel der Vorteilszuwendung ist, auf
die künftige Dienstausübung Einfluss zu nehmen (vgl.
BGH NStZ-RR 2007, 309, 310 f.) und/oder die vergangene
Dienstausübung zu honorieren (ähnlich Fischer, StGB
55. Aufl. § 331 Rdn. 23). In diesem allgemeinen Sinne muss der
Vorteil somit nach wie vor Gegenleistungscharakter haben (vgl. Korte in
MüKo-StGB § 331 Rdn. 94; ferner Dölling,
Gutachten für den 61. Deutschen Juristentag [1996]
30
- 15 -
C 64 f., an dessen Vorschlag die Neufassung der §§
331, 333 StGB angeknüpft hat [vgl. BTDrucks. 13/8079 S. 15]).
Unter Dienstausübung ist dabei grundsätzlich jede
dienstliche Tätigkeit zu verstehen. Diese muss nach den
Vorstellungen der Beteiligten nicht - noch nicht einmal in groben
Umrissen - konkretisiert sein; daher genügt es, wenn der Wille
des Vorteilsgebers auf ein generelles Wohlwollen bezogen auf
künftige Fachentscheidungen gerichtet ist, das bei Gelegenheit
aktiviert werden kann.
Ob der Vorteilsgeber ein solches von § 333 Abs. 1 StGB
pönalisiertes oder ein anderes Ziel verfolgt, ist Tatfrage.
Die Grenzbestimmung hat in wertender Beurteilung zu erfolgen, die mit
oftmals schwierigen Beweisfragen einhergeht. Pauschale Bewertungen in
Anlehnung an Begrifflichkeiten wie "allgemeine Klimapflege" oder
"Anfüttern" verbieten sich dabei (vgl. Korte aaO Rdn. 100;
ferner Dölling ZStW 112 [2000] 334, 344 mit differenzierenden
Erwägungen zur korruptiven Erscheinungsform des
"Anfütterns"). Vielmehr ist die Abgrenzung nach den
fallbezogenen Umständen - insbesondere der gesamten
Interessenlage der Beteiligten - vorzunehmen.
31
Als mögliche Indizien für oder gegen das Ziel, mit
dem Vorteil auf die künftige Dienstausübung Einfluss
zu nehmen oder die vergangene Dienstausübung zu honorieren,
fließen neben der Plausibilität einer anderen -
behaupteten oder sonst in Betracht kommenden - Zielsetzung in die
wertende Beurteilung namentlich ein: die Stellung des
Amtsträgers und die Beziehung des Vorteilsgebers zu dessen
dienstlichen Aufgaben, die Vorgehensweise bei dem Angebot, dem
Versprechen oder dem Gewähren von Vorteilen sowie die Art, der
Wert und die Zahl solcher Vorteile. So können etwa dienstliche
Berührungspunkte zwischen Vorteilsgeber und
Amtsträger ebenso in Ausschlag gebender Weise für
eine Unrechtsvereinbarung sprechen, wie die Heimlichkeit des Vorgehens
(BGH NStZ 2008, 216, 218; NStZ-RR 2007, 309, 310 f.; im Hinblick auf
32
- 16 -
dienstliche Berührungspunkte im Ergebnis auch BGH NStZ 2005,
334, 335; zur Heimlichkeit vgl. ferner BGHSt 48, 44, 51). Vorzunehmen
ist jedoch regelmäßig eine Gesamtschau aller
Indizien (vgl. BGH NStZ 2008 aaO; NStZ-RR aaO 311).
33
Das bedeutet auch, dass die Strafbestimmung der
Vorteilsgewährung nicht schon dadurch unanwendbar wird, dass
eine (angestrebte) Unrechtsvereinbarung in sozialadäquate
Handlungen - wie die Durchführung eines für sich
gesehen in strafrechtlicher Hinsicht gänzlich
unverdächtigen Sponsoringkonzepts - eingebunden wird. Auch in
diesem Fall ist maßgeblich, wie sich das Vorgehen aufgrund
der gesamten Umstände, unter denen es geschieht, darstellt.
Der Senat ist sich bewusst, dass das Merkmal der Unrechtsvereinbarung
nach der hier vorgenommenen Auslegung im Randbereich kaum trennscharfe
Konturen aufweist; dies kann zu Beweisschwierigkeiten führen
und räumt dem Tatrichter eine beträchtliche
Entscheidungsmacht ein. Diese Auslegung trägt jedoch dem
Willen des Gesetzgebers Rechnung. In ihr spiegelt sich der
Kompromisscharakter der durch das Korruptionsbekämpfungsgesetz
vom 13. August 1997 reformierten Regelung wider, die über die
alte Rechtslage hinausgeht, aber hinter dem weitergehenden Vorschlag
des Bundesrats zurückbleibt, die Strafbarkeit allein an die
Amtsbezogenheit der Vorteilszuwendung zu knüpfen (siehe oben
aa). Inwieweit ein derartiger Vorschlag in Verbindung mit einer
weitgehenden, Transparenz gewährleistenden Anzeige- oder
Genehmigungslösung (vgl. den Vorschlag von T.
Schäfer/Liesching ZRP 2008, 173, 175 f.) sachgerechter gewesen
wäre, hat der Senat indessen nicht zu entscheiden.
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cc) Gemessen an den aufgezeigten Maßstäben ist die
Beweiswürdigung revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.
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Das Landgericht ist von einem zutreffenden rechtlichen Ansatz
ausgegangen. Zwar ist die Formulierung, eine Unrechtsvereinbarung sei
nicht nach-
36
- 17 -
zuweisen gewesen, missverständlich. § 333 Abs. 1 StGB
setzt nämlich in der Tathandlungsvariante des Anbietens nicht
voraus, dass es tatsächlich zu einer "Unrechtsvereinbarung"
kommt; vielmehr reicht aus, dass das Angebot auf eine solche
Übereinkunft gerichtet ist (vgl. BGH NStZ 2000, 439 f.; 2008,
33, 34; entsprechend für die Vorteilsannahme nach §
331 Abs. 1 StGB in der Tathandlungsalternative des Forderns eines
Vorteils BGH NStZ 2006, 628, 629). Dass das Landgericht dies nicht
verkannt hat, geht jedoch aus dem Urteil - trotz der
missverständlichen Formulierung - eindeutig hervor. Denn die
Beweiswürdigung befasst sich namentlich damit, welches Ziel
der Angeklagte mit der Gutscheinversendung verfolgte.
Zutreffend hat das Landgericht ausgeführt, die Feststellung
der (angestrebten) Unrechtsvereinbarung setze den Nachweis voraus, dass
"die Zuwendung der Gutscheine ihren Grund gerade in der
Dienstausübung hatte bzw. die Dienstausübung als
Gegenleistung (mit)bestimmender Beweggrund" für die Zuwendung
war. Dabei hat es zu Recht angenommen, dass unter
Dienstausübung in diesem Zusammenhang allein die
Fachentscheidungen der bedachten Amtsträger zu verstehen sind.
Dagegen genügt es insoweit nicht, dass der Angeklagte Einfluss
auf die dienstliche Aufgabe der Repräsentation nehmen wollte,
da der Vorteil hierfür keinen Gegenleistungscharakter hat,
sondern nur Mittel zur Erfüllung dieser Aufgabe sein sollte
(vgl. Korte in MüKo-StGB § 331 Rdn. 94; ferner BGH
NStZ-RR 2003, 171, 172).
37
Bei der "einzelfallbezogene(n) Betrachtung" hat das Landgericht "nach
einer Gesamtschau sämtlicher Umstände die
… Möglichkeit nicht ausgeschlossen …,
dass die Zuwendung einen (sachlich gerechtfertigten) anderen Beweggrund
als den der Beeinflussung der Dienstausübung hat". Einen
solchen anderen Beweggrund hat das Landgericht darin gesehen, dass,
indem den Empfängern der Gutscheine die Gelegenheit zur
Repräsentation bei der Fußballwelt-
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- 18 -
meisterschaft gegeben werden sollte, ihr Erscheinen "zu Werbezwecken
genutzt" werden sollte, um die Veranstaltung aufzuwerten und die Rolle
der EnBW als Sponsor der Veranstaltung hervorzuheben (UA S. 52). Davon,
dass der Angeklagte das Ziel verfolgte, die Empfänger -
"gewissermaßen unter dem 'Deckmantel'
Sponsoring/Repräsentation" - geneigt zu machen, bei der
Dienstausübung zugunsten der EnBW zu handeln, hat sich das
Landgericht hingegen nicht zu überzeugen vermocht.
Das Landgericht hat sich rechtsfehlerfrei mit den relevanten Indizien
auseinandergesetzt und bei seiner Entscheidung insbesondere folgende
Umstände berücksichtigt:
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- Zwischen den sieben Gutscheinempfängern - allesamt Personen
mit weit reichenden Entscheidungskompetenzen und der EnBW
bestanden dienstliche Berührungspunkte. Das Landgericht hat
aber auch festgestellt, dass der Angeklagte die Auswahl der
Empfänger nicht gezielt nach diesem Kriterium vornahm:
"Entscheidend für die Aufnahme (einer Person) in die VIP-Datei
war die persönliche Bekanntschaft zum Vorstandsvorsitzenden
sowie die protokollarische Wertigkeit des Kontakts, nicht aber eine
eventuelle dienstliche Relation zum Unternehmen" (UA S. 13). Der
Indizwert der dienstlichen Berührungspunkte wird zudem dadurch
stark relativiert, dass der Angeklagte - so die Feststellungen des
Landgerichts - im Bewusstsein des insofern noch offenen Sponsoring- und
Einladungskonzepts der EnBW handelte (UA S. 42 f.). Das Konzept sah,
wie der Angeklagte wusste, vor, sämtliche Mitglieder der
Bundesregierung und der Landesregierung Baden-Württemberg
einschließlich der Staatssekretäre einzuladen (UA S.
12, 35). Der Angeklagte handelte demnach - revisionsrechtlich nicht
angreifbar - in der Vorstellung, dass die nicht mit den
Weihnachtsgrußkarten bedachten Regierungsmitglieder
später noch Eintrittskarten erhalten würden. Dass das
Einladungskonzept nachher nicht weiter verfolgt wurde, war durch die
Einlei-
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tung des Ermittlungsverfahrens Mitte Februar 2006 veranlasst, der
entsprechende Presseberichte vorausgegangen waren (UA S. 24).
- Hinsichtlich der Vorgehensweise hat das Landgericht im Fall der an
die baden-württembergische Umweltministerin G. versandten
Weihnachtsgrußkarte gesehen, dass der handschriftliche Zusatz
"Vielen Dank für die stets exzellente Zusammenarbeit"
Indizwert für eine angestrebte Unrechtsvereinbarung haben
könnte. Diesbezüglich hat das Landgericht freilich
insbesondere - für den Senat bindend - festgestellt, dass der
Angeklagte zu dem Zeitpunkt, zu dem er diese Worte niederschrieb, noch
nicht wusste, ob der Umweltministerin überhaupt ein
Präsent und gegebenenfalls welches ihr zugedacht war (UA S.
28, 38 f., 47).
- Im Übrigen war die Vorgehensweise des Angeklagten nach der
Wertung des Landgerichts nicht durch Verschleierung bzw. Heimlichkeit
geprägt: Die Gutscheine wurden an die dienstlichen Adressen
der Empfänger versandt (UA S. 44) und waren mit dem
offiziellen WM-Sponsorenlogo der EnBW versehen (UA S. 13). Die
Einladungen wären im Rahmen des geplanten Abgleichs der
Einladungslisten zwischen der EnBW und dem Land
Baden-Württemberg offen zu legen gewesen; nicht zuletzt
hätte das öffentliche Auftreten der
Empfänger als Gast des WM-Sponsors EnBW insoweit "Transparenz"
bewirkt (UA S. 44).
- Zur Beschaffenheit der Vorteile hat das Landgericht zum einen
festgestellt, dass die Gutscheine "personengebunden und nicht
übertragbar" waren (UA S. 13, 15). Zum anderen war, jedenfalls
was die WM-Spiele in Stuttgart betrifft, für die Mitglieder
der Landesregierung Baden-Württemberg der Wert der
Eintrittskarten - unbeschadet der im Einzelnen schwierigen Berechnung -
subjektiv gemindert. Denn die Mitglieder der Landesregierung hatten
ohnehin freien Zugang "mit Begleitung jedenfalls" zu allen WM-Spielen
in Stuttgart (UA S. 41).
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Bei alledem hat das Landgericht darüber hinaus erkennbar im
Blick gehabt, dass es sich bei der Fußballweltmeisterschaft
2006 um ein einzigartiges sportliches Großereignis
für die Bundesrepublik Deutschland handelte, das mit einer
Kooperation zwischen "höchster" Politik und Wirtschaft
einherging. Eine organisierte Zusammenarbeit wurde von der
Bundesregierung offiziell gefördert und entspricht bei
derartigen Ereignissen weltweiten Gepflogenheiten.
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dd) Die gegen die Beurteilung durch das Landgericht gerichteten
Beanstandungen der Revision greifen nicht durch.
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(1) Soweit die Revision die Beweiswürdigung angreift, indem
sie - im Kern ihrer Ausführungen - einzelne Feststellungen
anzweifelt, zeigt sie keinen Rechtsfehler auf.
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Die Beweiswürdigung ist Sache des Tatrichters. Trifft er
aufgrund der in der Hauptverhandlung angefallenen Erkenntnisse
Feststellungen oder kann er wegen verbleibender Zweifel keine
Feststellungen treffen, so ist dies durch das Revisionsgericht
regelmäßig hinzunehmen. Im Grundsatz gilt, dass
allein das, was der Tatrichter festgestellt hat, bei der
revisionsrechtlichen Überprüfung zugrunde zu legen
ist. Es kommt nicht darauf an, ob das Revisionsgericht Erkenntnisse
anders gewürdigt oder dem Tatrichter verbleibende Zweifel
überwunden hätte. Daran ändert sich nicht
einmal dann etwas, wenn dem Revisionsgericht vom Tatrichter getroffene
Feststellungen "lebensfremd" erscheinen. Im Strafprozess gibt es keinen
Beweis des ersten Anscheins, der nicht auf der Gewissheit des
Tatrichters, sondern auf der Wahrscheinlichkeit eines Geschehensablaufs
beruht (vgl. Senatsurt. vom 1. Juli 2008 - 1 StR 654/07 - Rdn. 18
m.w.N.).
43
Anderes gilt nur dann, wenn die Beweiswürdigung Rechtsfehler,
etwa Lücken, Widersprüche, Unklarheiten oder
Verstöße gegen die Gesetze der Lo-
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- 21 -
gik oder gesicherte Erfahrungssätze, aufweist. Solche
Rechtsfehler sind hier nicht ersichtlich. Insbesondere beruhen die
Feststellungen auch auf einer tragfähigen Tatsachengrundlage,
indem sie durch im Einzelnen benannte Beweismittel, namentlich durch
die Angaben von Zeugen, belegt sind.
45
Näherer Betrachtung bedarf insoweit nur die festgestellte -
von der Leiterin der Protokollabteilung der EnBW zeugenschaftlich
bestätigte (UA S. 37) - Personengebundenheit und
Nichtübertragbarkeit der Gutscheine:
Diese Feststellung wird nach dem oben Gesagten durch die in der
Antragsschrift der Bundesanwaltschaft vom 17. Juni 2008 enthaltenen
Erwägungen der Generalstaatsanwaltschaft Karlsruhe nicht in
Frage gestellt. Das gilt sowohl für die Erwägung,
dass auf den Gutscheinen - Gegenteiliges ist nicht festgestellt - der
jeweilige Empfänger nicht bezeichnet gewesen sein
dürfte, als auch für diejenige, dass die
Personengebundenheit und Nichtübertragbarkeit "sich nicht von
selbst versteht", nach Auffassung des Senats sogar wenig lebensnah
anmutet. Die Feststellung scheint zwar deswegen zu kurz zu greifen,
weil, wie die Generalstaatsanwaltschaft weiter ausgeführt hat,
die Identität der zweiten (Begleit-)Person offen war und
augenscheinlich von den näheren Angaben des
Gutscheinempfängers abhing. Deshalb ist in Betracht zu ziehen,
dass die zweite Eintrittskarte einer Person hätte zugute
kommen können, die über das Kartenkontingent des
Landes Baden-Württemberg nicht hätte
begünstigt werden können. Ob, wie die Verteidigung in
ihrem Schriftsatz vom 12. August 2008 (S. 20) geltend gemacht hat, in
einem protokollarischen Sinne mit Begleitperson nur der Ehe oder
Lebenspartner des hochrangigen Amtsträgers gemeint gewesen
sein könnte, kann der Senat jedoch offen lassen. In Anbetracht
der übrigen Umstände kann er jedenfalls
ausschließen, dass - nach der Beurteilung des Landgerichts -
derartige als eher nebensächlich einzu-
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stufende Erwägungen zur Begleitperson für das Handeln
des Angeklagten (mit-)bestimmend waren.
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(2) Der Senat teilt auch nicht die Auffassung der
Beschwerdeführerin, das Landgericht habe die für die
(angestrebte) Unrechtsvereinbarung sprechenden Indizien verkannt.
Insbesondere hat es sich mit dem Beweiswert der dienstlichen
Berührungspunkte auseinander gesetzt; des Weiteren hat es den
Umstand berücksichtigt, dass die Gutscheinversendung nicht
vorgesehener Teil des Sponsoring- und Einladungskonzepts war, sondern
aufgrund einer autonomen Entscheidung des Angeklagten gleichsam im
willkürlichen Vorgriff hierauf erfolgte und erst
später mit diesem abgestimmt werden sollte.
Schließlich hat das Landgericht - entgegen der Auffassung der
Beschwerdeführerin - die Gutscheinversendung nicht als
transparente Vorgehensweise bewertet; vielmehr hat es lediglich ein auf
Verschleierung oder Heimlichkeit gerichtetes Vorgehen des Angeklagten
verneint.
Die den Angeklagten erheblich belastenden Indizien mögen
berechtigten Anlass dazu gegeben haben, gegen ihn Anklage zu erheben
und sodann wegen der noch ungesicherten Rechtslage eine
höchstrichterliche Entscheidung herbeizuführen. Dass
sich das Landgericht trotz dieser belastenden Indizien nicht davon hat
überzeugen können, dass der Angeklagte die Versendung
der Gutscheine veranlasste, um etwaige dienstliche Tätigkeiten
der bedachten Amtsträger zu honorieren oder zu beeinflussen,
ist jedoch - gemäß dem oben
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Gesagten - nach revisionsrechtlichen Maßstäben
hinzunehmen. Dass eine gegenteilige Überzeugung
möglicherweise ebenso revisionsrechtlich unbeanstandet
geblieben wäre, ändert hieran nichts.
Nack Wahl Kolz
Hebenstreit Sander |