BGH,
Urt. v. 15.8.2002 - 3 StR 225/02
3 StR 225/02
BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
vom
15. August 2002
in der Strafsache gegen
wegen Totschlags
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofes hat in der Sitzung vom 15.
August 2002, an der teilgenommen haben: Vorsitzender Richter am
Bundesgerichtshof Prof. Dr. Tolksdorf, die Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Miebach, Winkler, Pfister, Becker als beisitzende Richter,
Staatsanwältin in der Verhandlung, Staatsanwältin bei
der Verkündung als Vertreterinnen der Bundesanwaltschaft,
Justizamtsinspektorin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,
für Recht erkannt:
1. Die Revisionen der Staatsanwaltschaft und des Angeklagten gegen das
Urteil des Landgerichts Mönchengladbach vom 31. Oktober 2001
werden verworfen.
2. Der Angeklagte hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen; die
Kosten des Rechtsmittels der Staatsanwaltschaft werden der Staatskasse
auferlegt.
Von Rechts wegen
Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Totschlags zu einer
Freiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Nach den
Feststellungen hat der Angeklagte seinen Vater, der die Familie seit
Jahren in erheblicher Weise mißhandelte und tyrannisierte,
mit einem Beil erschlagen. Dabei war die Steuerungsfähigkeit
des Angeklagten infolge einer posttraumatischen
Belastungsstörung im Zusammenwirken mit affektbestimmenden
Einwirkungen und der alkoholischen Beeinflussung erheblich vermindert.
Die Strafkammer hat die Strafe dem Strafrahmen des § 213 StGB
entnommen, aber eine zusätzliche Milderung nach
§§ 21, 49 Abs. 1 StGB abgelehnt, weil die sonstigen
mildernden Umstände nicht für sich allein, sondern
nur unter Berücksichtigung des vertypten
Strafmilderungsgrundes nach §§ 21, 49 Abs. 1 StGB die
Annahme eines sonstigen minder schweren Falles nach § 213 Alt.
2 StGB rechtfertigen.
Hiergegen richten sich die auf das Strafmaß
beschränkten Revisionen des Angeklagten und der
Staatsanwaltschaft, die ihr Rechtsmittel zu seinen Gunsten eingelegt
hat. Beide haben keinen Erfolg. Weder die Strafrahmenwahl noch die
Strafzumessung selbst weisen einen Rechtsfehler auf.
1. Der von der Staatsanwaltschaft gesehene Widerspruch in den
Strafzumessungserwägungen besteht nicht. Das Landgericht
durfte einerseits ohne Rechtsfehler aufgrund der Beurteilung des
Sachverständigen davon ausgehen, daß sich das
Tatgeschehen aus forensisch-psychiatrischer Sicht als aggressive
Durchbruchshandlung einer leichtgradig schwachsinnigen
Persönlichkeit im Zustand einer chronischen Konfliktsituation
unter akuter alkoholischer Beeinflussung darstellt, und andererseits zu
seinen Lasten berücksichtigen, daß er den
schließlich gefaßten Tatentschluß
konsequent und zielgerichtet umgesetzt hat. Damit hat die Strafkammer
den die Tat kennzeichnenden Umständen Rechnung getragen,
daß der Angeklagte einerseits bereits über
längere Zeit den Gedanken gefaßt hatte, seinen Vater
zu töten, aber aus Angst vor Strafe gezögert und sich
erst unter dem Einfluß des Krankenhausaufenthaltes seiner
Mutter und seiner akuten Alkoholisierung zur Tat entschlossen hatte,
danach aber "konsequent und zielgerichtet" vorgegangen ist, indem er
sich nach Fassung des Tatentschlusses mit Tatwaffe und Handschuhen zur
Spurenverwischung ausrüstete und seinen Schwager unter
Vorspiegelung eines anderen Zwecks veranlaßte, ihn von M. zur
Wohnung seines Vaters in E. zu fahren. Daß die Strafkammer
bei dieser Bewertung die eingeschränkte
Steuerungsfähigkeit des Angeklagten nicht bedacht haben
könnte, lassen die Urteilsgründe nicht besorgen.
2. Soweit der Angeklagte beanstandet, daß neben dem
Geständnis nicht auch noch die dem Sachverständigen
gegenüber geäußerte Reue strafmildernd
berücksichtigt worden wäre, geht er von
urteilsfremden Umständen aus. Im übrigen
läge hierin, wie der Generalbundesanwalt zu Recht
ausgeführt hat, kein bestimmender Strafmilderungsgrund.
Da somit Rechtsfehler nicht vorliegen, hat das Revisionsgericht die
tatrichterliche Bewertung, wonach die übrigen
Strafzumessungstatsachen ohne die Berücksichtigung erheblich
verminderter Schuldfähigkeit nicht ausreichen, einen sonst
minder schweren Fall im Sinne des § 213 Alt. 2 StGB zu
begründen, hinzunehmen, auch wenn eine andere tatrichterliche
Beurteilung vorstellbar erscheint.
Tolksdorf Miebach Winkler Pfister Becker
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